(Keine) Vertragliche Übernahme der Haftung für die Folgen der eigenen (zukünftigen) Geschäftsunfähigkeit durch AGB; Verschuldensprinzip als wesentlicher Grundgedanke des Haftungsrechts BGH, Urteil vom 25.6.1991 - XI ZR 257/90 Fundstelle: Amtl. Leitsatz: Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten, die dem Kunden einen von keinem der Beteiligten verschuldeten Schaden aus einem eintretenden Mangel in seiner eigenen Geschäftsfähigkeit in vollem Umfang aufbürdet, verstößt gegen § 9 AGBG und ist unwirksam. Zentrale Probleme: Im Rahmen einer Klauselkontrolle nach § 9 AGBG (heute: § 307 I BGB) geht es um die Frage, ob man wirksam durch AGB eine verschuldensunabhängige Haftung für die Folgen der eigenen späteren Geschäftsunfähigkeit vereinbaren kann. Der Senat verneint das. Eine sehr lehrreiche Entscheidung zum Recht der Geschäftsfähigkeit sowie zur AGB-Kontrolle nach der Generalklausel des § 307 I BGB (damals: § 9 AGBG) Tatbestand: Die Parteien streiten über die Berechtigung eines Teils der Saldoforderung aus einem Privatgirokonto, deren sich die beklagte Sparkasse gegenüber dem Kläger berühmt. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger eröffnete bei der Beklagten im Jahre 1971 ein Privatgirokonto und erkannte dabei die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten unterschriftlich an.Im Jahre 1975 erkrankte der Kläger an einer manisch-depressiven Psychose, deretwegen er erstmals 1978 ambulant und seit 1982 wiederholt auch stationär behandelt wurde.In der Zeit vom 6. Mai 1985 bis zum 9. August 1985 stellte der Kläger 63 Euroschecks sowie einen Barscheck auf sein Konto bei der Beklagten aus und nahm fünf Barabhebungen vor, woraus sich eine zusätzliche Belastung des Kontos in Höhe von insgesamt 25396,80 DM ergab. Außerdem überwies er während dieser Zeit von dem genannten Konto insgesamt 4146 D M. Am 9. August 1985 wurde der Kläger wegen einer bipolaren Zyklothymie (Wechsel zwischen manischen und depressiven Krankheitsphasen) in die Universitäts-Nerven- und Poliklinik in B. aufgenommen. Nach dem Bekanntwerden der Krankheit des Klägers ließ die Beklagte keine weiteren Verfügungen über das Konto zu. Sie verbuchte zum 31. Dezember 1985 einen Sollsaldo von 55020,08 DM.Der Kläger behauptet, er sei in der Zeit ab 1. Mai 1985 geisteskrank und daher geschäftsunfähig gewesen und habe die Beträge aus den genannten Euroschecks, Überweisungen und Barabhebungen für Gaststättenbesuche und ähnliches verschwendet. Er ist der Ansicht, die Beklagte könne aus den genannten Vorgängen keine Ansprüche gegen ihn herleiten und habe ihn nicht nur mit den entsprechenden Beträgen, sondern darüber hinaus auch mit insgesamt 3573,82 DM an Gebühren und Zinsen zu Unrecht belastet.Die Beklagte tritt der Klage entgegen und beruft sich auf Nr. 3 Abs. 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Kunde den Schaden trägt, der daraus entsteht, daß die Sparkasse von einem eintretenden Mangel in der Geschäftsfähigkeit des Kunden oder seines Vertreters unverschuldet keine Kenntnis erlangt.Der Kläger hat auf Feststellung, daß die Forderung der Beklagten gegen ihn nicht mehr als 19456,96 DM nebst Zinsen betrage, geklagt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auch die Berufung des Klägers, mit der er nur noch die Feststellung begehrte, daß die Forderung der Beklagten nicht mehr als 21100 DM nebst Zinsen betrage, blieb erfolglos (OLG Köln ZIP 1990,1547). Die zugelassene Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Aus den Gründen:
I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Forderung der Beklagten
