BGH NJW 1996, 919 ff: Freibleibendes Angebot, Schweigen auf Vertragsangebot als konkludente Zustimmung



1. Bei einem freibleibenden Angebot handelt es sich im Regelfall nicht um ein Vertragsangebot, sondern lediglich um eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (zu denselben Bedingungen).
2. Das Schweigen auf ein Vertragsangebot kann ausnahmsweise dann als beredtes Schweigen im Sinne einer Vertragsannahme gewertet werden, wenn nach den Vorverhandlungen Einigkeit über die wesentlichen Punkte des Vertrags bestanden hat und beide Parteien fest mit einem Vertragsabschluß gerechnet haben.  

Zum Sachverhalt:

Die Kl. verlangt von der Bekl. Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines nach ihrer Meinung mit der Bekl. zustande gekommenen Vertrags. Die Kl., die als Werbeunternehmen auf einen Auftrag der Lzur Herstellung eines sogenannten L-Sparbuchs hoffte, erhielt bei ihrer Suche nach einem Druckereiunternehmen u.a. mit Schreiben vom 28. 5. 1991 ein Angebot "freibleibend", das namens der Bekl. von der " P-GmbH" abgegeben worden war. Nach mehreren Telefongesprächen zwischen den Parteien übersandte die Kl. der Bekl. ein mit "Auftrag" überschriebenes Schreiben vom 27. 6. 1991, in dem u.a. ein Preis von 219 DM/1000 sowie eine Vertragsstrafe für den Fall der Nichteinhaltung des vereinbarten Liefertermins aufgeführt war. Am 11. 7. 1991 teilte die Bekl. der Kl. telefonisch mit, der Auftrag könne nicht übernommen werden, weil sich ihr Subunternehmer in der Kalkulation geirrt habe. Die Kl. setzte der Bekl. mit Fax vom 11. 7. 1991 Frist zur verbindlichen Erklärung bis 12. 7. 1991, 10.00 Uhr dazu, daß der Auftrag zu den festgelegten Bedingungen ausgeführt werde. Die Bekl. lehnte jedoch mit Scheiben vom 12. 7. 1991 die Ausführung des Auftrags ab und verlangte einen höheren Preis. Die Kl. vergab hierauf den Auftrag anderweitig zu einem höheren Preis. Sie begehrt von der Bekl. den Unterschiedsbetrag zu dem von ihr tatsächlich gezahlten Preis.
Das LG hat nach Vernehmung der Zeugen der Kl. und Anhörung des Geschäftsführers der Bekl. das Zustandekommen eines Vertrags zwischen den Parteien verneint und die Klage abgewiesen. Das OLG hat der Klage ohne Vernehmung der zum Termin zur mündlichen Verhandlung vorsorglich geladenen Zeugen dem Grunde nach stattgegeben und den Rechtsstreit für das Betragsverfahren an das LG zurückverwiesen. Die Revision der Bekl. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. führt aus, der Kl. stehe ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 326 I BGB zu. Zwischen den Parteien sei ein Vertrag zu den Bedingungen des Schreibens vom 27. 6. 1991 zustande gekommen, dessen Erfüllung die Bekl. trotz Freisetzung und Androhung von Ersatzansprüchen endgültig abgelehnt habe. Das Schreiben vom 27. 6.1991 sei als Angebot der Kl. zu werten, das die Bekl. durch Schweigen während zwei Wochen nach Erhalt des Angebots angenommen habe. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben und nach Handelsbrauch wäre die Bekl. infolge der vorangegangenen Vertragsverhandlungen verpflichtet gewesen, dem Schreiben unverzüglich zu widersprechen. Hätten die Vertragsverhandlungen einen Punkt erreicht, an dem beide Verhandlungspartner mit einem Abschluß fest rechnen durften, sei in der Nichtbeantwortung eines Angebots eine Annahmeerklärung des Empfängers zu sehen. Nach den Aussagen der Zeugen im ersten Rechtszug habe sich die Bekl. mit den im Auftragsschreiben genannten Abweichungen von ihren freibleibenden Angebot vom 28. 5. 1991 einverstanden erklärt. Infolge ihrer Verpflichtung zu unverzüglicher Äußerung müsse sich die Bekl. so behandeln lassen, als wäre ihr ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben zugegangen, dem sie nicht unverzüglich widersprochen habe.
