Zu § 634 – Rechte des Bestellers bei Mängeln

§ 634 RE übernimmt für das Werkvertragsrecht eine dem § 437 RE entsprechende Regelung. Auf die Ausführungen zur Begründung dieser Bestimmung kann deshalb an dieser Stelle zunächst Bezug genommen werden. Es sind lediglich die folgenden ergänzenden Bemerkungen veranlasst:

Zu Nummer 1

Nacherfüllung

Durch den Werkvertrag wird der Werkunternehmer verpflichtet, das vereinbarte Werk mangelfrei herzustellen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann der Besteller Nacherfüllung verlangen. Zu entscheiden ist, ob der Werkunternehmer diesen Anspruch des Bestellers auch durch Herstellung eines neuen Werks erfüllen kann und wem die Wahl zwischen Mängelbeseitigung oder Neuherstellung zusteht.

Im geltenden Recht kann der Besteller nach dem bisherigen § 633 Abs. 2 Satz 1 die Beseitigung des Mangels verlangen, wenn das Werk mit Fehlern behaftet ist oder nicht die zugesicherten Eigenschaften hat. Der zur Nachbesserung verpflichtete Werkunternehmer hat gemäß dem bisherigen § 633 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 476a auch die zum Zwecke der Nachbesserung erforderlichen Aufwendungen zu tragen. Erfordert die Beseitigung des Mangels einen unverhältnismäßigen Aufwand, kann sie der Werkunternehmer verweigern (bisheriger § 633 Abs. 2 Satz 3).

Der Besteller hat gemäß dem bisherigen § 633 Abs. 2 nur einen Anspruch auf Mängelbeseitigung. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann er eine Neuherstellung selbst dann nicht verlangen, wenn die Nachbesserung für ihn unzumutbar ist. Andererseits ist auch dem Werkunternehmer nicht freigestellt, ob er das fehlerhafte Werk nachbessert oder ein neues Werk herstellt.

Der Entwurf regelt den Nacherfüllungsanspruch im Einzelnen in § 635 RE, auf den § 634 Nr. 1 RE verweist. Die Grundstruktur ähnelt derjenigen der entsprechenden kaufrechtlichen Vorschrift des § 439 RE, weicht allerdings hinsichtlich der Frage, wem das Wahlrecht zwischen den verschiedenen Arten der Nacherfüllung zustehen soll, von der kaufrechtlichen Lösung bewusst ab. Die weiteren Einzelheiten finden sich in den Erläuterungen zu § 635 RE.

Zu Nummer 2

Selbstvornahme

Kommt der Werkunternehmer dem Nacherfüllungsbegehren des Bestellers nicht nach oder schlägt die Nacherfüllung fehl, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Besteller den Mangel selbst beseitigen kann. Auch erscheint klärungsbedürftig, ob der Besteller die durch die Selbstbeseitigung entstehenden Kosten zunächst aufwenden muss oder ob er vom Werkunternehmer einen Vorschuss verlangen kann.

Im geltenden Recht bestimmt der bisherige § 633 Abs. 3, dass der Besteller den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendung verlangen kann, wenn der Werkunternehmer mit der Beseitigung des Mangels im Verzug ist. Das Ersatzvornahmerecht des Bestellers setzt Verzug des Werkunternehmers mit der Mängelbeseitigung voraus. Notwendig ist also stets, dass der Werkunternehmer dem Mängelbeseitigungsverlangen des Bestellers schuldhaft nicht nachgekommen ist. Dieses von einem Verschulden des Werkunternehmers abhängige Selbstvornahmerecht ist nicht sachgerecht. Auch fehlt eine Regelung, ob der Besteller, der den Mangel selbst beseitigen will, vom Werkunternehmer einen Vorschuss für die erforderlichen Aufwendungen verlangen kann.

§ 637 RE übernimmt den Regelungsgehalt des bisherigen § 633 Abs. 3, verzichtet aber auf das Erfordernis des Verzugs im Sinne einer schuldhaften Verzögerung der Mängelbeseitigung und ergänzt die Vorschrift um den Anspruch des Bestellers auf Vorschuss für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen.

§ 634 Nr. 2 Fall 1 RE nennt diese Vorschrift, auf deren Erläuterung wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.

