Zum Sachverhalt:
Die kl. Sparkasse nimmt die Bekl. aus einem von dieser an eigene Order ausgestellten Wechsel in Anspruch, der auf die Firma S gezogen und von der Firma S angenommen worden ist. Die Firma S diskontierte den Wechsel bei der Kl. Der Wechsel ging zu Protest. Die Kl. hat im Wechselprozeß ein Vorbehaltsurteil über 104800 DM nebst Zinsen und Wechselunkosten erstritten. Im Nachverfahren hat die Bekl. 4800 DM nebst Zinsen anerkannt und behauptet, die Firma S habe den auf 4800 DM lautenden Wechsel vor der Diskontierung auf 104800 DM verfälscht. Das LG hat das Vorbehaltsurteil entsprechend dem Anerkenntnis aufrechterhalten und es im übrigen unter Klageabweisung aufgehoben. Berufung und Revision der Kl. blieben erfolglos.
Aus den Gründen:
... I. Nach den tatrichterlichen Feststellungen, die die Revision nicht anzweifelt, ist der Klagwechsel von dem Inhaber der Firma S verfälscht worden. Dieser übersandte der Bekl. den vollständig mit einer Schreibmaschine ausgefüllten Wechsel zur Zeichnung als Ausstellerin. Er lautete in Ziffern und Buchstaben auf 4800 DM. Vor der Betragsangabe in Ziffern: "4800" und in Buchstaben: "VIERTAUSENDACHTHUNDERT" war jeweils links noch ein freier, nicht ausgefüllter Raum, während die Zeilen vom Ende der Beitragsangaben ab mit Doppelstrichen bzw. Punkten ausgefüllt waren. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Bekl. unterzeichnete den Wechsel, ohne die leeren Zeilen vor den Betragsangaben mit Füllstrichen zu versehen und übersandte ihn der Firma S. Deren Inhaber setzte mit der Schreibmaschine vor die Zahl 4800 die Ziffern 1 und 0 sowie einen Punkt, so daß die Angabe des Betrages in Ziffern nunmehr lautete: "104 800. .....". Vor das Zahlwort Viertausendachthundert setzte er das Wort: "HUNDERT". Die Angabe in Buchstaben lautete danach: "HUNDERTVIERTAUSENDACHTHUNDERT======". Sie begann bündig am Anfang der entsprechenden Zeile. Die Verfälschung war für die Kl., der die Firma S den Wechsel zum Diskont einreichte, nicht zu erkennen.
II. Nach Ansicht des BerGer. kommt zwar grundsätzlich eine Haftung
der Bekl. für die Verfälschung des Wechsels aus zurechenbar veranlaßtem
Rechtsschein in Frage, weil von einem Kaufmann erwartet werden müsse,
daß er einen Wechsel nicht nur sorgfältig und vollständig
ausfülle, sondern auch die Maßnahmen treffe, die geeignet sind,
nachträgliche Veränderungen zu verhindern. Im vorliegenden Falle
könne es der Bekl. aber nicht als haftungsbegründend zugerechnet
werden, daß ihr Vertreter bei der Unterzeichnung des Wechsels die
Lücken vor den Betragsangaben nicht mit Sperrstrichen versehen habe.
Diese Angaben hätten sich nicht in der Mitte des jeweiligen schraffierten
Feldes befunden, sondern seien deutlich nach links versetzt gewesen, so
daß nicht von einer erheblichen, eine Verfälschung besonders
begünstigenden Lücke gesprochen werden könne. Jedenfalls
habe sich dem Vertreter der Bekl. nicht ohne weiteres der Gedanke aufdrängen
müssen, die von ihm nicht selbst geschaffenen Lücken seien für
eine Verfälschung besonders anfällig. Die Unterlassung einer
vom äußeren Bild her nicht zwingend gebotenen Maßnahme
sei um so weniger als Verletzung der Sorgfaltspflicht anzusehen, wenn der
Zeichner - wie hier - aufgrund langjähriger, anstandslos abgewickelter
Geschäftsbeziehungen keinen Anlaß zu Zweifeln oder übermäßiger
Vorsicht gehabt habe. Diesen Darlegungen vermag der Senat nur im Ergebnis
zu folgen.
