Zu Absatz 1
Zu Satz 1
§ 475 RE dient der Umsetzung von Artikel 7 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Danach sind die von der Richtlinie dem Verbraucher gewährten Rechte nicht zu dessen Nachteil abdingbar. Da die §§ 307 bis 309 RE (bisher §§ 9 bis 11 AGBG) nicht sämtliche Individualverträge mit Verbrauchern erfassen, bedürfen sie der Ergänzung. Diese Funktion übernimmt § 475 RE. Die in § 475 Abs. 1 Satz 1 RE in Bezug genommenen Vorschriften sind diejenigen des Kaufrechts, deren Inhalt durch die Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bestimmt ist.
§ 475 Abs. 1 Satz 1 RE übernimmt ausdrücklich die Einschränkung aus Artikel 7 Abs. 1 Satz 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der zufolge nur vor Mitteilung des Mangels an den Verkäufer erfolgte Vereinbarungen betroffen sind. Damit werden insbesondere Vergleiche von dem Verbot abweichender Vereinbarungen nicht erfasst.
Zu Satz 2
Eine Ausnahme von dem absolut zwingenden Charakter der gesetzlichen Regelung der Käuferrechte macht § 475 Abs. 1 Satz 2 RE für den Schadensersatzanspruch. Dieser ist von der Richtlinie nicht erfasst. Insoweit soll – wie bisher – eine Kontrolle über die §§ 307 bis 309 RE ausreichen (bisher §§ 9 bis 11 AGBG). Das gilt auch für die sonstigen, in § 475 Abs. 1 Satz 1 RE nicht in Bezug genommenen Vorschriften des Kaufrechts, die von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht erfasst werden.
Zu Satz 3
§ 475 Abs. 1 Satz 3 RE betrifft mit einer in Verbraucherschutzgesetzen üblichen Formulierung die Umsetzung von Artikel 7 Abs. 1 Satz 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie insoweit, als die dem Verbraucher gewährten Rechte durch eine Vereinbarung auch nicht „mittelbar“ außer Kraft gesetzt werden dürfen.
Zu Absatz 2
Absatz 2 dient der Umsetzung von Artikel 7 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie insoweit, als dort die Verjährung der Mängelansprüche des Verbrauchers angesprochen ist. Artikel 5 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie sieht eine Verjährungsfrist von nicht weniger als zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung vor. Durch Rechtsgeschäft darf mithin diese Verjährungsfrist bei einem Verbrauchsgüterkauf nicht unterschritten werden. Dem trägt Absatz 2 Rechnung und bestimmt gleichzeitig, dass nicht nur eine ausdrückliche Verkürzung der Verjährungsfrist unwirksam ist, sondern auch sonstige Vereinbarungen über eine Erleichterung der Verjährung, wenn sie im Ergebnis eine kürzere Frist als zwei Jahre ab Lieferung der Kaufsache zur Folge haben. Das wäre zum Beispiel bei einer Vorverlegung des Verjährungsbeginns denkbar. Für gebrauchte Sachen enthält die Bestimmung eine Untergrenze von einem Jahr, die nicht unterschritten werden darf; dies lässt Artikel 7 Abs. 1 Satz 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausdrücklich zu. Diese Ausnahmeregelung gilt grundsätzlich auch beim Kauf von Tieren, insbesondere beim Kauf von Pferden und Schafen, für die bisher das Viehkaufrecht mit seiner kurzen Verjährungsfrist von 6 Wochen anzuwenden ist. Auch bei Tieren wird indessen ein Unterschied zwischen „neu“ und „gebraucht“ vorzunehmen sein. Das bedeutet, dass Tiere verjährungsrechtlich nicht generell wie gebrauchte Sachen behandelt werden können. Im bisherigen Recht spielt diese Unterscheidung bei der Anwendung von § 11 Nr. 10 AGBG eine Rolle. Der Entwurf will an der Rechtsprechung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Tiere als „neu“ anzusehen sind, nichts ändern. So werden auch künftig und im Zusammenhang mit § 475 Abs. 2 RE etwa junge Haustiere oder lebende Fische als „neu“ angesehen werden müssen (vgl. BGH, NJW-RR 1986, 52: Forellen; LG Aschaffenburg, NJW 1990, 915: neun Wochen alte Hundewelpen).
Über die Mindestanforderungen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie geht Absatz 2 insoweit hinaus, als nicht nur die Ansprüche des Verbrauchers, die ihm die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache gewährt, betroffen sind. Die Richtlinie regelt zwar die Ansprüche auf Nacherfüllung, auf Minderung des Kaufpreises und Rückgängigmachung des Kaufvertrags, nicht aber den Schadensersatzanspruch des Käufers einer mangelhaften Sache. Auch auf letzteren bezieht sich aber Absatz 2 durch die Bezugnahme auf den gesamten § 437 RE. Die Gewährleistungsrechte des Käufers sollten hinsichtlich der Verjährung einheitlich behandelt werden; Gründe für eine Differenzierung bei der Zulässigkeit von verjährungserleichternden Vereinbarungen sind nicht ersichtlich.