BGH, Urteil v. 24.09.1991 – XI ZR 245/90 (Köln)
Zum Sachverhalt:
Die Kl. ist Inhaberin eines am 10. 3. 1988 zugunsten der Firma B ausgestellten,
auf die Kreissparkasse gezogenen Verrechnungsschecks über 75000 DM.
Als Scheckausstellerin angegeben ist die "A", eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, in der sich die Bekl. und die Firma B zur Durchführung eines
Bauvorhabens der R zusammengeschlossen hatten. Unterzeichnet ist der Scheck
nur von dem Zeugen B, damals Geschäftsführer der Firma B. Dieser
oblag nach dem schriftlichen Gesellschaftsvertrag die Vertretung der A
gegenüber Dritten; Zahlungen an Gesellschafter waren jedoch von je
einem namentlich genannten Vertreter der Bekl. sowie der Firma B zu zeichnen.
Die Bekl. widersprach der Einlösung des Schecks gegenüber der
bezogenen Kreissparkasse. Diese lehnte dessen Bezahlung deswegen sowie
mangels Verfügungsberechtigung des Zeugen B am 16. 3. 1988 ab und
vermerkte dies auf dem Scheck. Die Kl., die den Scheck am Tage der Ausstellung
von der Firma B erhalten hat, nimmt die Bekl. sowohl als Scheckausstellerin
als auch aus dem Kausalgeschäft auf Zahlung von 75000 DM zuzüglich
270 DM Kosten und Provision sowie Zinsen in Anspruch. Sie behauptet, die
Firma B habe gegen die A einen Zahlungsanspruch über 75000 DM gehabt
und bei Übereignung des Schecks an sie abgetreten. Nach - unstreitigem
- Eingang der letzten Scheckzahlung der R über 180000 DM für
Bauleistungen der A hätten die Bekl. und die Firma B durch ihre vertretungsberechtigten
kaufmännischen Leiter mit Billigung der beiderseitigen Geschäftsführer
vereinbart, daß davon die Firma B 75000 DM und die Bekl. 105000 DM
erhalten solle.
Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG hat ihr stattgegeben. Die
Revision führte zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat einen scheckrechtlichen Rückgriffsanspruch der
Kl. gem. Art. 44, 45 ScheckG für gegeben erachtet und dazu ausgeführt:
Aus einem namens und in Vollmacht einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts ausgestellten Scheck hafteten die Gesellschafter gesamtschuldnerisch
auch mit ihrem persönlichen Vermögen. Daß eine BGB-Gesellschaft
wie die A nicht rechtsfähig sei, stehe einer Ausstellerhaftung der
Bekl. nicht entgegen. Zur Ausstellung des streitigen Schecks namens der
A sei der Zeuge B bevollmächtigt gewesen. Zwar sehe der Gesellschaftsvertrag
bei Zahlungen an einen Gesellschafter gemeinschaftliche Vertretung vor.
Die Beweisaufnahme habe jedoch ergeben, daß der Zeuge B im Rahmen
der Vereinbarung, die die Gesellschafter, vertreten durch die Zeugen S
und O, über die Aufteilung der Zahlung der R getroffen hätten,
zur Ausstellung des Schecks ohne Mitzeichnung der Bekl. bevollmächtigt
worden sei.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Auf der Grundlage der auch für das Scheckrecht bedeutsamen Rechtsprechung
des II. Zivilsenats des BGH (BGHZ 59, 179 (184 f.) = NJW 1972, 1660 = LM
§ 2 HGB Nr. 1 L; BGHZ 61, 59 (68) = NJW 1973, 1691 = LM § 128
HGB Nr. 19) zur Wechselrechtsunfähigkeit einer BGB-Gesellschaft könnte
das Berufungsurteil schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Ausstellung
des Schecks im Namen der nicht rechtsfähigen A eine scheckrechtliche
Haftung der Gesellschaft oder der Gesellschafter nicht hätte begründen
können. Diese Rechtsprechung ist im Schrifttum allerdings teilweise
auf Ablehnung gestoßen (Baumbach-Hefermehl, Wechsel- und ScheckG,
17. Aufl., WG Einl. Rdnr. 20; Bülow, WG, ScheckG, AGB Art. 1 ScheckG.
16; Hueck-Canaris, Recht der Wertpapiere, 12. Aufl., S. 55; Zöllner,
WertpapierR, 14. Aufl., S. 63 f.; Richardi, WertpapierR, S. 125, jeweils
m. w. Nachw.). Ob die Kritik berechtigt ist, bedarf hier indes keiner Entscheidung.
2. Die vom BerGer. angenommene scheckrechtliche Haftung der Bekl. scheitert
jedenfalls daran, daß der Zeuge B die A bei der Ausstellung des Schecks
zugunsten der Firma B nicht wirksam vertreten hat. Für die Bekl. ist
deshalb eine scheckrechtliche Verpflichtung nicht begründet worden.
Dies muß sich auch die Kl. als Zweiterwerberin des Schecks entgegenhalten
lassen (vgl. Baumbach-Hefermehl, Art. 17 WG Rdnr. 36, Art. 22 ScheckG Rdnr.
1; Bülow, Art. 11 ScheckG Rdnrn. 2, 6). Der Gesellschaftsvertrag der
A schreibt, wie das BerGer. nicht verkannt hat, für Zahlungen an einen
Gesellschafter Gesamtvertretung vor. Daran ist für die Ausstellung
des in Rede stehenden Schecks nichts geändert worden. Die Annahme
des BerGer., die Bekl. habe B für diesen Scheck wirksam Einzelzeichnungsbefugnis
eingeräumt, ist, wie die Revision mit Recht rügt, mit dem Ergebnis
der Beweisaufnahme nicht vereinbar.
