"Faktischer Vertrag"; sozialtypisches Verhalten ("Hamburger
Parkplatzfall")
BGH v, 14.7.1956 - V ZR 223/54
Fundstelle:
BGHZ 21, 319
Amtl. Leitsatz:
1. Eine Stadtgemeinde, der ein in Gemeingebrauch
stehender Platz gehört, kann zur Bekämpfung der Parkraumnot für einen
kenntlich gemachten Teil des Platzes einem Unternehmer ein
Sondernutzungsrecht auf Bewachung der dort abgestellten Kraftfahrzeuge gegen
ein nach Tarif zu erhebendes Entgelt einräumen.
2. An der ihm in dieser Weise überlassenen Parkfläche hat der Unternehmer
Besitz (Mitbesitz).
3. Wer im Rahmen des Sondernutzungsrechts die Parkfläche zum Abstellen
eines Kraftfahrzeuges benutzt, kommt schon allein dadurch in ein
Vertragsverhältnis zu dem Unternehmer und ist deshalb verpflichtet, das
Entgelt nach Tarif zu zahlen, auch wenn er von vornherein die Zahlung eines
Entgelts ablehnt.
Zentrale Probleme:
Die in dieser alten Entscheidung vom BGH vertretene Lehre
vom "faktischen Vertrag" oder vom Vertragsschluss durch "sozialtypisches
Verhalten" wird heute einhellig abgelehnt, s. dazu nur
Wolf/Neuner, Allgemeiner
Teil des Bürgerlichen Rechts, § 37 Rn. 44 ff. Sie besagt in ihrem Kern, dass
im modernen Massenverkehr ein Vertrag schon dann unabhängig vom
Vertragswillen einer Partei schon dann zustandekommen kann, wenn eine
öffentlich
zur Verfügung gestellte Leistung durch einen
Anderen tatsächlich in Kenntnis der Tatsache, dass der Anbietende sie nur
gegen Entgelt bietet, in Anspruch genommen wird. Zu beachten ist, dass in
diesen Fällen häufig bereits ein Vertragsschluss durch konkludente
Willenserklärungen in Betracht kommt. Wegen §§ 157 BGB (Auslegung nach dem
Empfängerhorizont) und § 116 BGB (Irrelevanz des geheimen Vorbehalts) stellt
sich die Problematik nur, wenn derjenige, der die Leistung in Anspruch
nimmt, dabei seinen fehlenden Vertragswillen für den anderen Teil erkennbar
zum Ausdruck bringt. S. dazu auch die Anm. zu
BGH v. 2.7.2014 -
VIII ZR 316/13.
©sl 2014
Zum Sachverhalt:
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat im Jahre 1953
Teilflächen des ihr gehörenden öffentlichen Grundes zu »parkgeldpflichtigen«
Parkplätzen bestimmt. Dies beruht auf einem Beschluß des Senats der Stadt
vom 28. April 1953; darin heißt es:
»1. Das Parken am Straßenrand ist über die bisherigen Regelungen hinaus
weiter einzuschränken, soweit es Gründe der Sicherheit oder Leichtigkeit des
Verkehrs (§ 4 StVO) erfordern...
2. Die Benutzung von Parkplätzen, die räumlich von den dem öffentlichen
Straßenverkehr dienenden Flächen abgegrenzt sind, kann von der Entrichtung
eines Entgeltes (Parkgeld) abhängig gemacht werden.
3. Die Bewachung von Fahrzeugen gegen Entgelt auf den dafür bestimmten
Parkflächen wird durch Gebrauchserlaubnis einem Bewachungsunternehmer
übertragen. Die zu zahlende Benutzungsgebühr ist zweckgebunden für die
Verbesserung der Parkmöglichkeiten zu verwenden...
4.........
5. Die Baubehörde . . . . wird beauftragt, im Einvernehmen mit der
Polizeibehörde und der Behörde für Wirtschaft und Verkehr die zur
Durchführung erforderlichen Maßnahmen zu treffen.«
Auf Grund dieses Beschlusses verfügte die Baubehörde mit der »Gestattung«
vom 18. August 1953 folgendes:
»Die Baubehörde überträgt der K.-P. eGmbH [das ist die Klägerin] .......
(nachstehend Unternehmer genannt) mit Wirkung vom 24. August 53 die
Bewachung von Fahrzeugen gegen Entgelt auf dafür bestimmten Parkflächen zu
den nachfolgenden Bedingungen:
1. Die für Parkzwecke ausgewiesenen Teilflächen öffentlichen Grundes . . .
. wird die Tiefbauabteilung des zuständigen Bezirksamtes dem Unternehmer
durch Einzelgebrauchserlaubnis überlassen.
2. Die überlassenen Flächen dienen ausschließlich der Abstellung von
Fahrzeugen. Es darf daneben kein anderes Gewerbe betrieben werden. ....
3. .......
4. An den Zufahrten zu den parkgeldpflichtigen Parkplätzen oder an sonst
gut sichtbaren Stellen werden von der Baubehörde ...... weiße Schilder mit
blauem P aufgestellt. Außerdem werden deutlich sichtbar die tägliche
Betriebszeit und die Art der zugelassenen Fahrzeuge bekannt gegeben.
.....Ferner werden die Parkplatzordnung und der Tarif ausgehängt. ....
5. Der Unternehmer ist verpflichtet, jedes Fahrzeug, für welches der
Parkplatz zugelassen ist, zur Bewachung aufzunehmen, sofern nicht durch den
Zustand oder die Ladung des Fahrzeuges der Parkbetrieb ernstlich gefährdet
wird.