gegen den Kläger bestehe in voller Höhe. Zur Begründung führt es im
wesentlichen aus:
Es könne dahinstehen, ob der Kläger in der Zeit vom 1. Mai bis 9. August 1985 krankheitsbedingt geschäftsunfähig im Sinne von § 104 Nr. 2 BGB gewesen sei. Im Falle seiner Geschäftsunfähigkeit habe er nämlich nach Nr. 3 Abs. 3 der AGB der Beklagten den ihr entstandenen Schaden zu tragen. Die genannte Regelung sei wirksam; sie verstoße weder gegen die Bestimmungen der §§ 104 ff. BGB noch gegen die guten Sitten oder gegen § 9 AGBG. Die Beklagte habe den Nachweis geführt, daß sie in der Zeit vom 1. Mai bis 9. August 1985 unverschuldet keine Kenntnis von einem etwaigen Mangel in der Geschäftsfähigkeit des Klägers gehabt habe. II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nr. 3 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ist jedenfalls insoweit, als dem Kunden darin eine Haftung für die Folgen eines eintretenden Mangels seiner eigenen Geschäftsfähigkeit auferlegt wird, wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. 1. § 9 AGBG findet im vorliegenden Fall Anwendung, obwohl der Girokonto-Vertrag der Parteien im Jahre 1971 geschlossen wurde und das AGB-Gesetz nach seinem § 30 erst am 1. April 1977 in Kraft getreten ist. Das ergibt sich aus § 28 Abs. 2 AGBG. Diese Vorschrift ist nicht wegen Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot nichtig (BGHZ 91, 375, 384 ff.). Der Girokonto-Vertrag der Parteien als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1985 – III ZR 144/84, WM 1985, 1098, 1099) ist ein Vertrag über die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen im Sinne der genannten Vorschrift. 2. a) Nr. 3 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten entspricht Nr. 3 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen (AGB-Sparkassen) und dieser wiederum ist wortgleich mit Nr. 23 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (AGB-Banken). Inhaltsgleiche Regelungen fanden sich zuerst in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzelner Banken und wurden im Jahre 1935 in ein Formular der Wirtschaftsgruppe Privates Bankgewerbe (Haupt, Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der deutschen Banken, 1937, S. 64) und im Jahre 1957 in die AGB-Sparkassen (BGHZ 52, 61, 62 ) übernommen.
Die Rechtswirksamkeit solcher AGB-Klauseln wurde vor dem
Inkrafttreten des AGB-Gesetzes in Rechtsprechung und Schrifttum
überwiegend bejaht (BGHZ 52, 61 m. w.Nachw.;
BGH, Urteile vom 16. Juni 1966 – II ZR 27/64, WM 1966,973 und vom
30. Mai 1974 – III ZR 57/72, WM 1974, 1001, 1003), von Anfang an
aber auch von zahlreichen Stimmen im Schrifttum verneint (Haupt aaO
S. 63 ff. m. w.Nachw. auf S. 74 Fn. 44; zusätzliche Nachweise bei
Dreher JZ 1991,414 Fn. 2). Seit dem Inkrafttreten des AGB-Gesetzes
im Jahre 1977 halten verschiedene Instanzgerichte (OLG Hamm WM
1985,926; OLG Frankfurt WM 1989,1881; LG Düsseldorf WM 1983,406; LG
Bielefeld WM 1984, 330, 331; LG Hamburg WM 1987,555) sowie ein
großer Teil des Schrifttums (Canaris, Bankvertragsrecht 2.
Bearbeitung Rdn. 2711; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 2. Aufl. §
9 Rdn. V 16; Krebs, AGB der Sparkassen und privaten Banken 3. Aufl.
Rdn. 3.19; Hefermehl in Soergel, BGB 12. Aufl. vor § 104 Rdn. 10 und
in Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz 17. Aufl.
Bankbedingungen 1, Anm. zu Nr. 23 AGB-Banken; Schlosser in
Staudinger, 12. Aufl. AGBG § 9 Rdn. 39; Heinrichs in Palandt, BGB
50. Aufl. vor § 104 Rdn. 3; Graf von Westphalen WM 1980,1425;
1984,16 und in Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, AGBG 2. Aufl. Bd.
