Mittelbare Wirkung der Grundrechte im
Privatrecht; Privatautonomie; (kein) Kontrahierungszwang bei
Massenveranstaltungen ("Stadionverbot")
BVerfG v. 11.4.2018 - 1 BvR 3080/09
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsätze:
1. Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich auch nach den
Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung kein objektives Verfassungsprinzip
entnehmen, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen
prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Grundsätzlich gehört es
zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen,
mit wem sie unter welchen Bedingungen Verträge abschließen will.
2. Gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten
können sich aus Art. 3 Abs. 1 GG jedoch für spezifische Konstellationen
ergeben. Mittelbare Drittwirkung entfaltet Art. 3 Abs. 1 GG etwa dann, wenn
einzelne Personen mittels des privatrechtlichen Hausrechts von
Veranstaltungen ausgeschlossen werden, die von Privaten aufgrund eigener
Entscheidung einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet werden
und wenn der Ausschluss für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben entscheidet. Die Veranstalter dürfen
hier ihre Entscheidungsmacht nicht dazu nutzen, bestimmte Personen ohne
sachlichen Grund von einem solchen Ereignis auszuschließen.
3. Ein Stadionverbot kann auch ohne Nachweis einer Straftat auf eine auf
Tatsachen gründende Besorgnis gestützt werden, dass die Betroffenen künftig
Störungen verursachen werden. Die Betroffenen sind grundsätzlich vorher
anzuhören und ihnen ist auf Verlangen vorprozessual eine Begründung
mitzuteilen.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche Entscheidung des BVerfG zum Einfluss
der Grundrechte auf das Privatrecht, die sich einer verkürzten Darstellung
entzieht: Im Mittelpunkt steht die Vertragsabschlussfreiheit und deren
verfassungsrechtliche Problematik bei Großveranstaltungen.
©sl 2018
Gründe:
A.
1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein von einem Fußballverein gegen den
Beschwerdeführer verhängtes bundesweites Stadionverbot.
I.
2 1. Die Beklagte des Ausgangsverfahrens ist aus dem Meidericher
Spiel-verein 02 e.V. Duisburg hervorgegangen und unterhält eine
Fußball-Lizenzmannschaft, die unter der Bezeichnung „MSV Duisburg" am
Spielbetrieb der Fußball-Bundesliga teilnimmt. Am 25. März 2006 fand in der
damaligen „MSV-Arena" ein Spiel der Ersten Bundesliga zwischen dem MSV
Duisburg und dem Fußballclub Bayern München statt, das der damals
sechzehnjährige Beschwerdeführer als Mitglied und Fan von Bayern München
besuchte.
3 Nach dem Ende des Spiels ging der Beschwerdeführer in einer Gruppe von
etwa 80 Fans des FC Bayern München, die ausweislich des landgerichtlichen
Urteils zu einer gewaltbereiten „Ultra"-Fangruppe gehörten, in Richtung
S-Bahnhof. Zwischen dieser Gruppe und Anhängern des MSV Duisburg kam es nach
den Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil zu verbalen und körperlichen
Auseinandersetzungen, als die Fans des FC Bayern München hinter der
„Duisburger Kurve" vorbeigingen. Dabei wurde mindestens eine Person verletzt
und ein Auto beschädigt. Der genaue Ablauf der Geschehnisse konnte in der
Folgezeit nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls aber befand sich der
Beschwerdeführer in der Gruppe der Fans des FC Bayern München, aus der
heraus es zu den Auseinandersetzungen kam. Im Rahmen des Polizeieinsatzes
wurden etwa 50 Personen, unter ihnen auch der Beschwerdeführer, zur
Feststellung der Personalien in polizeilichen Gewahrsam genommen. Gegen den
Beschwerdeführer wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs
gemäß § 125 StGB eingeleitet.
4 Hierüber informierte das Polizeipräsidium Duisburg mit Schreiben vom 11.
April 2006 den MSV Duisburg und regte an, gegen den Beschwerdeführer ein
bundesweites Stadionverbot auszusprechen. Mit Schreiben vom 18. April 2006
sprach die Beklagte daraufhin gegenüber dem Beschwerdeführer ein
bundesweites Stadionverbot für die Dauer vom 18. April 2006 bis zum 30. Juni
2008 aus. Sie handelte insoweit im Namen des Deutschen Fußball-Bundes, des
Ligaverbandes sowie sämtlicher Vereine der Fußball-Bundesliga, die sich für
die Festsetzung solcher Verbote wechselseitig bevollmächtigt haben. Das
Verbot betraf danach sämtliche Fußballstadien in Deutschland hinsichtlich
nationaler und internationaler Fußballveranstaltungen von Vereinen
beziehungsweise Tochtergesellschaften der Fußball-Bundesligen und der
Fußballregionalligen sowie des Deutschen Fußball-Bundes. Die Beklagte
stützte sich dabei auf ihr Hausrecht und die von ihr im
Lizenzierungsverfahren anerkannten
3/19 „Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten" des
Deutschen Fußball-Bundes (Stadionverbots-Richtlinien - SVRL) in der damals
gültigen Fassung vom 1. Juni 2005.
5 Durch Verfügung der Staatsanwaltschaft Duisburg vom 27. Oktober 2006 wurde
das Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 153 Abs. 1 StPO
wegen Geringfügigkeit eingestellt. Im Anschluss hieran forderte die Beklagte
mit Schreiben vom 4. Dezember 2006 die Ermittlungsakte des Beschwerdeführers
bei der Staatsanwaltschaft Duisburg an, um eine etwaige Aufhebung des
Stadionverbots zu prüfen. Sie entschied ohne Anhörung des Beschwerdeführers,
das festgesetzte Stadionverbot aufrechtzuerhalten. Der FC Bayern München
schloss den Beschwerdeführer in der Folgezeit aus dem Verein aus und
kündigte dessen Jahreskartenabonnement.
6 2. Die Stadionverbots-Richtlinien des Deutschen Fußball-Bundes (SVRL)
werden von diesem verbandsrechtlich auf der Grundlage der „Richtlinien zur
Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen" von der Kommission für
Prävention und Sicherheit des Deutschen Fußball-Bundes erlassen. Nach den
Richtlinien - hier in der Fassung vom 1. Juni 2005 - kann ein Stadionverbot
in minder schweren Fällen von den Vereinen für einzelne Stadien festgesetzt
werden (örtliches Stadionverbot, § 4 Abs. 2 SVRL) und in schwereren Fällen
überörtlich bundesweit ausgesprochen werden (überörtliches/bundesweites
Stadionverbot, § 4 Abs. 3 und 4 SVRL). Ein überörtliches Verbot soll in
Fällen festgesetzt werden, in denen eine Reihe von einzelnen aufgeführten
Straftatbeständen in Rede stehen. Genannt werden hier unter anderem
Gewaltdelikte und Landfriedensbruch. Die Richtlinien knüpfen die Festsetzung
eines Stadionverbots in diesen Fällen in der Regel an die Einleitung von
Ermittlungs- oder sonstigen Verfahren. Die bundesweite Erstreckung des
Stadionverbots beruht darauf, dass sich der Deutsche Fußball-Bund, der
Ligaverband und sämtliche Vereine der Bundesliga wechselseitig zur
Inhaberschaft des Hausrechts und Ausübung eines Hausverbots über ihre
jeweiligen Spielstätten durch eine gesonderte Erklärung vor Beginn der
jeweiligen Spielzeit bevollmächtigen (vgl. § 1 Abs. 5 SVRL).