6. Für die in Bewachung genommenen Fahrzeuge haftet der Unternehmer nach den
Vorschriften über die entgeltliehe Verwahrung (§§ 688 ff BGB). .....
7. Zur Sicherung etwaiger aus der Haftung des Unternehmers sich ergebender
Ansprüche ist eine ausreichende Versicherung .... abzuschließen und
aufrechtzuerhalten. ......
8. Das für die Bewachung zu erhebende Parkgeld ist nach dem von der
Baubehörde genehmigten Tarif zu erheben. Nichtanwendung oder Nichtbeachtung
des Tarifs ist ein wichtiger Grund zum Widerruf dieser Gestattung.
...........
12. Dem Unternehmer steht gegenüber den Benutzern das Hausrecht an den
überlassenen Flächen zu.
13. Als Gebühr für die Überlassung der Parkfläche hat der Unternehmer einen
noch festzusetzenden Prozentsatz der Parkgeldeinnahmen wöchentlich an die
Amtskasse der Baubehörde abzuführen.
.......
14. .......
15. Die Baubehörde .... ist berechtigt durch ihre Beauftragten sich
jederzeit von dem ordnungsgemäßen Betrieb der Kraftfahrzeugbewachung zu
überzeugen, insbesondere kann die Erhebung der Parkgelder kontrolliert
werden. ......«
Am Schluß der als jederzeit widerruflich bezeichneten Gestattung ist
bestimmt, daß, wenn der Unternehmer gröblich gegen die Bedingungen der
Gestattung verstößt, diese sofort widerrufen wird.
Am 28. Mai 1954 ist die Gestattung neu gefaßt worden und rückwirkend an die
Stelle der alten Gestattung getreten. Geändert wurde insbesondere:
»11. (früher 12.) Dem Unternehmer stehen gegenüber Dritten die Rechte eines
Besitzers nach § 858 ff BGB (Hausrecht) zu.
12. (früher 13.) Die Gebühr für die Überlassung der Parkplätze beträgt ab
1. November 1954 bis auf weiteres 20% der Parkgeldeinnahmen.«
Die Gestattung wird ergänzt durch eine Parkplatzordnung und einen
Parkgeldtarif. Nach Nr 7 Abs 3 der Parkplatzordnung schließt die
Nichtzahlung des Parkgeldes den Versicherungsschutz aus. Die Bewachungszeit
läuft von Montag bis Freitag von 8 bis 19 Uhr und am Sonnabend von 8 bis 15
Uhr. Der Tarif beträgt für Personenkraftwagen für die erste Stunde 20
Pfennig, für die zweite Stunde 30 Pfennig und für jede weitere Stunde 50
Pfennig.
Nach einer amtlich veröffentlichten Bekanntmachung der Baubehörde vom 21.
August 1953 (Amtl Anz 1953, 799) ist die Neuregelung des Parkens in der
Hamburger Innenstadt getroffen worden, weil festgestellt worden sei, daß
mehr als die Hälfte des knappen Parkraums von einer kleinen Gruppe von
Kraftfahrern beansprucht werde, die ihre Fahrzeuge dort viele Stunden,
häufig den ganzen Tag über, abstellten. Durch sie werde den Kraftfahrern,
die nur kurzfristig dort parken wollten, der notwendige Platz versperrt.
Zu den Teilflächen des öffentlichen Grundes, die als parkgeldpflichtige
Parkplätze eingerichtet worden sind, gehört auch ein von der Baubehörde
durch einen weißen Strich und durch Schilder mit der Aufschrift
»PARKGELDPFLICHTIG UND BEWACHT« gekennzeichneter Teil des Rathausmarktes.
Für diesen Parkplatz hat die Tiefbauabteilung des Bezirksamts Hamburg-Mitte
der Klägerin eine Einzelgebrauchserlaubnis erteilt.
Die Beklagte ist Halterin eines Kraftfahrzeuges. Sie hat es in der
Zeit vom 3. September bis 12. Oktober 1953 mehrfach auf dem Rathausmarkt
abgestellt. Den dort eingesetzten Ordnern der Klägerin hat die Beklagte von
vornherein erklärt, daß sie die Bewachung ihres Fahrzeuges und die Bezahlung
eines Entgeltes ablehne.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten unter Zugrundelegung des
Parkgeldtarifs die Zahlung von 25 DM. Sie macht ua geltend, daß die
Beklagte, auch wenn kein Bewachungsvertrag zustandegekommen sei, auf ihre
Kosten um diesen Betrag ungerechtfertigt bereichert sei. Im übrigen sei sie
infolge der Parkfläche durch das Fahrzeug der Beklagten nicht in der Lage
gewesen, diese Fläche anderen zahlungswilligen Benutzern zur Verfügung zu
stellen.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 25
DM zu zahlen und festzustellen, daß der Klägerin in bezug auf den Parkplatz
Rathausmarkt auf Grund der Gestattung vom 18. August 1953 und 28. Mai 1954
der Besitz eingeräumt worden ist.
Die Beklagte führt zur Begründung ihres Antrags auf Abweisung der Klage
insbesondere aus, sie habe ihr Fahrzeug auf Grund ihres Rechts zum
Gemeingebrauch auf dem Parkplatz abgestellt. Der Gemeingebrauch sei
unentgeltlich, und sie könne nicht gezwungen werden, einen Bewachungsvertrag
mit der Klägerin abzuschließen.
Durch Teil- und Grundurteil hat das Landgericht den Zahlungsanspruch dem
Grunde nach insoweit für berechtigt erklärt, als die Klägerin ein
angemessenes Entgelt für die Inanspruchnahme ihres Besitzes begehrt, und die
von der Klägerin begehrte Feststellung getroffen.