III Banken-AGB Rdn. 82; Schlenke, Allgemeine Geschäftsbedingungen
der Banken und AGB-Gesetz, 1984, S. 77 f.; Kasten, Bruchner und
Bales WuB I A. Nr. 23 AGB-Banken 1.87,1.90 und 1.91) diese Klauseln
weiterhin für wirksam. Auf der anderen Seite nimmt eine zunehmende
Zahl von Stimmen einen Verstoß gegen § 9 AGBG an (Brandner in
Ulmer/Brandner/ Hensen, AGBG 6. Aufl. Anh. §§ 9-11, Rdn. 168; Löwe
in Löwe/ Graf von Westphalen/Trinkner, aaO 1. Aufl. § 9 Rdn. 39;
MünchKomm/Gitter 2. Aufl. vor § 104 BGB Rdn. 9; Brox in Erman, BGB
8. Aufl. vor § 104 Rdn. 14; Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel BB
1990,2353; Rüthers/Franke DB 1991, 1010 f.; Dreher JZ 1991 413 ff.;
Altmeppen EWiR § 9 AGBG 17/90,1151 f.). Der Bundesgerichtshof hat
die Frage, ob an seiner früheren Rechtsprechung zur Wirksamkeit der
genannten Klauseln auch nach Inkrafttreten des AGB-Gesetzes
festgehalten werden kann, ausdrücklich offengelassen (Urteil vom 25.
April 1988 – II ZR 17/87, WM 1988, 859, 862). b) Nr. 3 Abs. 3 der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verstößt jedenfalls
insoweit, als die Bestimmung die Folgen eines eintretenden Mangels
der Geschäftsfähigkeit des Kunden zum Gegenstand hat, gegen § 9
AGBG.
aa) Nach § 9 Abs. 1 AGBG sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Das ist nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Von maßgeblicher Bedeutung ist insoweit, ob die dispositive gesetzliche Regelung nicht nur auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern eine Ausprägung des Gerechtigkeitsgebots darstellt (BGHZ 89, 206, 211 m. w.Nachw.; Senatsurteil vom 23. April 1991 BGHZ 114, 238 ). Dabei brauchen Grundgedanken eines Rechtsbereichs nicht in Einzelbestimmungen formuliert zu sein. Es reicht aus, daß sie in allgemeinen, am Gerechtigkeitsgedanken ausgerichteten und auf das betreffende Rechtsgebiet anwendbaren Grundsätze ihren Niederschlag gefunden haben (BGHZ 96, 103, 109; Senatsurteil vom 23. April 1991 aaO). bb) Es ist ein wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, daß eine Verpflichtung zum Schadensersatz regelmäßig nur bei schuldhaftem Verhalten besteht. Dieser allgemeine Grundsatz des Haftungsrechts gilt als Ausdruck des Gerechtigkeitsgebots gleichermaßen für vertragliche wie für gesetzliche Ansprüche. Dem steht nicht entgegen, daß der Gesetzgeber für einzelne, näher umschriebene Ausnahmetatbestände (vgl. z.B. § 833 BGB, § 7 StVG, § 19 LuftVG, §§ 1,2 HPflG) eine Gefährdungshaftung vorgesehen hat (vgl. BGHZ 51, 91, 98; BGH, Urteil vom 23. Januar 1975 – VII ZR 137/73, NJW 1975,685; Senatsurteil vom 23. April 1991 aaO). cc) Nr. 3 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten weicht von diesem wesentlichen Grundsatz des Haftungsrechts ab. Die genannte Bestimmung erlegt dem Kunden unabhängig von dessen Verschulden – das zumindest in den Fällen, in denen es um die Folgen einer eigenen Geschäftsunfähigkeit des Kunden geht, regelmäßig zu verneinen sein wird – eine Ersatzpflicht für alle Schäden auf, die die Sparkasse dadurch erleidet, daß sie von Mängeln in der Geschäftsfähigkeit des Kunden oder seines Vertreters unverschuldet keine Kenntnis erlangt. Ohne diese Klausel würde die Sparkasse derartige Schäden in aller Regel selber zu tragen haben und sich nur insoweit an den Kunden halten können, als dieser durch die betreffenden Vorgänge bereichert ist.
