Zu § 639 - Fälligkeit der Vergütung

Vorbemerkung

Im Gegensatz zum Kaufrecht enthält das geltende Werkvertragsrecht in § 641 Abs. 1 Satz 1 eine besondere Regelung über die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs. In dem Entwurf verpflichten § 433 Abs. 2 und § 631 Abs. 2 zwar jeweils Käufer und Besteller, den vereinbarten Kaufpreis bzw. die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs soll indes erst eintreten, wenn der Hersteller seine Leistung erbracht hat. Das Gesetz stellt gegenwärtig in erster Linie darauf ab, dass der Besteller die Werkleistung abgenommen hat. Die Abnahme ist in der Rechtswirklichkeit jedoch nicht der Regelfall. Deshalb bietet es sich an, dies im Rahmen der Überarbeitung des Werkvertragsrechts zum Ausdruck zu bringen. Nach geltendem Recht ist gemäß § 640 Abs. 1 Satz 1 der Besteller verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden (Satz 2). § 640 Abs. 1 Satz 3 stellt es der Abnahme gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer vom Hersteller bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Dieser Satz 3 geht auf einen Vorschlag der Schuldrechtskommission (§ 640 Abs. 2 Satz 3 KE) zurück und wurde bereits durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt. Der derzeitige § 641 Abs. 1 Satz 1 bestimmt, dass die Vergütung bei der Abnahme zu entrichten ist. Erst § 646 besagt, dass die Vollendung an die Stelle der Abnahme tritt, sofern die Abnahme nach der Beschaffenheit des Werkes ausgeschlossen ist. Die Abnahme selbst wird vom Gesetz nicht definiert. Das Bürgerliche Gesetzbuch hat die Abnahme stark überbetont. Die höchst unterschiedlichen Werkvertragstypen haben gerade nicht gemein, dass das Werk regelmäßig oder typischerweise abnahmefähig ist. Im Gegenteil stellt eine Abnahme des Werks eher die Ausnahme dar. Das zeigt sich insbesondere an der hohen Zahl der Beförderungsverträge. Einigkeit besteht darüber, dass die Abnahme eine Hauptpflicht des Bestellers ist (Palandt/ Thomas § 640 Rn. 1). Streit besteht unter den Gerichten aber schon darüber, ob eine Werklohnklage nur schlüssig ist, wenn die Abnahme ausdrücklich behauptet wird. Das hat erhebliche Bedeutung für das Versäumnisverfahren (§ 331 Abs. 1 und 2 ZPO). Fehlt die Abnahme, so besteht insbesondere unter den Instanzgerichten Uneinigkeit darüber, ob eine Werklohnklage mangels Abnahme abgewiesen werden muss, ob Tatsachenvortrag des Herstellers zur Mängelfreiheit die Werklohnklage schlüssig macht oder ob gar in jeder Werklohnklage die stillschweigende Behauptung liegt, die Abnahme werde zu Unrecht verweigert.

Zu Absatz 1

Zu Satz 1

Satz 1 regelt die Fälligkeit des Anspruchs auf die Vergütung für die Werkleistung. Maßgeblich ist danach die Fertigstellung des Werks. Die Vorschrift will gegenüber der bestehenden Rechtslage nichts Grundlegendes ändern, aber das Gesetz im Interesse vernünftiger Handhabung des Rechts an die tatsächlichen Gegebenheiten anpassen. Der Entwurf sieht deshalb vor, die bisherige Auffangvorschrift des § 646 zur Ausgangsbestimmung zu machen, also entgegen dem geltenden § 640 Abs. 1 nicht stets eine Abnahme zu verlangen, "sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werks die Abnahme ausgeschlossen ist." Auch wenn in der Praxis Streitigkeiten darüber, ob nach der Art des Werkes eine Abnahme ausscheidet, keine besondere Rolle spielen, sollte eine der Bedeutung der Abnahme in der Rechtswirklichkeit entsprechende Bestimmung geschaffen werden. § 639 bringt das dadurch zum Ausdruck, dass die Abnahme erst an zweiter Stelle in Absatz 2 geregelt wird. Entgegen dem Wortlaut des bisherigen § 646 verwendet allerdings Satz 1 nicht das Wort Vollendung, sondern spricht davon, dass die Vergütung mit der Fertigstellung fällig wird. Außer im Werkvertragsrecht wird das Wort Vollendung in § 1 ("Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt") sowie im derzeitigen § 852 Abs. 3 ("Vollendung der Verjährung") und im Strafrecht benutzt; dieses unterscheidet bei der Regelung der Strafbarkeit des Versuchs (§ 24 StGB) zwischen dem Begriff der Vollendung und der Beendigung. Im nichtjuristischen Sprachgebrauch findet sich das Wort Vollendung selten; niemand spricht davon, dass der Hersteller seine Leistungen vollendet habe. Zudem ist dem Wort Vollendung die Bedeutung der Einzigartigkeit und der Makellosigkeit eigen. Dieser Wortsinn ist von Satz 1 gerade nicht gewollt.