Das BerGer. hat wesentliche Teile der in Bezug genommenen Aussagen
der Zeugen S, O und B außer acht gelassen. Der Zeuge S, kaufmännischer
Leiter der Bekl., hat ausgesagt, er habe weder Prokura noch Handlungsvollmacht.
Damit ist die Feststellung des BerGer., er sei zu der mit dem Zeugen O
von der Firma B getroffenen Vereinbarung über die Aufteilung der Zahlung
der R nach den ihm zugewiesenen Aufgaben befugt gewesen, mangels entsprechender
Bekundungen auch der anderen Zeugen nicht zu vereinbaren. Da ferner für
eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht des Zeugen S sowie für eine
Genehmigung der von ihm ohne Vertretungsmacht getroffenen Vereinbarung
ausreichender Vortrag fehlt, kann das Handeln des Zeugen der Bekl. nicht
zugerechnet werden.
Im übrigen findet, wie die Revision ebenfalls mit Recht rügt,
auch die Annahme des BerGer., mit der Vereinbarung über die Aufteilung
der 180000 DM habe S dem Zeugen B für den streitigen Scheck Einzelzeichnungsbefugnis
einräumen wollen, in den Bekundungen der Zeugen keine Stütze.
Der Zeuge S hat keine entsprechende Aussage gemacht. Der Zeuge O, kaufmännischer
Leiter bei der Firma B, hat bekundet, er wisse nicht, warum der Scheck
in Abweichung vom A-Vertrag und der bei früheren Zahlungen geübten
Praxis nur vom Zeugen B unterzeichnet worden sei. Letzterer hat sogar erklärt,
die Mitzeichnung durch die Bekl. sei nur deshalb unterblieben, weil ihr
der Scheck infolge eines Versehens eines Mitarbeiters der Firma B nicht
zur Unterschrift vorgelegt worden sei. Von einer ausreichenden Bevollmächtigung
des Zeugen B zur Ausstellung des Schecks und einer scheckrechtlichen Haftung
der Bekl. kann danach keine Rede sein.
III. Auch gestützt auf einen dem Scheck zugrundeliegenden Zahlungsanspruch
der Kl. aus abgetretenem Recht der Firma B läßt sich das Berufungsurteil
nicht halten (§ 563 ZPO). Das gilt allerdings nicht schon deshalb,
weil der erkennende Senat über diesen Anspruch nicht befinden könnte.
Zwar handelt es sich dabei um einen anderen Streitgegenstand (vgl. BGH,
NJW-RR 1987, 58 = WM 1986, 1200), über den das BerGer. - von seinem
Standpunkt aus folgerichtig - nicht entschieden hat. Gleichwohl ist das
Begehren der Kl. aufgrund der Revision der Bekl. auch insoweit Gegenstand
der Revisionsinstanz geworden. Für den Fall, daß dem Hauptantrag
des Kl. stattgegeben ist, ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß
der nicht beschiedene Hilfsantrag der höheren Instanz allein durch
die Rechtsmitteleinlegung seitens des Bekl. anfällt (RGZ 77, 120 (126
f.); BGH, LM § 525 ZPO Nr. 1; BGHZ 41, 38 (39 f.) = NJW 1964, 772
= LM § 537 ZPO Nr. 10 jeweils für die Berufungsinstanz; BGH,
NJW-RR 1990, 518 = LM § 566 BGB Nr. 30 = WM 1990, 890 (892) für
die Revisionsinstanz). Entsprechendes muß gelten, wenn der Kl. sein
Klagebegehren - wie hier - auf mehrere Gründe stützt und das
BerGer. einen für gegeben erachtet, ohne sich mit den anderen zu befassen.
Ein Zahlungsanspruch der Kl. aus abgetretenem Recht der Firma B kommt
indes nach den vom BerGer. in anderem Zusammenhang getroffenen Feststellungen
nicht in Betracht. Nach § 20.2 des Gesellschaftsvertrages, der im
Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegeben ist, sind Forderungen aus
dem A-Vertrag nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung aller Gesellschafter
abtretbar. An einer solchen Zustimmung fehlt es hier. Dem Parteivorbringen
läßt sich nicht entnehmen, daß jemals, insbesondere im
Zusammenhang mit der hier streitigen Forderung, über die Aufhebung
des Abtretungsverbots gesprochen worden ist. In der von den Zeugen O und
S bekundeten Vereinbarung über die Aufteilung des von der R gezahlten
Betrages auf die beiden Gesellschafter kann eine wirksame Zustimmung der
Bekl. zu der von der Kl. behaupteten Abtretung oder eine Aufhebung des
Abtretungsverbots, gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken bestehen, nicht
gefunden werden. Der Zeuge S war, wie oben ausgeführt, nicht bevollmächtigt,
Erklärungen mit Wirkung für und gegen die Bekl. abzugeben.
IV. Die Ansprüche der Kl. erweisen sich damit als unbegründet.
Das Berufungsurteil mußte daher aufgehoben werden. Da es weiterer
tatsächlicher Feststellungen nicht bedurfte, konnte der Senat in der
Sache selbst entscheiden (§ 565 III Nr. 1 ZPO) und die Berufung der
Kl. gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil zurückweisen.