1. Das Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners
aus § 320 BGB ist eine echte Einrede, die vom Schuldner erhoben werden
muß, um eine Zug-um-Zug-Verurteilung zu erreichen.
2. Zur Zulässigkeit einer Erklärung
mit Nichtwissen.
NJW 1999, 53 ff
ZIP 1998, 1965
Kurzanm. Lorenz EWiR § 320 EWiR §
320 BGB 1/98, S. 1069 f.
Der Sachverhalt betrifft eine klassische
Situation der "abgekürzten Lieferung": Die Beklagte, welche mit Baustoffen
handelt, bestellte bei der Klägerin, einer Herstellerin von Bauteilen,
verschiedene Gegenstände, die sie ihrerseits bereits an einen Dritten
veräußert hatte. Nach dem Vertragsinhalt sollte die Klägerin
die geschuldeten Gegenstände direkt bei diesem Dritten anliefern.
Die Klägerin beauftrage hierzu einen Spediteur, der seinerseits Subunternehmer
einschaltete. Die Klägerin macht nunmehr gegen die Beklagte den Kaufpreis
geltend. Sie behauptet unter Vorlage von Ablichtungen ihres Lieferscheines,
des Speditionsauftrags und des Frachtbriefs sowie unter Benennung verschiedener
Zeugen, die geschuldeten Gegenstände an den Dritten geliefert zu haben.
Die Beklagte bestreitet dies mit Nichtwissen.
Nachdem die Vorinstanz die Beklagte
unbedingt zur Zahlung verurteilt hatte, weil sie ein Zurückbehaltungsrecht
nach § 320 BGB nicht ausgeübt habe, jedenfalls aber die von der
Klägerin behauptete Vertragserfüllung gem. § 138 Abs. 4
ZPO nicht mit Nichtwissen bestreiten dürfe, kommt der BGH zu einer
gegenteiligen Auffassung. Er legt (zutreffend und insoweit in Übereinstimmung
mit dem OLG sowie der ganz h.M.) dar, daß es sich bei § 320
Abs. 1 S. 1 BGB um eine echte Einrede handelt, die vom Schuldner geltend
gemacht werden muß. Die Erhebung der Einrede führt dabei nicht
zur Klageabweisung, sondern zur Verurteilung Zug um Zug (§ 322 Abs.
1 BGB). Die Erhebung der Einrede muß freilich nicht ausdrücklich
erfolgen. Es genügt, so der BGH zutreffend, daß der Schuldner
seine Leistungsverpflichtung spätestens im Prozeß unter Hinweis
auf die ausgebliebene Gegenleistung bestreitet (wofür ein bloßer
Klageabweisungsantrag nicht ausreicht, vgl. OLG Hamm MDR 1978, 401 f).
Dem steht das Bestreiten der vom Kläger behaupteten Vorleistung gleich,
wenn nur hinreichend zu Ausdruck gebracht wird, daß die eigene Leistung
gerade "im Hinblick auf das Ausbleiben der Gegenleistung" zurückbehalten
wird.
Hinsichtlich des vom Berufungsgericht
nach § 138 Abs. 4 ZPO für unzulässig erachteten Bestreitens
durch Nichtwissen hält der BGH fest, daß dieses über den
Wortlaut der Norm hinaus auch dann unzulässig ist, wenn es sich um
Tatsachen handelt, die zwar weder Handlungen der Partei bzw. ihres gesetzlichen
Vertreters darstellen oder Gegenstand der Wahrnehmung der Partei selbst
oder ihres gesetzlichen Vertreters sind, die aber Handlungen oder
Gegenstand der Wahrnehmung solcher Personen waren, die unter der Anleitung,
Aufsicht oder Verantwortung der Partei tätig geworden sind. Insoweit
besteht eine Erkundigungspflicht der Partei (vgl. etwa BGH NJW 1995, 130
ff; BGHZ 109, 205 ff = NJW 1990, 453 ff). Ein solcher Fall liegt hier jedoch
nicht vor, weil der Empfänger der Lieferung als bloße Partei
eines Kaufvertrages mit der Beklagten hinsichtlich der Abnahme der Lieferung
weder deren Weisungen unterworfen war noch unter deren Anleitung, Aufsicht
oder Anleitung tätig geworden ist. Letzteres könnte - so der
BGH - nur unter der sehr unwahrscheinlichen Voraussetzung gegeben sein,
daß der Lieferungsempfänger die Abnahmepflicht der Beklagten
aus dem Kaufvertrag mit der Klägerin übernommen hätte.