Rücktritt

Kommt der Werkunternehmer dem Nacherfüllungsbegehren des Bestellers nicht nach oder schlägt die Nacherfüllung fehl und macht der Besteller von seinem Selbstbeseitigungsrecht keinen Gebrauch, ist dem Besteller die Möglichkeit einzuräumen, sich vom Vertrag zu lösen. Auch wenn der Rücktritt im Werkvertragsrecht mitunter praktische Schwierigkeiten auslöst und insbesondere bei Verträgen über Errichtung von Bauwerken auf einem Grundstück des Bestellers technisch nicht durchführbar ist, kann auf ein Rücktrittsrecht des Bestellers im Gesetz nicht verzichtet werden. Das gebietet zunächst das Interesse des Bestellers, dem bei einem Mangel des Werkes mit einer Minderung des Werklohns nicht immer gedient ist, solange nicht wegen vollständiger Wertlosigkeit des Werkes der Werklohn voll herauszugeben ist. Die Rückabwicklung des Vertrags statt Minderung des Werklohns kann auch für den Werkunternehmer interessengerecht sein, zum Beispiel für den Bauträger, der neben der Errichtung des Bauwerks die Übereignung des Grundstücks schuldet und nach Rücktritt des Bestellers vom Vertrag das Objekt anderweitig verwerten kann. Ist Gegenstand des Werkvertrags z. B. eine Maschine, ist dem Besteller mit einer Kürzung des Werklohns nicht gedient, wenn die technisch komplizierte Reparatur nur von Leuten des Werkunternehmers vorgenommen werden kann, der sie aber verweigert hat. Hier muss dem Besteller die Möglichkeit bleiben, vom Vertrag zurückzutreten, um sich die Maschine bei einem anderen Werkunternehmer zu beschaffen.

§ 634 Nr. 2 RE betrifft in seinem zweiten Fall deshalb die Aufhebung des Werkvertrags durch den Besteller bei Mangelhaftigkeit des Werks. Zu erörtern ist, unter welchen Voraussetzungen der Besteller vom Vertrag zurücktreten kann.

Nach geltendem Recht gewährt der bisherige § 634 Abs. 1 dem Besteller nach erfolglosem Ablauf einer dem Werkunternehmer zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist mit Ablehnungsandrohung einen Anspruch auf Wandelung des Vertrags; der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist ausgeschlossen. Ist die Beseitigung des Mangels unmöglich oder wird sie vom Werkunternehmer verweigert oder hat der Besteller ein besonderes Interesse an der Geltendmachung des Wandelungsanspruchs, bedarf es keiner Fristsetzung (bisheriger § 634 Abs. 2). Bei unerheblichen Mängeln ist die Wandelung ausgeschlossen (bisheriger § 634 Abs. 3).

Das Wandelungsrecht des Bestellers ist als Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrags ausgestaltet. Auch muss die gesetzte Nachfrist stets mit einer Ablehnungsandrohung verbunden sein. Diese Regelungen erschweren in der Praxis die Durchführung der Wandelung. Insbesondere entspricht die vom Besteller gesetzte Frist häufig nicht den Anforderungen des bisherigen § 634 Abs. 1 Satz 1.

Nummer 2 Fall 2 verweist für das Rücktrittsrecht auf die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, die auch für das Rücktrittsrecht des Bestellers ein angemessenes Regelungsmodell enthalten. Inhaltlich stimmt das mit dem Rücktritt nach dem bisherigen § 634 Abs. 1 und 3 überein, ersetzt wird aber das Recht zur Wandelung durch ein Rücktrittsrecht, das Gestaltungsrecht des Bestellers wird. Durch die Bezugnahme auf § 323 RE kommt zum Ausdruck, dass – wie nach dem bisherigen § 634 Abs. 1 Satz 3 – der Besteller erst nach fruchtlosem Ablauf einer von ihm dem Werkunternehmer zur Nacherfüllung bestimmten Frist vom Vertrag zurücktreten kann (§ 323 Abs. 1 RE). Auch wird damit erreicht, dass - wie nach dem bisherigen § 634 Abs. 3 - der Rücktritt wegen eines unerheblichen Mangels ausgeschlossen ist (vgl. § 323 Abs. 4 Satz 2 RE). Auf Grund der Verweisung ist der Rücktritt auch dann nicht möglich, wenn der Besteller für den Mangel des Werks allein oder weit überwiegend verantwortlich ist (vgl. § 323 Abs. 5 RE). Weiter ist durch die Bezugnahme auf § 323 Abs. 3 RE der Besteller bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit zum Rücktritt berechtigt, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen für das Rücktrittsrecht eintreten werden. Schließlich ist bei Unmöglichkeit der Nacherfüllung gemäß § 326 Abs. 1 Satz 3 RE die Möglichkeit zum Rücktritt ohne Fristsetzung eröffnet, wie nach dem bisherigen § 634 Abs. 2.

Minderung

Will der Besteller trotz mangelhafter Herstellung des Werks durch den Werkunternehmer am Vertrag festhalten, kann ihm nicht zugemutet werden, den vereinbarten Werklohn in voller Höhe zu leisten. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen er den Werklohn entsprechend herabsetzen kann und welche Rechtsfolgen sich aus einer solchen Minderung des Werklohns ergeben. Dies regelt § 638 RE, auf den § 634 Nr. 2 Fall 3 RE verweist.

