Stellungnahme des Bundesrats zu § 204

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob entsprechend dem bisherigen § 212 Abs. 1 BGB und den vergleichbaren oder auf § 212 Abs. 1 BGB verweisenden Bestimmungen der §§ 212a bis 215 und 220 BGB eine Vorschrift aufgenommen werden kann, nach der die Hemmung rückwirkend entfällt, wenn die Klage oder der sonstige Antrag zurückgenommen oder durch Prozessurteil abgewiesen wird.

Begründung:

Derzeit ist für die Klageerhebung und der Klageerhebung gleichgestellte prozessuale Handlungen in § 209 BGB eine Unterbrechung der Verjährung vorgesehen, während bei Rücknahme der Klage oder gleichgestellter Handlungen die Unterbrechung als nicht erfolgt gilt, § 212 ff. BGB.

Der Gesetzentwurf sieht nunmehr vor, die Unterbrechung durch eine Hemmung zu ersetzen, wobei ein rückwirkendes Entfallen der Hemmung im Falle der Rücknahme der Klage oder eines sonstigen Antrages oder im Falle eines Prozessurteils nicht vorgesehen ist. Begründet wird dies damit, dass für das Entfallen der Hemmungswirkung bei Rücknahme der Klage und vergleichbarer Handlungen kein Bedürfnis me hr bestehe, weil durch die Umstellung von der Unterbrechungs- auf die Hemmungswirkung in deutlich geringerem Maße auf den Lauf der Verjährungsfrist eingewirkt werde. Außerdem sollte nach der Auffassung der Bundesregierung der bloße Aufschub für die Dauer des Verfahrens und die sechsmonatige Nachfrist unabhängig vom Ausgang des Verfahrens sein.

Diese Begründung vermag allein nicht zu überzeugen, da sie wesentliche rechtliche und tatsächliche Aspekte nicht berücksichtigt.

Zum Beispiel hat nach § 269 Abs. 3 ZPO eine Klagerücknahme zur Folge, dass der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist. Damit entfallen nicht nur sämtliche prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit rückwirkend, sondern - soweit keine gesetzlichen Regelungen wie der bisherige § 212 Abs. 1 BGB vorhanden sind - im Zweifel auch alle materiellrechtlichen Wirkungen (vgl. BGH, NJW 1986, 2318 m.w.N.). Wie diesem rechtlichen Gesichtspunkt hinreichend Rechnung getragen werden kann, wenn die Hemmung nicht rückwirkend entfallen soll, ist nicht erkennbar und wird in der Gesetzesbegründung auch nicht dargelegt.

Darüber hinaus finden sich in der Begründung des Gesetzentwurfes auch keine Ausführungen, die erkennen lassen, dass sich die Bundesregierung mit der Frage des Missbrauchs der Hemmungswirkung befasst hat. Auch wenn die Auswirkungen einer Hemmung - wie die Bundesregierung zutreffend dargestellt hat - nicht so gravierend auf die Verjährungsfrist wirken wie eine Unterbrechung, ist dennoch auch die Wirkung der Hemmung gerade im Hinblick auf die vorgesehene sechsmonatige Nachfrist des § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB-E nicht zu unterschätzen. Darüber hinaus wird in dem Gesetzentwurf vorgeschlagen, die prozessualen Handlungen, die zu einer Hemmung der Verjährung führen sollen, zum Beispiel um die erstmalige Bekanntgabe eines Prozesskostenhilfeantrages zu erweitern und somit einen erleichterten Zugang zu der Hemmungswirkung zu schaffen. Im Hinblick hierauf ist ein Missbrauch der Hemmungswirkung nicht auszuschließen, dem durch das Entfallen der Hemmung bei Rücknahme der Klage und sonstiger Anträge wirksam begegnet werden könnte.

Stellungnahme des Bundesrats zu § 204 Absatz 1 Nr. 11

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in § 204 Abs. 1 BGB-E die Nummer 11 wie folgt gefasst werden sollte:

"11. den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1044 der Zivilprozessordnung), in dem der Anspruch geltend gemacht wird,"

Begründung:

Die bisherige Fassung des § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB-E knüpft den Eintritt der Verjährungshemmung an den Grundfall des § 1044 ZPO, bei dem die Parteien keine Vereinbarungen über den Beginn des Schiedsverfahrens getroffen haben. Der danach maßgebliche Zeitpunkt des Antragsempfangs des Schiedsbeklagten soll aber auch für die Fälle abweichender schiedsvertraglicher Gestaltung gelten, um - wie sich die Entwurfsbegründung ausdrückt - eine "Unsicherheit über den Zeitpunkt des Hemmungsbeginns" zu vermeiden.

