Soweit Maßnahmen in Bezug auf einen bestimmten Anspruch die Verjährung neu beginnen oder hemmen lassen, fragt es sich, wie weit der erneute Beginn oder die Hemmung reicht: Gilt sie nur für den Anspruch im Sinne des Prozessrechts oder weitergehend für alle Ansprüche, die aus dem gleichen Grunde auf das gleiche Interesse gehen? Hemmt beispielsweise die Erfüllungsklage, die der Gläubiger nach erfolglosem Ablauf einer gesetzten Nachfrist erhebt, auch die Verjährung für den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder auf Rückzahlung des Kaufpreises, wenn der Gläubiger im Laufe des Prozesses zurücktritt und auf einen dieser Ansprüche übergeht?
Im geltenden Recht bewirkt nach dem bisherigen § 477 Abs. 3 die Hemmung oder Unterbrechung eines der im dortigen Absatz 1 bezeichneten Ansprüche (Anspruch auf Wandelung, Minderung oder Schadensersatz) auch die Hemmung oder Unterbrechung der anderen Ansprüche. In dem bisherigen § 639 Abs. 1 wird für die in dem bisherigen § 638 genannten Ansprüche (Nachbesserung, Wandelung, Minderung, Schadensersatz) auf den geltenden § 477 Abs. 3 verwiesen. Die Rechtsprechung hat darüber hinaus für einige Fälle angenommen, dass die auf einen bestimmten Gegenstand gerichtete Klage auch die Verjährung eines auf das gleiche Interesse gerichteten Anspruchs unterbricht (RGZ 77, 213 ff . mit umstrittener Begründung - vgl. Henckel, JZ 1962, 335, 337 - für den Anspruch auf Kapitalabfindung im Verhältnis zum Anspruch auf Geldrente; RGZ 109, 234 ff. für den Anspruch auf Herausgabe einer Sache im Verhältnis zum Anspruch auf Schadensersatz wegen Unmöglichkeit der Herausgabe; RGZ 134, 272 für die Klage auf Schadensersatz wegen Verschweigens eines Mangels hinsichtlich des Minderungsanspruchs; BGHZ 58, 30 für die Klage auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten hinsichtlich des Anspruchs auf Schadensersatz; BGH, NJW 1985, 1152 für die Zahlungsklage auf Schadensersatz wegen Belastung mit einer Verbindlichkeit im Verhältnis zum Freistellungsanspruch). Die Abgrenzung im einzelnen ist zweifelhaft (verneinend zum Beispiel BGHZ 104, 6, 12 für die - mangels Vorliegen der Voraussetzung des bisherigen § 326 unbegründete - Klage auf Schadensersatz hinsichtlich des Anspruchs auf Erfüllung; BGH, VersR 1959, 701 und OLG Hamm, VersR 1981, 947 für die Klage auf Leistung hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs wegen Verzögerung der Leistung; BGH, NJW 1983, 388 für die Klage auf den großen Pflichtteil hinsichtlich des Anspruchs auf Zugewinnausgleich).
Der Entwurf sieht in § 213 RE vor, die Erstreckung der Unterbrechung und der Hemmung der Verjährung nicht wie bisher nur für Gewährleistungsansprüche des Kauf- und Werkvertragsrechts zu regeln, sondern allgemein für alle Ansprüche, so wie es jetzt bereits in der Rechtsprechung durch Ausdehnung des Rechtsgedankens des § 477 Abs. 3 geschieht. Ein Gläubiger, der ein bestimmtes Interesse mit einem bestimmten Anspruch verfolgt, muss davor geschützt werden, dass inzwischen andere Ansprüche auf dasselbe Interesse verjähren, die von vornherein wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch gegeben sind oder auf die er stattdessen übergehen kann. Der Gläubiger soll nicht gezwungen werden, sich etwa durch Hilfsanträge im Prozess vor der Verjährung dieser weiteren Ansprüche zu schützen. Der Schuldner ist insoweit nicht schutzbedürftig, da er durch die Unterbrechung oder Hemmung hinsichtlich des einen Anspruchs hinreichend gewarnt ist und sich auf die Rechtsverfolgung des Gläubigers hinsichtlich der übrigen Ansprüche einstellen kann.
Durch die vorgesehene Regelung ändert sich zunächst nichts daran, dass der Neubeginn oder die Hemmung der Verjährung den Anspruch im Sinne des Prozessrechts erfasst, unabhängig davon, ob er aus einer oder mehreren Anspruchsgrundlagen des materiellen Rechts hergeleitet wird (vgl. Palandt/Heinrichs, § 209 Rdn. 13). Die Vorschrift greift erst, wenn diese Grenze durch Änderung des Antrags oder des zugrundeliegenden Sachverhalts überschritten wird.
Durch die gewählte Formulierung kommt zum Ausdruck, dass es sich um einen anderen Anspruch gegen den gleichen Schuldner handeln muss, dass der Anspruch auf das gleiche Interesse gehen muss und dass es sich um einen der Fälle handeln muss, in denen das Gesetz von vornherein mehrere Ansprüche dem Gläubiger zur Wahl stellt oder es ihm ermöglicht, in Verfolgung des gleichen wirtschaftlichen Interesses von einem zum anderen Anspruch überzugehen. Dieses Verhältnis ist beispielsweise nicht gegeben zwischen dem Erfüllungsanspruch und dem Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens, denn es handelt sich um Ansprüche, die von vornherein nebeneinander und nicht wahlweise gegeben sind.
Gewisse Abgrenzungsschwierigkeiten werden nicht zu vermeiden sein. Diese gibt es jedoch bereits im geltenden Recht. Sie sind mit vertretbarem Regelungsaufwand nicht zu beheben.