Das Oberlandesgericht hat den Zahlungsanspruch abgewiesen.
Beide Parteien haben Revision eingelegt. Die Klägerin verfolgt ihren
Zahlungsanspruch weiter. Die Beklagte erstrebt wie bisher die Abweisung des
Feststellungsantrages der Klägerin. Die Revision der Beklagten wurde
zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin führte zur Verurteilung der
Beklagten.
Aus den Gründen:
A.
I. Das Berufungsgericht hält den Feststellungsantrag der Klägerin, daß ihr
der Besitz an dem Parkplatz Rathausmarkt eingeräumt worden sei, für
begründet. Es führt hierzu aus, daß auch öffentliche Verkehrsflächen
besitzfähig seien. Der Parkplatz Rathausmarkt habe sich früher im Besitz der
Stadt Hamburg befunden. Dieser Besitz sei im Wege schlichter Einigung (§ 854
Abs 2 BGB), die in dem schlüssigen Verhalten der Beteiligung zu erblicken
sei, auf die Klägerin übergegangen.
In der Neufassung vom 28. Mai 1954 der ursprünglichen Gestattung vom 18.
August 1953 heiße es allerdings »Dem Unternehmer stehen gegenüber Dritten
die Rechte eines Besitzers nach § 858 ff BGB (Hausrecht) zu«. Dieser
Wortlaut lasse darauf schließen, daß der Besitz selbst bei der Stadt Hamburg
verbleiben sollte. Dem stehe jedoch die Interessenlage der Beteiligten
entgegen. Die Klägerin könne ihr Unternehmen nur dann sachgerecht betreiben,
wenn sie Besitzerin der Stellfläche sei. Daran aber habe gerade wiederum die
Stadt Hamburg ein besonderes Interesse, weshalb entgegen dem Wortlaut doch
eine Besitzübertragung gewollt gewesen sei. Unberührt von dieser Frage der
Besitzeinräumung für die Klägerin bleibe der Umstand, daß die Klägerin in
ihrer Besitzausübung soweit beschränkt bleibe, als die öffentliche
Zweckbestimmung des von ihr besessenen Geländes reiche. Nach dem Grundsatz
vom Vorrange des öffentlichen vor dem Privatrecht könne die Klägerin ihr
Besitzrecht nicht ausüben, soweit hierdurch die öffentliche Zweckbindung der
besessenen Sache - hier der Gemeingebrauch - behindert werde.
II. Dagegen sei der Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Entgeltes für
die Benutzung des Parkplatzes Rathausmarkt durch die Beklagte nicht
begründet. An sich stehe der Klägerin ein solcher Anspruch - zwar nicht aus
Vertrag - aber aus ungerechtfertigter Bereicherung zu. Das Fordern von
Parkgeld sei auch mit dem Recht zum Gemeingebrauch der öffentlichen Straße
im vorliegenden Fall zu vereinbaren.
Eine Entwidmung des Parkplatzes Rathausmarkt habe nicht stattgefunden. Für
das Gebiet der Hamburger Innenstadt gelten die Bestimmungen des Wegegesetzes
für das Hamburgische Landgebiet vom 15. September 1933 (HambGVBl 363)
entsprechend. Die dort vorgeschriebenen Förmlichkeiten seien nicht
eingehalten worden. Insbesondere seien weder im Senatsbeschluß vom 28. Mai
1953 noch in der Gestattung vom 18. August 1953/28. Mai 1954 die zu
entwidmenden Flächen des öffentlichen Grundes benannt. Das Dauerparken
gehöre auch in der Hamburger Innenstadt zum Gemeingebrauch. Das Recht zum
Gemeingebrauch - hier das Recht der Beklagten zum Parken auf dem
Rathausmarkt - finde aber seine Grenze in dem Recht der Klägerin. Diese
besitze einen besonderen Titel zu einer Nutzung des Parkplatzes. Die
Gestattung sei eine Einzelgebrauchserlaubnis, die der Klägerin einen
Sondergebrauch an der als Parkplatz bezeichneten Teilfläche des
Rathausmarktes verschafft habe. Die Erteilung einer Einzelgebrauchserlaubnis
sei an sich nach hamburgischem öffentlichem Recht zulässig. Doch bestünden
hier Bedenken deshalb, weil die Gebrauchserlaubnis einer Entwidmung ganzer
Straßenteile gleichkomme, das für eine Entwidmung vorgesehene förmliche
Verfahren aber nicht eingehalten sei. Darauf komme es jedoch nicht an; denn
die der Klägerin erteilte Gebrauchserlaubnis sei keinesfalls nichtig und
bisher auch nicht mit Erfolg angefochten. Sie müsse deshalb vom ordentlichen
Gericht als wirksam angesehen werden und schließe somit den Gemeingebrauch
der Beklagten an den in Betracht kommenden Straßenflächen aus. Deshalb sei
es unerheblich, daß auch in Hamburg der Gemeingebrauch unentgeltlich sei (§
5 Abs 1 Buchst l des Gebührengesetzes vom 5. Juli 1954, HambGVBl I, 51).
Die Klägerin könne den ihr an sich zustehenden Bereicherungsanspruch aber
deshalb nicht geltend machen, weil die Erhebung des Parkgeldes gegen die
Verbotsnorm des § 13 Abs 1 Satz 4 erster Halbsatz des
Finanzausgleichsgesetzes - FAG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.