7 Nach der im Zeitpunkt der Verhängung des Stadionverbots maßgeblichen
Fassung des § 6 Abs. 1 SVRL ist das Stadionverbot von der festsetzenden
Stelle wieder aufzuheben, wenn der Betroffene nachweist, dass das
zugrundeliegende Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO oder nach einer
entsprechenden Regelung des Jugendgerichtsgesetzes eingestellt worden ist,
es sei denn, es sei aus anderen Gründen aufrechtzuerhalten; ebenso ist es
aufzuheben, wenn er nachweist, dass er in einem Strafverfahren rechtskräftig
freigesprochen worden ist oder sonst die Voraussetzungen für die Verhängung
nicht erfüllt sind. Im Zuge einer Änderung der Richtlinien im Jahr 2014
wurde die Regelung zur Aufhebung des Stadionverbots dahingehend ergänzt und
neu gefasst, dass im Falle einer Einstellung des zugrundeliegenden
Ermittlungsverfahrens nach § 153 StPO oder nach einer entsprechenden
Regelung des Jugendgerichtsgesetzes die festsetzende Stelle das
Stadionverbot auf Antrag des Betroffenen noch einmal im Hinblick auf Bestand
und Dauer überprüfen soll; davon, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung
von den Betroffenen nachzuweisen sind, geht die Regelung nicht mehr aus. Im
Falle einer endgültigen Einstellung des zugrundeliegenden
Ermittlungsverfahrens nach § 153a StPO oder nach einer entsprechenden
Regelung des Jugendgerichtsgesetzes kann das Stadionverbot auf Antrag des
Betroffenen noch einmal im Hinblick auf seine Dauer überprüft werden.
8 Nach der im Juni 2005 geltenden Fassung der Stadionverbots-Richtlinien
konnte dem Betroffenen von dem Verantwortlichen für das Stadionverbot
(Deutscher Fußball-Bund, Ligaverband, Verein) eine nachträgliche Anhörung
auf Wunsch ermöglicht werden (§ 3 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 SVRL
2005). Nach heutigem Stand (zuletzt geändert im Juli 2014) sehen die
Richtlinien ausdrücklich vor, dass dem Betroffenen bereits vor der
Festsetzung des Stadionverbots Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden
soll.
9 3. Der Beschwerdeführer begehrte von der Beklagten zunächst die Aufhebung
des bundesweiten Stadionverbots, hilfsweise eine örtliche Begrenzung des
Verbots auf die MSV-Arena. Nachdem sich im Laufe des Berufungsverfahrens
dieses ursprüngliche Klagebegehren erledigt hatte, stellte der
Beschwerdeführer seinen Klageantrag auf einen Feststellungsantrag um. Er
begehrte nunmehr mit Hauptantrag die Feststellung, dass das ausgesprochene
Stadionverbot rechtswidrig war und mit Hilfsanträgen die Feststellungen,
dass das ausgesprochene Stadionverbot insoweit rechtswidrig war, als es
nicht auf die örtliche Arena des MSV Duisburg beschränkt war; ferner, dass
das Stadionverbot nach Einstellung des zugrundeliegenden Strafverfahrens
gemäß § 153 StPO hätte ganz oder sonst zumindest soweit aufgehoben werden
müssen, als es nicht auf die Arena des MSV Duisburg örtlich beschränkt
worden sei.
10 4. Das Amtsgericht wies die Klage ab, die Berufung des Beschwerdeführers
vor dem Landgericht blieb erfolglos. Die im Berufungsverfahren vorgenommene
Umstellung des Klageantrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des
Stadionverbots sei zulässig. Wegen des Ablaufs des zeitlich befristeten
Stadionverbots sei sie sachdienlich und im Hinblick auf den Entzug der
Vereinsmitgliedschaft und der Dauerkartenberechtigung für den Stadionbesuch
bestehe ein besonderes Feststellungsinteresse.
In der Sache könne die Berufung jedoch keinen Erfolg haben. Es komme nicht
darauf an, ob dem Beschwerdeführer eine Straftat nachgewiesen werden könne.
Bei dem Stadionverbot handele es sich nicht um eine Strafe, sondern um eine
Ausübung der Eigentümerrechte. Es müsse einem Fußballverein zur
reibungslosen Durchführung von Sportveranstaltungen und zum Schutz
friedlicher Gäste gestattet sein, auch denjenigen auszuschließen, der nur im
Verdacht stehe, Störer zu sein.
11 Das Stadionverbot habe sich demnach auf hinreichende Verdachtsmomente
gegründet: Ausweislich des Berichts zweier Polizeihauptmeister in der
Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft sei der Beschwerdeführer Mitglied
einer aus etwa 80 Personen bestehenden Gruppe der „Schickeria" gewesen, die
sich selbst zur „Ultra"-Bewegung zähle. Der Beschwerdeführer habe sich in
der Gruppe befunden, aus welcher es zu Provokationen und
Körperverletzungsdelikten gekommen sei. Es bestehe jedenfalls der Verdacht
gegen den Beschwerdeführer, dass auch er in Straftaten verwickelt gewesen
sei und zur gewaltbereiten Münchener „Ultra"-Szene gehören könne. Die
Beklagte sei nicht nur berechtigt, ihre Eigentümerrechte gegen potentielle
Störer zu schützen. Sie sei vielmehr auch verpflichtet, ihre
Sportveranstaltungen so auszurichten, dass es nicht zur Verletzung fremder
Rechtsgüter komme. Dieser Pflicht könne nur effektiv nachgekommen werden,
wenn auch schon bei einem Gefahrenverdacht Stadionverbote verhängt würden.
12 5. Der Bundesgerichtshof wies die Revision des Beschwerdeführers zurück.
Zutreffend sei das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Befugnis der
Beklagten zum Ausspruch des bundesweiten Stadionverbots aus ihrem Hausrecht
folge. Es beruhe auf dem Eigentum und Besitz an Grundstücken und
ermögliche seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er
den Zutritt zu der Örtlichkeit gestatte und wem er ihn verwehre.
Bei Fußballspielen gestatte der Veranstalter in Ausübung der in Art.
