§ 390 Satz 1 verbietet die Aufrechnung mit einer einredebehafteten Forderung. Die Regelung ist Ausdruck des allgemeinen Gedankens, dass nur eine vollwirksame Forderung zur Aufrechnung gestellt werden soll, die der Aufrechnende auch selbständig durchsetzen könnte. § 389 ordnet die Rückwirkung der Aufrechnung an. Diese Vorschrift bewirkt, dass eine einmal geschaffene Aufrechnungslage nicht durch bloßen Zeitablauf beseitigt werden kann. Wendet man § 390 Satz 1 ohne jede Ausnahme auch auf die verjährte Forderung an, so setzt man sich in einen gewissen Widerspruch zu dem Grundgedanken des § 389, wenn beide Forderungen in unverjährter Zeit sich aufrechenbar gegenüberstanden. Zu klären ist, ob dies für die verjährte Forderung eine Ausnahmeregelung rechtfertigt.
Im geltenden Recht folgt der bisherige § 390 Satz 2 dem in § 389 enthaltenen Grundsatz der Rückwirkung der Aufrechnung. Er lässt die Aufrechnung auch mit verjährten Ansprüchen zu, wenn nur die Aufrechnungslage noch in unverjährter Zeit bestanden hat. Darin liegt eine Ausnahme zu dem allgemeinen Grundsatz in § 390 Satz 1, wonach eine Forderung nicht aufgerechnet werden kann, der eine Einrede entgegensieht. Die Aufrechnungsmöglichkeit bleibt selbst dann erhalten, wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung bereits zuvor wegen Verjährung rechtskräftig abgewiesen worden ist (BGH, WM 1971, 1366, 1367).
Eine Einschränkung der nach dem bisherigen § 390 Satz 2 zulässigen Aufrechnung mit einer verjährten Forderung enthalten die bisherigen §§ 479, 639 im Kauf- und Werkvertragsrecht sowie verschiedene Vorschriften außerhalb des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Analog angewandt wird der derzeit geltende § 390 Satz 2 auf Nachforderungen eines Auftragnehmers, die wegen vorbehaltloser Entgegennahme der Schlusszahlung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B nicht mehr geltend gemacht werden können (BGH, NJW 1982, 2250, 2251). Nicht entsprechend anwendbar ist die Vorschrift dagegen auf Ausschlussfristen (h. M. vgl. Palandt/Heinrichs § 390 Rdn. 3; Staudinger/Kaduk § 390 Rdn. 40; MünchKomm/v. Feldmann § 390 Rdn. 2; BGH, DB 1974, 585, 586 unter Aufgabe von BGHZ 26, 304, 308 ff.).
Anerkannt ist in Rechtsprechung und Literatur, dass ein Zurückbehaltungsrecht auch auf einen verjährten Anspruch gestützt werden kann, wenn die Verjährung noch nicht vollendet war, als der Anspruch des Gläubigers entstand. Zur Begründung wird teilweise der bisherige § 390 Satz 2 herangezogen (BGHZ 53, 122, 125), teilweise wird diese Rechtsfolge auch aus dem Grundsatz des § 223 Abs. 1 hergeleitet (MünchKomm/v. Feldmann § 223 Rdn. 2).
Der bisherige § 390 Satz 2 hat sich in der Praxis bewährt. Der Entwurf sieht daher keinen Anlass, Änderungen des bestehenden Rechts vorzunehmen. Der Entwurf übernimmt deshalb den Regelungsinhalt dieser Vorschrift in den neuen § 218 und dehnt lediglich den Anwendungsbereich der Vorschrift ausdrücklich auf das Zurückbehaltungsrecht mit einer verjährten Forderung aus. Auch damit wird aber keine Änderung des geltenden Rechts vorgesehen. Der Entwurf übernimmt nur, was in Rechtsprechung und Literatur bereits anerkannt ist. Da die Regelung die Wirkungen der Verjährung betrifft, soll sie in die hierauf bezogenen allgemeinen Vorschriften eingestellt werden.