BGHZ 129, 86
NJW 1995, 1481
WM 1995, 930
ZIP 1995, 653
1. Ein konkludentes Einverständnis des Verkäufers
mit der Wandelung des Kaufvertrages kann darin liegen, daß er nach
Abweisung seiner Kaufpreisklage aufgrund der vom Käufer erklärten
Wandelungseinrede (§§ 478, 490 III BGB) die Kaufsache zurücknimmt.
2. Der Anspruch des Käufers auf Ersatz von
Nebenkosten nach § 488 BGB entsteht mit der Vollziehung der Wandelung
und unterliegt der regelmäßigen Verjährung gem. §
195 BGB.
Der Kl. ersteigerte auf einer von der Bekl. durchgeführten
Zuchtviehversteigerung im Jahre 1989 ein Rind. Da bei diesem eine Eierstockzyste
festgestellt wurde, ließ der Kl. den zur Zahlung gegebenen Scheck
sperren. Die daraufhin von der Bekl. erhobene Zahlungsklage wurde in zweiter
Instanz vom LG Trier durch Urteil vom 15. 11. 1990 mit der Begründung
abgewiesen, dem Kl. stehe gegenüber dem Zahlungsanspruch die Bereicherungseinrede
aus § 821 BGB zu, da er den Wandelungsanspruch auch noch nach Verjährung
einredeweise nach § 490 III BGB geltend machen könne. Am 5. 12.
1990 ließ die Bekl. das Rind, das bis dahin im Stall des Kl. gestanden
hatte, abholen. Mit seiner am 4. 10. 1991 eingereichten Klage begehrt der
Kl. Ersatz seiner für das Tier aufgewendeten Kosten, die er abzüglich
gezogener Nutzungen zuletzt mit 4418,44 DM beziffert hat, sowie Erstattung
der im Vorprozeß zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlten
Avalprovision von 116,17 DM. Die Bekl. bestreitet die Höhe der geltend
gemachten Kosten und beruft sich im übrigen auf Verjährung.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen
gerichtete Berufung des Kl. ist vom BerGer. zurückgewiesen worden.
Die Revision des Kl. hatte überwiegend Erfolg und führte zur
Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hält in Übereinstimmung
mit dem LG die Klage insoweit für unzulässig, als der Kl. Ersatz
der gezahlten Avalprovision verlangt; hierbei handele es sich um Verfahrenskosten
im weiteren Sinne, die im Kostenfestsetzungsverfahren hätten geltend
gemacht werden können.
Ob dem Kl. durch die Versorgung des ersteigerten
Rindes Aufwendungen entstanden seien, könne dahinstehen. Etwa daraus
resultierende Ansprüche des Kl. seien gem. § 490 I BGB verjährt,
so daß die Bekl. zu Recht die Leistung verweigere. Dabei könne
auch offenbleiben, ob vorliegend von einer vollzogenen Wandelung auszugehen
sei, so daß nur noch ein Anspruch aus Wandelung in Betracht komme.
Verwendungsansprüche nach § 488 BGB verjährten ebenso wie
der Anspruch auf Wandelung in sechs Wochen. Auch wenn einer Wandelungsklage
stattgegeben worden sei, bedeute das nicht, daß der Anspruch aus
§ 488 BGB nunmehr erst nach 30 Jahren verjähre. Durch die Vollziehung
der Wandelung entstehe kein neuer Anspruch, vielmehr seien die daran geknüpften
Rechtsfolgen unmittelbar aus dem zugrundeliegenden Kaufvertrag und der
daraus entspringenden Gewährleistungspflicht abzuleiten. Das, was
für den Hauptanspruch als solchen gelte, treffe auch für die
Nebenforderung nach § 488 BGB zu, so daß auch insoweit trotz
Vollziehung der Wandelung die sechswöchige Verjährungsfrist Platz
greife. Für die kurze Verjährungsfrist spreche schließlich,
daß die Verwendungsersatzansprüche des § 488 BGB zur Herstellung
des Rechtsfriedens und zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten einer schleunigen
Klärung bedürften.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen
Nachprüfung, soweit diese im Rahmen der zugelassenen Revision vorzunehmen
ist, nicht stand.