2 Abs. 1 GG garantierten Vertragsfreiheit grundsätzlich jedermann gegen
Bezahlung den Zutritt zu dem Stadion. Wolle er bestimmte Personen davon
ausschließen, müsse er deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende
Grundrechte beachten. Ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1
i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot der
Gleichbehandlung ließen es nicht zu, einen einzelnen Zuschauer willkürlich
auszuschließen. Vielmehr müsse dafür ein sachlicher Grund
vorliegen. Davon sei auszugehen, wenn aufgrund objektiver Tatsachen und
nicht bloß subjektiver Befürchtungen die Gefahr bestehe, dass künftige
Störungen durch die betreffenden Personen zu besorgen seien. An die Annahme
dieser Gefahr seien keine überhöhten Anforderungen zu stellen, was sich aus
den Besonderheiten sportlicher Großveranstaltungen ergebe.
13 Die Annahme, dass von dem Beschwerdeführer die Gefahr künftiger Störungen
ausgehe, sei auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts
gerechtfertigt. Stadionverbote könnten eine nennenswerte präventive Wirkung
nur dann erzielen, wenn sie auch gegen solche Besucher ausgesprochen werden
könnten, die zwar nicht wegen einer Straftat verurteilt seien, deren
bisheriges Verhalten aber besorgen lasse, dass sie bei künftigen Spielen
sicherheitsrelevante Störungen verursachen würden.
14 Eine solche Besorgnis habe sich zunächst aus den der Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens wegen Landfriedensbruchs zugrundeliegenden Tatsachen
ergeben. Dieses setze einen auf Tatsachen beruhenden Anfangsverdacht voraus.
Es begegne deshalb keinen Bedenken, wenn der Hausrechtsinhaber die hierin
zum Ausdruck kommende Bejahung eines solchen Verdachts durch die
Ermittlungsbehörden zum Anlass für den Ausspruch eines Stadionverbots nehme.
Dem Hausrechtsinhaber stünden nämlich regelmäßig keine besseren Erkenntnisse
über den Tatablauf und die Beteiligung des Betroffenen zur Verfügung als der
Polizei und der Staatsanwaltschaft. Etwas anderes gelte dann, wenn das
Verfahren offensichtlich willkürlich oder aufgrund falscher
Tatsachenannahmen eingeleitet worden sei.
15 Nach der Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 StPO könne zwar nicht
davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer den Straftatbestand des
Landfriedensbruchs verwirklicht habe. Auf die Strafbarkeit seines Verhaltens
komme es aber nicht an. Anknüpfungspunkt für das Stadionverbot sei nicht die
Verwirklichung eines Straftatbestandes, sondern das Verhalten des
Beschwerdeführers, das Anlass für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens
gegeben habe. Der Beschwerdeführer sei Teil der Gruppe gewesen, aus der
heraus Gewalttaten verübt worden seien. Die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe,
mit der der Beschwerdeführer in Gewahrsam genommen worden sei, rechtfertige
die Annahme, dass er sich bei Fußballveranstaltungen in einem zu
Gewalttätigkeiten neigenden Umfeld bewege und von ihm deshalb künftige,
Dritte gefährdende Störungen zu besorgen seien.
16 Die Rüge des Beschwerdeführers, ihm sei vor Verhängung des Verbots kein
rechtliches Gehör gewährt worden, bleibe ohne Erfolg, weil die Beklagte kein
gerichtsförmiges oder verwaltungsähnliches Verfahren beachten müsse, sondern
einen ihr zustehenden zivilrechtlichen Anspruch geltend gemacht habe.
17 Die Stadionverbots-Richtlinien hätten zwar im Verhältnis der Parteien
zueinander keine unmittelbare Geltung. Das hindere die Beklagte indes nicht,
sich bei der Prüfung, ob ein Stadionverbot auszusprechen sei, an diesen
Richtlinien zu orientieren. Sie enthielten einheitliche Maßstäbe für
Stadionverbote, insbesondere für deren Voraussetzungen, Umfang, vorzeitige
Aufhebung und das dabei einzuhaltende Verfahren. Sie stellten ein insgesamt
um Ausgewogenheit bemühtes Regelwerk dar, welches die Vereine der
verschiedenen Fußballligen anerkannt hätten. Im Regelfall wäre daher ein den
Richtlinien genügendes Verbot nicht willkürlich. Die Beachtung der
Richtlinien schließe es aber nicht generell aus, dass ein ausgesprochenes
Verbot gleichwohl rechtswidrig sei. Entscheidend seien nicht die
Richtlinien, sondern die konkreten Umstände.
18 Schließlich seien weder das zeitliche Ausmaß noch der inhaltliche Umfang
des Verbots zu beanstanden. Die Sanktion sei unter dem zeitlichen Rahmen
geblieben, der in den Richtlinien in solchen Fällen vorgesehen sei. Es sei
nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Anlass für den Ausspruch des
Verbots nicht angemessen berücksichtigt und den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verletzt habe. Die Verhängung eines Stadionverbots habe
stets zur Folge, dass Dauerkartenberechtigungen ganz oder teilweise ins
Leere liefen. Dies könne keine Auswirkungen auf die Frage des Ob und des Wie
eines Stadionverbots haben. Insoweit müsste sich der Beschwerdeführer
vielmehr mit seinem Vertragspartner, von dem er die Dauerkarte bezogen habe,
auseinandersetzen.
19 6. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer
eine Verletzung seiner Grundrechte dadurch, dass er ohne tragfähige
Erklärung und Begründung allein aufgrund eines bloßen Verdachts vom
Stadionbesuch ausgeschlossen worden sei. In Anbetracht der überragenden
sozialen Bedeutung und des öffentlichen Stellenwerts, den der Fußball in der
Gesellschaft einnehme, läge hierin nicht nur eine Verletzung einfachen
Rechts, sondern zugleich seiner Grundrechte. Er beruft sich insoweit auf
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG und sein allgemeines
Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.
20 Angesichts der mit dem Stadionverbot verbundenen weitreichenden und in
die Rechtsposition des Beschwerdeführers erheblich eingreifenden Folgen wäre
eine Anhörung geboten gewesen. Da diese nicht stattgefunden habe, sei sein
Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG
verletzt. Die Beklagte habe den Beschwerdeführer zum bloßen Objekt eines
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gemacht. Hätte die Beklagte
ihn vor Verhängung des Stadionverbots angehört, hätte sich rasch klären
lassen, dass er nicht mehr als ein bloßer Mitläufer gewesen sei.
