Zu § 636 - Rücktritt
Vorbemerkung
Kommt der Hersteller dem Nacherfüllungsbegehren des Bestellers nicht nach oder schlägt die Nacherfüllung fehl und macht der Besteller von seinem Selbstbeseitigungsrecht keinen Gebrauch, ist dem Besteller die Möglichkeit einzuräumen, sich vom Vertrag zu lösen. Auch wenn der Rücktritt im Werkvertragsrecht mitunter praktische Schwierigkeiten auslöst und insbesondere bei Verträgen über Errichtung von Bauwerken auf einem Grundstück des Bestellers technisch nicht durchführbar ist, kann auf ein Rücktrittsrecht des Bestellers im Gesetz nicht verzichtet werden. Das gebietet zunächst das Interesse des Bestellers, dem bei einem Mangel des Werkes mit einer Minderung des Werklohns nicht immer gedient ist, solange nicht wegen vollständiger Wertlosigkeit des Werkes der Werklohn voll herauszugeben ist. Die Rückabwicklung des Vertrags statt Minderung des Werklohns kann auch für den Hersteller interessengerecht sein, zum Beispiel für den Bauträger, der neben der Errichtung des Bauwerks die Übereignung des Grundstücks schuldet und nach Rücktritt des Bestellers vom Vertrag das Objekt anderweitig verwerten kann. Ist Gegenstand des Werkvertrags z.B. eine Maschine, ist dem Besteller mit einer Kürzung des Werklohns nicht gedient, wenn die technisch komplizierte Reparatur nur von Leuten des Herstellers vorgenommen werden kann, der sie aber verweigert hat. Hier muss dem Besteller die Möglichkeit bleiben, vom Vertrag zurückzutreten, um sich die Maschine bei einem anderen Hersteller zu beschaffen. § 636 regelt deshalb die Aufhebung des Werkvertrags durch den Besteller bei Mangelhaftigkeit des Werks. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen der Besteller vom Vertrag zurücktreten kann Nach geltendem Recht gewährt § 634 Abs. 1 dem Besteller nach erfolglosem Ablauf einer dem Hersteller zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist mit Ablehnungsandrohung einen Anspruch auf Wandelung des Vertrags; der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist ausgeschlossen. Ist die Beseitigung des Mangels unmöglich oder wird sie vom Hersteller verweigert oder hat der Besteller ein besonderes Interesse an der Geltendmachung des Wandelungsanspruchs, bedarf es keiner Fristsetzung (§ 634 Abs. 2). Bei unerheblichen Mängeln ist die Wandelung ausgeschlossen (§ 634 Abs. 3). Das Wandelungsrecht des Bestellers ist als Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrags ausgestaltet. Auch muss die gesetzte Nachfrist stets mit einer Ablehnungsandrohung verbunden sein. Diese Regelungen erschweren in der Praxis die Durchführung der Wandelung. Insbesondere entspricht die vom Besteller gesetzte Frist häufig nicht den Anforderungen des § 634 Abs. 1 Satz 1.
Zu Absatz 1
Absatz 1 stimmt inhaltlich mit dem geltenden § 634 Abs. 1 und 3 überein, ersetzt aber das Recht zur Wandelung durch ein Rücktrittsrecht, das Gestaltungsrecht des Bestellers wird. Durch die Bezugnahme auf § 323 kommt zum Ausdruck, dass - wie nach § 634 Abs. 1 Satz 3 - der Besteller erst nach fruchtlosem Ablauf einer von ihm dem Hersteller zur Nacherfüllung bestimmten Frist vom Vertrag zurücktreten kann (§ 323 Abs. 1). Auch wird damit erreicht, dass - wie nach § 634 Abs. 3 - der Rücktritt wegen eines unerheblichen Mangels ausgeschlossen ist (vgl. § 323 Abs. 3 Nr. 1). Auf Grund der Verweisung ist der Rücktritt auch dann nicht möglich, wenn der Besteller für den Mangel des Werks allein oder überwiegend verantwortlich ist (vgl. § 323 Abs. 3 Nr. 3). Schließlich ist durch die Bezugnahme auf § 323 Abs. 4 der Besteller bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit zum Rücktritt berechtigt, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen für das Rücktrittsrecht eintreten werden.
Zu Absatz 2
Absatz 2 sieht - ähnlich wie das geltende Recht (§ 634 Abs. 2) - durch Verweisung auf § 323 Abs. 2 vor, dass in bestimmten Fällen eine Fristsetzung entbehrlich ist. Neben den in dieser Vorschrift geregelten Ausnahmetatbeständen bedarf es einer Fristsetzung auch dann nicht, wenn die Mängelbeseitigung fehlgeschlagen oder mit erheblichen Nachteilen für den Besteller verbunden ist. Im einzelnen wird auf die Begründung zu § 635 Abs. 2 und zu § 438 Abs. 2 Bezug genommen.
Zu Absatz 3
Absatz 3 bestimmt, dass der Hersteller dem Besteller die Vertragskosten zu ersetzen hat. Dies entspricht dem geltenden Recht (§ 634 Abs. 4 i. V. m. § 467 Satz 2) und dem neuen § 438 Abs. 3 für das Kaufrecht. Eine solche Regelung ist notwendig. Für den Ersatz der Vertragskosten nach Rücktritt des Bestellers vom Vertrag ist nicht entscheidend, ob der Hersteller den Mangel zu vertreten hat. Der Besteller kann daher nicht auf den Schadensersatzanspruch nach der allgemeinen Vorschrift des § 280 verwiesen werden.