II. Gegen diese Ausführungen des BerGer. wendet sich die Revision zu Recht. Die tatsächlichen Feststellungen des BerGer. sind nicht in jeder Hinsicht verfahrensfehlerfrei getroffen. Das BerGer. hat das Ergebnis der Beweisaufnahme ohne erneute Vernehmung der Zeugen anders gewürdigt als das Gericht erster Instanz.
1. Keinen Bedenken aus revisionsrechtlicher Sicht begegnet der auch von der Revision nicht bezweifelte Ausgangspunkt des Berufungsurteils, wonach das Schreiben der Kl. vom 27. 6. 1991 lediglich ein Angebot an die Bekl. darstellt. Dieses Schreiben ist nach der Auslegung durch das BerGer. weder als Ausnahme eines Angebots der Bekl. noch als kaufmännisches Bestätigungsschreiben über eine bereits abgeschlossene Vereinbarung zu werten. Insbesondere enthält das freibleibende Angebot im Schreiben der  P-GmbH namens der Bekl. kein Vertragsangebot, sondern lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (zu denselben Bedingungen). Diese Auslegung des BerGer. ist rechtlich möglich (vgl. BGH, NJW 1958, 1628 (1629) = LM § 157 (Gf) BGB Nr. 4; RGZ 102, 227 (228); 105, 8  (12); RG, JW 1926, 2674; Schlegelberger/Hefermehl, HGB, 5. Aufl., § 346 Rdnr. 74; Piper, in: RGRK, 12. Aufl., § 145 Rdnr. 14; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 145 Rdnr. 20; Lindacher, DB 1992, 1813; Palandt/Heinrichs, BGB, 54. Aufl., § 145 Rdnr. 4) und naheliegend.
Das BerGer. hat einen Vertragsschluß - insoweit in Übereinstimmung mit der Beweiswürdigung des LG - auch nicht den von den Zeugen geschilderten Telefongesprächen der Parteien am 11. und 14. 6. 1991 entnommen. Das greift die Revision als ihr günstig nicht an; ein Rechtsfehler ist auch insoweit nicht erkennbar.
2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Ansicht des BerGer., die Bekl. habe durch Schweigen ein in dem Schreiben der Kl. vom 27. 6. 1991 liegendes Angebot angenommen.
Das BerGer. hat das Schweigen der Bekl. auf das Schreiben vom 27. 6. 1991 als beredtes Schweigen im Sinne einer Annahme gewürdigt und sich hierbei auf die Grundsätze von Treu und Glauben und einen Handelsbrauch berufen. Hätten die vorausgegangenen Vertragsverhandlungen nämlich einen Punkt erreicht, an dem beide Verhandlungspartner mit einem Abschluß fest rechnen durften, könne in der Nichtbeantwortung eines Angebots eine Annahmeerklärung gesehen werden. Der Empfänger müsse deshalb, wenn er nicht einverstanden sei, unverzüglich widersprechen; anderenfalls haben sein Schweigen die Bedeutung der Annahme, falls dem nicht die Umstände des Einzelfalls entgegenstünden.
a) Das Urteil hat keinen Bestand, soweit das BerGer. dem Schweigen der Bekl. nach Treu und Glauben die Bedeutung einer Annahme beigemessen hat. Im Ansatzpunkt zutreffend beruft sich das BerGer. auf die Entscheidung des BGH vom 14. 10. 1955 (LM § 151 BGB Nr. 2 Bl. 2 = BB 1955, 1068). Der BGH sieht in dieser Entscheidung "in dem Schweigen auf ein Angebot, das aufgrund einverständlicher und alle wichtigen Punkte betreffender Vorverhandlungen ergeht, in der Regel eine stillschweigende Annahme, sofern nicht nach den Umständen des Falls der Ag. eine solche stillschweigende Annahmeerklärung ausschließen wollte oder mit einer inzwischen eingetretenen Änderung seiner Willensbildung zu rechnen" sei. Zwar mag die Formulierung des BerGer. mißverständlich sein; eine inhaltliche Abweichung von den Grundsätzen der genannten Entscheidung des BGH sollte mit der Beschreibung der Vorverhandlungen bis zu dem Zeitpunkt, "an dem beide Verhandlungspartner mit einem Abschluß fest rechnen durften", ersichtlich zum Ausdruck bringen, nach den Vorverhandlungen habe Einigkeit in den wesentlichen Punkten des Vertrags bestanden und lediglich die Geltung des Vertrags habe eines zusätzlichen Willensentschlusses bedurft. Das zeigen seine Ausführungen, das Angebot müsse aufgrund einverständlicher und alle wichtigen Punkte betreffender Vorverhandlungen ergehen, damit Schweigen als Annahme gewertet werden dürfe.
b) Die Revision rügt aber mit Erfolg, es sei "nicht ... ersichtlich", aus welchen Tatsachen das BerGer. die Überzeugung ableite, daß der Punkt erreicht gewesen sei, an dem beide Vertragspartner mit einem Abschluß fest hätten rechnen dürfen, weil der Inhalt der Telefonate streitig sei. Das BerGer. hat ausgeführt, daß Vertragsverhandlungen zu den Vertragsbedingungen geführt worden seien, sei zwischen den Parteien weitgehend unstreitig und im übrigen durch die Beweisaufnahme erwiesen. Nach den Aussagen der Zeugen K und W habe sich die Bekl. mit den im Auftragsschreiben vom 27. 6. 1991 genannten, von ihrem freibleibenden Angebot abweichenden Bedingungen einverstanden erklärt gehabt; sie seien jedenfalls für sie bei Erhalt des Auftragsschreibens nicht überraschend und fremd gewesen. Diese Begründung trägt die Verurteilung der Bekl. nicht.
aa) Daß die Bedingungen für die Bekl. nicht überraschend und fremd waren, genügt nicht, um dem Schweigen die Bedeutung einer Annahme beizumessen. Eine Pflicht der Bekl. zur Ablehnung des Angebots vom 27. 6. 1991 mag angehen, wenn sich die Parteien bereits in Vorverhandlungen völlig einig geworden waren, aber aus irgendwelchen Gründen - hier etwa, weil die Kl. selbst noch keinen sicheren Auftrag der L hatte - von einem Vertragsschluß zunächst abgesehen haben. In einem solchen Fall ist - insbesondere wenn die Zeit bei einem Fixgeschäft knapp wird - der Empfänger gerade wegen der Übereinstimmung des Angebots mit dem Ergebnis der Vorverhandlungen nach Treu und Glauben verpflichtet, den Verhandlungspartner nicht im Unklaren zu lassen und eine (nach allem überraschende) Ablehnung zu erklären. Diese Grundlage für eine Ausnahme von der Regel, daß Schweigen eine Ablehnung bedeutet, fehlt jedoch, wenn die Vorverhandlungen noch zu keiner Übereinstimmung geführt haben. Dann kann der den Vertrag Antragende sich nicht darauf verlassen, daß der Vertrag zustande komme, sondern er muß mit einer Ablehnung durch den Gesprächspartner und mit weiteren Verhandlungen rechnen. Treu und Glauben erfordern dann keine unverzügliche Ablehnung des Angebots, wenn dieses Vertragsbedingungen enthält, über die bislang ganz oder teilweise keine Einigung erzielt worden war. Zur Einigung der Parteien bei den Vorverhandlungen hat das BerGer. vorliegend keine Feststellungen getroffen, die revisionsrechtlicher Prüfung standhalten.
bb) Das BerGer. entnimmt verfahrensfehlerhaft den Aussagen von K und W ein Einverständnis der Bekl. mit den Vertragsbedingungen, auch soweit sie von ihrem freibleibenden Angebot vom 28. 5. 1991 abweichen. Die Revision rügt zu Recht einen Verstoß gegen § 398 ZPO.
Zwar steht es nach § 398 I ZPO grundsätzlich im Ermessen des BerGer., ob es einen in erster Instanz vernommenen Zeugen ein zweites Mal vernehmen will. Dieses pflichtgebundene Ermessen unterliegt jedoch Einschränkungen. Eine erneute Vernehmung ist geboten, wenn das BerGer. einer ihrem Wortlaut nach eindeutigen Stelle in der Vernehmungsniederschrift, zu der das erstinstanzliche Gericht nicht Stellung genommen hat, eine vom Wortsinn abweichende, die Entscheidung aber tragende Auslegung geben will (BGH, NJW-RR 1993, 893 m.w. Nachw.), oder wenn das BerGer. - wie hier - eine protokollierte Aussage anders verstehen oder ihr ein anderes Gewicht beimessen will als der Richter der Vorinstanz (BGH, NJW 1994, 2960 = LM H. 10/1994 § 398 ZPO Nr. 37; NJW 1993, 668 (669) = LM H. 6/1993 § 318 ZPO Nr. 18). Das LG hatte als Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt, daß die Parteien sich auf die Bedingungen des Auftrags gemäß Schreiben vom 27. 6. 1991 geeinigt hatten. Hinsichtlich der Vertragsstrafe hat es im Gegenteil sogar eine vorherige Mitteilung bezweifelt und die Aussagen von K und W in diesem Punkt für "möglicherweise nicht zuverlässig" gehalten. Zu Skonto und Lieferung frei Haus ist das LGdavon ausgegangen, daß diese Bedingungen der Bekl. nicht im einzelnen bekannt gewesen seien.
Der unstreitige Vortrag der Parteien stützt die Annahme des BerGer. nicht, die Bekl. sei mit den Vertragsbedingungen einverstanden gewesen. Der Inhalt der Vertragsverhandlungen war zwischen den Parteien umstritten. Das BerGer. konnte deshalb dem Vortrag der Parteien als unstreitig nur entnehmen, daß tatsächlich Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien geführt worden waren. Der Geschäftsführer der Bekl. hatte zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem LG nur eingeräumt, daß am Telefon auch über Skonto und Lieferung frei Haus gesprochen worden war, jedoch ohne eine Einigung zu erzielen. Soweit das BerGer. darüber hinaus von einem Einverständnis der Bekl. mit diesen Bedingungen und mit der Vertragsstrafe ausgeht, war dies dem unstreitigen Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen.
c) Auch soweit das BerGer. das Schweigen der Bekl. kraft Handelsbrauchs als Annahme des Angebots vom 27. 6. 1991 wertet, hat das Urteil keinen Bestand. Die Revision rügt mit Recht, daß das BerGer. einen Handelsbrauch ohne entsprechende tatsächliche Feststellungen behauptet (§ 551 Nr. 7 ZPO). Es ist nicht ersichtlich, wie das BerGer. zur Annahme eines Handelsbrauchs kommt. Auch die vom BerGer. angeführten Belegstellen lassen keinen Handelsbrauch erkennen, daß Schweigen auf ein Angebot auch dann als Zustimmung gewertet werde, wenn das Angebot von den vorausgegangenen Verhandlungen abweichende Bedingungen oder zuvor abgelehnte Bedingungen enthält.
3. Das Urteil stellt sich nicht aus einem anderen Rechtsgrund als richtig dar (§ 563 ZPO). Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben hat das BerGer. verneint. Die Voraussetzungen des § 151 BGB hat das BerGer. ebenfalls verneint; die Revision greift das nicht an.
4. Nach allem ist das Urteil aufzuheben (§ 564 I ZPO) und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen (§ 565 I 1 ZPO). Eine abschließende Entscheidung (§ 565 I III Nr. 1 ZPO) ist dem Senat nicht möglich, denn es sind weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen. Auch die Rüge der Revision, die Ablehnung des Angebots der Kl. vom 27. 6. 1991 durch die Bekl. sei nicht verspätet erfolgt, vermag nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand eine Abweisung der Klage nicht zu begründen.
Das BerGer. hat ausgeführt, die Bekl. habe das Angebot der Kl. vom 27. 6. 1991 verspätet abgelehnt. Bei der Bemessung der der Bekl. zustehenden Frist sei zu beachten, daß Geschäfte im Handelsverkehr möglichst schnell abzuwickeln seien. Deshalb billige die Rechtsprechung dem Angebotsempfänger gewöhnlich eine Frist von ein bis zwei Tagen, höchstens jedoch von acht Tagen zur Beantwortung eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens zu. Die Revision rügt, das BerGer. habe nicht beachtet, daß der Geschäftsführer der Bekl. bei Eintreffen des Auftragsschreibens für acht Tage in Urlaub gewesen sei. Da die Bekl. aufgrund des telefonischen Gesprächs vom 14. 6. 1991 nicht davon habe ausgehen müssen, daß der Vertragsschluß mit Sicherheit zu erwarten gewesen sei, habe keine Verpflichtung bestanden, auf das Vertragsangebot der Kl. sofort zu reagieren. Die Kl. habe damit rechnen müssen, daß die Bekl. den Auftrag, der in wesentlichen Punkten von ihrem freibleibenden Angebot abgewichen sei, überprüfen und erst nach zwei bis drei Wochen Stellung nehmen werde.
Diese Rüge hat keinen Erfolg. Das BerGer. geht auf der Grundlage des bisherigen Tatsachenvortrags ohne Rechtsfehler davon aus, daß eine raschere Antwort geboten gewesen wäre und die Ablehnung des Angebots vom 27. 6. 1991 erst nach mehr als elf Tagen am 9./11. 7. 1991 verspätet war mit der Folge, daß ein Vertrag durch Schweigen der Bekl. auf das Angebot zustande gekommen sein kann, wenn die Voraussetzungen hierzu im übrigen gegeben waren. Zwar war die Bekl. entgegen der Ansicht des BerGer. nicht zu einer sofortigen Äußerung, sondern nur zu einer Äußerung innerhalb der Zeit verpflichtet, in der der Antragende mit einer Ablehnung rechnen durfte. Insoweit ist § 147 II BGB entsprechend anzuwenden. Das BerGer. überhöht die Anforderungen. Das Angebot der Kl. ist einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben nicht gleichzustellen. Eine Pflicht zu unverzüglichem Widerspruch hat der BGH (BGHZ 1, 353 (355f.) = NJW 1951, 711 = LM § 346 (D) HGB Nr. 1) im übrigen lediglich dann angenommen, wenn ein Angebot unter Bezugnahme auf einen früheren Vertrag ausdrücklich angefordert war und erkennbar ein Interesse an einer baldigen Antwort bestanden hatte. Das ist vorliegend nicht festgestellt.
Die gesetzliche Annahmefrist nach § 147 II BGB setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrags an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden. Vorliegend nahm die Bekl. beim gewählten telefonischen Übermittlungsweg eine Bearbeitungs- und Überlegungszeit vom mutmaßlichen Zugang des Schreibens am 1. 7. 1991 bis zum 9. 7. 1991, mithin von mindestens neun Tagen in Anspruch. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter diese Zeit in Anbetracht der gegebenen Umstände als zu lang und die Äußerung der Bekl. als verspätet gewertet hat. Der Bekl. war bekannt, daß die Sparbücher am 1. 10. 1991 ausgeliefert werden sollten und daß eine Menge von 300000 Stück/täglich bei der Produktion einzukalkulieren war. Diese vorgesehene Gesamtmenge von ca. 1,6 Mio. Stück war daher mehr als eine Woche lang zu produzieren. Nach dem Angebot vom 27. 6. 1991 war die Filmauslieferung bereits für den 20. 8. 1991 vorgesehen, was der Bekl. als Angebot der Kl. aufgrund der Telefongespräche möglicherweise vorbekannt war. Die Bekl. hatte selbst eine Filmauslieferung bis zum 26. 8. gewünscht. Unter diesen Umständen vermag auch der Urlaub des Geschäftsführers der Bekl. keine hinreichende Entschuldigung für die späte Ablehnung des Angebots der Kl. darzustellen. Ein Vollkaufmann wie die Bekl. darf die an ihn gerichteten Geschäftsbriefe nicht längere Zeit unbeachtet liegenlassen. Der Geschäftsführer muß sich bei längerer Abwesenheit vertreten lassen oder auf andere Weise dafür sorgen, daß die Geschäftspost ihm sofort nach Eingang  inhaltlich mitgeteilt wird (vgl. BGH,NJW 1962, 104 (zu A 2) = LM § 346 (D) HGB Nr. 8; NJW 1966, 1070 = LM § 346 (Ea) HGB Nr. 10 (zu II); vgl. schon RGZ 105, 389 (390)).



<- Zurück