III. Bei der unerlaubten Veränderung des Klagewechsels durch die
Erhöhung der Wechselsumme um 100000 DM, die nach der Begebung des
Wechsels durch die Bekl. vom Inhaber der Firma S vorgenommen worden ist,
handelt es sich um eine Verfälschung des durch die ursprüngliche
Betragsangabe gem. Art. 1 Nr. 2 WG festgelegten Wechseltextes, die nach
Art. 69 WG zu beurteilen ist. Danach haftet, wer seine Unterschrift vor
der Änderung auf den Wechsel gesetzt hat, nach dem ursprünglichen
Text (Art. 69 S. 2 WG), wer nachher unterschrieben hat, nach dem veränderten.
Nach dem Gesetz trägt also die Gefahr der Fälschung grundsätzlich
der Erwerber des Wechsels (Art. 7, 69 WG). Die Frage, ob trotzdem eine
Haftung aus zurechenbar veranlaßtem Rechtsschein in Betracht kommt,
wenn der Zeichner den Wechsel lückenhaft oder ohne Füllstriche
ausfüllt, und dadurch die Fälschung erleichtert, hat der Senat
im Urteil vom 13. 2. 1967 (BGHZ 47, 95 (99) = NJW 1967, 1037) verneint.
Ein Grundsatz, jeder Wechselzeichner habe durch geeignete Vorkehrungen
(Striche, Ausfüllung oder Vermeidung von Lücken) bei Vermeidung
wechselmäßiger Haftung dafür zu sorgen, daß der Wechsel
nicht leicht verfälscht werden könne, sei nicht anzuerkennen.
Bei jedem Fälschungseinwand wäre sonst die Haftung danach zu
beurteilen, ob sich die Fälschung bei genügender Sorgfalt hätte
vermeiden lassen, wenn z. B. längere Striche gemacht und keine Lücken
offengelassen worden wären. Die gesetzliche Regelung könne nicht
dadurch beseitigt werden, daß eine den Schutz des Art. 69 WG nicht
verdienende verkehrswidrige Mitveranlassung der Täuschung des Dritten
angenommen werde, wenn der Geber den Wechsel zeichne, obwohl er mangels
ausreichender Füllstriche oder infolge offener Räume für
eine Fälschung besonders geeignet sei. Das Gesetz suche den Schutz
des Wechselverkehrs dadurch zu erreichen, daß es Urkundenfälschungen
unter Strafe stelle. Der Wechselzeichner, der ausreichende Füllstriche
mache, handle in seinem Interesse, um die oft schwierig nachzuweisende
Fälschung zu verhüten. Durch die Unterlassung dieser Maßnahme
verursache er aber im Falle der Fälschung nicht - unter Verstoß
gegen die ihm obliegende, im Verkehr erforderliche Sorgfalt - die Täuschung
gutgläubiger Dritter, so daß ihm der Schutz des Art. 69 WG wegen
veranlaßten Rechtsscheins versagt bleiben müsse.
Mit seiner gegenteiligen Auffassung folgt das BerGer. der im neueren
wechselrechtlichen Schrifttum (Rehfeldt, JuS 1963, 148; Canaris, Die Vertrauenshaftung
im deutschen PrivatR, 1971, S. 247 f.; Deubner, NJW 1967, 1464; Hueck-Canaris,
Recht der Wertpapiere, 11. Aufl., S. 142; Rehfeldt-Zöllner, WertpapierR,
12. Aufl., S. 67; Thomsen, Die Einwendungslehre im englischen und deutschen
WechselR, 1977, S. 276 f.; Koller, WM 1981, 217; Baumbach-Hefermehl, WG
und ScheckG, 15. Aufl., Art. 69 WG Rdnrn. 8 f., anders noch in der 13.
Aufl., Art. 69 WG Rdnr. 5) vertretenen Meinung, Art. 69 S. 2 WG schließe
eine Haftung wegen zurechenbar veranlaßten Rechtsscheins nicht aus,
wenn der Zeichner durch "verkehrswidrige" Ausfüllung des Wechsels
(z. B. Unterlassung von Füllstrichen) ein erhöhtes und vermeidbares
Verfälschungsrisiko hervorgerufen habe. Im Wechselrecht seien zum
Schutze des Verkehrs Einwendungen gegenüber einem gutgläubigen
Erwerber in weitem Umfange ausgeschlossen, wenn der Zeichner durch seine
Unterschrift den Rechtsschein wechselmäßiger Haftung in zurechenbarer
Weise veranlaßt habe. Es bestehe kein Grund, den Verfälschungseinwand
gegenüber anderen Gültigkeitseinwendungen zugunsten des Zeichners
in seinem Verhältnis zum gutgläubigen Erwerber zu privilegieren
(Baumbach-Hefermehl, Art. 69 WG Rdnr. 12).