dd) Das haftungsrechtliche Verschuldensprinzip kann
allerdings abbedungen werden. Geschieht dies durch eine
individualvertragliche Regelung, so ist diese – in den Grenzen der
§§ 138,242 BGB – vom Grundsatz der Vertragsfreiheit gedeckt. Dagegen
ist die formularmäßige Begründung einer verschuldensunabhängigen
Haftung, wie die von der Beklagten verwendete Schadensersatzklausel
sie vorsieht, grundsätzlich nach § 9 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 AGBG
unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – VIII ZR
201/81, NJW 1983, 159, 162; Senatsurteil vom 23. April 1991 aaO m.
w.Nachw.).
Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Nach § 9 Abs. 2
Nr. 1 AGBG ist bei Unvereinbarkeit einer AGB-Klausel mit
wesentlichen Grundgedanken der durch sie verdrängten gesetzlichen
Regelung eine unangemessene Benachteiligung nur »im Zweifel«
anzunehmen. Auch in den Fällen des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG bleibt
letztlich der Maßstab des § 9 Abs. 1 AGBG maßgeblich, wonach
AGB-Klauseln nur dann unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner
des Verwenders »entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligen«. Besondere Umstände können daher dazu
führen, daß eine AGB-Klausel, die mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung, von der sie abweicht, nicht zu vereinbaren
ist, gleichwohl keine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 9 Abs.
1 AGBG enthält und daher wirksam ist. Das kann z.B. dann der
Fall sein, wenn die den Vertragspartner benachteiligende Abweichung
vom dispositiven Gesetzesrecht durch Gewährung anderer rechtlicher
Vorteile ausgeglichen wird (BGHZ 82, 238, 240 f.;
Senatsurteil vom 23. April 1991 aaO) oder wenn sie durch
höherrangige Interessen des AGB-Verwenders gerechtfertigt ist
(Senatsurteil vom 23. April 1991 aaO).
ee) Zugunsten der AGB-Klauseln der Kreditinstitute über die Schadenshaftung bei eintretenden Mängeln in der Geschäftsfähigkeit des Kunden oder seines Vertreters wird ins Feld geführt, daß die Regelung der §§ 104 ff. BGB mit ihrer vollständigen Versagung des Vertrauensschutzes gegenüber Mängeln der Geschäftsfähigkeit rechtspolitisch äußerst fragwürdig sei und weder dem Verkehrsschutzbedürfnis ausreichend Rechnung trage noch als überzeugendes Postulat der Gerechtigkeit erscheine (Canaris aaO). Des weiteren wird darauf verwiesen, daß die Kreditinstitute unter den heutigen Bedingungen ohne persönliche Kontakte schriftlich oder durch Automaten abgewickelter Massengeschäfte in der Regel keine Möglichkeit zur zuständigen Überprüfung der Geschäftsfähigkeit ihrer Kunden und daher ein berechtigtes Interesse daran hätte, die Folgen diesbezüglicher Mängel sowie auch langwierige Auseinandersetzungen über die oft zweifelhafte Frage des Eintritts der Geschäftsunfähigkeit von sich abzuwenden (LG Düsseldorf aaO S. 407; LG Bielefeld aaO S. 331; Graf von Westphalen WM 1980,1425). Diese Erwägungen sind zumindest teilweise zutreffend. Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, daß die Regelung der §§ 104 ff. BGB eine bewußt und unter bestimmten Gerechtigkeitsvorstellungen getroffene Entscheidung des Gesetzes zugunsten des uneingeschränkten Schutzes Geschäftsunfähiger und beschränkt Geschäftsfähiger enthält. Die Schadensersatzklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute sind zwar nicht unmittelbar gegen diese gesetzliche Regelung gerichtet, weil sie die Unwirksamkeit der betroffenen Rechtsgeschäfte unberührt lassen. Sie machen den mit der genannten Regelung bezweckten Schutz der nicht voll Geschäftsfähigen jedoch in allen Fällen, in denen die Bank oder Sparkasse kein Verschulden trifft, praktisch wirkungslos, da der durch sie begründete Schadensersatzanspruch den nicht voll Geschäftsfähigen in der Regel nahezu so ungünstig stellt wie die rechtliche Anerkennung der von ihm abgeschlossenen Geschäfte. Man mag darüber streiten, ob die geltende Regelung der §§ 104 ff. BGB als überzeugendes Postulat der Gerechtigkeit anzusehen ist. Sie ist vom Gesetzgeber so getroffen worden. Mit ihr verbundene Härten, die jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr hinnehmen muß, können es deshalb nicht rechtfertigen, daß die Kreditinstitute sich ihnen durch eine so weitgehende Risikoverlagerung zu Lasten der betroffenen Kunden entziehen. ff) Auch der Gedanke der Haftung nach Gefahrbereichen (Sphärenhaftung) vermag Nr. 3 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten jedenfalls in der hier einschlägigen Variante und in der vorliegenden Form nicht zu rechtfertigen.
Dieser Gedanke beruht auf der Erwägung, daß auf einen
Vertragsteil die Risiken abgewälzt werden dürfen, die ihre Ursache
ausschließlich in seiner Sphäre haben und vom anderen Vertragsteil
nicht beherrscht werden können (Senatsurteil vom 23. April
1991 aaO ). Seine Geltungskraft ist begrenzt; ohne Hinzutreten
weiterer Umstände ist er nicht geeignet, einer uneingeschränkten
formularmäßigen Zufallshaftung des Kunden zur Wirksamkeit zu
verhelfen (Senatsurteil vom 23. April 1991 aaO).
Im vorliegenden Fall ist nicht darüber zu entscheiden, ob der
Gedanke der Sphärenhaftung Nr. 3 Abs. 3 der AGB der Beklagten
insoweit zu rechtfertigen vermag, als darin dem Kunden das
Schadensrisiko für einen eintretenden Mangel in der
Geschäftsfähigkeit seines Vertreters auferlegt wird (so Haupt aaO S.
75 f. und Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel aaO). Die hier
allein zu überprüfende Regelung, die dem Kunden einen von keinem der
Beteiligten verschuldeten Schaden aus einem eintretenden Mangel in
seiner eigenen Geschäftsfähigkeit in vollem Umfang aufbürdet,
berücksichtigt in einseitiger, den Kunden unangemessen
benachteiligender Weise ausschließlich die Interessen Beklagten; sie
ist in dieser Form nicht zu rechtfertigen und daher unwirksam.
III.
Das Berufungsurteil läßt sich auch nicht auf andere als die vom
Berufungsgericht genannten Gründe stützen. Insbesondere kann
entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht von einer
gewohnheitsrechtlichen, auch gegenüber dem AGB- Gesetz
bestandskräftigen Anerkennung der Nr. 3 Abs. 3 AGB- Sparkassen bzw.
der Befugnis der Kreditinstitute, derartige Klauseln anzuwenden,
ausgegangen werden. Von einer dem allgemeinen Verkehr,
insbesondere also auch den Kunden der Kreditinstitute, gemeinsamen
Überzeugung, bei diesen Klauseln handele es sich um geltendes, die
gesetzliche Regelung verdrängendes Recht, kann ernsthaft keine Rede
sein. Der Bundesgerichtshof vertritt im übrigen in
ständiger Rechtsprechung den Grundsatz, daß die
(Branchen-)Üblichkeit einer Klausel in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen die Unangemessenheit nach § 9 AGBG nicht
ausräumt (BGHZ 106, 259, 267 m. w.Nachw.;
Senatsurteil vom 5. März 1991 – XI ZR 75/90, WM 1991, 758, 760).
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