April 1926 (RGBl I, 203) und des § 2 Nr 2a des Gesetzes vom 9. April 1927 (RGBl
I, 91) verstoße, wonach Chaussee- und ähnliche Wegegelder von
Kraftfahrzeugen für die Benutzung öffentlicher Wege nicht erhoben werden
dürfen. Der § 13 FAG gelte in Hamburg als landesrechtliche Verbotsnorm
weiter. Zu den hiernach verbotenen Wegegeldern gehöre auch das von der
Klägerin geforderte Parkgeld. Unter Wegegeldern seien sämtliche
öffentlichrechtliche Abgaben, Steuern, Beiträge und Gebühren zu verstehen,
die für die Benutzung öffentlicher Wege im Rahmen ihrer Zweckbestimmung für
den Verkehr erhoben würden. Da der gemeingebräuchliche Verkehr mit
Fahrzeugen in der Hamburger Innenstadt unter den heutigen
Verkehrsverhältnissen auch das Dauerparken umfasse, fielen auch die
Parkgelder unter die verbotenen Wegegelder. Zwar fordere die Klägerin keine
öffentlichrechtlichen Abgaben, sondern privatrechtliche Entgelte. Diese
seien jedoch durch ihre Berechnungsart (progressive Staffelung) deutlich als
verdeckte Wegegelder gekennzeichnet. Der Leistungsgegenwert sei die
Benutzung des Rathausmarktes zum Parken. Eben für eine solche Benutzung
öffentlicher Wege zum Parken der Kraftfahrzeuge dürfe nach § 13 FAG kein
Entgelt gefordert werden. Die Einkleidung des Anspruchs in ein
privatrechtliches Gewand sei eine unzulässige Umgehung des Wegegeldverbotes.
Der § 13 FAG wolle die Doppelbesteuerung der Kraftfahrzeughalter nicht nur
bekämpfen, sondern verhindern. Deshalb sei die Forderung der Klägerin, als
gegen ein gesetzliches Verbot verstoßend, nichtig.
B.
I. Die Revision der Beklagten wendet sich gegen die Auffassung des
Berufungsgerichts, daß der Klägerin der Besitz an dem Parkplatz Rathausmarkt
eingeräumt worden sei. Sie führt hierzu aus, daß der Besitz als
tatsächliches Herrschaftsverhältnis an Sachen im Gemeingebrauch dergestalt
jedes realen Inhalts entkleidet sei, daß es nicht nur irreführend, sondern
geradezu falsch sei, zu sagen, derartige Sachen befänden sich im Besitz
irgend einer Person. Daran habe auch die Gestattung nichts geändert, weil
keine Entwidmung vorgenommen sei.
Die Auslegung der Gestattung in ihrer Neufassung durch das Berufungsgericht
gegen den Wortlaut nach der angeblichen Interessenlage verstoße gegen §§
133, 157 BGB. Der Wortlaut ergebe eindeutig, daß der Klägerin lediglich die
Rechte aus §§ 858 ff BGB, nicht aber der Besitz selbst eingeräumt werden
sollte. Aber auch wenn an sich eine Einigung über die Besitzübertragung
vorliege, so sei sie gemäß §§ 134, 139 BGB nichtig, denn sie sei nur zu dem
Zweck erfolgt, der Klägerin die Einziehung des Parkgeldes zu ermöglichen.
Verstoße aber - wie das Berufungsgericht angenommen habe - die Einziehung
des Parkgeldes gegen die Verbotsnorm des § 13 FAG, so sei das Bestehenlassen
der Besitzübertragung sinnwidrig. Die Klägerin als gewerbliches Unternehmen
sei auf diese Einnahmen angewiesen.
Auch die Stadt Hamburg hätte eine solche Besitzübertragung nur im Hinblick
auf die mit der Parkgelderhebung angestrebten Zwecke gewollt. Nach § 139 ZPO
befragt, hätte die Beklagte diese Tatsachen vorgetragen und unter Beweis
gestellt.
II. Die Revision der Klägerin richtet sich gegen die Auffassung des
Berufungsgerichts, daß die Erhebung des Parkgeldes gegen § 13 FAG verstoße.
Das Berufungsgericht gehe selbst davon aus, daß die Klägerin kein beliehenes
Unternehmen und deshalb das Parkgeld ein von einem Privatmann gefordertes
privatrechtliches Entgelt sei. Dann könne es aber auch kein verdecktes
Wegegeld sein. Ob es ein solches wäre, wenn es von der Stadt Hamburg selbst
erhoben würde, sei bedeutungslos. Das FAG sei durch das Gesetz über den
Neuaufbau des Reiches vom 30. Januar 1934 gegenstandslos geworden. Zumindest
gelte § 13 FAG in Hamburg nicht mehr. Im übrigen verbiete § 13 FAG nur die
Erhebung von Steuern, nicht aber von Gebühren für besondere Leistungen.
Außerdem habe das Berufungsgericht rechtsirrtümlich nicht geprüft, ob der
Anspruch der Klägerin nicht aus §§ 823 Abs 1, 854 ff BGB wegen
Besitzverletzung begründet sei.
C.
I. Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten ist in Übereinstimmung
mit dem Berufungsgericht daran festzuhalten, daß der Besitz an Sachen, die
im Gemeingebrauch stehen, rechtlich möglich ist (vgl auch BGHZ 19, 85
[92/3]). Freilich macht der Gemeingebrauch die sich aus dem Besitz
ergebenden Rechte nahezu bedeutungslos, weil die öffentliche Zweckbestimmung
die privaten Rechtsverhältnisse überlagert. Auch das hat das
Berufungsgericht zutreffend erkannt. Das Ergebnis, zu dem es kommt, daß
nämlich die Klägerin, sofern sie Besitzerin der Parkfläche ist, den Besitz
nur im Rahmen der Gemeinverträglichkeit ausüben könne, hält demgemäß der
Nachprüfung stand.