Konsequenz: Wer in Absprache mit
dem Käufer an Dritte liefert, soll sich den Empfang der Leistung beweiskräftig
dokumentieren lassen. Das Gesetz stellt hierfür den Anspruch auf eine
Quittung (§ 368 BGB) mit der formellen Beweiskraft des § 416
ZPO zur Verfügung, den über den Wortlaut der Norm hinaus auch
ein Dritter als "Leistender" hat. Zu beachten sind weiter die prozessualen
Konsequenzen: Will der Gläubiger ein Teilunterliegen mit der entsprechenden
Konsequenz der Kostenteilung (§ 92 ZPO) verhindern, muß er -
wenn die Einrede bereits erhoben und begründet ist - von vorneherein
auf Leistung Zug um Zug klagen bzw. ab dem Zeitpunkt der Erhebung der Einrede
im Prozeß seinen Antrag im Wege der Klageänderung entsprechend
umstellen (was nach § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässig ist, gleichzeitig
aber eine teilweise Klagerücknahme nach § 269 ZPO darstellt).
Tut er letzteres sofort, umgeht er trotz § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die
Folge der teilweisen Kostentragung (OLG Hamm MDR 1978, 401 f; Staudinger-Otto,
BGB, 13. Bearb. 1995, § 322 Rn. 16). Das ist dogmatisch zwar schwierig
zu begründen, aber unzweifelhaft sachgerecht: Vor Erhebung der Einrede
muß der Gläubiger ohne Kostenrisiko zunächst unbeschränkte
Verurteilung beantragen können. Alles andere hieße, ihn zum
Anwalt seines Gegners zu machen. Konstruktiv ließe sich das Ergebnis
wohl am besten durch eine teilweise Erledigterklärung erreichen. Praktisch
würde dies dann äußerst kompliziert, wenn der Beklagte
hiermit nicht einverstanden ist.
Zum Sachverhalt:
Die Kl. stellt Bauteile her, unter anderem sogenannte Isokörbe und Tronsolen. Die Bekl., die sich inzwischen in Liquidation befindet, handelte mit Baustoffen. Sie unterhielt 1994 ständige Geschäftsbeziehungen zu der D-AG, über deren Vermögen am 31. 3. 1995 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde, nachdem sie Ende 1994 in Zahlungsschwierigkeiten geraten war. Mit Schreiben vom 9. 12. 1994 bestellte die bei der Bekl. im Einkauf tätige Frau C bei der Kl. verschiedene Isokörbe und eine bestimmte Tronsole. Als Lieferort war die ,,D-AG" angegeben. Mit dem Transport der Baustoffe beauftragte die Kl. eine Spedition, die ihrerseits teilweise einen Subunternehmer einschaltete. Mit Datum vom 20. 12. 1994 erteilte die Bekl. der D-AG unter Hinweis auf die "An1ieferung lt. LS 174910 v. 15. 12. 94" für die bei der Kl. bestellten Baustoffe eine - nicht unterschriebene - Rechnung über 106 631,68 DM. Unter dem 23. 12. 1994 stellte die Kl. der Bekl. unter anderem mit Bezug auf die "Vers. Anschr.: D-AG", das ,,Versanddatum: 15. 12. 94" und die "Liefersch.-Nr.: 174910" 95211,61 DM in Rechnung, die sie mit Schreiben vom 19. 4. und 12. 5. 1995 vergeblich anmahnte. Am 8. 8. 1995 hat die Kl. gegen die Bekl. einen Vollstreckungsbescheid über den vorgenannten Betrag nebst 10% Zinsen seit dem 24. 1. 1995 und über weitere 20 DM Nebenkosten erwirkt. In dem sich anschließenden streitigen Verfahren haben die Parteien insbesondere darüber gestritten, ob Frau C Vertretungsmacht für die Bekl. hatte und ob die Kl. die bestellten Baustoffe an die D-AG geliefert hat. Die Kl. hat unter Vorlage von Ablichtungen ihres Lieferscheins Nr. 174910, des Speditionsauftrags und des Frachtbriefs sowie unter Benennung verschiedener Zeugen behauptet, die Baustoffe am 16. 