Hat der Vermieter den Abschluß eines Mietvertrages über Wohnraum davon abhängig gemacht, daß der Mieter neben einer Barkaution zusätzlich eine Bürgschaft für alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis stellt, so kann der Mieter verlangen, daß der Bürge über den Betrag von drei Monatsmieten hinaus nicht in Anspruch genommen wird; der Bürge kann dieses Recht des Hauptschuldners einredeweise geltend machen.
BGHZ 107, 210
NJW 1989, 1853
LM § 550 b BGB Nr. 1
MDR 1989, 732
BB 1989, 1082
DB 1989, 2501
WM 1989, 795
ZIP 1989, 625
Die Bürgschaft ist an sich, d.h. im Verhältnis
zwischen Bürge und Gläubiger, ein kausales schuldrechtliches
Rechtsgeschäft, zu dessen Beständigkeit es keines weiteren Verpflichtungsgeschäfts
(etwa eines Sicherungsvertrages) bedarf. Wenn sich aber der Schuldner gegenüber
dem Gläubiger verpflichtet hat, einen Bürgen "zu besorgen" und
soweit Verpflichtung (hier wg. Verstoßes gegen § 550 b BGB)
nichtig ist, so stellt die Bürgschaft selbst eine rechtsgrundlose
Leistung des Hauptschuldners an den Gläubiger dar. Der Hauptschuldner
kann dann nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB die Aufgabe der Sicherheit verlangen.
(Nur) kraft der durch § 768 BGB angeordneten Akzessorietät kann
der Bürge dem Gläubiger diese Einrede entgegenhalt.
Vgl. dazu auch die ausf. Anm. zu BGH
NJW 2000, 1563.
Die Kl. hatte dem D eine Wohnung vermietet und den Abschluß des Mietvertrags davon abhängig gemacht, daß D nicht nur eine Mietkaution von 1824 DM (Grundmiete 655 DM monatlich) zahlte, sondern auch einen Bürgen stellte, der die selbstschuldnerische Bürgschaft für sämtliche Forderungen aus dem Mietverhältnis übernahm. Nachdem das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs gekündigt worden war, verrechnete die Kl. die Barkaution auf die Zahlungsrückstände und begehrt, gestützt auf die Bürgschaft, von dem Bekl., der vorprozessual 800 DM gezahlt hat, weitere 7372,14 DM nebst Zinsen und vorgerichtlichen Mahnkosten. Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Auch die Revision der Kl. blieb erfolglos.
Aus den Gründen:
... 1. Das BerGer. meint, der von den Parteien
geschlossene Bürgschaftsvertrag sei nach §§ 550b, 134 BGB
insoweit nichtig, als die Kl. danach unter Berücksichtigung der von
dem Mieter geleisteten und auf dessen Mietschulden verrechneten Barkaution
eine Sicherheit in Höhe von insgesamt mehr als drei Monatsmieten erlangt
habe. Die Bürgschaft stelle eine Sicherheit i. S. des § 550b
BGB dar, der auch die doppelte Absicherung der Forderung des Vermieters
durch zwei Sicherheiten erfasse. Ein Nebeneinander von Barkaution und Bürgschaft
sei unzulässig, wenn und soweit beide Sicherheiten betragsmäßig
zusammengenommen die Summe von drei Monatsmieten überschritten. Wenngleich
§ 550b III BGB unmittelbar nur die Abrede zwischen Vermieter und Mieter
betreffe, so sei auch der von den Parteien geschlossene Bürgschaftsvertrag
nichtig. Andernfalls bestünde die Gefahr, daß der Schutz des
§ 550b BGB bei Sicherheitsleistung durch Bürgen weitgehend leerliefe.
Jedenfalls könne der Mieter die Bürgschaft von der Kl. nach §
812 BGB herausverlangen, soweit diese eine Sicherheit in Höhe von
insgesamt mehr als drei Monatsmieten erlangt habe. Dann aber sei der Bekl.
in entsprechender Anwendung der §§ 770, 768 BGB zur Verweigerung
der Leistung an die Kl. berechtigt.
2. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis
ohne Erfolg. Es kann auf sich beruhen, ob das Verbot des § 550b I
1, III BGB auch den Bürgschaftsvertrag erfaßt, der in Erfüllung
einer Kautionsvereinbarung zwischen dem Vermieter und dem Bürgen abgeschlossen
wird (so AG Köln, ZMR 1984, 379; Soergel-Kummer, BGB, Nachtr. 11.
Lfg., Juli 1988, § 550b Rdnrn. 6, 12; Emmerich-Sonnenschein, Miete,
4. Aufl., § 550b Rdnr. 3; a. A. Eckert, EWiR 1989, 241). Jedenfalls
ist der Bekl. berechtigt, weitere Zahlungen auf die Bürgschaft zu
verweigern (§ 768 I BGB).