Zu Satz 2

Der Hersteller hat das Werk "fertiggestellt", wenn er es der Hauptsache nach vertragsgemäß hergestellt hat. Es soll nichts am gegenwärtigen Rechtszustand geändert werden, wonach unwesentliche Mängel die Fälligstellung des Werklohnanspruchs nicht hindern (§ 640 Abs. 1 Satz 2 alt). Satz 2 bringt dies dadurch zum Ausdruck, dass unwesentliche Mängel nicht der Annahme einer Fertigstellung des Werks entgegenstehen. Insofern unterscheiden sich die Fertigstellung und die Voraussetzungen der Abnahme nicht. Die Fertigstellung ist danach ein rein tatsächlicher Vorgang, der allein vom Hersteller bestimmt wird, irgendeine Äußerung des Bestellers, dass er das Werk billige, also nicht einschließt. Je nach der Beschaffenheit des Werks wird der Hersteller allerdings dem Besteller schon im eigenen Interesse mitteilen, dass das Werk fertiggestellt ist. Da der bisherige § 641 Abs. 2, der die Verzinsung der Vergütung vom Zeitpunkt der Abnahme an vorschreibt, ebenso wie schon die Parallelvorschrift des § 452 entfällt (vgl. die Begründung dort), bleibt es folgenlos, dass die Fälligkeit der Vergütung durch einen Vorgang eintritt - eben die Fertigstellung - der sich allein im Bereich des Herstellers abspielen kann.

Zu Absatz 2

Zu Satz 1

Absatz 2 behält allerdings für bestimmte Fälle die Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung bei. In allen Fällen, in denen die Vertragsparteien eine Abnahme vereinbaren oder in denen diese üblich ist, soll es bei ihr verbleiben und die Fälligkeit erst mit der Abnahme eintreten. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass gerade bei komplexeren Werkleistungen das Bewusstsein, den Werklohn erst nach einer (ersten) Prüfung des fertigen Werks zahlen zu müssen, weit verbreitet ist. Ausdrücklich wird eine Abnahme insbesondere in Verträgen über die Erstellung von Bauwerken vereinbart, oft unter Einbeziehung der VOB/B und damit der Vertragsbestimmung des § 12. Üblich ist eine Abnahme bei handwerklichen Leistungen, deren Qualität der Laie beurteilen kann, so bei Maler- und Tapezierarbeiten. Schon im Falle einer Reparatur am Motor eines Kraftfahrzeugs findet mit der Übergabe keine Abnahme statt, sondern eine bloße Entgegennahme des reparierten Fahrzeugs; denn erst nach gewisser Fahrzeit kann sich zeigen, ob der Fehler des Motors erfolgreich behoben ist, so dass die Abnahme in solchen Fällen erst später stattfindet (vgl. BGH NJW 1985, S. 731, 732). Auch geistige Werkleistungen wie etwa ein Drehbuch oder ein Gutachten werden üblicherweise erst später abgenommen, so dass die Vergütung nicht bereits mit Übergabe zu entrichten ist, sondern erst nach Ablauf einer Frist, die zur Prüfung der Vertragsgemäßheit der Leistung ausreicht. Die Abnahme hat zum Inhalt, dass der Besteller das Werk als in der Hauptsache vertragsgemäße Leistung anerkennt. Dieses Anerkenntnis kann schriftlich abgegeben werden, wie es in besonderen Abnahmeprotokollen geschieht, oder mündlich, ohne dass das Wort Abnahme verwendet werden muss, aber häufig auch durch schlüssiges Verhalten. Immer muss der Besteller rechtsgeschäftlich zum Ausdruck bringen, dass er die Werkleistung hinnimmt und sie damit als im wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung gelten lassen will. Satz 1 bestimmt für diese Fälle - wie bisher § 641 Abs. 1 Satz 1 allgemein -, dass mit der Abnahme der Anspruch auf die Vergütung fällig wird.

