Zum Sachverhalt:
Die Kl. macht gegen den Bekl. Ansprüche aus zwei Wechseln über
86000 DM und 74000 DM geltend, die von einer Spielbank am 7. 9. und 2.
11. 1987 ausgestellt und vom Bekl. angenommen, aber bei Vorlage nicht bezahlt
wurden. Die Kl. hat die Wechsel durch Indossamente der Ausstellerin erworben.
Der Bekl. hat geltend gemacht: Es habe sich um Prolongationswechsel gehandelt.
Die ursprünglichen Wechsel, die mehrfach verlängert worden seien,
habe er als Gegenleistung für Jetons akzeptiert. Auf diese Weise habe
die Spielbank Spielkapital kreditiert. Wechselverbindlichkeiten seien nicht
entstanden, da den Wechseln zu Spielzwecken eingegangene Darlehensverbindlichkeiten
zugrunde gelegen hätten. Die Kl. habe die Wechsel nicht gutgläubig
erwerben können, da sie die Praxis der Spielbank gekannt habe. Zwischen
der Kl. und der Spielbank habe eine Vereinbarung bestanden, wonach die
Wechsel zwar diskontiert, aber nicht gegenüber den Spielern, sondern
ausschließlich gegenüber der Spielbank geltend gemacht werden
sollten.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Das BerGer. hat die Berufung des
Bekl. zurückgewiesen. Die Revision des Bekl. führte zur Aufhebung
des Urteils des OLG sowie des Wechselvorbehaltsurteils.
Aus den Gründen:
1. Das BerGer. hält die Ansprüche aus den Wechseln für
begründet. Es hat dazu ausgeführt:
Zwar sei die zugrundeliegende Darlehensvereinbarung nach § 138
BGB nichtig, da es sich - wovon nach dem Beweisergebnis auszugehen sei
- um die Gewährung eines Kredits zu Spielzwecken gehandelt habe. Ein
solches Darlehen sei - auch wenn es um ein staatlich konzessioniertes Spiel
gehe - nichtig, wenn der Darlehensgeber aus eigenem Gewinnstreben handele.
Dies sei bei einem von der Spielbank selbst für Spielzwecke gewährten
Kredit zu bejahen.
Die Kl. habe die Wechsel jedoch gutgläubig erworben. Dem Bekl.
sei der Nachweis nicht gelungen, daß die Kl. beim Erwerb der Wechsel
gewußt oder infolge grober Fahrlässigkeit verkannt habe, daß
den Wechseln sittenwidrige Spielerdarlehen zugrunde gelegen hätten.
Keiner der Zeugen habe die Behauptung des Bekl. bestätigt, Mitarbeiter
der Kl. seien von seiten der Spielbank über die "Spielerwechsel" in
Kenntnis gesetzt worden. Auch die behauptete Absprache zwischen der Spielbank
und der Kl., daß diese Wechsel nur gegenüber der Spielbank und
nicht gegenüber den Bezogenen geltend gemacht werden sollten, sei
nicht bewiesen worden. Es habe sich nur eine entsprechende Handhabung feststellen
lassen.
Auch grobe Fahrlässigkeit beim Erwerb der Wechsel sei der Kl.
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht vorzuwerfen. Allein die Tatsache,
daß die Wechsel von der Spielbank ausgestellt worden seien, lasse
noch nicht den sicheren Schluß auf ein sittenwidriges Darlehensgeschäft
zu. Es sei vielmehr eine Reihe anderer nicht unwirksamer Grundgeschäfte
denkbar. Die Spielbank hätte unabhängig vom Spielbetrieb Darlehen
gewährt haben können, um Zinsgewinne zu erzielen, um private
Vorhaben zu finanzieren oder um eine durch hohe Spielverluste entstandene
Notlage eines Kunden zu überbrücken. Gelegentlich seien auch
private Geschäfte des Aufsichtsratsvorsitzenden über von der
Spielbank ausgestellte Wechsel finanziert worden. Zwar sei auch an die
Finanzierung von Spielschulden zu denken gewesen. Die Kl. hätte jedenfalls
dann der Vorwurf grober Fahrlässigkeit getroffen, wenn sie die Wechsel
unbesehen ohne jede Prüfung entgegengenommen hätte. Wie der Leiter
der Kreditabteilung der Kl. bekundet hat, habe er sich im Sommer 1986 bei
dem damaligen Geschäftsführer der Spielbank, dem Zeugen M, nach
den Wechseln erkundigt und dabei erfahren, daß die Spielbank grundsätzlich
keine Jetons gegen Wechsel zur Verfügung stelle. Solange die Wechsel
ohne Schwierigkeiten eingelöst worden seien und an der Bonität
der Spielbank als Ausstellerin keinerlei Zweifel bestanden hätten,
sei es zumindest nicht grob fahrlässig gewesen, wenn sich die Kl.
mit einer solchen Auskunft begnügt habe.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
a) Das BerGer. ist nach dem Beweisergebnis ohne Rechtsfehler davon ausgegangen,
daß den Wechselforderungen der Kl. zu Spielzwecken gewährte
- und damit wegen Sittenwidrigkeit nichtige - Darlehen zugrundeliegen.