Diese Regelung berücksichtigt nicht hinreichend die Bedeutung individuell abweichender Abreden zum Verfahrensbeginn. Im Interesse einer raschen und leicht nachweisbaren Antragsübermittlung wird in der schiedsrichterlichen Praxis häufig eine Drittstelle (etwa die Geschäftsstelle einer schiedsrichterlichen Institution) als Empfangsstelle des Schiedsantrags vorgesehen und der Tag des dortigen Eingangs als Beginn des Schiedsverfahrens festgesetzt. Derartige Ausgestaltungen - die sich durch den Geltungswillen aller Beteiligten legitimieren - sollten auch verjährungsrechtlich nicht ignoriert werden.

Es erscheint daher vorzugswürdig, den Tatbestand des Hemmungseintritts zulässigen Individualvereinbarungen zum Verfahrensbeginn zu öffnen. Die vorgeschlagene Fassung des § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB-E knüpft dementsprechend die verjährungshemmende Wirkung allgemein an den Beginn des Schiedsverfahrens. Rechtliche Unsicherheiten sind insoweit kaum zu befürchten, zumal, wenn sich die Parteien eines institutionalisierten Schiedsgerichts bedienen, dessen Schiedsverfahrensordnung die Frage des Verfahrensbeginns üblicherweise regelt.

Stellungnahme des Bundesrats zu § 204 Absatz 2 Satz 2

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Vorschrift des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB-E vor dem Hintergrund des § 202 Abs. 2 BGB-E, der an die Stelle des § 225 Satz 1 BGB tritt, zu überarbeiten.

Begründung: Die Vorschrift des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB-E übernimmt inhaltlich die Regelung des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB, die lediglich redaktionell angepasst wird. Der Zweck des bisherigen § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB ist vor dem Hintergrund des § 225 Satz 1 BGB zu sehen, der jede Erschwerung der Verjährung ausgeschlossen hat. Sinn des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB war es, eine Umgehung des § 225 BGB zu verhindern.

Der Entwurf übernimmt nun in § 202 Abs. 2 BGB-E nicht die Vorschrift des § 225 BGB, sondern erklärt eine die Verjährung erschwerende Vereinbarung nur dann für unwirksam, wenn sie zu einer 30 Jahre übersteigenden Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn führt. Ansonsten sollen verjährungserschwerende Vereinbarungen entsprechend der allgemeinen Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig sein (Entwurfsbegründung, S. 246 f.).

Die bisherige Regelung des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB hat bisher vielfach Schwierigkeiten bereitet, wenn ein Prozess aus einem "triftigen Grund" nicht weiter betrieben wurde, beispielsweise um den Ausgang eines Musterprozesses abzuwarten. In solchen Fällen hat die Rechtsprechung teilweise die Regelung des § 211 Abs. 2 BGB in teleologischer Reduktion nicht angewandt. Allerdings blieben die Voraussetzungen, nach denen die Unterbrechung der Verjährung trotz des Verfahrensstillstandes andauern sollte, bis zuletzt auch in der Rechtsprechung der einzelnen BGH-Senate umstritten (vgl. zuletzt BGH WM 2000, 2551; Wagner NJW 2001, 182 <183 f.>).

Vor dem Hintergrund des § 202 BGB-E ist die Regelung des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB-E in ihrer ursprünglichen Zielsetzung entbehrlich. Vielfach dient der Verfahrensstillstand prozessökonomischen Interessen und Zielen, wie beispielsweise den Ausgang eines Musterverfahrens oder den Ausgang des Berufungsverfahrens über ein Teilurteil abzuwarten. In der Vergangenheit hat die Regelung des § 211 Abs. 2 BGB ein solches sinnvolles und im Interesse der Rechtspflege liegendes Verhalten der Parteien verhindert, bzw. mit dem unerwarteten Eintritt der Verjährung bestraft. Diese Gefahr besteht unter dem neuen Recht um so mehr, als die Klageerhebung nicht mehr zu Unterbrechung und Neubeginn der Verjährung führt, sondern lediglich einen Hemmungsgrund darstellt. Die Gefahr des unbeabsichtigten Ablaufens der Verjährungsfrist wegen eines Verfahrenstillstandes wird damit weiter erhöht.

Die weitere Hemmung ist auch bei Stillstand des Verfahrens geboten. Für diesen Fall sollten die Voraussetzungen, unter denen die Verjährung erneut zu laufen beginnt, klar formuliert werden.

Für den Fall des Stillstandes des Verfahrens infolge Vereinbarung ist eine Lösung auch über § 202 BGB-E möglich, die allerdings wohl eine ausdrückliche Regelung dieser Frage voraussetzt.