Zu Absatz 1
Zu Satz 1
§ 441 RE regelt das Recht des Käufers, den Kaufpreis bei Lieferung einer mangelhaften Sache zu mindern. Wie bereits in der Begründung zu § 437 RE ausgeführt, handelt es sich um ein besonderes kaufrechtliches, im allgemeinen Leistungsstörungsrecht nicht vorhandenes Rechtsinstitut, das in ähnlicher Form auch im bisherigen Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt ist.
Die Regelung der Minderung in Absatz 1 Satz 1 weicht in drei Punkten vom geltenden Recht ab:
- Der Käufer kann den Kaufpreis auch beim Vorliegen eines Rechtsmangels in gleicher Weise wie beim Vorliegen eines Sachmangels mindern.
- Der Käufer ist zur Minderung erst nach erfolgloser Fristsetzung zur Nacherfüllung berechtigt.
- Die Minderung ist Gestaltungsrecht.
Maßgeblich hierfür sind die folgenden Gründe:
Bei Grundstückskaufverträgen gibt es in der Praxis Fallgestaltungen, in denen es dem Verkäufer mangels Zustimmung des Berechtigten nicht gelingt, dem Käufer das Eigentum am Grundstück frei von einem eingetragenen Recht zu verschaffen. Geht es um die Löschung einer „lästigen" Dienstbarkeit (Wege- oder Leitungsrecht), ist der Käufer regelmäßig nicht an einem Rücktritt vom Vertrag interessiert. Weit interessengerechter ist für ihn eine Herabsetzung des Kaufpreises um den wirtschaftlichen Wert der Beeinträchtigung. Dies spricht dafür, auch beim Rechtsmangel die Minderung in gleicher Weise wie beim Sachmangel vorzusehen.
Die Gründe, die dafür sprechen, dem Käufer das Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag erst zu geben, wenn der Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung gehabt hat, sprechen auch bei der Minderung für das Erfordernis erfolgloser Fristsetzung. Die Ausgangslage unterscheidet sich nicht von derjenigen bei Rücktritt des Käufers vom Vertrag. In dem Wortlaut des § 441 Abs. 1 Satz 1 RE kommt diese Voraussetzung dadurch zum Ausdruck, dass der Käufer die Minderung „statt“ des Rücktritts erklären kann. Um mindern zu können, muss der Käufer also zunächst die Voraussetzungen für den Rücktritt herbeiführen, also im Regelfall eine Frist setzen, § 323 Abs. 1 RE. Für die Ausnahmen von der Notwendigkeit einer Fristsetzung gelten dabei dieselben Ausnahmen wie beim Rücktritt (vor allem § 323 Abs.2 und § 440 RE).
Auch bevor der Käufer den Kaufpreis mindern kann, muss er also zunächst Nacherfüllung verlangen. Auch hier steht gemäß § 439 Abs. 1 RE ihm und nicht dem Verkäufer das Wahlrecht zwischen den verschiedenen Arten der Nacherfüllung zu. Dies entspricht Artikel 3 Abs. 2 bis 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, die insoweit nicht zwischen Minderung und Vertragsauflösung unterscheiden.
Wenn die Minderung zu einem Gestaltungsrecht wird, werden die Probleme des derzeitigen § 465 vermieden. Die auch insoweit vorgenommene Angleichung an das Rücktrittsrecht ist angemessen.
Zu Satz 2
Eine weitere Änderung gegenüber dem geltenden Recht und eine Abweichung von den Regelungen über den Rücktritt ist in Satz 2 enthalten. Danach ist die Minderung auch bei Unerheblichkeit des Mangels nicht ausgeschlossen, weil der dies für den Rücktritt regelnde § 323 Abs. 4 Satz 2 RE für nicht anwendbar erklärt wird.
Das entspricht der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, die ebenfalls nur in diesem Punkt das Recht des Käufers zur Vertragsauflösung und Herabsetzung des Kaufpreises abweichend regelt. Artikel 3 Abs. 6 der Richtlinie bestimmt, dass der Verbraucher bei einer „geringfügigen Vertragswidrigkeit“ lediglich keinen Anspruch auf Vertragsauflösung hat. Das Minderungsrecht muss ihm aber auch dann erhalten bleiben.