21 In entsprechender Anwendung der für Bürgschaften in der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Maßstäbe sei von
einer gestörten Vertragsparität auszugehen, die Folge
unterschiedlicher Machtverhältnisse der Beteiligten sei. Das
Rechtsstaatsprinzip sei unter dem Aspekt verletzt, dass die Beklagte auf
jede Begründung dafür verzichtet habe, warum das Stadionverbot auch noch
nach Einsicht in die Ermittlungsakten aufrechterhalten worden sei. Es sei
ferner nicht zulässig, die Verbotsentscheidung auf die
Stadionverbots-Richtlinien zu stützen. Nach diesen genüge schon die
Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Das bloße Mitlaufen in einer sich in
Richtung des S-Bahnhofs bewegenden Gruppe rechtfertige den Vorwurf des
Landfriedensbruchs nicht. Das Ermittlungsverfahren hätte nach § 170 Abs. 2
StPO eingestellt werden müssen. Dass es letztlich aus Bequemlichkeit nach §
153 Abs. 1 StPO eingestellt worden sei, könne dem Beschwerdeführer nicht zur
Last gelegt werden. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gebiete, unbeschadet
der Stadionverbots-Richtlinien, eine Einzelfallprüfung. Dort habe man die
Belange des Beschwerdeführers in die Abwägung einbringen und im Ergebnis auf
ein bundesweites Stadionverbot verzichten müssen, zumal es sich um einen
damals Sechzehnjährigen gehandelt habe. Außerdem liege ein Verstoß gegen das
allgemeine Persönlichkeitsrecht vor. Das ergebe sich aus den mit einem
bundesweiten Stadionverbot verbundenen Folgen für seinen sozialen Achtungs-
und Geltungsanspruch. Er sei und bleibe als Fußballrowdy
abgestempelt.
II.
22 Zu der Verfassungsbeschwerde hat der Deutsche Fußball-Bund Stellung
genommen. Er ist der Auffassung, die Verfassungsbeschwerde sei bereits
unzulässig, aber auch unbegründet. Der Beschwerdeführer habe vor Verhängung
des Stadionverbots insbesondere nicht angehört werden müssen. Im Zivilrecht
existiere keine Anhörungspflicht. Eine solche Anhörung zu verlangen, würde
das Handeln Privater dem Handeln von Hoheitsträgern gleichstellen, obwohl
sich deren Grundrechtsbindung unterscheide.
23 Bei Ausübung eines privaten Hausrechts bestehe kein ausdrückliches
Begründungserfordernis, es handele sich nicht um einen staatlichen
Eingriffsakt. Im Übrigen habe die Beklagte das Stadionverbot umfänglich
begründet. Die Entscheidung über die Aufrechterhaltung nach Einsicht in die
Ermittlungsakte sei nicht noch einmal zu begründen gewesen, nachdem dem
Beschwerdeführer die dem Verbot zugrundeliegenden Umstände bekannt gewesen
seien und unverändert dessen Aufrechterhaltung gerechtfertigt hätten. Auch
die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 153 StPO
habe an der insofern unstreitigen Tatsachengrundlage für die Verhängung des
Stadionverbots nichts geändert.
24 Das Interesse, Stadien zum Zwecke von Fußballveranstaltungen betreten zu
wollen, sei vor allem ein Element der äußeren Freizeitgestaltung und weniger
der inneren Persönlichkeitsentfaltung. Selbst wenn man aber eine
Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erkennen wolle, sei
diese jedenfalls aufgrund überwiegender Grundrechtspositionen Anderer
gerechtfertigt. Das Stadionverbot sei in räumlicher und zeitlicher Hinsicht
begrenzt gewesen. Sein Zweck diene der Abwehr von Gefahren für die
Veranstaltung und für deren Besucher sowie dem störungsfreien Ablauf des
Spiels und damit auch der Integrität des sportlichen Wettbewerbs durch die
Verhinderung gewalttätiger Auseinandersetzungen anlässlich von
Fußballspielen. Diese Gefahrenabwehr gehöre zu den satzungsmäßigen Aufgaben
des organisierten Fußballsports in Wahrnehmung seiner Vereinigungsfreiheit
aus Art. 9 GG und diene dem Eigentum der Stadionbetreiber aus Art. 14 Abs. 1
GG und der Erfüllung ihrer Verpflichtungen für fremdes Eigentum, Leib und
Leben aller Stadionbesucher. Stadionverbote gegen potentielle Gewalttäter
erwiesen sich insofern als unverzichtbares Mittel, um Gewalttäter aus
Fußballstadien fernzuhalten und gegebenenfalls schon von der Anreise
abzuhalten.
B. I.
25 Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
26 1. Der Beschwerdeführer ist beschwerdebefugt. Er macht geltend,
dass die Fachgerichte mit der Bestätigung des auf das Hausrecht gestützten
Stadionverbots die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte in das Zivilrecht
nicht hinreichend beachtet hätten. Eine Verletzung seiner
Grundrechte sieht er darin, dass die Fachgerichte der beklagten
Stadionbetreiberin für die Verhängung des Stadionverbots keine hinreichenden
Anhörungs- und Begründungspflichten abverlangt und der Stadionbetreiberin
das Recht zuerkannt hätten, ein Stadionverbot nach Einstellung eines gegen
den Beschwerdeführer angestrengten Ermittlungsverfahrens nach § 153 Abs. 1
StPO auf einen bloßen Verdacht zu stützen. Mit seinem Vortrag ist die
Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1
BVerfGG hinreichend dargelegt.
27 Der Beschwerdeführer stützt sein Begehren nach seinem Antrag im
Schwerpunkt auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs.
1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, aus dem sich der von ihm begehrte Schutz
vor einem auf einen bloßen Verdacht ge-gründeten Ausschluss von
Fußballspielen seiner Ansicht nach ergibt. Dies hindert das
Bundesverfassungsgericht nicht, weitere Grundrechte in die Prüfung
einzubeziehen, soweit sich die vom Beschwerdeführer geltend gemachte
Rechtsverletzung in Blick auf dieselbe Beschwer auch oder vorrangig im Blick
auf andere Grundrechte ergeben kann. Innerhalb des durch die
geltend gemachte Beschwer bestimmten Streitgegenstandes prüft das
Bundesverfassungsgericht alle insoweit in Betracht zu ziehende Grundrechte.
28 2. Die Verfassungsbeschwerde ist fristgerecht eingelegt und der Rechtsweg
erschöpft. Der Verfassungsbeschwerde fehlt es auch nicht an einem
Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat sich das Stadionverbot, gegen das sich der
Beschwerdeführer ursprünglich gewendet hat, inzwischen durch Zeitablauf
erledigt. Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels kann
das Rechtsschutzbedürfnis jedoch in Form eines Feststellungsinteresses
fortbestehen, wenn Wiederholungsgefahr besteht, eine fortwirkende
Beeinträchtigung zu beseitigen ist, tiefgreifende und folgenschwere
Grundrechtseingriffe in Rede stehen und sich die direkte Belastung durch den
angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher nach dem
regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
kaum erlangt werden kann oder von einem Rehabilitierungsinteresse auszugehen
ist (vgl. BVerfGE 81, 138 [140f.]; 104, 220 [232 f.]; 110, 77
[92]).