Bis zur Erteilung der Einzelgebrauchserlaubnis an die Klägerin war in jenem
Rahmen die Stadt Hamburg alleinige Besitzerin der Parkfläche. Nicht zu
beanstanden ist die im wesentlichen durch Auslegung von Nr 11 der Gestattung
(in der Fassung vom 28. Mai 1954) gewonnene Auffassung des
Berufungsgerichts, daß die Klägerin seit August 1953 Besitzerin der
Parkfläche ist und daß sie diesen Besitz im Wege der schlichten Einigung (§
854 Abs 2 BGB) mit der Stadt Hamburg erworben hat. Wenn die Revision meint,
das Berufungsgericht habe der Auslegung nicht die Interessenlage der
Beteiligten zugrunde legen dürfen, so übersieht sie, daß gerade die Abwägung
der Interessen geeignet ist, den in einer Willenserklärung möglicherweise
unvollkommen zum Ausdruck gelangenden wirklichen Willen zu ermitteln (§ 133
BGB) und daß das Ergebnis solcher Auslegung durchaus mit Treu und Glauben in
Einklang stehen kann (§ 157 BGB). Die Auslegung, die das Berufungsgericht
der Individualerklärung der Stadt Hamburg hat angedeihen lassen, verstößt
daher nicht gegen das Gesetz. Deshalb ist das Revisionsgericht an sie
gebunden.
Freilich kann die Klägerin nicht als alleinige Besitzerin angesehen werden.
Vielmehr steht die Parkfläche im Mitbesitz (§ 866 BGB) sowohl der Stadt
Hamburg wie der Klägerin. Das ergibt sich vor allem daraus, daß nach § 11
der Gestattung (in der Fassung vom 28. Mai 1954) die Klägerin im Verhältnis
zur Stadt Hamburg keinen Besitzschutz hat. Der Mitbesitz der Klägerin kommt
ferner insofern zu nur beschränkter Auswirkung, als sie sich selbst Dritten
gegenüber nach dem Sinn der Gestattung auf den Besitz nur für die Zeiträume
berufen kann, während deren auf der Parkfläche parkende Kraftfahrzeuge von
ihr zu bewachen sind und als sie während dieser Zeiträume zB Fußgängern das
Betreten der Parkfläche nicht verwehren darf, ja sogar das Befahren der
Fläche - selbstverständlich soweit deren Belegung es zuläßt - durch
Kraftfahrzeuge etwa zum Zweck des Wendens oder dergl hinnehmen muß. Denn der
Gemeingebrauch an der ja unbeschadet der Gestattung weiterhin dem
öffentlichen Verkehr gewidmeten Fläche hat nur bezüglich des Parkens während
der genannten Zeiträume eine Einschränkung erfahren. Nur so ist auch der
ihren Besitz betreffende Feststellungsantrag der Klägerin zu verstehen;
nimmt sie doch den Besitz und die sich daraus ergebenden Schutzrechte der
Beklagten gegenüber nur in diesem Umfang in Anspruch. Der Klägerin ist durch
die Gestattung und die Einzelgebrauchserlaubnis ein Sondernutzungsrecht
gewährt worden, das den Gemeingebrauch nur während bestimmter Zeiträume in
bestimmter Beziehung ausschließt. Nur in diesem Rahmen will die Klägerin
ihren Besitz an der Parkfläche festgestellt wissen.
Irrig ist die von der Revision vertretene Ansicht, daß die so aufgefaßte
Besitzeinräumung gemäß §§ 134, 139 BGB nichtig sei, weil sie in
unmittelbarem Zusammenhang mit der Verpflichtung der Klägerin gestanden
habe, Parkgeld zu erheben, und weil diese Verpflichtung gegen das in § 13
FAG enthaltene Verbot verstoße. Denn ein derartiger Verstoß liegt nicht vor.
Ob und inwiefern das als Bundesrecht außer Kraft getretene
Finanzausgleichsgesetz (§ 8 des Vierten Überleitungsgesetzes vom 27. April
1955, BGBl I, 189) etwa als hamburgisches Landesrecht weiter gilt, kann
dahingestellt bleiben. Auch als Hamburger Landesrecht würde § 13 FAG
revisibel sein; denn soweit diese Bestimmung nicht nur in Hamburg, sondern
auch in anderen Ländern weitergilt, beruht solch übereinstimmendes
Landesrecht nicht auf zufälliger Gleichheit, sondern auf der Weitergeltung
früheren Reichsrechts als nunmehrigen Landesrechts. Dies vorausgeschickt,
ist der Auffassung des Berufungsgerichts zuzustimmen, daß zu den verbotenen
Wegegeldern alle Abgaben, Steuern, Beiträge und Gebühren gehören, die für
die Benutzung öffentlicher Wege im Rahmen ihrer Zweckbestimmung für den
Verkehr von Kraftfahrzeugen erhoben werden, und daß somit für den
gemeingebräuchlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen - wozu auch das Dauerparken
in der Hamburger Innenstadt gehören soll - keine Zahlung einer solchen
Gebühr verlangt werden darf. Indessen betrachtet das Berufungsgericht das
Parkgeld, das der Klägerin entrichtet wird, zu Unrecht als verbotenes
Wegegeld. Legt es doch selbst zutreffend dar, daß das Recht auf
Gemeingebrauch an der Parkfläche hinter dem Sondernutzungsrecht der Klägerin
zurückstehen müsse, so daß sich die Beklagte nicht unter Berufung auf den
Gemeingebrauch freien Zugang zu der Parkfläche verschaffen dürfe. Gehört bei
dem gegebenen Sachverhalt das Parken auf der Parkfläche nicht mehr zum
Gemeingebrauch, dann steht der Erhebung eines Entgeltes § 13 FAG nicht
entgegen, der - wie das Berufungsgericht mit Recht ausführt - nur die
Unentgeltlichkeit gemeingebräuchlicher Benutzung öffentlicher Wege durch
Kraftfahrzeuge sicherstellen will.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, obwohl die Parkfläche nicht entwidmet
worden sei, sei das gemeingebräuchliche Parken von Kraftfahrzeugen insoweit
ausgeschlossen, als die Parkfläche der Klägerin zur Sondernutzung zugewiesen
sei, ist nicht zu beanstanden. Ihm ist ferner darin beizupflichten, daß
jeder Sondergebrauch den Gemeingebrauch in einem gewissen Grad
beeinträchtigt, ohne daß deshalb die Bestellung eines Sondergebrauchs
unzulässig wäre. Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, daß
zwar das Parken von Kraftfahrzeugen nach Auffassung des Berufungsgerichts
auch in der Hamburger Innenstadt grundsätzlich im Rahmen des Gemeingebrauchs
vor sich geht, daß aber der der Klägerin eingeräumte Sondergebrauch gerade
das bisher auf dem Rathausmarkt gemeingebräuchliche Parken betrifft.
