Zu Absatz 1
Die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren soll in einigen Fällen erhalten bleiben.
Zu Nummer 1
Herausgabeansprüche aus dinglichen Rechten, worunter insbesondere das Eigentum fällt, sollen in 30 Jahren verjähren. Derartige Ansprüche zielen auf die Verwirklichung des dinglichen Rechts ab. Die Verjährung dieser Ansprüche in kurzen Fristen würde die Verwirklichung des Stammrechts in Frage stellen. Dem trägt der Entwurf dadurch Rechnung, dass die bisherige Verjährungsfrist von 30 Jahren für diese aus dem dinglichen Recht fließenden Herausgabeansprüche erhalten bleiben soll. Dies soll jedoch nicht für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus absoluten Rechten gelten. Es besteht kein praktisches Bedürfnis, die Verjährungsfrist für Unterlassungsansprüche bei 30 Jahren zu belassen, weil sie bei jeder Zuwiderhandlung neu entstehen. Von einer Einbeziehung der Beseitigungsansprüche in die 30-jährige Verjährungsfrist wurde ebenfalls abgesehen. Sie würde regelmäßig zu Abgrenzungsschwierigkeiten zum deliktischen Beseitigungsanspruch führen, der nach der Regelverjährungsfrist von drei Jahren verjährt. Außerdem wird der Gläubiger solcher Ansprüche bereits durch den auch für Unterlassungsansprüche geltenden kenntnisabhängigen Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist nach § 199 RE ausreichend vor einem unerwarteten Rechtsverlust geschützt.
Zu Nummer 2
Auch für Ansprüche aus dem Erb- und aus dem Familienrecht soll es bei der bisher geltenden Verjährungsfrist von 30 Jahren bleiben. Dieser Entscheidung des Entwurfs liegt zugrunde, dass sich die maßgeblichen Verhältnisse mitunter erst lange Zeit nach der Anspruchsentstehung klären lassen (z. B. im Erbrecht infolge späten Auffindens eines Testaments). Wie der Eingangshalbsatz „soweit nicht ein anderes bestimmt ist“ von Absatz 1 klarstellt, bleiben die im vierten und fünften Buch enthaltenen besonderen Verjährungsbestimmungen oder auch die Unverjährbarkeit nach § 194 Abs. 2 RE unberührt.
Zu Nummer 3 bis 5
Ist ein Anspruch rechtskräftig festgestellt, kann es sowohl für den Gläubiger – insbesondere wenn der Schuldner zunächst nicht zahlungsfähig ist - als auch für den Schuldner von großer Bedeutung sein, wie lange aus dem Titel vollstreckt werden kann. Die Nummern 3 bis 5 sehen deshalb entsprechend dem bisherigen § 218 Abs. 1 für rechtskräftig festgestellte Ansprüche, Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden und Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, eine 30-jährige Verjährungsfrist vor.
Von den betroffenen Schuldnern wird teilweise beklagt, die Verjährungsfrist für rechtskräftig festgestellte Ansprüche von 30 Jahren sei zu lang, da es – möglicherweise unverschuldet - in finanzielle Not geratenen Schuldnern durch eine derart lange Vollstreckungsverjährung zeitlebens unmöglich gemacht werde, sich von Altschulden freizumachen und eine neue Existenz zu gründen. In diesem Zusammenhang wird die im Entwurf in § 212 Abs. 1 Nr. 2 DE beibehaltene Regelung des bisherigen § 209 Abs. 2 Nr. 5 erwähnt, wonach Vollstreckungshandlungen zur Unterbrechung der Verjährung – in der Terminologie des Entwurfs zum Neubeginn der Verjährung – führen. Deshalb ist in der Vergangenheit vorgeschlagen worden, die Verjährungsfrist für vollstreckungsfähige Titel herabzusetzen.
Der Entwurf sieht dennoch in den Nummern 3 bis 5 die unveränderte Übernahme des bisherigen § 218 Abs. 1 vor. Die Durchsetzung einer rechtskräftig festgestellten Forderung durch den Gläubiger ist nicht von ihm allein beherrschbar. Sie hängt entscheidend von den Möglichkeiten ab, die das vollstreckbare Vermögen des Schuldners ihm bietet. Die Verjährungsfrist muss deshalb so bemessen sein, dass der Gläubiger auch dann eine effektive Chance hat, seine Forderung durchzusetzen, wenn der Schuldner kein oder kein ausreichendes vollstreckungsfähiges Vermögen hat. Dazu reicht die neue Regelverjährung von drei Jahren keineswegs aus. Hinzu kommt, dass ein Gläubiger, dem z. B. durch einen Unfall, eine Straftat oder wegen Hingabe eines Darlehens Ansprüche entstanden sind, ein berechtigtes Interesse daran haben kann, seine rechtskräftig festgestellten Ansprüche noch nach zehn oder 20 Jahren durchzusetzen, wenn sich die finanziellen Verhältnisse des Schuldners gebessert haben. Es wäre zwar denkbar, die Verjährung für rechtskräftig festgestellte Ansprüche z. B. nach dem Vorbild des Schweizer Rechts bei zehn Jahren anzusetzen. Das aber würde den Gläubiger dazu zwingen, intensiver auf den Schuldner durch Vollstreckungshandlungen einzuwirken. Dies liegt weder im Interesse des Schuldners noch im Interesse des Gläubigers und würde letztlich auch nur dazu führen, dass die ohnehin und in den neuen Ländern besonders knappen Vollstreckungsressourcen der Justiz unnötig intensiv in Anspruch genommen werden. Eine kürzere Verjährungsfrist würde deshalb auch dazu führen, dass der Gläubiger möglicherweise aussichtslose Vollstreckungsversuche zur Herbeiführung des Neubeginns der Verjährung unternimmt, deren Kosten letztlich wiederum dem Schuldner zur Last fielen.