29 Danach ist hier, wie auch das Landgericht und der Bundesgerichtshof für
das Zivilverfahren angenommen haben, ein Feststellungsinteresse gegeben. Dem
Beschwerdeführer war es mehr als zwei Jahre lang verwehrt, in Deutschland
die Spiele der Fußballnationalmannschaft, der Fußballbundes- und
-regionalligen als Zuschauer zu besuchen. Zugleich hat er seine Dauerkarte
sowie seither seine Mitgliedschaft bei dem Verein FC Bayern München
verloren. Er wurde in die Liste über die bundesweit geltenden Stadionverbote
eingetragen, die vom Deutschen Fußball-Bund verwaltet und regelmäßig den
Fußballvereinen zur Weiterleitung an die örtlich zuständige Polizei, die
Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze und die Bundespolizeidirektion
übermittelt wird. Diese Umstände sind auch nach Ablauf des Stadionverbots
geeignet, sein Ansehen zu beeinträchtigen. Hinzu kommt, dass ein
Zivilprozess durch drei Instanzen typischerweise länger dauert als das hier
festgesetzte Verbot, so dass eine verfassungsrechtliche Klärung praktisch
unmöglich wäre, wollte man in diesen Fällen das allgemeine
Rechtsschutzinteresse verneinen.
II.
30 Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die angegriffenen
Entscheidungen tragen der Ausstrahlungswirkung der Grundrechte in das
Zivilrecht hinreichend Rechnung.
31 1. Die verfassungsrechtliche Beurteilung der angegriffenen Entscheidungen
richtet sich nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung der
Grundrechte.
32 a) Die angegriffenen Entscheidungen betreffen einen Rechtsstreit zwischen
sich als Private gegenüberstehenden Parteien über die Reichweite der
zivilrechtlichen Befugnisse aus Eigentum und Besitz gegenüber Dritten.
Nach ständiger Rechtsprechung können die Grundrechte in solchen
Streitigkeiten im Wege der mittelbaren Drittwirkung Wirksamkeit entfalten
(vgl. BVerfGE 7, 198 [205 f.]; 42, 143 [148]; 89, 214 [229]; 103, 89 [100];
137, 273 [313 Rn. 109]; stRspr). Danach verpflichten die Grundrechte
die Privaten grundsätzlich nicht unmittelbar untereinander selbst. Sie
entfalten jedoch auch auf die privatrechtlichen Rechtsbeziehungen
Ausstrahlungswirkung und sind von den Fachgerichten, insbesondere über
zivilrechtliche Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe, bei der
Auslegung des Fachrechts zur Geltung zu bringen. Die Grundrechte entfalten
hierbei ihre Wirkung als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen und
strahlen als „Richtlinien" in das Zivilrecht ein (vgl. BVerfGE 73,
261 [269]; 81, 242 [254]; 89, 214 [229]; 112, 332 [352]); die
Rechtsprechung hat insoweit auch von den Grundrechten als einer „objektiven
Wertordnung" gesprochen (vgl. BVerfGE 7, 198 [205 f.]; 25, 256
[263]; 33, 1 [12]). Sie zielen hier nicht auf eine möglichst
konsequente Minimierung von freiheitsbeschränkenden Eingriffen, sondern sind
als Grundsatzentscheidungen im Ausgleich gleichberechtigter Freiheit zu
entfalten. Die Freiheit der einen ist dabei mit der Freiheit der
anderen in Einklang zu bringen. Dabei kollidierende
Grundrechtspositionen sind hierfür in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und
nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen,
dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden
(vgl. BVerfGE 129, 78 [101 f.]; 134, 204 [223 Rn. 68]; 142, 74 [101 Rn. 82];
stRspr).
33 Die Reichweite der mittelbaren Grundrechtswirkung hängt dabei von den
jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich ist, dass die
Freiheitssphären der Bürgerinnen und Bürger in einen Ausgleich gebracht
werden müssen, der die in den Grundrechten liegenden Wertentscheidungen
hinreichend zur Geltung bringt. Dabei können insbesondere auch die
Unausweichlichkeit von Situationen, das Ungleichgewicht zwischen sich
gegenüberstehenden Parteien, die gesellschaftliche Bedeutung von bestimmten
Leistungen oder die soziale Mächtigkeit einer Seite eine maßgebliche Rolle
spielen (vgl. BVerfGE 89, 214 [232 ff.]; 128, 226 [249 f.]).
34 b) Die Auslegung und Anwendung des bürgerlichen Rechts obliegt
grundsätzlich den Fachgerichten. Regelmäßig ist es nicht Sache des
Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im
Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfGE 129, 78 [102]). Die Schwelle
eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu
korrigieren hat, ist erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte
Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung
von der Bedeutung der betroffenen Grundrechte beruhen und auch in ihrer
materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind,
insbesondere weil darunter die Abwägung der beiderseitigen Rechtspositionen
im Rahmen der privatrechtlichen Regelung leidet (BVerfGE 134, 204 [234 Rn.
103] m.w.N.; stRspr).
35 2. Die angegriffenen Entscheidungen stützen sich auf die §§ 862,
1004 BGB und leiten hieraus - erstinstanzlich ergänzend auch unter
Berücksichtigung der §§ 826, 242 BGB - die Reichweite des privatrechtlichen
Hausrechts der Stadionbetreiber gegenüber Zugang begehrenden Fußballfans
her. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sind hierbei die Eigentumsgarantien
des Art. 14 Abs. 1 GG sowie ein Schutz vor willkürlicher Ungleichbehandlung
nach Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten.
36 a) Die Beklagte beruft sich als Stadionbetreiberin auf ihr
privatrechtliches Hausrecht. Dieses ist durch die
Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Die von den
Zivilgerichten in Bezug genommenen §§ 862, 1004 BGB und das aus dem
zivilrechtlichen Grundeigentum oder -besitz hergeleitete Hausrecht formen
die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie für das Privatrecht aus.
Insofern sind die Rechte der Stadionbetreiber in dem
zivilrechtlichen Rechtsstreit in einer Weise auszulegen, die dem Gehalt der
Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG Rechnung trägt.
37 b) Auf Seiten des Beschwerdeführers kann dem Eigentumsrecht der
Beklagten vorliegend nicht Art. 2 Abs. 1 GG in Form der allgemeinen
Handlungsfreiheit entgegengehalten werden. Zwar ergibt sich aus der
allgemeinen Handlungsfreiheit gegenüber dem Staat ein Abwehrrecht gegen
ungerechtfertigte und insbesondere unverhältnismäßige Verbote jeder Art und
damit auch gegen Verbote, die den Zugang als Zuschauer zu einem Fußballspiel
betreffen. Dies ist Ausdruck der rechtsstaatlichen Asymmetrie, nach
der Bürgerinnen und Bürger prinzipiell frei sind, der Staat ihnen gegenüber
bei Eingriffen in ihre Freiheit jedoch gebunden und damit
rechenschaftspflichtig ist (vgl. BVerfGE 128, 226 [244 f.]).