a) Soweit die Sicherheiten betragsmäßig
zusammengenommen die Summe von drei Monatsmieten übersteigen, ist
die Kl. im Verhältnis zum Mieter ungerechtfertigt bereichert (§
812 I 1 Fall 1 BGB). Nach dieser Vorschrift ist, wer durch die Leistung
eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, diesem zur Herausgabe
verpflichtet. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des BerGer. hat
die Kl. den Abschluß des Mietvertrages von der Bürgschaft des
Bekl. abhängig gemacht. Das BerGer. stellt weiter fest, daß
die im Mietvertrag getroffene Kautionsabrede auf eine "gesonderte Vereinbarung"
Bezug nehme. Es prüft, ob die Mietvertragsparteien - gegebenenfalls
konkludent - vereinbart haben, daß der Mieter außer der Barkaution
einen Bürgen zu stellen habe. Es bejaht diese Frage und zieht daraus
den Schluß, daß die vom Bekl. abgegebene Bürgschaft im
Verhältnis zwischen den Mietvertragsparteien eine weitere Sicherheitsleistung
des Mieters darstelle. Diese Auslegung des Mietvertrages ist möglich,
die daraus gezogene rechtliche Folgerung fehlerfrei. § 550b I 1 BGB
will den Mieter unter Anerkennung des Sicherungsbedürfnisses des Vermieters
vor zu großen Belastungen bewahren und Erschwerungen für den
Abschluß neuer Mietverträge entgegenwirken, die in mobilitätshemmender
Weise von hohen Kautionsforderungen ausgehen können (Begr. BT-Dr 9/2079,
S. 10). Der Schutzzweck der Norm gebietet eine Auslegung, die keine Rücksicht
darauf nimmt, ob die Verpflichtung zur Leistung der Sicherheit im Mietvertrag
vereinbart und zum Beispiel durch Abschluß eines Bürgschaftsvertrages
(§§ 232 II, 239 BGB) erfüllt wird oder ob der Mieter auf
Verlangen des Vermieters eine Sicherheit durch Bürgschaft stellt und
damit die Voraussetzungen für den Abschluß des Mietvertrages
schafft. Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Mieters wird in beiden
Fallgestaltungen gleichermaßen eingeschränkt. Es kann offenbleiben,
ob von einer Unwirksamkeit der Bürgschaft in solchen Fällen ausgegangen
werden kann. Soweit die Bürgschaft unter Anrechnung der Barkaution
die Monatsmieten übersteigt, ist sie ohne eine wirksame Kautionsabrede
und damit rechtsgrundlos geleistet worden (so auch Eckert, EWiR 1989, 241).
§ 550b I 1, III BGB gilt für jede Form der Sicherheit, nicht
nur für Barkautionen, sondern auch für Bürgschaften. Dies
entspricht allgemeiner Auffassung (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 48. Aufl.,
§ 550b Anm. 1 c; Voelskow, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 550b
Rdnr. 7; Emmerich-Sonnenschein, MietG, § 550b Rdnr. 3; Soergel-Kummer,
BGB, Nachtr. § 550b Rdnr. 5; auch BT-Dr 9/2079, S. 13). Auch Mehrfachsicherungen
sind unwirksam, soweit sie zusammengerechnet drei Monatsmieten übersteigen
(Palandt-Putzo, BGB, § 550b Anm. 2c; Voelskow, in: MünchKomm,
§ 550b Rdnr. 6; Emmerich-Sonnenschein, Miete, § 550b Rdnr. 3).
Der Mieter, der mehr Sicherheiten erbracht hat als gesetzlich zulässig
sind, kann verlangen, daß der Vermieter die Sicherheiten nicht verwertet,
sondern freigibt und einen Bürgen aus einer Bürgschaft nicht
in Anspruch nimmt.
b) Auf diese Einrede beruft sich der Bekl. mit
Recht (§ 768 I 1 BGB). Nach dieser Vorschrift kann der Bürge
die Einreden des Hauptschuldners wie eigene geltend machen. Dieses Recht
steht auch dem selbstschuldnerischen Bürgen zu (BGHZ 76, 222 (226)
= NJW 1980, 1460 = LM § 767 BGB Nr. 14).
aa) Zu den Einreden i. S. des § 768 BGB rechnen
zunächst die Gegenrechte, die dem Hauptschuldner gegen die verbürgte
Forderung zustehen (Mormann, in: RGRK, 12. Aufl. § 768 Rdnr. 1; Mot.
Bd. 2, S. 661). Danach hinge es im Streitfall von den Vereinbarungen der
Mietvertragsparteien ab, ob der Bereicherungsanspruch des Mieters ihn dazu
berechtigte, die Erfüllung der Mietzinsforderung zu verweigern. Dazu
hat der Tatrichter keine Feststellungen getroffen.
bb) Der Wortlaut des § 768 I 1 BGB gebietet
indes keine derartige einschränkende Auslegung. Es ist zu berücksichtigen,
daß die Bürgschaft als akzessorisches Sicherungsmittel dem Gläubiger
gegen den Bürgen keine besseren Rechte geben will als gegen den Schuldner.
Sinn und Zweck des § 768 BGB wird daher nur eine Auslegung gerecht,
die dem Bürgen das Recht einräumt, sämtliche Einreden des
Hauptschuldners zu erheben (vgl. Pecher, in: MünchKomm, § 768
Rdnr. 2; Soergel-Mühl, BGB, 11. Aufl. § 768 Rdnr. 2), es sei
denn, der Sicherungszweck der Bürgschaft steht entgegen (§ 768
I 2; Soergel-Mühl, BGB, § 768 Rdnr. 2; Staudinger-Horn, BGB,
12. Aufl., § 768 Rdnr. 4). Danach ist es unerheblich, ob der Bereicherungseinwand
den Mieter nur dazu berechtigt, der Verwertung der Sicherheit zu widersprechen,
oder ob er ihm darüber hinaus ein Gegenrecht gegenüber der Hauptforderung
einräumt. Jedenfalls kann der Bekl. dessen Einrede, aus der Bürgschaft
nicht vorzugehen, wie eine eigene geltend machen.
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