Zu Satz 2

Satz 2 entspricht dem derzeitigen § 640 Abs. 1 und bestimmt, dass der Besteller zur Abnahme des fertiggestellten Werkes verpflichtet ist, wenn eine solche nach Satz 1 erforderlich ist.

Zu Satz 3

Satz 3, dem zufolge die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigert werden kann, entspricht dem bisherigen § 640 Abs. 1 Satz 2, der durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen eingefügt wurde.

Zu Satz 4

Nach Satz 4 steht es der Abnahme gleich, wenn der Besteller die Abnahme nicht innerhalb einer ihm vom Hersteller gesetzten angemessenen Frist vornimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist. Dies übernimmt den bisherigen § 640 Abs. 1 Satz 3, der ebenfalls auf das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen zurückgeht, aber auch bereits von der Schuldrechtskommission vorgeschlagen worden war. Diese Regelung zieht die Konsequenzen aus der oben geschilderten rechtlich verworrenen Lage. Bei vereinbarter oder nach der Beschaffenheit des Werkes üblicher, aber fehlender Abnahme ist die Klage auf die Vergütung schlüssig, wenn der Hersteller zum einen vorträgt, dass das Werk fertiggestellt, also in der Hauptsache mangelfrei hergestellt worden, und zum anderen eine von ihm gesetzte angemessene Frist zur Abnahme verstrichen sei. Daraus folgt, dass der Hersteller zur Schlüssigkeit seiner Werklohnklage entweder vortragen muss, dass sein abnahmebedürftiges Werk vom Besteller abgenommen sei oder dass die beiden Voraussetzungen der mangelfreien Fertigstellung sowie des Ablaufs der Abnahmefrist vorlägen. Ebenso wie im geltenden Recht soll im Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt werden, dass die Fälligkeit der Werklohnforderung zusätzlich von der Erteilung einer Rechnung abhängt. Zwar ist es bei vielen Werkverträgen üblich, dass dem Besteller mit oder sogleich nach Fertigstellung (oder Abnahme) der Werkleistung eine Rechnung erteilt wird; zur weiteren Fälligkeitsvoraussetzung braucht sie aber nicht gemacht zu werden. Gesetzliche Sonderregelungen - etwa § 12 Abs. 1 GOÄ - machen die Fälligkeit von der Rechnungserteilung abhängig. Ist die VOB/B Vertragsbestandteil, so tritt die Fälligkeit der Schlusszahlung sogar erst zwei Monate nach Zugang der Schlussrechnung ein. An der Möglichkeit, für die Werklohnforderung noch vor ihrer Fälligkeit die Einräumung einer Sicherungshypothek nach § 646 (bisher § 648) zu verlangen, ändert sich nichts. Ebenso ist eine gesetzliche Regelung über eine Teilabnahme und eine Teilvergütung entbehrlich, wie sie derzeit in § 641 Abs. 1 Satz 2 enthalten ist. Damit würde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass vertragliche Abreden über Teilabnahmen vorgehen. Das versteht sich von selbst.

Zu Absatz 3

Absatz 3 übernimmt den durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30. März 2000 (BGBl. I S. 330) eingefügten § 641 Abs. 2.

Zu Absatz 4

Absatz 4 entspricht dem bisherigen § 641 Abs. 3, der ebenfalls auf das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen zurückgeht. Es ist lediglich noch neben der Abnahme die als neuer Fälligkeitszeitpunkt eingeführte Fertigstellung zu erwähnen.