Das Interesse eines finanziell in Not geratenen Schuldners, nach einer gewissen Zeit von Altschulden frei zu sein, um eine neue Existenz aufbauen zu können, kann nicht durch eine Verkürzung der Verjährungsfrist für rechtskräftig festgestellte Ansprüche gelöst werden. Dies ist vielmehr Aufgabe des Insolvenzrechts, das dem Schuldner die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung einräumt und ihm damit einen Neuanfang eröffnet.
Auch der Umstand, dass der Schuldner, der Teilleistungen auf den rechtskräftigen Titel erbracht hat, in Beweisschwierigkeiten geraten kann, wenn 30 Jahre lang vollstreckt werden darf, gebietet keine Verkürzung der Verjährung. Denn es muss dem Schuldner zugemutet werden, insoweit für die Sicherung der Beweise zu sorgen.
Rechtskräftig festgestellt ist ein Anspruch wie bisher, wenn ein Urteil oder ein anderer Titel vorliegt, der ihn rechtskräftig feststellt. Es kommt nicht darauf an, im welchem Verfahren das Urteil ergangen ist. Endurteile reichen ebenso aus wie Vorbehaltsurteile nach §§ 302, 599 ZPO (siehe die obige Begründung zur Aufhebung des bisherigen § 219). Dabei ist auf die formelle Rechtskraft abzustellen.
Zu Absatz 2
Wie oben zur Aufhebung des bisherigen § 197 bereits erwähnt, ist durch die Einführung der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren die Sonderregelung des bisherigen § 197 über die kurze Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rückstände von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen grundsätzlich überflüssig.
Da aber nach Absatz 1 Nr. 2 allgemein familien- und erbrechtliche Ansprüche erst in 30 Jahren verjähren, muss hierfür eine Ausnahme entsprechend dem Regelungsinhalt des bisherigen § 197 vorgesehen werden. Nach der ersten Alternative des Absatzes 2 tritt deshalb für familien- und erbrechtliche Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 2 an die Stelle der 30-jährigen Verjährungsfrist die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, soweit die Ansprüche regelmäßig wiederkehrende Leistungen oder Unterhaltsleistungen zum Inhalt haben. Wie bislang sind auch künftig nur Rückstände erfasst, da die Verjährung nach § 199 Abs. 1 RE nicht vor der Fälligkeit des Anspruchs beginnt.
Eine Erweiterung gegenüber dem bisherigen § 197 wird dahingehend vorgenommen, dass nunmehr allgemein Unterhaltsleistungen einbezogen werden, obwohl Unterhalt nicht notwendigerweise als regelmäßig wiederkehrende Leistung geschuldet wird; aber die Interessenlage ist vergleichbar, da auch Unterhaltsleistungen gewöhnlich aus dem laufenden Einkommen des Schuldners zu tilgen sind. Es ist daher sachgerecht, die Regelung der ersten Alternative auch auf solche Unterhaltsleistungen zu erstrecken, die nicht regelmäßig wiederkehrend sind, z. B. Sonderbedarf. Insoweit gilt bisher: Nach einer Entscheidung des BGH vom 27. Januar 1988 (BGHZ 103, 160) unterliegt der Anspruch auf unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf gemäß § 1613 Abs. 2 nicht der vierjährigen Verjährung von Unterhaltsansprüchen nach dem bisherigen § 197, sondern vielmehr der allgemeinen Verjährung in dreißig Jahren gemäß dem bisherigen § 195. Der BGH begründet diese Entscheidung insbesondere damit, dass es sich bei einem Anspruch auf Unterhalt wegen Sonderbedarfs nicht um den Anspruch auf eine wiederkehrende Leistung handelt, der für die verkürzte Verjährungsfrist in dem bisherigen § 197 vorausgesetzt wird.
Auch wenn die Entscheidung des BGH für das geltende Recht aus den dort bezeichneten Gründen für zutreffend erachtet wird, soll dieser Unterhaltsanspruch wegen Sonderbedarfs künftig nicht länger einer dreißigjährigen Verjährung unterliegen. Unterhalt – und dies gilt auch für den Sonderbedarf – stellt stets die Befriedigung aktueller Bedürfnisse dar. Eine jahrzehntelange Verjährungsfrist wirkt hier wenig sachgerecht. Daneben stellt § 1613 Abs. 2 ohnehin eine Ausnahmevorschrift dar, deren Sonderfall-Charakter nicht durch die mit 30 Jahren überlange Verjährung noch unterstrichen werden sollte.
Nach der zweiten Alternative des Absatzes 2 tritt bei rechtskräftig festgestellten Ansprüchen, Ansprüchen aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden und Ansprüchen, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, an die Stelle der 30-jährigen Verjährungsfrist die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, soweit die Ansprüche künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben. Die zweite Alternative entspricht damit dem bisherigen § 218 Abs. 2.