Die Bundesregierung vermag sich dem in der Prüfbitte des Bundesrates liegenden Vorschlag nicht anzuschließen. Für eine solche Regelung besteht kein Bedürfnis. Durch die Umstellung von der Unterbrechungs auf die Hemmungswirkung wird in deutlich geringerem Maße als bisher auf den Lauf der Verjährung eingewirkt. Der bloße Aufschub für die Dauer des Verfahrens und der sechsmonatigen Nachfrist sollte unabhängig von dessen Ausgang sein.
Entgegen der Ansicht des Bundesrates ergeben sich auch im Fall der Klagerücknahme keine rechtlichen Probleme. Der Bundesrat meint, die verjährungsrechtliche Hemmungswirkung der Klageerhebung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB-RE entfalle bei späterer Klagerücknahme rückwirkend. Dies ergebe sich aus § 269 Abs. 3 ZPO, wonach im Fall der Klagerücknahme rückwirkend nicht nur die prozessualen, sondern auch die materiell-rechtlichen Wirkungen entfielen. Ob letzteres zutrifft, kann dahinstehen. Selbst wenn nach § 269 Abs. 3 ZPO mit der Klagerücknahme grundsätzlich auch die materiell-rechtlichen Wirkungen der Klageerhebung entfallen, so sieht doch § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB-RE ausdrücklich eine abweichende Regelung vor. Danach endet die durch die Klageerhebung ausgelöste Hemmung der Verjährung „sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Erledigung des eingeleiteten Verfahrens“. Die Klagerücknahme erledigt das Verfahren. Folge ist jedoch nicht das rückwirkende Entfallen der Hemmungswirkung, sondern gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB-RE das Ende der Hemmung nach Ablauf der sechsmonatigen Nachfrist.
Auch gegen die Gefahr des Missbrauchs ist in ausreichendem Maße vorgesorgt. Der wichtigste Gesichtspunkt ist die schon erwähnte Umstellung von der Unterbrechungs- auf die Hemmungswirkung. Eine nur vorgeblich zum Zwecke der Rechtsverfolgung, tatsächlich aber aus verjährungsrechtlichen Gründen erhobene Klage, die alsbald zurückgenommen wird, würde nach geltendem Recht ohne den bisherigen § 212 Abs. 1 BGB eine komplett neue Verjährungsfrist von bis zu 30 Jahren in Gang setzen, zuzüglich der Zeit zwischen Klageerhebung und -rücknahme. Nach dem Entwurfsrecht tritt lediglich eine Hemmung der Verjährung um sechs Monate ein, zuzüglich der Zeit zwischen Klageerhebung und -rücknahme. Daher ist nach der bisherigen Rechtslage das Bedürfnis nach einer Regelung wie in § 212 Abs. 1 BGB deutlich größer, da ansonsten die verjährungsrechtlichen Folgen einer Klageerhebung wesentlich lukrativer wären als nach dem Entwurfsrecht. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Gläubiger diesen vergleichsweise geringen verjährungsrechtlichen Ertrag nicht umsonst bekommt. Er hat nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen, was die Gefahr des Missbrauchs weiter eindämmt. Auch für den Sonderfall des kostenfreien Prozesskostenhilfeverfahrens ist Vorsorge getroffen: Nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB-RE hat nur der erstmalige Prozesskostenhilfeantrag Hemmungswirkung. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Gerichte rechtsmissbräuchlichen Rechtsverfolgungsmaßnahmen keine Hemmungswirkung zubilligen werden. Gerade wenn ein Gläubiger in halbjährlicher Folge mehrere gleichgerichtete Anträge einreicht, die stets kurzfristig zurückgenommen werden, liegt die Annahme des Rechtsmissbrauchs nahe.
Zu Nummer 11 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 3 (§ 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB)
Die Bundesregierung stimmt dem in der Prüfbitte liegenden Vorschlag des Bundesrates mit einer redaktionellen Änderung zu. In § 204 Abs. 1 BGB-RE sollte Nummer 11 wie folgt gefasst werden:
„11. den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1044 der Zivilprozessordnung),“.
Nach dem Regelfall des § 1044 Satz 1 ZPO beginnt das schiedsrichterliche Verfahren mit dem Tag, an dem der Beklagte den Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht jährungshemmenden Ereignis erlangt hat. Der Empfang des Antrags entspricht der Erhebung der Klage durch Zustellung der Klageschrift nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB-RE i. V. m. § 253 Abs. 1 ZPO. Eine Vorverlegung der verjährungsrechtlichen Wirkung auf den Zeitpunkt des Eingangs der Klage bei Gericht steht nach § 270 Abs. 3 ZPO unter der Bedingung, dass die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Vereinbaren die Parteien einen abweichenden Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, setzen sie etwa nach dem vom Bundesrat gebildeten Beispiel den Eingang des Antrags bei einer Drittstelle als Beginn des Schiedsverfahrens fest, steht die Hemmungswirkung nach der vom Bundesrat intendierten Vorschrift jedenfalls nicht ausdrücklich unter der Bedingung, dass der Schuldner diesen Antrag „demnächst“ empfängt.