12. 1994 an die D-AG geliefert zu haben. Die Bekl. hat sich dazu mit Nichtwissen erklärt und im übrigen behauptet, ihr Liquidator habe die Rechnung der Kl. vom 23. 12. 1994 und ihre eigene Rechnung vom 20. 12. 1994 in den Geschäftsunterlagen nicht auffinden können. Es sei zu vermuten, daß ihre Mitarbeiter in unlauterer Weise zu ihrem Nachteil mit Dritten zusammengearbeitet hätten. Das LG hat den Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kl. hat das BerGer. den Vollstreckungsbescheid mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß die Bekl. verurteilt wird, an die Kl. 95211,61 DM nebst 4% Zinsen seit dem 20. 4. 1995 sowie 5 DM außergerichtliche Mahnkosten zu zahlen, und im übrigen den Vollstreckungsbescheid aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
1. Das BerGer. hat - soweit in der Revisionsinstanz
noch von Interesse - ausgeführt: Der Kl. stehe der geltend gemachte
Kaufpreisanspruch gegen die Bekl. zu. Zwischen den Parteien sei ein Kaufvertrag
über die im Schreiben vom 8. (richtig: 9.) 12. 1994 im einzelnen aufgeführten
Baustoffe zustande gekommen. Bei Vertragsschluß sei die Bekl. durch
Frau C nach den Grundsätzen der sogenannten Scheinhandlungsvollmacht
wirksam vertreten worden. Die Verpflichtung der Bekl. zur Kaufpreis-zahlung
bestehe unabhängig davon, ob die Kl. ihrerseits den Kaufvertrag bereits
erfüllt habe. Diese Frage wäre allenfalls dann von Bedeutung,
wenn die Bekl. ein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB ausgeübt
hätte; das sei indes nicht der Fall. Selbst wenn man in dem Vortrag
der Bekl. eine stillschweigende Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts
sehen wollte, würde dies nicht zu einer Verurteilung der Bekl. nur
Zug um Zug gegen Lieferung der bestellten Materialien führen. Das
Bestreiten der Lieferung vom 16. 12. 1994 durch die Bekl. mit Nichtwissen
sei unzulässig. Zwar könne eine Partei grundsätzlich alle
Umstände mit Nichtwissen bestreiten, die nicht Gegenstand ihrer Wahrnehmung
bzw. der Wahrnehmung ihres gesetzlichen Vertreters gewesen seien. Auch
das Wissen von Hilfspersonen müsse sich eine Partei grundsätzlich
nicht zurechnen lassen. Allerdings müsse sie aufgrund der ihr obliegenden
Prozeßförderungspflicht und der daraus resultierenden Informationspflicht
zumindest versuchen, Informationen bei ihren Hilfspersonen einzuholen,
bevor sie zulässigerweise mit Nichtwissen bestreiten könne. Die
D-AG sei zwar nicht den Weisungen der Bekl. unterworfen gewesen. Nach den
Vorstellungen der Parteien bzw. zumindest der Kl. und der die Bekl. wirksam
vertretenden Frau C habe die D-AG jedoch eine Nebenpflicht der Bekl. aus
dem Kaufvertrag mit der Kl., nämlich die Abnahmepflicht, übernehmen
sollen. Die Bekl. habe der D-AG dann auch sämtliche, von der Kl. zu
liefernden Materialien. unter dem 20. 12. 1994 mit Bezugnahme auf den Lieferschein
der Kl. Nr. 174910 vom 15. 12. 1994 in Rechnung gestellt. Die Bekl. habe
deshalb zumindest versuchen müssen, bei der D-AG Erkundigungen darüber
einzuziehen, ob und inwieweit am 16. 12. 1994 eine Lieferung durch die
Kl. erfolgt sei.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen
Nachprüfung nicht stand. Nach den bisher getroffenen Feststellungen
hat das BerGer. die Bekl. zu Unrecht uneingeschränkt verurteilt, gem.