Dieser Ansicht vermag der Senat nicht zu folgen; er hält demgegenüber
an seiner Rechtsauffassung im Urteil vom 16. 2. 1967 (BGHZ 47, 95, 99 =
NJW 1967, 1037) fest. Die im Schrifttum befürwortete Haftung des Wechselzeichners
aus zurechenbar veranlaßtem Rechtsschein bei Verfälschung des
Wechsels ist durch Art. 69 WG ausgeschlossen. Nach dem eindeutigen Wortlaut
dieser Gesetzesbestimmung haftet der Wechselzeichner nicht für Verfälschungen
des Wechseltextes, die nach seiner Unterschrift von einem Dritten vorgenommen
worden sind. Der Grund für diese Regelung liegt darin, daß man
für Wechselfälschungen nicht aufzukommen braucht, weil man den
Schein des gefälschten Papierinhalts nicht veranlaßt hat (Jacobi,
WechselR und ScheckR, 1956, S. 500). Das Wechselrecht schützt das
Vertrauen auf die Echtheit einer Wechselzeichnung und die Unverfälschtheit
des Textes nicht, wie Art. 7, 69 WG zeigen (Baumbach-Hefermehl, Art. 17
WG Rdnr. 38). Mit diesem Grundsatz läßt sich die Rechtsscheinhaftung
für einen verfälschten Wechseltext wegen verkehrswidriger Ausfüllung
der Wechselurkunde nicht vereinbaren. Das Schrifttum rechtfertigt die Anwendung
des Rechtsscheinprinzips im Bereich von Art. 69 WG mit der Erwägung,
daß die ursprüngliche Bedeutung dieser Vorschrift darin liege,
den Fortbestand des Wechselrechts trotz nachträglicher Veränderung
der Wechselurkunde zu sichern (vgl. Baumbach-Hefermehl, Art. 69 WG Rdnr.
7 a. E. m. w. Nachw.). Daran ist richtig, daß durch Art. 69 S. 2
WG die zur Zeit der Geltung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung umstrittene
Frage, ob der Zeichner nach einer Verfälschung überhaupt noch
nach dem früheren Text haftet, in dem Sinne entschieden worden ist,
daß die Haftung nach dem ursprünglichen Text weiterbesteht.
Aber die Genfer Wechselrechtskonferenz hat nicht nur dieses Problem entscheiden,
sondern allgemein die Haftung nur für den Inhalt des Wechsels zur
Zeit der Unterzeichnung festlegen wollen und das Gesetz entsprechend gefaßt
(Liesecke, WM 1972, 1207; Hupka, Das Einheitliche WechselR der Genfer Verträge,
S. 24, 25). Gerade im Interesse der Rechtssicherheit im internationalen
Rechtsverkehr und im Interesse der Rechtseinheit in der Anwendung von Gesetzen,
die ein wichtiges Bindeglied im zwischenstaatlichen Handelsverkehr bilden,
erscheint es geboten, sich bei derartigen internationalen Regelungen an
den eindeutigen Gesetzeswortlaut zu halten, da andernfalls der mit dieser
internationalen Gesetzgebung erstrebte Zweck gefährdet würde
(BGHZ 10, 149 (155) = NJW 1953, 1508). In der Tat wird Art. 69 WG international
keineswegs einheitlich in dem eingeschränkten Sinne der neueren Lehre
verstanden (vgl. die Nachw. bei Liesecke, WM 1972, 1207; Kapfer, WG und
ScheckG, 7. Aufl., Art. 69 E 10 für das Österreichische Recht).
Die für die Rechtfertigung der Rechtsscheinhaftung angestellte Erwägung,
es gebe keinen Grund für die Privilegierung des Fälschungseinwands
gegenüber anderen Gültigkeitseinwendungen, ist deshalb nicht
stichhaltig, weil der Gesetzgeber diese Frage in Art. 69 WG anders entschieden
hat.