Indessen beeinträchtigt das die Rechtswirksamkeit des Sondergebrauchs nicht.
Möglicherweise würde es anders sein, wenn sich der Sondergebrauch nur auf
das Parken bezöge. Hier aber ist ein bewachter Parkplatz geschaffen worden.
Es wird also dem Benutzer mehr geboten, als ihm an sich schon nach
Gemeingebrauch zusteht. Einmal wird sein Fahrzeug bewacht und außerdem
findet er wegen der mit der Bewachung zusammenhängenden Kosten meist für
seinen Wagen noch einen freien Abstellplatz, den er bei gemeingebräuchlicher
Benutzung häufig nicht finden würde. Daß zur Ermöglichung von Einrichtungen,
die den Gemeingebrauch verbessern und angenehmer gestalten,
Sondernutzungsrechte eingeräumt werden, und daß der Eigentümer der im
Gemeingebrauch stehenden Sache dafür ein auf die Benutzer abzuwälzendes
Entgelt fordert, findet sich auch sonst, ohne daß dagegen Bedenken
ersichtlich wären. Als Beispiele seien genannt die Bäder am Meeresstrand (vgl
Helfritz, der Meeresstrand im preußischen öffentlichen Recht der Gegenwart
in Verwaltungsrechtliche Abhandlungen [Festgabe für das Preußische
Oberverwaltungsgericht] S 62 ff), die Bäder und Eisbahnen auf Seen und
Flüssen (vgl Holtz-Kreutz-Schlegelberger, Preußisches Wassergesetz 1955 Anm
2 und 8 zu § 25) oder das Vermieten von Stühlen in öffentlichen Anlagen (vgl
auch PrOVG 88, 108 [110]). Daß die zuständige Behörde bei der Schaffung
solcher Einrichtungen nicht nur die dadurch geförderte Bequemlichkeit des
Publikums im Auge haben mag, sondern möglicherweise auch andere öffentliche
Interessen verfolgt, ist unerheblich. So mag die Einrichtung eines Flußbades
gleichzeitig der Herabminderung der durch das ungeregelte Baden dem Publikum
oder der Schiffahrt drohenden Gefahren dienen oder sich - wie im
vorliegenden Falle - die Einrichtung von bewachten Parkplätzen gegen die
wenigen Dauerparker richten, die den vielen Kurzparkern den Platz wegnehmen.
Auch die Berücksichtigung fiskalischer Interessen ist nicht schlechthin
unzulässig. Wenn rührige Privatpersonen den öffentlichen Grund zu einem
Erwerb benutzen, sei es, daß sie am Meeresufer Strandkörbe aufstellen, sei
es, daß sie auf öffentlichen Straßen Fahrzeuge bewachen, dann ist nicht
einzusehen, weshalb der Eigentümer des öffentlichen Grundes nicht an einer
solchen gewerblichen Ausnutzung, die ohne seine Erlaubnis nicht statthaft
ist, teilhaben sollte. Unzulässig wäre es freilich, wenn der Gemeingebrauch
nur eingeschränkt würde, um aus solcher Maßnahme Einkünfte zu erzielen. Das
behauptet indessen die Beklagte nicht. Dahingestellt bleiben kann auch, ob
es zulässig wäre, wenn die Stadt Hamburg von den etwa 12 000 Parkflächen der
Innenstadt nicht nur etwa 800 in Sondernutzung vergeben hätte, sondern so
viele, daß sich für beinahe jeden, der in der Innenstadt parken will, ein
Zwang zur Benutzung der bewachten Parkflächen ergäbe. Daß viele dazu deshalb
gezwungen sind, weil die weit überwiegende Zahl der unbewachten Parkplätze
meist belegt ist, während auf den bewachten Parkplätzen noch Platz ist, ist
dagegen ohne Bedeutung und belegt nur, wie notwendig die Einrichtung
bewachter Parkplätze ist, um wenigstens noch einige nicht von Dauerparkern
in Anspruch genommene Abstellplätze freizuhalten.