§ 433 II BGB den Kaufpreis in Höhe von 95211,61 DM für die
Baustoffe zu zahlen, die die Kl. auf Bestellung der Bekl. an die D-AG geliefert
haben will. Soweit das BerGer. das Zustandekommen eines Kaufvertrags zwischen
den Parteien über die betreffenden Baustoffe und in diesem Zusammenhang
eine sogenannte Scheinhandlungsvollmacht der Mitarbeiterin C der Bekl.
bejaht hat, bestehen allerdings keine Bedenken. Zu Recht wendet sich die
Revision jedoch dagegen, daß das BerGer. eine uneingeschränkte
Verpflichtung der Bekl. zur Zahlung des Kaufpreises unabhängig davon
angenommen hat, ob die Kl. ihrerseits den Kaufvertrag bereits erfüllt,
d.h. die bestellten Baustoffe an die D-AG in D., den vertraglich vereinbarten
Leistungsort (§ 269 I BGB), geliefert hat. Der Kaufvertrag ist ein
gegenseitiger Vertrag. Wer aus einem solchen Vertrag verpflichtet ist,
kann nach § 320 11 BGB die ihm obliegende Leistung grundsätzlich
bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern. Nach den bisher getroffenen
Feststellungen gilt hier für die Verpflichtung der Bekl. zur Zahlung
des Kaufpreises nichts anderes.
1. Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des
BerGer., daß das Leistungsverweigerungsrecht des § 320 1 BGB
vom Schuldner ausgeübt werden muß, um Wirksamkeit zu entfalten.
Sein bloßes Bestehen hindert zwar den Eintritt des Schuldnerverzugs
(BGHZ 84, 42 [44] = NJW 1982, 2242 = LM § 320 BGB Nr. 21; BGHZ 116,244
[249] = NJW 1992, 556 = LM H. 7/1992 § 273 BGB Nr. 49 m.w.Nachw.;
Palandt/Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 320 Rdnr. 12). Erhebt der Gläubiger
- wie hier die Kl. - Leistungsklage, muß sich der Schuldner - hier
die Bekl. - jedoch auf das Leistungsverweigerungsrecht berufen. Es handelt
sich um eine echte Einrede. Das entspricht ganz herrschender Meinung (Emmerich,
in: MünchKomm, 3. Aufl., § 320 Rdnr. 76, § 322 Rdnrn. 1,
4-6; Palandt/Heinrichs, § 320 Rdnr. 13, § 322 Rdnr. 2; Soergel/Wiedemann,
BGB, 12. Aufl., § 320 Rdnr. 61, § 322 Rdnr. 6, je. m. w. Nachw.)
2. Nicht gefolgt werden kann indessen der Annahme
des BerGer., die Bekl. habe die Einrede des § 320 1 BGB nicht erhoben.
Das ist zwar nicht ausdrücklich geschehen. Dessen bedarf es aber auch
nicht. Insbesondere bedarf es keines formellen Antrags des Bekl., nur zur
Zahlung Zug um Zug verurteilt zu werden. Vielmehr reicht es aus, wenn der
Bekl. einen uneingeschränkten Abweisungsantrag stellt, sofern der
Wille, die eigene Leistung im Hinblick auf das Ausbleiben der Gegenleistung
zurückzubehalten, eindeutig erkennbar ist. Das ist etwa der Fall,
wenn der Bekl. den Klageabweisungsantrag damit begründet, der Kl.
könne oder wolle die ihm obliegende Gegenleistung nicht erbringen
(Soergel/Wiedemann, § 322 Rdnr. 7 m. w. Nachw.; auch Palandt/Heinrichs,
§ 322 Rdnr. 2; zu § 274 BGB vgl. weiter BGH, LM § 41 ADSp
Nr. 6 = WM 1977, 533 [unter II 4]). Nichts anderes kann gelten, wenn der
Bekl. bestreitet, daß der Kl. die von diesem behauptete Gegenleistung
bereits erbracht habe. Auch darin kommt in Verbindung mit dem Klageabweisungsantrag
der Einwand zum Ausdruck, bis zum Bewirken der Gegenleistung nicht zur
Erfüllung verpflichtet zu sein. So ist es hier. Die Bekl. hat - mit
Nichtwissen - bestritten, daß die Kl. die betreffenden Baustoffe
der D-AG geliefert hat.
3. Entgegen der Hilfsbegründung des BerGer.
durfte sich die Bekl. zu der von der Kl. behaupteten Lieferung am 16. 12.