Der grundrechtlichen Gewährleistung der allgemeinen
Handlungsfreiheit lässt sich jedoch nicht mit derselben Allgemeinheit eine
Wertentscheidung der Verfassung entnehmen, nach der in jedem
Privatrechtsstreit die unbenannte Freiheit zu jedwedem selbstbestimmten
Handeln die Auslegung des Privatrechts im Wege der mittelbaren Drittwirkung
anleiten müsste. Die Freiheit, nach subjektivem Belieben ein bestimmtes
Verhalten zu verwirklichen - wie hier Fußballspiele zu besuchen -, kann
privatrechtlichen Veranstaltern insoweit nicht unter Berufung auf die
allgemeine Handlungsfreiheit schon grundsätzlich zur Einschränkung ihrer
Eigentümerbefugnisse entgegengehalten werden.
38 Allerdings kann Art. 2 Abs. 1 GG in spezifischen Konstellationen
auch im Privatrechtsverhältnis Schutz bieten wie etwa in typisierbaren
Fallgestaltungen, die sich besonders belastend auswirken und eine
strukturelle Unterlegenheit des einen Vertragsteils erkennen lassen
(vgl. BVerfGE 89, 214 [232]) oder kann in Einzelfällen als Auffanggrundrecht
dienen (vgl. BVerfGE 85, 214 [217 ff.]). Eine solche spezifische
Konstellation für die mittelbare Berücksichtigung der allgemeinen
Handlungsfreiheit als Wertentscheidung der Verfassung liegt hier jedoch
nicht vor. Zwar kommt den Stadionbetreibern als Veranstaltern von
Fußballspielen auf professionellem Niveau eine beherrschende Stellung zu.
Die in Frage stehende Beschwer des Ausschlusses von Fußballspielen erlangt
ihr verfassungsrechtliches Gewicht jedoch nicht in der Bedeutung und dem
Ausmaß der hierin liegenden Freiheitsbeschränkung, sondern in der Verwehrung
der Teilnahme an einer einem breiten Publikum geöffneten Großveranstaltung.
Kern der Verfassungsbeschwerde ist die Ungleichbehandlung gegenüber
all denjenigen, die das Stadion besuchen können. Insoweit verlangt die
Verfassung in vorliegendem Fall nicht, das konkrete Begehren des
Beschwerdeführers, Fußballspiele zu besuchen, verfassungsrechtlich zu
gewichten und unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Handlungsfreiheit in
die zivilrechtliche Auslegung und Abwägung einzustellen.
39 c) Gegenüber dem Eigentumsrecht der Stadionbetreiberin aus Art. 14 Abs. 1
GG ist in vorliegendem Rechtsstreit das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3
Abs. 1 GG zu beachten.
40 Allerdings enthält Art. 3 Abs. 1 GG kein objektives
Verfassungsprinzip, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von
diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären.
Dahingehende Anforderungen ergeben sich auch nicht aus den Grundsätzen der
mittelbaren Drittwirkung. Grundsätzlich gehört es zur Freiheit jeder Person,
nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie wann unter
welchen Bedingungen welche Verträge abschließen und wie sie hierbei auch von
ihrem Eigentum Gebrauch machen will. Diese Freiheit wird durch die
Rechtsordnung und insbesondere durch das Zivilrecht näher ausgestaltet und
vielfach begrenzt; dabei kann dieses auch von Verfassungs wegen spezifischen
Anforderungen unterliegen. Ein allgemeiner Grundsatz, wonach private
Vertragsbeziehungen jeweils den Rechtfertigungsanforderungen des
Gleichbehandlungsgebots unterlägen, folgt demgegenüber aus Art. 3 Abs. 1 GG
auch im Wege der mittelbaren Drittwirkung nicht. Über eventuell
weitergehende Anforderungen aus speziellen Gleichheitsrechten wie Art. 3
Abs. 2 und 3 GG ist hier nicht zu entscheiden.
41 Gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen
Privaten können sich aus Art. 3 Abs. 1 GG jedoch für spezifische
Konstellationen ergeben. Eine solche Konstellation liegt dem hier in Frage
stehenden bundesweit gültigen Stadionverbot zugrunde. Maßgeblich
für die mittelbare Drittwirkung des Gleichbehandlungsgebots ist dessen
Charakter als einseitiger, auf das Hausrecht gestützter Ausschluss von
Veranstaltungen, die aufgrund eigener Entscheidung der Veranstalter einem
großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet werden und der für die
Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen
Leben entscheidet. Indem ein Privater eine solche Veranstaltung ins
Werk setzt, erwächst ihm von Verfassungs wegen auch eine besondere
rechtliche Verantwortung. Er darf seine hier aus dem Hausrecht - so wie in
anderen Fällen möglicherweise aus einem Monopol oder aus struktureller
Überlegenheit - resultierende Entscheidungsmacht nicht dazu nutzen,
bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem solchen Ereignis
auszuschließen. Die verfassungsrechtliche Anerkennung des Eigentums
als absolutes Recht und die daraus folgende einseitige Bestimmungsmacht des
Hausrechtsinhabers ist hier, anknüpfend an die Sozialbindung des Eigentums
(Art. 14 Abs. 2 GG), mit der auch von den Gerichten zu beachtenden
Ausstrahlungswirkung des Gleichbehandlungsgebots in Ausgleich zu bringen.
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42 Der Sache nach findet so zugleich auch das Recht auf Teilhabe am
kulturellen Leben gemäß Art. 15 Abs. 1a des Internationalen Pakts über
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Berücksichtigung (in Kraft
getreten am 3. Januar 1976, UNTS Bd. 993, S. 3, BGBl II S. 428; vgl.
bezüglich allgemein zugänglicher Sportveranstaltungen auch die Stellungnahme
des Commitee on Economic, Social and Cultural Rights, General Comment Nr. 21
[2009], 43rd session, UN Doc E/C.12/GC/21, Ziffern 13 und 16).
43 d) Ob insoweit darüber hinaus auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht
(Art. 2 Abs.1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) oder weitere Grundrechte Beachtung
beanspruchen können, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls lässt das
Vorbringen des Beschwerdeführers nicht erkennen, dass sich vorliegend
hieraus inhaltlich weitere Anforderungen ergeben könnten.
44 3. Die Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen
Eigentümerbefugnissen und Gleichbehandlungsgebot bei der Beurteilung eines
auf das privatrechtliche Hausrecht gestützten Stadionverbots ist in erster
Linie Sache der Zivilgerichte. Diese haben hierbei einen weiten Spielraum.