Die Rechtsprechung hat die Sittenwidrigkeit solcher Darlehen stets angenommen,
wenn der Darlehensgeber von eigennützigen Beweggründen geleitet
wurde, wenn er das Darlehen aus eigenem Gewinnstreben gewährte und
es sich für den Darlehensnehmer um bedeutende Summen handelte. Auch
bei einer staatlich konzessionierten Spielbank ist es zu mißbilligen,
wenn der Inhaber der Spielbank seines Gewinnes wegen Spielern größere
Darlehen gewährt, um sie zum Weiterspielen zu veranlassen, zumal,
wenn die Darlehen in Form von Jetons gegeben werden. Dadurch wird der Spieler
in die Gefahr gebracht, immer tiefer in erhebliche Spielschulden zu geraten
(BGH, NJW 1961, 1204 L = LM § 762 BGB Nr. 1; NJW 1974, 1821 = LM §
762 BGB Nr. 3). Aus diesen Gründen waren auch im vorliegenden Fall
die von der Spielbank gewährten Darlehen nach § 138 I BGB nichtig.
b) Das BerGer. hat offengelassen, ob die für die nichtige Darlehensverbindlichkeit
akzeptierten Wechsel lediglich kondizierbar seien oder ob die Begebungsverträge
selbst wegen Sittenwidrigkeit nichtig seien. Der Bekl. ist hier jedoch
nicht auf die Einwendungen beschränkt, das der Wechselbegebung zugrundeliegende
Darlehensgeschäft sei nichtig. Diese auf der unmittelbaren Beziehung
des Beklagten zur Ausstellerin der Wechsel, der Spielbank, beruhende Einwendung
könnte er der Kl. nach Art. 17 WG nur entgegensetzen, wenn diese beim
Erwerb der Wechsel bewußt zu seinem Nachteil gehandelt hätte.
Im vorliegenden Fall sind jedoch auch die zwischen dem Bekl. und der Spielbank
bei der Begründung der Wechselverbindlichkeiten abgeschlossenen Begebungsverträge
wegen Sittenwidrigkeit als nichtig anzusehen. Ist das Grundgeschäft
- hier also der jeweilige Darlehensvertrag - wegen Verstoßes gegen
§ 138 I BGB nichtig, so läßt dies zwar wegen der abstrakten
Natur der Wechselerklärungen grundsätzlich die Wirksamkeit der
Wechselbegebungsverträge unberührt (Senat, NJW 1990, 384 (385)
= LM § 138 (Ab) BGB Nr. 13 bezüglich der gleichliegenden Problematik
beim Scheck). Doch kann auch die Wechselverpflichtung als solche nichtig
sein, wenn gerade mit der Begebung ein sittenwidriger Zweck verfolgt wird
(vgl. Baumbach-Hefermehl, WG und ScheckG, 17. Aufl., Art. 17 WG Rdnr. 50;
Bülow, WG, ScheckG, AGB Art. 17 ScheckG. 41). Davon ist hier auszugehen.
Denn die Spielbank hat dadurch, daß sie sich die nichtige Darlehensforderung
durch die vom Bekl. als Darlehensnehmer akzeptierten Wechsel noch absichern
ließ, erneut gegen die guten Sitten verstoßen (vgl. BGH, NJW
1961, 1204 L = LM § 762 BGB Nr. 1). Da die Begebungsverträge
nichtig waren, hat die Spielbank die Wechsel nicht wirksam erworben. Sie
ist nicht Eigentümerin der Wechsel geworden. Sie konnte sie auch nicht
als Berechtigte an die Kl. weiterübertragen.
c) Die Kl. hat die an sie indossierten Wechsel auch nicht gutgläubig
erworben (Art. 11 I, 14 I, 16 II WG).
Wie unter b) dargelegt wurde, sind die Wechsel, aus denen die Kl. ihre
Ansprüche herleitet, ohne rechtswirksame Begebungsverträge in
fremde Hände gelangt und daher abhanden gekommen i. S. des Art. 16
II WG (vgl. Baumbach-Hefermehl, Art. 16 WG Rdnrn. 9 m. w. Nachw.). Entgegen
der Ansicht des BerGer. ist der Vorwurf gerechtfertigt, daß die Kl.
beim Erwerb der Wechsel grob fahrlässig gehandelt hat.
Der Begriff der groben Fahrlässigkeit ist zwar ein Rechtsbegriff.