Im geltenden Recht gewährt der bisherige § 634 Abs. 1 dem Besteller nach erfolglosem Ablauf einer dem Werkunternehmer zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist einen Anspruch auf Herabsetzung der Vergütung; der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist ausgeschlossen. Ist die Beseitigung des Mangels unmöglich oder wird sie vom Werkunternehmer verweigert oder hat der Besteller ein besonderes Interesse an der Geltendmachung des Minderungsanspruchs, bedarf es keiner Fristbestimmung (bisheriger § 634 Abs. 2). Das Minderungsrecht ist als Anspruch auf Herabsetzung der Vergütung ausgestaltet. Die gesetzte Frist muss stets mit einer Ablehnungsandrohung verbunden sein. Diese Regelung sowie die Berechnung des Minderungsbetrags gemäß den bisherigen §§ 634 Abs. 4, 472 erschweren in der Praxis die Durchführung der Minderung. § 638 RE sieht hier Änderungen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu dieser Vorschrift Bezug genommen.

Zu Nummer 3

Schadensersatz oder Ersatz vergeblicher Aufwendungen

Stellt der Werkunternehmer ein mangelhaftes Werk her, verletzt er eine Vertragspflicht. Hat er diese Pflichtverletzung zu vertreten, kann der Besteller Schadensersatz verlangen. Zu entscheiden ist, unter welchen weiteren Voraussetzungen dieser Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann und welche Rechtsfolgen er nach sich zieht.

Im geltenden Recht kann der Besteller nach dem bisherigen § 635 statt der Wandelung oder Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Mangel des Werks auf einem vom Werkunternehmer zu vertretenden Umstand beruht. Der bisherige § 635 gewährt dem Besteller einen Schadensersatzanspruch nur statt der Wandelung oder Minderung, nach deren Vollzug kann er Schadensersatz nicht mehr verlangen. Die Alternativität von Wandelung/Minderung und Schadensersatz ist - wie beim Kaufvertrag - unbefriedigend und wird zu Recht kritisiert (Nachweise bei MünchKomm/Soergel § 638 Rdn. 9; Soergel/ Teichmann § 638 Rdn. 17; Palandt/Sprau, § 638 Rdn. 3).

Weit mehr Schwierigkeiten bereitet der Praxis die Abgrenzung des Schadensersatzanspruchs aus dem bisherigen § 635 zu den Ansprüchen aus positiver Forderungsverletzung wegen der Schäden, die mit Mängeln zusammenhängen (Mangelfolgeschäden). Die Abgrenzung ist erforderlich, weil für Ansprüche aus positiver Forderungsverletzung die kurzen Verjährungsfristen des bisherigen § 638 nicht gelten, sie auch nicht den Voraussetzungen des bisherigen § 634 Abs. 1 Satz 1 unterliegen. Alle Versuche, den „engeren" Mangelfolgeschaden, dessen Ersatz sich nach § 635 mit den kurzen Verjährungsfristen des § 638 richtet, von den „entfernteren" Mangelfolgeschäden, deren Ersatz nach den Regeln der positiven Forderungsverletzung innerhalb von dreißig Jahren verlangt werden kann, abzugrenzen, sind nicht überzeugend und für die Rechtsanwendung wenig hilfreich. Die kasuistische Rechtsprechung hat keine eindeutigen Abgrenzungskriterien geschaffen (und konnte dies wohl auch nicht), da die Grenze zwischen mittelbaren, entfernteren Folgeschäden zu unmittelbaren, engeren Mangelfolgeschäden nur in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Werkleistung gezogen werden kann.

§ 634 Nr. 3 RE regelt den Anspruch des Bestellers auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei Mangelhaftigkeit des Werks durch eine alle Schadensersatzansprüche umfassende Verweisung auf die allgemeinen Vorschriften.

Durch die Verweisung auf § 280 RE wird klargestellt, dass der Besteller, wenn die Pflichtverletzung vom Werkunternehmer zu vertreten ist, Ersatz seines Schadens verlangen kann, gleichgültig ob der Schaden durch den Mangel entstanden ist, nicht mit dem Mangel zusammenhängt oder zwar mit dem Mangel zusammenhängt, aber dessen entferntere Folge ist. Damit wird die überaus unbefriedigende Unterscheidung zwischen Mangelschaden, Mangelfolgeschaden und sonstigen Schäden entbehrlich. Zugleich ist damit die Möglichkeit geschaffen, für alle Schadensersatzansprüche wegen eines Mangels des Werks eine einheitliche Verjährungsfrist zu schaffen.

Die Verweisung auf § 281 RE bedeutet, dass der Besteller wegen eines Mangels des Werks selbst Schadensersatz erst verlangen kann, wenn die dem Werkunternehmer zur Nacherfüllung gesetzte Frist erfolglos abgelaufen ist. Diese Regelung entspricht dem geltenden Recht (bisheriger § 634 Abs. 1).

Abweichend vom geltenden Recht (bisheriger § 635) kann der Besteller Schadensersatz auch neben seinen weiteren Rechten auf Grund der Pflichtverletzung (Rücktritt oder Minderung) verlangen, wie § 325 RE klarstellt. Im Übrigen kann wegen der Parallelität der Regelung im Kaufrecht auf die Erläuterungen zu § 437 Nr. 3 RE Bezug genommen werden.