Das Bundesverfassungsgericht greift nur ein, wenn Auslegungsfehler erkennbar
werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung
eines Grundrechts beruhen (vgl. BVerfGE 34, 269 [279 f.]; 85, 248 [257 f.];
110, 226 [270]; stRspr). Maßgeblich ist insoweit nicht, ob die Zivilgerichte
sich für ihre Wertungen unmittelbar auf die Grundrechte selbst berufen oder
deren Wertungen mittels einfachrechtlicher Erwägungen und unter Rückgriff
auf Auslegungsgrundsätze des Zivilrechts zur Geltung bringen und damit die
Rechtsordnung für die weitere Entwicklung offener halten. Entscheidend ist
allein, dass den grundrechtlichen Wertungen im Ergebnis hinreichend Rechnung
getragen wird.
45 a) Danach haben die Zivilgerichte in Blick auf das Gebot der
Gleichbehandlung sicherzustellen, dass Stadionverbote nicht
willkürlich festgesetzt werden, sondern auf einem sachlichen Grund beruhen
müssen. Insbesondere obliegt es ihnen, den gebotenen Ausgleich mit
den Eigentümerbefugnissen in Blick auf die tatsächlichen Umstände, unter
denen Stadionverbote ergehen, die mit ihnen erstrebte Wirkung sowie die
Verantwortung der Betroffenen näher zu konkretisieren.
Verfassungsrechtlich ist nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte einen
sachlichen Grund zur Verhängung eines Stadionverbots schon in der
begründeten Besorgnis sehen, dass von einer Person die Gefahr künftiger
Störungen ausgeht. Angesichts des berechtigten Interesses der
Stadionbetreiber an einem störungsfreien Verlauf der Fußballspiele und ihrer
Verantwortung für die Sicherheit von Sportlern und Publikum bedarf es
hierfür nicht der Erweislichkeit vorheriger Straftaten oder rechtswidrigen
Handelns. Es reicht, dass sich die Besorgnis künftiger Störungen
durch die Betroffenen auf konkrete und nachweisliche Tatsachen von
hinreichendem Gewicht stützen lässt. Dem entspricht, dass Sanktionen in
Anknüpfung an begründete Verdachtslagen auch anderweitig im Zivilrecht
anerkannt sind.
46 b) Mit dem Erfordernis eines sachlichen Grundes für die Verhängung eines
Stadionverbots verbinden sich verfahrensrechtliche Anforderungen.
Insbesondere müssen die Stadionbetreiber die ihnen zumutbaren Anstrengungen
zur Aufklärung des Sachverhalts unternehmen. Dazu gehört jedenfalls
grundsätzlich die vorherige Anhörung der Betroffenen. Auch ist die
Entscheidung auf Verlangen zu begründen, um den Betroffenen die Durchsetzung
ihrer Rechte zu ermöglichen.
47 Die Anerkennung solcher Verfahrensrechte steht nicht im Widerspruch zum
Charakter des Rechtsstreits als Zivilrechtsstreit. Zwar haben sie im
Zivilrecht dann keine Grundlage, wenn es um den Austausch von Leistungen
geht, die im freien Belieben der Parteien liegen. Stehen privatrechtlichen
Entscheidungen von vorneherein keine eigenen Rechtspositionen Dritter
gegenüber und kann über sie ohne Rücksicht auf die Belange der Gegenseite
entschieden werden, bedarf es jedenfalls in der Regel solcher Rechte nicht.
Das liegt jedoch anders, soweit in das Rechtsverhältnis zwischen den
Parteien das grundrechtliche Gleichbehandlungsgebot einstrahlt und die
Ablehnung einer Leistung eines rechtfertigenden Grundes bedarf. Wenn hierauf
dem Hausrecht beruhende, faktisch als Sanktion wirkende Entscheidungen
getroffen werden, die den Betroffenen gegenüber eines tragfähigen Grundes
bedürfen, müssen jedenfalls grundlegende Anforderungen beachtet werden, die
es den Betroffenen ermöglichen, sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen
und ihre Rechte unter Darlegung ihrer Sichtweise rechtzeitig geltend zu
machen. Dies schließt nicht aus, dass in begründeten Fällen die Entscheidung
zunächst auch ohne Anhörung ergehen und diese nachgeholt werden kann. Solche
Verfahrensrechte sind auch sonst dem Zivilrecht nicht fremd (vgl. zu
Vereinsausschlüssen BGH, Urteil vom 10. Juli 1989 - II ZR 30/89 -, juris,
Rn. 19; vgl. zu Verdachtskündigungen BAG, Urteil vom 29. November 2007 - 2
AZR 724/06 -, juris, Rn. 30, 38; Urteil vom 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 -,
www.bag.de, Rn. 17 f., 23, 26).
48 Auch hier obliegt die nähere Konkretisierung der Anforderungen in erster
Linie den Fachgerichten. Welche Anstrengungen den Stadionbetreibern zur
Aufklärung des Sachverhalts zumutbar sind, ist von den Fachgerichten ebenso
zu konkretisieren wie die Anforderungen an die vorherige Anhörung und
gegebenenfalls die Begründung. Hierbei wird dem Massencharakter von
Großveranstaltungen des Sports ebenso Rechnung zu tragen sein wie den
spezifischen Gefährdungen, die von gewaltbereiten Fangruppen ausgehen und
den Belangen der vom Stadionbesuch Ausgeschlossenen.
49 4. Hiervon ausgehend sind die fachgerichtlichen Entscheidungen nicht zu
bean-standen. Maßgeblich ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der
die Vorinstanzen mit seiner Revisionsentscheidung letztinstanzlich bestätigt
hat
.
50 a) Der Bundesgerichtshof bestätigt das gegenüber dem Beschwerdeführer
festgesetzte Stadionverbot als rechtmäßig, weil es sich auf einen sachlichen
Grund stützen könne. Seine Erwägungen dazu halten den verfassungsrechtlichen
Anforderungen einer Drittwirkung des Art. 3 Abs. 1 GG Stand.
51 aa) Die Begründung des Bundesgerichtshofs stellt sich nicht auf den
Standpunkt, dass die Entscheidung über ein Stadionverbot im freien Belieben
der Veranstalter läge, sondern verlangt dafür einen sachlichen Grund. Ein
solcher Grund liege in der Gefahr, dass von den Betroffenen künftig
Störungen bei Sportveranstaltungen zu besorgen seien. Die Annahme einer
solchen Gefahr dürfe sich dabei nicht auf subjektive Befürchtungen stützen,
sondern müsse auf objektiven Tatsachen beruhen.
