Zu Nummer 49 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB)

Der vorgeschlagenen Änderung wird zugestimmt.

Zu Nummer 50 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 Abs. 4 BGB)

Als Ergebnis der erbetenen Prüfung schlägt die Bundesregierung vor, § 310 Abs 4 BGBRE wie folgt zu fassen:

„(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei Arbeitsverträgen sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.“

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Bereichsausnahme des Arbeitsrechts hinsichtlich des AGB-Gesetzes im Grundsatz aufzuheben ist. Trotz des Schutzes durch zwingende gesetzliche Vorschriften und kollektive Vereinbarungen besteht auch im Arbeitsrecht ein Bedürfnis nach richterlicher Kontrolle der einseitig vom Arbeitgeber festgesetzten Arbeitsbedingungen; dies ist gerade vor dem Hintergrund des existentiellen Angewiesenseins auf einen Arbeitsplatz von besonderer Bedeutung. Das Fall-Material der Rechtsprechung des BAG zu den Arbeitsvertragsmodalitäten zeigt, dass eine „sich selbst überlassene“ Vertragsfreiheit nicht in der Lage war, insgesamt einen ausreichenden Schutz der Arbeitnehmer vor unangemessenen Vertragsbedingungen zu gewährleisten. Das BAG unterzieht daher Arbeitsbedingungen trotz des geltenden § 23 AGBG, der bestimmt, dass das AGB-Gesetz insgesamt auf Arbeitsverträge keine Anwendung findet, einer Inhaltskontrolle. Es legt § 23 Abs. 1 AGBG dabei so aus, dass die Vorschrift nur speziell die Anwendung des AGB-Gesetzes, nicht aber die Vornahme einer AGB-Kontrolle an sich untersage. Das BAG geht deshalb derzeit so vor wie der BGH vor Schaffung des AGB-Gesetzes. Auf der Grundlage von §§ 242 und 315 BGB werden Arbeitsvertragsbedingungen im Prinzip so überprüft, als fände jedenfalls § 9 AGBG auf sie Anwendung. Dabei ist die Rechtsprechung des BAG allerdings nicht einheitlich: Während einzelne Senate arbeitsvertragliche Klauseln sehr streng nach den Maßstäben des AGB-Gesetzes kontrollieren (vgl. BAG, DB 1996, S. 989), tendieren andere Senate des Gerichts in eine andere Richtung, wie eine der jüngsten Entscheidungen zur Frage der Ausschlussfristen bzw. abgekürzten Verjährungsfristen (BAG vom 13. Dezember 2000 – 10 AZR 168/2000) zeigt. Die aus dieser uneinheitlichen Rechtsprechung entstehende Rechtsunsicherheit sollte durch die Streichung der Bereichsausnahme beseitigt werden. Dadurch wird auch dafür gesorgt, dass das Schutzniveau der Vertragsinhaltskontrolle im Arbeitsrecht nicht hinter demjenigen des Zivilrechts zurückbleibt. Allerdings sollten vor allem die besonderen Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit im Arbeitsrecht nicht zwingend uneingeschränkt zur Anwendung kommen. Vielmehr sollten hier die besonderen Bedürfnisse eines Arbeitsverhältnisses berücksichtigt werden können.

Die Bereichsausnahme muss allerdings weiterhin für Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen bestehen bleiben. Sie stellen nicht nur ausgehandelte Verträge zwischen den beteiligten Kollektivvertragsparteien dar, sondern enthalten zugleich Rechtsnormen, die unmittelbar und zwingend für die Arbeitsverhältnisse der betriebsangehörigen bzw. tarifgebundenen Arbeitsnehmer gelten (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG, § 4 Abs. 1 Satz TVG). In diesen gewissermaßen „normsetzenden“ Bereich kann und darf eine AGB-Kontrolle nicht eingreifen, da anderenfalls das System der Tarifautonomie konterkariert würde. Des weiteren sind die Erfordernisse des § 305 Abs. 2 und 3 BGB-RE bei Arbeitsverträgen nicht einzuhalten. Insoweit bestimmt nämlich § 2 Abs. 1 Satz 1 des Nachweisgesetzes vom 20. Juli 1995 (BGBl. I S. 946), dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die wesentlichen Vertragsbestimmungen auszuhändigen hat. Dies kann durch einen entsprechenden Hinweis auf die einschlägigen Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und ähnliche für das Arbeitsverhältnis geltende Regelungen ersetzt werden (§ 2 Abs. 3 des Nachweisgesetzes).

In Satz 3 der vorgeschlagenen Neufassung von § 310 Abs. 4 BGB-RE wird klargestellt, dass Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen Rechtsvorschriften im Sinne § 307 Abs. 3 BGB-RE gleichstehen. Daraus folgt, dass auch Einzelarbeitsverträge, die Bezug auf einen Tarifvertrag nehmen, ohne dass eine beiderseitige Tarifbindung besteht oder die mit Kollektivverträgen übereinstimmen und lediglich deren gesamten Inhalt wiedergeben, ebenfalls nicht der Inhaltskontrolle unterliegen, sondern nur am Transparenzgebot zu messen sind.

Zu Nummer 51 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 12 (§ 310 BGB)

Die Bundesregierung hält es nicht für geboten, die Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die Unternehmen untereinander verwenden, unter den Vorbehalt geringerer Schutzbedürftigkeit der Unternehmen zu stellen. Dass beiderseitige Handelsgeschäfte flexibleren Prüfungskriterien unterliegen als Verbrauchergeschäfte, ergibt sich bereits aus § 310 Abs. 1 BGB-RE. Im Übrigen würde ein Hinweis auf die „Schutzbedürftigkeit“ von Unternehmen nur zusätzliche Rechtsunsicherheit hervorrufen.