Bei dieser Sachlage könnte allenfalls das Fordern überhöhter Parkgelder
sittenwidrig sein. Indessen sind die Sätze für Kurzparker nicht als überhöht
anzusehen. Ob das hinsichtlich der Sätze für Dauerparker zutrifft, kann
unerörtert bleiben, denn sie dienen ja nicht dazu, von den Dauerparkern
möglichst hohe Einnahmen zu erzielen, sondern sie von der Benutzung
bewachter Parkflächen abzuschrecken und zum Aufsuchen entfernter liegender
unbewachter Abstellplätze zu veranlassen und so genügend Raum für Kurzparker
sicherzustellen. Gerade den Dauerparkern kann das Aufsuchen entfernter
liegender Abstellplätze am ehesten zugemutet werden, zumal es sich bei ihnen
wie auch bei der Beklagten um ortskundige Personen handelt, die über die
sonst vorhandenen Parkmöglichkeiten unterrichtet sind oder sich leicht
unterrichten können. Es ist deshalb nicht sittenwidrig, wenn sie dazu durch
den Zwang zur Bezahlung von vergleichsweise hohen Parkgeldern bei Benutzung
der ihnen bequem liegenden bewachten Parkflächen veranlaßt werden sollen.
Demnach ist dem Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen, wenn es zu der
Auffassung gelangt ist, daß der Klägerin an der Parkfläche rechtswirksam ein
Sondergebrauch eingeräumt ist, der die Befugnis der Beklagten ausschließt,
dort im Rahmen des Gemeingebrauchs zu parken. Auch die Übertragung des
Besitzes auf die Klägerin ist daher rechtswirksam. Daraus ergibt sich
insbesondere, daß die Klägerin Besitzschutzrechte gemäß §§ 858 ff BGB
gegenüber der Beklagten hat, wenn diese nur unter Hinweis auf den
Gemeingebrauch an dem dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Rathausmarkt parkt
oder zu parken sich anschickt.
Die Revision der Beklagten ist demnach zurückzuweisen.
II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Daß die Klägerin meint, ihren
Zahlungsanspruch nur aus ungerechtfertigter Bereicherung der Beklagten oder
aus einer von dieser begangenen unerlaubten Handlung herleiten zu können,
hindert das Gericht nicht, den Sachverhalt unter einem anderen rechtlichen
Gesichtspunkt, nämlich dem zu prüfen, ob denn nicht nach den hier
obwaltenden besonderen Umständen die Rechtsbeziehung der Parteien zueinander
als ein Vertragsverhältnis angesehen werden kann, obwohl zwischen ihnen
unstreitig ein Vertrag durch übereinstimmende rechtgeschäftliche Erklärungen
(§ 151 BGB) nicht geschlossen worden ist.
Haupt hat in seinem Aufsatz »Über faktische Vertragsverhältnisse«
(Festschrift der Leipziger juristischen Fakultät für Siber Band II S 1) in
teilweiser Abkehr von der nach seiner Meinung der Wirklichkeit des Lebens
oft kaum gerecht werdenden Auffassung, daß ein Vertragsverhältnis nur durch
Angebot und Annahme zustande komme, die Ansicht entwickelt, daß es faktische
Vertragsverhältnisse gebe, die nicht auf einem Vertragsschluß, sondern nur
auf einer sozialen Leistungsverpflichtung beruhten, eine Ansicht, die er im
einzelnen an dem Beispiel der Straßenbahnfahrt darlegt (S 21 aaO). Er kommt
dabei zu dem Ergebnis, daß die Benutzung einer solchen der sozialen
Daseinsfürsorge dienenden Einrichtung nicht auf Grund einer Einigung
zwischen der Verkehrsgesellschaft und dem Fahrgast vor sich gehe, daß
vielmehr die bloße Tatsache des Einsteigens in die Straßenbahn und der
ordnungsmäßigen Benutzung der Bahn unmittelbar das Vertragsverhältnis mit
seinen beiderseitigen Rechten und Pflichten begründe und daß es einer
rechtsgeschäftlichen Einigung darüber schon deshalb nicht bedürfe, weil der
Umfang solcher Rechte und Pflichten ohnehin unabänderbar feststehe.
Diese auch von Tasche (» Vertragsverhältnis nach nichtigem Vertragsschluß?«
in Jher Jahrb Bd 90, 101 [128]) vertretene Auffassung, daß
nämlich Vertragsverhältnisse nicht bloß durch rechtsgeschäftlichen
Vertragsschluß, sondern nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl § 242
BGB) auch durch tatsächliche Vorgänge begründet werden können, hat
neuerdings Larenz (Lehrbuch des Schuldrechts 1. Bd § 4)
unter der Bezeichnung »Schuldverhältnisse aus sozialtypischem Verhalten«
übernommen und weiterentwickelt (dagegen Enneccerus-Nipperdey
[Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 14. Aufl, § 163, VII] und
Staudinger [BGB 11. Aufl, Allgemeiner Teil, Einleitung zum III. Abschnitt,
Anm 75, und Vorbem vor § 116, Anm 23 a]; beide verkennen freilich nicht, daß
die herkömmliche Betrachtung solcher und ähnlicher Rechtsverhältnisse unter
dem Gesichtspunkt des stillschweigenden Vertragsschlusses nicht in jeder
Beziehung zu befriedigenden Ergebnissen führt). Larenz weist darauf
hin, daß im modernen Massenverkehr Schuldverhältnisse vorkommen, deren
Grundlage nicht in einer rechtsgeschäftlichen Einigung der Beteiligten zu
finden sei, sondern in dem rein tatsächlichen öffentlichen Angebot einer
Leistung und in der rein tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Leistung durch
den Verkehrsteilnehmer. Solches Verhalten sei mangels eines entsprechenden
Erklärungsbewußtseins nicht als beiderseitige Willenserklärungen anzusehen,
sondern als ein Vorgang, der nach seiner sozialtypischen Bedeutung die
gleiche Rechtsfolge habe wie ein rechtsgeschäftliches Handeln. Das
Benutzen einer für jeden gegebenen Beförderungsmöglichkeit lasse ein
Vertragsverhältnis entstehen, nicht weil diese rechtliche Folge des
tatsächlichen Handelns des Fahrgastes gewollt oder gar erklärt sei, sondern
weil sie nach allgemeiner Verkehrsanschauung unzweifelhaft damit verbunden
sei.