1. Die Revision ist unzulässig, soweit sie
weiterhin die Zahlung der im Vorprozeß zur Abwendung der Zwangsvollstreckung
aufgewendeten Avalprovision in Höhe von 116,17 DM erstrebt. Zwar enthält
die Urteilsformel keinen die dort ausgesprochene Revisionszulassung einschränkenden
Zusatz. Nach allgemeiner Meinung kann die Beschränkung aber auch in
den Entscheidungsgründen erfolgen; eine solche Beschränkung wollte
das BerGer. mit seiner Formulierung ("weil die Rechtssache von grundsätzlicher
Bedeutung ist und eine höchstrichterliche Entscheidung - soweit ersichtlich
- zur Frage der Verjährung der Ansprüche des § 488 BGB bisher
nicht vorliegt") hier erkennbar vornehmen (vgl. BGH, NJW 1993, 1799 = LM
H. 8/1993 § 17a GVG Nr. 9 = BGHR § 546 I 1 Revisionszulassung,
beschränkte 12, insoweit in BGHZ 121, 367ff. nicht abgedr.). Die Beschränkung
auf den vom Kl. geltend gemachten Verwendungsersatzanspruch, der einem
Teilurteil zugänglich gewesen wäre, war auch zulässig (vgl.Senat,
NJW 1988, 1778 (unter A) = LM § 209 BGB Nr. 61, insoweit in BGHZ 104,
6ff. nicht abgedr.; BGH, NJW 1989, 774 (unter A) = LM § 1004 BGB Nr.
181). Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich die Zulässigkeit
des Rechtsmittels auch nicht aus § 547 ZPO, da das BerGer. die Berufung
nicht als unzulässig verworfen hat.
Die Revision des Kl. war daher, soweit mit ihr
die Abweisung der Klage in Höhe von 116,17 DM angegriffen wird, gem.
§§ 546, 554a ZPO als unzulässig zu verwerfen (BGHZ 48, 134
(136f.) = NJW 1967, 2312 = LM § 116 BRAGebO Nr. 1; BGH, NJW 1981,
287 = LM § 546 ZPO Nr. 100 = VersR 1981, 57 (58)).
2. Entgegen der Ansicht des BerGer. ist der Anspruch
des Kl. auf Ersatz der von ihm für das Tier aufgewendeten Kosten,
die er mit 4418,44 DM berechnet hat, nicht verjährt.
a) Das BerGer. hat zwar offengelassen, ob die
Parteien die Wandelung des zwischen ihnen geschlossenen Kaufvertrages vollzogen
haben. Diese Frage kann der Senat selbst entscheiden, da insoweit weitere
tatsächliche Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen (vgl. BGHZ
65, 107 (112) = NJW 1976, 43 = LM Allg. Geschäftsbedingungen Nr. 79a;
BGHZ 109, 19 (22) = NJW 1990, 441 = LM § 847 BGB Nr. 81; BGHZ 121,
284 (289) = NJW 1993, 1532 = LM H. 9/1993 Berufsunfähigkeitszusatzvers.
Nr. 19). Allerdings liegt eine Vollziehung der Wandelung nicht schon darin,
daß der Kl. als Bekl. im Vorprozeß mit Schriftsatz vom 26.
6. 1989 die Wandelung des Kaufvertrages erklärt hatte (BGHZ 85, 367
(371) = NJW 1983, 390 = LM § 465 BGB Nr. 5; Senat, NJW 1990, 2680
(unter III 1) = LM § 465 BGB Nr. 8). Die Vollziehung der Wandelung
ist hier jedoch dadurch erfolgt, daß die Bekl. am 5. 12. 1990 das
Rind aus dem Stall des Kl. mit dessen Einverständnis abgeholt hat.
Nach Abweisung der Kaufpreisklage aufgrund der vom Kl. erhobenen Wandelungseinrede
kann in der Rücknahme des Tieres nur das konkludente Einverständnis
der Bekl. mit der vom Kl. verlangten Wandelung gesehen werden (vgl.
Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 478 Rdnr. 6). In diesem Sinne mußte
jedenfalls der Kl., auf dessen Verständnis bei Auslegung des Rückgabeverlangens
der Bekl. abzustellen ist, mangels gegenteiliger Äußerungen
der Bekl. deren Verhalten verstehen. Von einer Vollziehung der Wandelung
durch Rücknahme des Tiers am 5. 12. 1990 ist auch das LG ausgegangen.
b) Welche Verjährungsfrist auf den Anspruch
auf Erstattung der Nebenkosten gem. § 488 BGB anzuwenden ist, hat
der Senatbisher offengelassen (NJW 1978, 1058 (unter III 2b) = LM §
261b ZPO Nr. 22). Diese Frage entscheidet der Senat nunmehr dahin, daß
insoweit grundsätzlich die 30jährige Verjährungsfrist gilt.
Der Anspruch des Käufers auf Ersatz der ihm entstandenen Nebenkosten
gem. § 488 BGB beruht auf der vollzogenen Wandelung und entsteht nicht
vor deren Vollziehung (Mezger, in: RGRK, 12. Aufl., § 490 Rdnr. 1;
Soergel/Huber, § 488 Rdnr. 2). Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung
entschieden hat, unterliegen die sich aus der Vollziehung der Wandelung
ergebenden Ansprüche der regelmäßigen Verjährung des
§ 195 BGB (BGHZ 85, 367 (370) = NJW 1983, 390 = LM § 465 BGB
Nr. 5; BGHZ 87, 104 (111f.) = NJW 1983, 1479 = LM § 467 BGB Nr. 7;
Senat,NJW-RR 1987, 1338 unter II 2a aa = LM EKG Nr. 13). Dasselbe muß
für den sich aus der vollzogenen Wandelung ergebenden Anspruch
des Käufers gem. § 488 BGB gelten (Soergel/Huber, § 488
Rdnr. 2; Palandt/Putzo, BGB, 54. Aufl., § 488 Rdnr. 1). Soweit nach
anderer Ansicht auf den Verwendungsersatzanspruch nach § 488 BGB die
kurze Verjährungsfrist des § 490 BGB jedenfalls entsprechend
Anwendung finden soll (Mezger, in: RGRK, § 490 Rdnr. 1; Staudinger/Honsell,
BGB, 12. Aufl., § 488 Rdnr. 1; H. P. Westermann, in: MünchKomm,
2. Aufl., §§ 487, 488 Rdnr. 7; s. auch LG Neiße, JW 1930,
1325 m. abl. Anm. Stölzle), ist dies unvereinbar damit, daß
das durch Vollziehung der Wandelung begründete gesetzliche Rückgewährschuldverhältnis
die Grundlage für den Verwendungsersatzanspruch des § 488 BGB
ist. Entsteht der Verwendungsersatzanspruch nach § 488 BGB erst mit
der Vollziehung der Wandelung, so kann er auch nicht vor diesem Zeitpunkt
verjähren (§ 198 BGB). Dies gilt auch dann, wenn die Wandelung
trotz Verjährung des Anspruchs auf Wandelung vollzogen wird. Nach
der Gegenmeinung müßten ferner die vor Vollziehung der Wandelung
entstandenen Verwendungsersatzkosten innerhalb der Verjährungsfrist
in verjährungsunterbrechender Weise geltend gemacht werden, auch wenn
ihr Umfang sich bis dahin noch nicht übersehen läßt, was
lediglich im Wege einer Feststellungsklage erfolgen könnte. Ein derartiges
prozessuales Vorgehen, durch das der Verwendungsersatzanspruch für
unterschiedliche Zeiträume in mehrere prozessuale Ansprüche zerlegt
werden müßte, würde jedoch dem Käufer die Durchsetzung
seiner Verwendungsersatzansprüche in unzumutbarer Weise erschweren.
Soweit durch die geltende 30jährige Verjährungsfrist sich Beweisschwierigkeiten
zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs ergeben, gehen diese wie
auch sonst zu Lasten des anspruchsberechtigten Käufers.
III. Das Berufungsurteil war daher insoweit, als
es die Klage auf Ersatz der geltend gemachten Verwendungskosten abgewiesen
hat, aufzuheben und die Sache zur Feststellung der Höhe des Anspruchs
an das BerGer. zurückzuverweisen.