1994 mit Nichtwissen erklären. Nach § 138 IV ZPO ist eine Erklärung
mit Nichtwissen (nur) über Tatsachen zulässig, die - wie hier
die Lieferung der Baustoffe an die D-AG in bezug auf die Bekl. - weder
eigene Handlung der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen
sind. Den Handlungen und Wahrnehmungen der Partei stehen die ihrer gesetzlichen
Vertreter gleich (BGH, NJW 1987, 3123 = LM § 607 BGB Nr. 90 BGHR ZPO
§ 1381V Erkundigungspflicht 1; Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl.,
§ 138 Rdnr. 15; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 138 Rdnrn.
34, 34a; Peters, in: MünchKomm-ZPO, § 138 Rdnr. 29, der das auch
für rechts-geschäftlich bestellte Vertreter annimmt). Darüber
hinaus hat der BGH eine Erkundigungspflicht der Partei angenommen, wenn
es sich um Vorgänge im Bereich von Personen - nicht nur der eigenen,
sondern auch einer anderen Firma - handelt, die unter ihrer Anleitung,
Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind (BGH, NJW 1986, 3199
= LM § 7 AGBG Nr. 4 [unter II 4]; BGH, NJW 1987, 3123 = LM §
607 BGB Nr. 90; BGHZ 109, 205 [208 ff.] = NJW 1990, 453 = LM § 138
ZPO Nr. 27; BGH, NJW 1995, 130 = LM H. 5/1 995 § 276 [Fa] BGB Nr.
138 = WM 1994, 2192 [unter 3 d aa]). Ein solcher Fall liegt hier nicht
vor. Die D-AG war - wie auch das BerGer. nicht verkennt - nicht den Weisungen
der Bekl. unterworfen. Sie ist auch sonst nicht unter Anleitung, Aufsicht
oder Verantwortung der Bekl. tätig geworden. Dafür reicht nicht
aus, daß sie Geschäftspartner der Bekl. war, zumal die zwischenzeitliche
Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über ihr Vermögen
die Informationsbeschaffung zusätzlich erschwerte (vgl. BGH, NJW 1986,
3199 = LM § 7 AGBG Nn 4 [unter II 4]). Schließlich kann entgegen
der Ansicht des BerGer. nicht davon ausgegangen werden, daß die DAG
die Abnahmepflicht der Bekl. aus deren Kaufvertrag mit der Kl. übernommen
hat. Dafür hätte es einer Vereinbarung der D-AG mit der Bekl.
bedurft, für die aber nichts festgestellt ist. Vielmehr hatte die
D-AG lediglich eine eigene Abnahmepflicht gegenüber der Bekl. aus
dem mit dieser geschlossenen Kaufvertrag. Letztlich führt das BerGer.
in diesem Zusammenhang auch zu Unrecht die Rechnung vom 20. 12. 1994 an,
die die Bekl. der D-AG erteilt haben soll und in der der Lieferschein der
Kl. Nr. 174910 vom 15. 12. 1994 aufgeführt ist. Die Bekl. hat ausdrücklich
die Echtheit .der nicht unterschriebenen Rechnung bestritten.
4. Die Erhebung der Einrede des § 320 I BGB
im Prozeß hat zwar nach § 322 I BGB nur die Wirkung, daß
der Bekl. zur Erfüllung Zug um Zug zu verurteilen ist. Hält der
Kl. jedoch - wie hier - den Antrag auf uneingeschränkte Verurteilung
aufrecht, kommt eine solche dann in Betracht, wenn er die bestrittene Erfüllung
der Gegenleistung beweist (vgl. Palandt/Heinrichs, § 320 Rdnr. 14).
Diesen Beweis hat die Kl. hier zwar durch Benennung verschiedener Zeugen
angetreten. Zudem hat sie Kopien des Lieferscheins, des Speditionsauftrags
und des Frachtbriefs mit den angeblichen Unterschriften der Mit- arbeiter
der D-AG vorgelegt. Das BerGer. hat die Beweise indessen nicht erhoben
und insoweit keine Feststellungen getroffen.
5. Das Berufungsurteil, durch das die Bekl. gleichwohl
uneingeschränkt verurteilt worden ist, kann danach insoweit keinen
Bestand haben. Da es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen zu
der streitigen Lieferung der Baustoffe an die D-AG bedarf, ist die Sache
nicht zur Endentscheidung reif. Nach alledem war das Berufungsurteil insoweit,
als zum Nachteil der Bekl. erkannt worden ist, aufzuheben und die Sache
zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen.