BayObLG NJW 1989, 1678: Keine relative Geschäftsunfähigkeit



(a) »...Geschäftsunfähigkeit ist gegeben, wenn sich ein Betroffener in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden, nicht nur vorübergehenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet (§ 104 Nr. 2 BGB). Dabei ist neben den Fähigkeiten des Verstandes vor allem auch die Freiheit des Willensentschlusses von Bedeutung. Es kommt darauf an, ob eine freie Entscheidung aufgrund einer Abwägung des Für und Wider, eine sachliche Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist, oder ob umgekehrt von einer freien Willensbildung nicht mehr gesprochen werden kann, etwa weil der Betroffene fremden Willenseinflüssen unterliegt oder die Willensbildung von unkontrollierten Trieben und Vorstellungen ähnlich mechanischen Verknüpfungen von Ursache und Wirkung bestimmt wird ...

(b) Diese Grundsätze gelten auch, wenn sich die Geschäftsunfähigkeit auf die Erledigung einer einzelnen Angelegenheit (Wirkungskreis) beschränkt, also die freie Willensbestimmung und die Einsichtsfähigkeit nur auf einem bestimmten Gebiet ausgeschlossen sind und es  sich gerade um eine Angelegenheit auf diesem Gebiet handelt (partielle Geschäftsunfähigkeit; BayObLGZ 1986, 214, 215 f., m. w. N.). Der Betroffene muß danach, soweit es um diese Angelegenheit geht, aufgrund einer geistigen Störung nicht imstande sein, seinen Willen frei und unbeeinflußt von ihr zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Ausschlaggebend für eine solche Beurteilung sind auch in diesem Fall nicht so sehr die Verstandesfähigkeiten eines Betroffenen, sondern vor allem die fehlende Freiheit der Willensbildung auf dem in Rede stehenden Gebiet (vgl. BGH, WM 1984, 1063, 1064). ...

Eine abgestufte (relative) Geschäftsfähigkeit in dem Sinne, daß eine Person für besonders schwierige wirtschaftliche Entscheidungen  geschäftsunfähig, für einfachere jedoch geschäftsfähig wäre, [ist] - anders als bei verminderter Schuldfähigkeit im Strafrecht - [nicht anzuerkennen].
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