Nach Ansicht der Bundesregierung sollte der Regelungsvorschlag im weiteren Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens in der Sache ernsthaft erwogen werden, indessen nicht in der redaktionellen Gestaltung und in der Frage des Standorts. Der Vorschlag spricht das Verhältnis des § 323 zu § 326 BGB-RE an. Die Bundesregierung ist – insoweit dem Vorschlag grundsätzlich folgend – der Auffassung, dass es auch bei einer Leistungsbefreiung des Schuldners nach § 275 Abs. 1 oder 2 BGB-RE neben der Befreiung des Gläubigers von der Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung nach § 326 BGB-RE zumindest bestimmte Fälle geben muss, in denen der Gläubiger von dem Vertrag zurücktreten kann. Das betrifft jedenfalls die in dem Vorschlag des Bundesrates angesprochene Schlechtleistung. Auch darüber hinaus sollte die Möglichkeit des Rücktritts dem Gläubiger aber stets eröffnet werden. Es entspricht dessen berechtigten Interessen, dass er auch bei Vorliegen eines nach § 275 Abs. 1 oder 2 BGB-RE beachtlichen Leistungshindernisses die Möglichkeit hat, die Rückabwicklung des Vertrags zu erreichen – wie dies auch etwa § 325 BGB im geltenden Recht vorsieht. Dabei spielt ein praktisches Argument eine wichtige Rolle: Häufig wird der Gläubiger zwar feststellen, dass die Leistung durch den Schuldner ausbleibt, den Grund hierfür aber nicht kennen. Das Leistungsstörungsrecht sollte deshalb für den Gläubiger die Möglichkeit des Rücktritts unabhängig von dem Grund der Nichtleistung vorsehen. Das kann durch die gesetzliche Klarstellung erreicht werden, dass § 323 BGB-RE auch im Fall des § 275 Abs. 1 oder 2 BGB-RE anzuwenden ist. Diese Regelung sollte allerdings nicht in § 323 BGB-RE aufgenommen werden. Nach der Systematik der §§ 323 bis 326 BGB-RE setzt diese Vorschrift nämlich die Nachholbarkeit der Leistung voraus, weil nur dann eine „fällige Leistung“ angenommen werden kann und weil nur dann die Fristsetzung als Grundvoraussetzung des Rücktrittsrechts einen Sinn macht. Der zutreffende Standort wäre vielmehr § 326 Abs. 1 BGB-RE. Ein Verweis auf § 323 BGB-RE hat dann zur Folge, dass der Gläubiger jedenfalls immer nach dieser Vorschrift zurücktreten kann, ohne sich Gedanken über die Frage machen zu müssen, ob Unmöglichkeit der Leistung vorliegt. Wenn er sicher gehen will, setzt er eine angemessene Frist und tritt nach deren erfolglosem Ablauf von dem Vertrag zurück. Steht die Unmöglichkeit bereits vor Fristsetzung fest, so kann der Gläubiger – unabhängig von seiner Befreiung von der Gegenleistungspflicht nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB-RE – auch ohne Fristsetzung zurücktreten, weil letztere gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB-RE entbehrlich ist. Mit einer solchen Verweisung könnte § 326 Abs. 1 BGB-RE folgende Fassung erhalten:
„(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 oder 2 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht im Fall der nicht vertragsgemäßen Leistung. In den Fällen der Sätze 1 und 2 kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 entsprechende Anwendung.“
Zu Nummer 67 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 15 (§§ 323, 324 BGB)
Die Anregung sollte nach Ansicht der Bundesregierung aus denselben Gründen aufgegriffen werden, die bereits zu der Zusammenführung der §§ 281 und 282 BGB-RE ausgeführt wurden. Auch § 324 BGB-RE könnte gestrichen und in § 323 BGB-RE nach Absatz 2 folgender Absatz eingefügt werden, wodurch sich die nachfolgenden Absätze entsprechend verschieben:
„(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an die Stelle einer erforderlichen Fristsetzung eine Abmahnung.“