Der Senat vermag sich in Anwendung auf den vorliegenden Fall der
grundsätzlichen Berechtigung solcher Betrachtungsweise nicht zu
verschließen. Ohne den Gegebenheiten des Lebens im heutigen
Massenverkehr Zwang anzutun, führt sie zu einem Ergebnis, das der
Erscheinung eines solchen typischen menschlichen Verhaltens in sinnvoller
Weise entspricht. Wer während der Bewachungszeiten die besonders kenntlich
gemachte Parkfläche zum Parken benutzt, führt schon dadurch, daß er das tut,
ein vertragliches Rechtsverhältnis herbei, das ihn zur Bezahlung eines
Entgelts entsprechend dem Parkgeldtarif verpflichtet. Auf seine etwaige
abweichende innere Einstellung - mag sie auch von dem parklustigen
Kraftfahrer bei Beginn des Parkens dem Ordner der Klägerin gegenüber zum
Ausdruck gebracht worden sein - kommt es nicht an. Die Beklagte
kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, sie sei der Meinung
gewesen, daß die Verpflichtung zur Zahlung von Entgelt für das Parken nach
dem dafür aufgestellten Tarif am Gemeingebrauch scheitere, weil dieser
seinem Wesen nach unentgeltlich sei. Denn objektiv folgt die Berechtigung
des Forderns von Entgelt nach dem Tarif aus dem der Klägerin wirksam
eingeräumten Sondernutzungsrecht.
Wollte man statt dessen die Klägerin wegen ihres Zahlungsanspruchs auf eine
unerlaubte Handlung der Beklagten verweisen, so würde sie, um unter diesem
Gesichtspunkt eine Verurteilung zu erreichen, ihre in der Berufungsinstanz
aufgestellte Behauptung beweisen müssen, daß sie infolge der Benutzung der
Parkfläche durch die Beklagte genötigt gewesen sei, andere zahlungswillige
Kraftfahrer zurückzuweisen. Nur dann würde die Beklagte bei schuldhaftem
Verhalten zum Schadenersatz unter dem Gesichtspunkt rechtswidriger
Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs der Klägerin verpflichtet sein können.
Eine Verurteilung nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte
Bereicherung würde auf Rückgängigmachung der ungerechtfertigten
Vermögensvermehrung der Beklagten gerichtetet sein (vgl hierzu das Urteil
des erkennenden Senats vom 13. Mai 1955 - V ZR 36/54, ferner Abschnitt 6 der
Entscheidungsgründe des Urteils des I. Zivilsenats vom 8. Mai 1956 - I ZR
62/54 - BGHZ 20, 345 [354]). Die Bereicherung der Beklagten würde auf Kosten
der Klägerin gegangen sein. Denn die Beklagte hat die ihr zugute gekommene
Abstellmöglichkeit dem Verfügungsrecht der Klägerin unberechtigt entzogen.
Freilich würde die Höhe der Bereicherung der Beklagten noch festgestellt
werden müssen. Das würde erheblichen praktischen Schwierigkeiten begegnen;
denn sie würde davon abhängen, wieviel Treibstoff in derartigen Fällen
verbraucht und wieviel Zeit aufgewendet werden muß, um bei Beginn und bei
Beendigung des Parkens einen geeigneten Abstellplatz außerhalb der
Parkfläche auszusuchen.
Diese Erwägungen zeigen sehr deutlich, wie wirklichkeitsfremd das Ergebnis
sein würde, wollte man der Eigenart der zwischen den Parteien zustande
gekommenen Rechtsbeziehung nicht so wie oben entwickelt Rechnung tragen,
sondern einen der Wege beschreiten, den die Rechtsordnung außerhalb des
Vertragsrechts zur Verfügung stellt, um zu einem gerechten Ausgleich zu
gelangen.
Dazu kommt noch folgendes: Gegenüber demjenigen, der während der
Bewachungszeit auf der Parkfläche parkt oder zu parken sich anschickt, es
aber von vornherein ablehnt, das tarifmäßige Entgelt zu entrichten, stehen
der Klägerin zwar die aus ihrem Besitz an der Parkfläche folgenden
Schutzrechte zu. Indessen haben ihre Ansprüche wegen Besitzentziehung (§ 861
BGB) und wegen Besitzstörung (§ 862 BGB) offensichtlich kaum praktische
Bedeutung. Und ob die Klägerin inmitten des an der Parkfläche
vorbeiflutenden Straßenverkehrs immer von ihrer Selbsthilfebefugnis (§§ 859,
860 BGB) mit Erfolg Gebrauch zu machen vermag, erscheint recht zweifelhaft.
Nur die Auffassung, daß die Klägerin einen vertragsmäßigen Anspruch auf
Zahlung des Entgelts unabhängig davon hat, ob der parkende
Kraftfahrzeugführer eine auf Vertragsschluß abzielende rechtsgeschäftliche
Erklärung abgibt, wird nach Lage der Umstände einige Gewähr dafür bieten,
daß er sich der Regelung fügt, die bezüglich der Benutzung der Parkfläche
wirksam getroffen ist.
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