Die Feststellung der Voraussetzungen ist jedoch tatrichterliche Würdigung
und mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung
unterliegt aber jedenfalls, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der groben
Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit
wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (st. Rspr.,
BGH, NJW 1988, 1265 (1266) = LM § 640 RVO Nr. 22 m. w. Nachw.). Ist
das der Fall, kann das RevGer. die Beurteilung des Verschuldensgrades selbst
vornehmen, wenn die Feststellungen des BerGer. ein abgeschlossenes Tatsachenbild
ergeben (BAG, NJW 1989, 2076 m. w. Nachw.; BGH, NJW 1991, 1415 (1417)).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die für die Entstehung
der Wechselverbindlichkeiten und den Erwerb der Wechsel durch die Kl. maßgebenden
Tatsachen sind aufgrund des Tatsachenvortrages der Parteien und nach einer
umfangreichen Beweisaufnahme vom BerGer. umfassend festgestellt worden.
Eine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung liegt nach den in
der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vor, wenn die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde,
wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite
geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen
Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit
handelt es sich um eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung,
die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit des § 276
I BGB erheblich übersteigt (BGH, NJW 1988, 1265 (1266) = LM §
640 RVO Nr. 22; BGHZ 10, 14 (16 f.) = NJW 1953, 1139 = LM § 932 BGB
Nr. 2; BAG, NJW 1989, 2076).
Nach diesen Maßstäben hat die Kl. grob fahrlässig gehandelt.
Dabei kam es gem. § 166 I BGB hinsichtlich der Kenntnis oder des Kennenmüssens
bestimmter Umstände im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wechsel auf
die Angestellten der Kl. an, die als Vertreter - hier insbesondere als
Leiter der Kreditabteilung der Kl. - oder Verhandlungsgehilfen mit dem
Erwerb der Wechsel befaßt waren.
Einem Kreditinstitut, das von einer Spielbank auf Privatpersonen gezogene
Wechsel in beträchtlicher Höhe zum Diskont hereinnimmt, muß
sich die Frage aufdrängen, ob es sich um Spielerwechsel handelt. Daß
es sich nicht um rediskontfähige Warenwechsel handelte, war nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme auch der Kl. klar. Sie hat die Wechsel nicht
mit dem dafür vorgesehenen günstigeren Zinssatz diskontiert und
sie auch nicht zum Rediskont weitergegeben. Die vom BerGer. erwogene Möglichkeit,
die Wechsel könnten Schadensersatzansprüche der Spielbank abgedeckt
haben, stellt ebenso wie die unterstellte Darlehensgewährung für
andere als Spielzwecke eine theoretische Überlegung dar, die die Kl.
nicht von Nachforschungen freistellen konnte. Die Annahme, es könne
sich um Überbrückungsdarlehen für Spieler handeln, die durch
Verluste in eine akute Notlage geraten waren, schied schon wegen der Höhe
der Wechsel als ernsthafte Erklärung aus.
Auch das BerGer. geht ungeachtet der von ihm als möglich angesehenen
unverfänglichen Sicherungszwecke zutreffend davon aus, daß die
Kl. sich den Vorwurf grober Fahrlässigkeit gefallen lassen müßte,
wenn sie die Wechsel "unbesehen ohne jegliche Prüfung entgegengenommen"
hätte. Entgegen seiner Ansicht wird dieser Vorwurf aber nicht dadurch
ausgeräumt, daß der Leiter der Kreditabteilung der Kl. im Jahre
1986 anläßlich der Absprache von Tagesdispositionen auf seine
beiläufige Frage von dem damaligen Geschäftsführer der Spielbank
die Auskunft erhalten hat, es würden grundsätzlich keine Jetons
auf Wechsel zur Verfügung gestellt. Damit war weder die Gewährung
von Darlehen für Spielzwecke als Grund für die Wechselhingabe
eindeutig ausgeschlossen noch ein anderer plausibler Grund dargelegt. Die
Tatsache, daß die Spielbank nach den Feststellungen des BerGer. die
eingereichten Wechsel bis zur Konkurseröffnung bei Fälligkeit
jeweils selbst bezahlte und Prolongationspapiere einreichte, mag die Kl.
der Sorge um die Bonität der Akzeptanten enthoben und deshalb ihr
Interesse gemindert haben, der Frage nach dem Zweck der Wechsel nachzugehen.
Das Maß der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt und die Würdigung
ihrer Außerachtlassung richten sich jedoch nicht nach dem Sicherungsbedürfnis
der Kl., sondern nach den oben genannten Kriterien. Die festgestellte reibungslose
Aufnahme fälliger Wechsel durch die Spielbank selbst sprach eher für
als gegen die Annahme von Wechseln für Spielzwecke und war daher nicht
geeignet, den sich der Kl. aufdrängenden Verdacht auszuräumen
oder auch nur zu mindern.