Zu § 638 – Minderung

Zu Absatz 1

Zu Satz 1

Satz 1 entspricht dem geltenden Recht (bisheriger § 634 Abs. 1 und 3), regelt die Minderung aber als Gestaltungsrecht. Er sieht durch die Bezugnahme auf das Rücktrittsrecht („Statt zurückzutreten“) ebenso wie § 441 Abs. 1 Satz 1 RE im Kaufrecht vor, dass der Besteller - wie nach dem bisherigen § 634 Abs. 1 Satz 3 - erst nach fruchtlosem Ablauf einer von ihm dem Werkunternehmer zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist mindern kann.

Zu Satz 2

Satz 2 erklärt – ebenso wie § 441 Abs. 1 Satz 2 RE im Kaufrecht – den Ausschlussgrund des § 323 Abs. 4 Satz 2 RE für die Minderung nicht für anwendbar. Deshalb ist ebenso wie für die Minderung im geltenden Recht (bisheriger § 634 Abs. 3), jedoch anders als beim Rücktrittsrecht nach § 634 Nr. 2 in Verbindung mit § 323 RE eine Herabsetzung des Werklohns durch den Besteller grundsätzlich auch dann möglich, wenn der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit des Werks nur unerheblich mindert.

Zu Absatz 2

Absatz 2 betrifft die Minderung bei Besteller- oder Unternehmermehrheit. Auf Grund der Regelung der Minderung als Gestaltungsrecht kann die Vorschrift des bisherigen § 474, die über den bisherigen § 634 Abs. 4 auch für den Werkvertrag anwendbar ist, nicht beibehalten werden. Vielmehr ist - entsprechend § 351 RE (bisheriger § 356) – eine Unteilbarkeit der Minderung vorzusehen (vgl. schon die Begründung zu § 441 Abs. 2 RE im Kaufrecht). Bei der Beteiligung mehrerer soll die Minderung deshalb nicht auf einzelne beschränkt werden; sie kann nur einheitlich erklärt werden. Besonderheiten aus einem Innenverhältnis (etwa Gesamthandsverhältnis oder Wohnungseigentümergemeinschaft) bleiben unberührt.

Zu Absatz 3

Absatz 3 regelt die Berechnung der Minderung in einer dem § 441 Abs. 3 RE im Kaufrecht weitgehend entsprechender Weise. Abweichend vom geltenden Recht (bisheriger § 634 in Verbindung mit § 472 Abs. 1) sieht Absatz 3 nicht die relative Berechnungsmethode vor (vgl. die Begründung zu § 441 Abs. 3 RE). Dementsprechend gilt eine Regelung, die an den vereinbarten Werklohn anknüpft. Nach dessen Höhe ist in relativer Berechnungsweise der Minderungsbetrag zu berechnen.

Während nach § 441 Abs. 3 Satz 2 RE beim Kaufvertrag der Wert im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend ist, kann es beim Werkvertrag hierauf nicht ankommen. Der Kauf betrifft regelmäßig eine schon vorhandene Sache, deren Wert feststeht; dagegen zielt der Werkvertrag auf die Herstellung eines Werks, das bei Abschluss des Vertrags noch nicht besteht. Nach der Rechtsprechung (BGHZ 58, 181, 183) ist beim Bauvertrag für die Wertbestimmung auf die Fertigstellung oder die Abnahme des Werks abzustellen; dieser Zeitpunkt ist auch für andere Werkleistungen sachgerecht, da erst jetzt überhaupt eine Wertbestimmung möglich ist.

Die Berechnung des Minderungsbetrags ist dagegen nicht von den Kosten der Nachbesserung abhängig. Diese können besonders hoch sein und stünden dann zur Leistung des Werkunternehmers in einem auffälligen Missverhältnis. Nicht vorgesehen wird auch, bei der Berechnung des Minderungsbetrags subjektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Wird durch den Mangel des Werks ein Affektionsinteresse des Bestellers verletzt, kann der Werkunternehmer unter Umständen bereits nach § 635 Abs. 3 RE die Nacherfüllung verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Subjektive Erwartungen und Vorstellungen können bei der insoweit gebotenen umfassenden Interessenabwägung besser berücksichtigt werden als bei der Minderung.

Eine dem bisherigen § 472 Abs. 2 entsprechende Regelung über die Minderung bei der Herstellung mehrerer Werkleistungen ist nicht notwendig. Die Vorschrift hat sich in der Praxis als überflüssig erwiesen.

Eine Regelung über die Berechnung des Minderungsbetrags bei Mitverantwortung des Bestellers für den Werkmangel ist ebenfalls nicht erforderlich. In welchem Verhältnis der Minderungsbetrag herabzusetzen ist, wenn der Besteller den Werkunternehmer z. B. falsch angewiesen oder ihm fehlerhaftes Material überlassen hat, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften sowie nach dem - auch bei Berechnung des Minderungsbetrags anwendbaren - Rechtsgedanken des § 254. Praktisch bedeutsam sind insoweit im Übrigen in erster Linie die Fälle der Lieferung fehlerhaften Materials durch den Besteller. Soll nach dem Vertrag der Werkunternehmer hieraus eine bewegliche Sache herstellen, so ist gemäß § 651 RE auf einen solchen Vertrag ohnehin Kaufrecht anzuwenden, für das § 651 Satz 2 in Verbindung mit § 442 Abs. 1 Satz 1 RE ausdrücklich einen Ausschluss der Gewährleistung für den Fall vorsieht, dass der Mangel auf den vom Käufer gelieferten Stoff zurückzuführen ist. § 638 Abs. 3 Satz 2 RE bestimmt ebenso wie § 441 Abs. 3 Satz 3 RE für das Kaufrecht, dass erforderlichenfalls der Minderungsbetrag durch Schätzung zu ermitteln ist.

Zu Absatz 4

Hat der Besteller den Werklohn bereits ganz oder teilweise gezahlt, steht ihm nach der Minderung gemäß Absatz 4 ein Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Mehrbetrags nach Rücktrittsrecht zu. Auch dies entspricht dem Kaufrecht, § 441 Abs. 4 RE.

Zu Absatz 5

Absatz 5 erklärt die §§ 218 und 634a Abs. 4 RE, die das Rücktrittsrecht betreffen, für entsprechend anwendbar. Dadurch wird – wie auch im Kaufrecht (§ 441 Abs. 5 RE) – die verjährungsrechtliche Konsequenz aus der Umgestaltung der Minderung zu einem Gestaltungsrecht gezogen. Der Werkunternehmer kann sich also auch gegenüber der Minderungserklärung des Bestellers mit der Wirkung des § 218 RE auf die Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs gemäß § 634a RE berufen und gegenüber einem noch nicht verjährten Vergütungsanspruch die Einrede gemäß § 634a Abs. 4 RE erheben, die mit gewissen Modifikationen (Verzicht auf die Mängelanzeige) geltendem Recht entspricht (bisher § 639 Abs. 1, § 478).