Zu § 208 – Hemmung der Verjährung bei Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung

Nach dieser – inhaltlich neuen – Vorschrift soll die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Gläubigers gehemmt sein. Damit wird ein breiter Opferschutz bei Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung angestrebt. Die Vorschrift ist der parallelen Vorschrift für das Strafrecht, dem § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, nachgebildet. Die gegenwärtigen zivilrechtlichen Regelungen erweisen sich oft als unzureichend. Es geht dabei vor allem um Fälle, in denen die zur Vertretung der Kinder berufenen Eltern auf die Verfolgung der zivilrechtlichen Ansprüche der Kinder verzichten. Die Motive hierfür sind vielfältig; sie reichen von einer Beschützung der Kinder vor den mit der Rechtsverfolgung einhergehenden, insbesondere seelischen Belastungen, bis hin zu den eher zweifelhaften Motiven der „Rücksichtnahme“ auf den Täter oder der Angst vor einem „Skandal“. Die deliktischen Ansprüche aus § 823 wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung eines Kindes verjähren – bisher nach § 852 Abs. 1, künftig nach den §§ 195, 197 Abs. 1 RE – in drei Jahren von der Kenntniserlangung an, wobei es auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters ankommt (Palandt/Thomas, § 852 Rdn. 5). So können bislang Ansprüche noch während der Minderjährigkeit des Opfers verjähren. Mit § 208 RE ist dies künftig ausgeschlossen. Mit Erreichen der Volljährigkeit kann das Opfer selbst entscheiden, ob es seine unverjährten Ansprüche verfolgen will oder nicht.

Die Anknüpfung an die Vollendung des 18. Lebensjahres ergibt sich daraus, dass das Bürgerliche Gesetzbuch mit diesem Zeitpunkt dem Menschen die volle Geschäftsfähigkeit zuweist. Die Verjährung noch über diesen Zeitpunkt hinaus hemmen zu lassen, würde zudem einen Widerspruch zu § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB hervorrufen. Danach ruht bei einer Reihe von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung die Verfolgungsverjährung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers. Es wäre nicht sachgerecht, die zivilrechtliche Verjährung länger zu hemmen als die strafrechtliche Verjährung.