Vorbemerkung
Gemäß § 320 kann der Käufer grundsätzlich die Zahlung des Kaufpreises verweigern, solange ihm die Kaufsache vom Verkäufer nicht übergeben und ihm das Eigentum daran verschafft worden ist. Zweifelhaft ist, ob an diesem Grundsatz auch dann festgehalten werden kann, wenn aus Gründen, die der Verkäufer nicht zu vertreten hat, die Kaufsache zu einem Zeitpunkt untergegangen ist oder sich verschlechtert hat, in dem der Käufer zwar Eigentum noch nicht erlangt, der Verkäufer jedoch ihm oder einem Dritten die Sache zum Zweck der Erfüllung seiner Vertragspflichten bereits übergeben hat. Hierher gehört insbesondere der Fall, in dem die Kaufsache aus einem vom Verkäufer nicht zu vertretenden Grunde nach der Übergabe an eine Transportperson während der Reise zum Käufer untergeht, ferner der Fall, in dem die Kaufsache zu einem Zeitpunkt untergegangen ist, in dem der Käufer zwar schon Besitzer, aber wegen eines Eigentumsvorbehalts noch nicht Eigentümer der Kaufsache geworden ist.
In den bisherigen §§ 446, 447 wird der Zeitpunkt bestimmt, von dem an der Käufer die sog. „Vergütungsgefahr“ trägt, also den Kaufpreis bezahlen muss, obwohl er die Kaufsache nicht oder in beschädigtem oder verdorbenem Zustand erhält. Nach geltendem Recht trägt der Käufer diese Gefahr, sobald ihm die verkaufte Sache übergeben worden ist; bei Grundstücken tritt an die Stelle der Übergabe die Eintragung des Käufers in das Grundbuch, sofern sie vor der Übergabe erfolgt ist (bisher § 446 Abs. 2). Beim Versendungskauf tritt die gleiche Wirkung ein, sobald der Verkäufer die Sache dem mit der Versendung beauftragten Unternehmer übergeben hat (bisher § 447).
Nach Artikel 69 Abs. 1 UN-Kaufrecht geht die Gefahr grundsätzlich auf den Käufer über, sobald er die Ware übernimmt. Erfordert der Kaufvertrag eine Beförderung der Ware, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald die Ware „individualisiert“ ist, also eindeutig dem Kaufvertrag zugeordnet werden kann und sie „gemäß dem Kaufvertrag dem ersten Beförderer zur Übermittlung an den Käufer übergeben wird“ (Artikel 67 Abs. 1 UN-Kaufrecht). In den nationalen Rechtsordnungen trägt der Käufer beim Spezieskauf oft schon die Gefahr mit Vertragsschluss, jedenfalls aber von dem Zeitpunkt an, in dem ihm die Ware übergeben wird. Beim Versendungskauf reist die Ware auf Gefahr des Käufers.
Zu Satz 1
Satz 1 übernimmt den bisherigen § 446 Abs. 1 Satz 1. Danach geht mit der Übergabe der verkauften Sache die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. Diese Vorschrift hat sich bewährt.
Zu Satz 2
Dasselbe gilt für Satz 2, der dem bisherigen § 446 Abs. 1 Satz 2 entspricht. Danach trägt mit der Übergabe der Käufer auch die Lasten der Sache und bekommt die Nutzungen.
Zu Satz 3
Satz 3 ergänzt die an die Übergabe anknüpfenden Sätze 1 und 2 dahin, dass ihr der Annahmeverzug des Käufers gleichsteht. Es erscheint sinnvoll, in § 445 RE selbst klarzustellen, dass der Käufer die Gefahr auch dann trägt, wenn er mit der Annahme der Sache in Verzug geraten ist.