Der Senat hält es weiterhin für richtig, daß ein Grundsatz,
jeder Wechselzeichner habe durch geeignete Vorkehrungen (Striche usw.)
bei Vermeidung wechselrechtlicher Haftung dafür zu sorgen, daß
der Wechsel nicht leicht verfälscht werden könne, nicht anzuerkennen
ist. Ein wechselrechtlicher Grundsatz dieses Inhalts würde, worauf
schon in der Entscheidung des RG (RGZ 8, 42 (44)) hingewiesen worden ist,
das Prinzip, daß der Fälschungseinwand gegen jeden Wechselinhaber
wirkt, wesentlich durchbrechen, denn es müßte in jedem Falle
geprüft werden, ob der Wechsel mit der erforderlichen Sorgfalt zur
Verhütung der Fälschung ausgefüllt worden ist. Daß
dies in der Praxis wegen den Abgrenzungsschwierigkeiten zu erheblicher
Rechtsunsicherheit führen würde, zeigt die Entscheidung des BerGer.,
daß es sich im vorliegenden Falle nicht um eine erhebliche, eine
Verfälschung besonders begünstigende Lücke vor den Betragsangaben
gehandelt habe, die die Bekl. bei Anwendung der verkehrsüblichen Sorgfalt
mit Strichen hätte ausfüllen müssen. Angesichts des Umstands,
daß die Ergänzungen der Betragsangaben in dem frei gebliebenen
Raum ohne Schwierigkeiten so angebracht werden konnten, daß die Verfälschung
nicht zu erkennen war, ist die gegenteilige Entscheidung bei konsequenter
Anwendung des Rechtsscheinprinzips ebenso denkbar, wenn nicht naheliegender.
Der Hinweis der Kl., daß im Scheckverkehr schon seit langem die Verpflichtung
besteht, den Scheckbetrag in Ziffern und Buchstaben so einzusetzen, daß
nichts hinzugeschrieben werden kann (Nr. 3 der Bedingungen für den
Scheckverkehr, abgedr. bei Baumbach-Hefermehl, Bankbedingungen 7) rechtfertigt
keine andere Beurteilung. Diese Verpflichtung im Scheckverkehr beruht auf
vertraglicher Grundlage durch Einbeziehung der Scheckbedingungen in den
Scheckvertrag zwischen der bezogenen Bank und dem Scheckaussteller. Diese
Möglichkeit scheidet beim Wechsel naturgemäß aus.
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß
der Zeichner eines Wechsels das Risiko der Nichtbeweisbarkeit der Verfälschung
des Wechseltextes trägt. Gem. § 440 II ZPO hat, wenn die Echtheit
der Namensunterschrift feststeht, die über der Unterschrift stehende
Schrift die Vermutung der Echtheit für sich. Der Zeichner eines Wechsels
muß daher für seine Behauptung, der Wechseltext sei verfälscht,
vollen Beweis erbringen. Gelingt ihm dies nicht, steht gem. § 416
ZPO fest, daß die Wechselerklärungen von dem Aussteller abgegeben
worden sind. Durch diese Beweislastregelung wird der gutgläubige Wechselerwerber,
für den die Verfälschung nicht erkennbar ist, in weitem Umfange
vor dem Fälschungseinwand geschützt, weil es in diesen Fällen
für den Zeichner meist schwierig sein wird, den Fälschungsnachweis
zu führen. Die Bedürfnisse des Wechselverkehrs erfordern daher
nicht unabweisbar die Rechtsscheinhaftung des Zeichners, der den Wechsel
nicht "fälschungssicher" ausstellt. Hinzu kommt, worauf der Senat
schon in seinem früheren Urteil hingewiesen hat, daß es mit
Rücksicht auf die Beweislast im eigenen Interesse des Zeichners liegt,
Verfälschungen des Wechsels durch Ausfüllen der freien Räume
zu erschweren. Schon deshalb werden die Fälle, in denen ein Wechsel
in fälschungserleichternder Weise ausgestellt wird, selten sein.
Nach allem gibt es keine Gründe, die eine Änderung der langjährigen
Rechtsprechung des Senats als unabweisbar notwendig erscheinen lassen.
Im Interesse der Rechtssicherheit sieht sich der Senat deshalb nicht in
der Lage, sie aufzugeben. Im vorliegenden Fall kommt es somit auf die vom
BerGer. erörterten Fragen, ob die Bekl. den Wechsel verkehrswidrig
ausgefüllt hat oder nicht, nicht an, weil für sie keine Verpflichtung
bestand, die frei gebliebenen Räume durch Füllstriche zu blockieren.
Anders könnte es möglicherweise sein, wenn der Vertreter der
Bekl. nach den Umständen mit der Verfälschung des Wechsels hätte
rechnen müssen. Dies war jedoch hier nicht der Fall, da nach der Feststellung
des BerGer. aufgrund langjähriger, anstandslos abgewickelter Geschäftsbeziehungen
kein Anlaß zu Zweifeln oder übermäßiger Vorsicht
hinsichtlich einer Verfälschung des Wechsels durch die Firma S bestand.