52 Dieser Ausgangspunkt entspricht den dargelegten verfassungsrechtlichen
Anforderungen. Der Bundesgerichtshof nimmt den in dieser Konstellation aus
den Wertungen des Art. 3 Abs. 1 GG auch im Privatrechtsverhältnis zur
Geltung zu bringenden Anspruch des Beschwerdeführers auf willkürfreie
Entscheidung auf und bringt ihn in Ausgleich mit dem Recht der
Stadionbetreiberin, die Fußballspiele in ihrem Stadion nach eigenen
Vorstellungen und insbesondere nach den von ihr zu verantwortenden
Sicherheitsvorkehrungen zu gestalten. Dass der Bundesgerichtshof dabei für
die Besorgnis der Gefahr von Störungen „keine überhöhten Anforderungen"
zugrunde legen will, hält sich angesichts der von ihm näher gewürdigten
Eigenarten sportlicher Großveranstaltungen im fachgerichtlichen
Wertungsrahmen.
53 bb) In Einklang mit der beklagten Stadionbetreiberin sehen die
angegriffenen Entscheidungen den sachlichen Grund für die ursprüngliche
Festsetzung des Stadionverbots in der Einleitung eines
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens, über das zum damaligen
Zeitpunkt noch nicht entschieden war. Die Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens setze von Gesetzes wegen einen auf Tatsachen
beruhenden Anfangsverdacht voraus. Da den Veranstaltern insoweit regelmäßig
keine besseren Erkenntnismittel zur Verfügung stünden, dürften sich diese,
so lange das Ermittlungsverfahren laufe, auf diese Einschätzung der
Sicherheitsbehörden stützen. Der Bundesgerichtshof bestätigt damit zugleich
die rechtliche Zulässigkeit der Regelung des Art. 4 Abs. 3 SVRL als intern
leitenden sachgerechten Maßstab.
54 Hiergegen sind verfassungsrechtliche Einwände nicht zu erheben. Der
Bundesgerichtshof enthebt die Veranstalter, wie er ausdrücklich ausführt,
nicht von einer Plausibilitätskontrolle, um Fälle auszuschließen, in denen
ein Verfahren offensichtlich willkürlich oder aufgrund falscher
Tatsachenannahmen eingeleitet wurde. Dass sich die Stadionbetreiber bei noch
offenem Ausgang des Ermittlungsverfahrens aber im Übrigen der Einschätzung
der Staatsanwaltschaft oder Polizei anschließen können, ist nicht
sachwidrig. Wegen des berechtigten Interesses der Stadionbetreiber, zur
Gewährleistung der Sicherheit möglichst rasch Maßnahmen zu ergreifen, muss
ihnen auch nicht zugemutet werden, zunächst das Ergebnis der Ermittlungen
abzuwarten.
55 cc) Des Weiteren stellt der Bundesgerichtshof darauf ab, dass der
sachliche Grund für das Stadionverbot durch die spätere
Einstellung des Verfahrens nicht entfallen sei. Zwar könne nach Einstellung
des Verfahrens nach § 153 StPO nicht angenommen werden, dass der
Beschwerdeführer selbst Straftaten begangen habe. Mit der Einstellung des
Verfahrens seien jedoch nicht die Umstände entfallen, die zunächst den
Anfangsverdacht für die Einleitung des Verfahrens und auch die weitere
Besorgnis künftiger Störungen seitens des Beschwerdeführers begründeten.
Der Beschwerdeführer habe sich wissentlich in einem zu
Gewalttätigkeiten neigenden Umfeld bewegt, aus dem heraus auch tatsächlich
erhebliche Gewalttaten begangen worden seien. Unter Bezugnahme auf
die entsprechenden Feststellungen des Landgerichts stützt sich die
Entscheidung darauf, dass der Beschwerdeführer einer aus rund 80 Personen
bestehenden Gruppe namens „Schickeria" aus der gewaltbereiten „Ultra"-Szene
angehört und sich nach dem fraglichen Spiel in einer Gruppe befunden habe,
aus welcher heraus es tatsächlich in erheblichem Umfang zu Provokationen und
Körperverletzungsdelikten gekommen sei.
56 Hierin durfte der Bundesgerichtshof einen sachlichen Grund sehen, der das
Stadionverbot zu tragen vermag. Er geht insoweit nicht unbesehen von einer
fortwirkenden Rechtfertigung des Verbots durch die einmal eingeleiteten
Ermittlungen auch nach deren Einstellung aus, sondern hält das Stadionverbot
nun mit für sich stehenden Feststellungen zu einer auch nach Einstellung des
Verfahrens gerechtfertigten Besorgnis aufrecht, dass der Beschwerdeführer
künftig Störungen verursachen werde. Anders als es § 6 Abs. 1 SVRL in der
damaligen Fassung innerverbandlich vorsah, stützt sich die Entscheidung
insbesondere nicht auf eine Beweislastumkehr oder nur darauf, dass es dem
Beschwerdeführer nicht gelungen sei, den Nachweis seiner Unschuld zu
erbringen. Vielmehr beruht sie auf einer eigenständigen Prüfung der die
Besorgnis begründenden Umstände - so wie es inzwischen auch dem Stand der
Stadionverbots-Richtlinien entsprechen dürfte (vgl. § 7 Abs. 2 SVRL in der
aktuellen Fassung, Stand Juli 2014). Indem die Entscheidungen der
Stadionbetreiber überdies auf vereinheitlichende Richtlinien gestützt sind,
ist im Übrigen für die Festsetzung von Stadionverboten auch eine auf
Sachlichkeit ausgerichtete Gleichförmigkeit gewährleistet.
57 b) In Blick auf die verfahrensrechtlichen Anforderungen kann die
Verfassungsbeschwerde gleichfalls keinen Erfolg haben.
58 Allerdings bestehen Zweifel, ob die vom Bundesgerichtshof zugrunde
gelegten Anforderungen der Stadionbetreiberin an die Gewährung von Gehör den
verfassungsrechtlichen Anforderungen in vollem Umfang genügen. Hierüber
bedarf es jedoch keiner Entscheidung. Denn jedenfalls für die Zukunft ist in
den inzwischen geänderten Stadionrichtlinien ein in der Regel vor der
Festsetzung des Stadionverbots zu gewährendes Anhörungsrecht ebenso
vorgesehen (vgl. § 6 Abs. 1 SVRL), wie bei verständiger Auslegung zumindest
in den Fällen der Überprüfung des Stadionverbots eine Begründung solcher
Entscheidungen erfolgen muss (vgl. § 7 Abs. 2 SVRL). Für das konkret in
Streit stehende, inzwischen erledigte Stadionverbot hatte der
Beschwerdeführer im Übrigen im Rahmen des zivilrechtlichen Verfahrens
wenigstens nachträglich die Möglichkeit, sich mit den Gründen für das
Stadionverbot auseinanderzusetzen und sich hierzu Gehör zu verschaffen.
Zitiervorschlag BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 11. April 2018 - 1
BvR 3080/ 09 - Rn. (1 -58),
http://www.bverfg.de/e/rs20180411_1bvr308009.html
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