Die Bundesregierung ist aber mit dem Bundesrat der Auffassung, dass insoweit den Parteivereinbarungen Rechnung getragen werden soll. Den Parteien steht es frei, einen abweichenden Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens festzulegen. Tun sie dies, kann ihnen auch zugemutet werden, hierbei die verjährungsrechtlichen Konsequenzen im Blick zu haben.
Bei der Formulierung der Vorschrift sollte der vom Bundesrat vorgeschlagene Halbsatz „in dem der Anspruch geltend gemacht wird“ entfallen. Dass die Hemmungswirkung einer Rechtsverfolgungsmaßnahme vorbehaltlich des § 213 BGB-RE nur den Anspruch betrifft, dessen Durchsetzung mit der Maßnahme verfolgt wird, ist eine Selbstverständlichkeit, die auch in den anderen Alternativen des § 204 Abs. 1 BGB-RE nicht ausdrücklich ausgesprochen wird.
Zu Nummer 12 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 3 (§ 204 Abs. 2 Satz 2 BGB)
Die Bundesregierung stimmt dem Bundesrat zu. § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB-RE sollte wie folgt gefasst werden:
„Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Erledigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle, es sei denn, das Nichtbetreiben beruht auf einem triftigen Grund.“
Die in § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB-RE noch angesprochene Alternative des Stillstands des Verfahrens infolge einer Vereinbarung ist schon nach geltendem Recht überholt, da prozessrechtlich den Parteien mit der Verordnung vom 13. Februar 1924 (RGBl. I S. 135) die Möglichkeit entzogen wurde, durch Vereinbarung das Verfahren zum Ruhen zu bringen (RGZ 128, 191, 196; Staudinger/Peters, BGB, 12. Aufl. 1995, § 211 Rdn. 8). Nach den §§ 251 und 251a ZPO kann nur das Gericht das Ruhen des Verfahrens beschließen.
Hinsichtlich der zweiten Alternative des Stillstands des Verfahrens infolge Nichtbetreibens führt der Bundesrat zutreffend aus, dass die Rechtsprechung den bisherigen § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB in teleologischer Reduktion dann nicht anwendet, wenn für das Untätigbleiben des Berechtigten ein triftiger Grund besteht (BGH, NJW 1999, 1101, 1102; 1999, 3774, 3775). Dies sollte auch in der Vorschrift zum Ausdruck kommen. Der Gesetzgeber sollte nicht versuchen, die triftigen Gründe im Einzelnen zu benennen. Solche Gründe können nämlich außerordentlich vielgestaltig sein. Hinsichtlich derjenigen Gründe für das Nichtbetreiben des Prozesses, die von der Rechtsprechung bislang nicht als „triftig“ angesehen werden, sieht die Bundesregierung keinen Anlass zu gesetzgeberischem Handeln. Dies gilt insbesondere für die vom Bundesrat angesprochenen sog. Musterprozesse (BGH, NJW 1983, 2496; 1998, 2274). Wie Peters (Staudinger a. a. O. § 211 Rdn. 17) zutreffend ausführt, ist ein „Musterprozess“ eben doch nur teilweise deckungsgleich mit dem nicht betriebenen Prozess; hinsichtlich ihrer Unterschiede bleiben aber die Gefahren der Verdunkelung bestehen, denen die Verjährung gerade vorbeugen soll. Zudem wird das Problem dadurch entschärft, dass künftig im Rahmen des § 202 Abs. 2 BGB-RE verjährungserschwerende Vereinbarungen möglich sind. In einer Musterprozessvereinbarung können die Parteien daher auch vereinbaren, dass die Verjährung bis zum Abschluss des Musterprozesses gehemmt ist. Diese Möglichkeit steht auch in allen anderen Fällen zur Verfügung, in denen die Parteien Zweifel haben, ob die Hemmung wegen des Vorliegens eines triftigen Grundes fortdauert.
Schließlich sollte in der Vorschrift auch zum Ausdruck kommen, dass sie allein die Fälle betrifft, in denen die Förderung des Verfahrens Sache der Parteien ist. Auch der bisherige § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB ist unanwendbar, wenn das Gericht von Amts wegen tätig werden muss (BGH, NJW 2000, 132; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl. 2001, § 211 Rdn. 4).