Zu Absatz 2
Auf Grund der Ausgestaltung der Minderung als Gestaltungsrecht kann die Vorschrift des bisherigen § 474 nicht beibehalten werden. Vielmehr ist – wie in § 351 RE (bisher § 356) für den Rücktritt - eine Unteilbarkeit der Minderung vorzusehen. Bei der Beteiligung mehrerer soll die Minderung deshalb nicht auf einzelne beschränkt werden; sie kann nur einheitlich erklärt werden.
Zu Absatz 3
Zu Satz 1
Die Vorschrift übernimmt den bisherigen § 472 Abs. 1 (Berechnung der Minderung) mit Änderungen.
Der Minderungsbetrag sollte möglichst einfach und praktikabel zu berechnen sein. Abweichend vom geltenden Recht sieht der Entwurf daher nicht die relative Berechnungsmethode nach dem Verkehrswert der mangelhaften Sache vor, die – da ihr objektiver Wert nur schwer zu ermitteln ist – häufig zu Schwierigkeiten führt. Er hat sich vielmehr für eine Regelung entschieden, die an den vereinbarten Kaufpreis anknüpft. Nach dessen Höhe ist in relativer Berechnungsweise der Minderungsbetrag zu berechnen.
Die Berechnung des Minderungsbetrags soll nicht von den Kosten der Nachbesserung abhängig gemacht werden. Diese können zwar im Einzelfall Anhaltspunkte für die Wertberechnung geben, können aber auch besonders hoch sein und stünden dann zur Leistung des Verkäufers in einem auffälligen Missverhältnis. Nicht gefolgt wird auch dem Vorschlag, bei der Berechnung des Minderungsbetrags subjektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Wird durch den Mangel der Kaufsache ein Affektionsinteresse des Käufers verletzt, kann der Verkäufer unter Umständen bereits nach § 439 Abs. 3 RE die Nacherfüllung verweigern, weil sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Subjektive Erwartungen und Vorstellungen können bei der insoweit gebotenen umfassenden Interessenabwägung besser berücksichtigt werden als bei der Minderung.
Eine dem bisherigen § 472 Abs. 2 entsprechende Regelung über die Minderung beim Verkauf mehrerer Sachen ist nicht notwendig. Die Vorschrift hat sich in der Praxis als überflüssig erwiesen.
Eine Regelung über die Berechnung des Minderungsbetrags bei Mitverantwortung des Käufers für den Mangel ist ebenfalls nicht erforderlich. In welchem Verhältnis der Minderungsbetrag herabzusetzen ist, wenn der Käufer ausnahmsweise einen Mangel der Kaufsache mit zu vertreten hat, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften sowie nach dem Rechtsgedanken des § 254, der auch bei Berechnung des Minderungsbetrags anwendbar ist.
Zu Satz 2
Maßgebend für die Berechnung des Minderungsbetrages ist der Wert im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Zur Vereinfachung der Berechnung wird im Gesetzestext klargestellt, dass etwaige Wertveränderungen im Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Minderung außer Betracht bleiben.
Zu Satz 3
Satz 3 eröffnet die Möglichkeit, den Minderungsbetrag - soweit erforderlich - durch Schätzung zu ermitteln. Eine solche Schätzung wird bereits jetzt von der Rechtsprechung vorgenommen (vgl. BGHZ 77, 320, 326). Auch ist die Schätzung eines Betrags dem geltenden Recht nicht unbekannt (vgl. §§ 738 Abs. 2, 2311 Abs. 2 S. 1).
Zu Absatz 4
Hat der Käufer den Kaufpreis bereits ganz oder teilweise bezahlt, steht ihm nach der Minderung ein Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Mehrbetrags zu. Absatz 4 regelt diesen Anspruch nicht durch bloße Verweisung auf die Rücktrittsvorschriften, sondern durch eine selbständige Anspruchsgrundlage. Ergänzend finden die Rücktrittsvorschriften des § 346 Abs. 1 und des § 347 Abs. 1 RE Anwendung.
Zu Absatz 5
Absatz 5 erklärt die §§ 218 und 438 Abs. 4 für entsprechend anwendbar, so dass die Auswirkungen der Verjährung auf die Gestaltungsrechte des Käufers „Rücktritt“ und „Minderung“ gleich geregelt sind. Auf die Begründung zu diesen Vorschriften kann im Übrigen Bezug genommen werden.