Rück- und Weiterverweisung, Qualifikationsverweisung: Bewegliches und
unbewegliches Vermögen
BGH, Urteil vom 5. Juni 1957
Fundstelle:
BGHZ 24, 352
s. auch BGHZ 144, 251
Zentrale Probleme:
Auch bei der Anwendung ausländischen
Kollisionsrechts gilt der Grundsatz, daß ausländisches Recht so angewendet
werden soll, wie es tatsächlich gilt. Mit Ausnahme der ordre public-Klausel
des ausländischen Rechts sind daher sämtliche mit der Anwendung von
Kollisionsnormen verbundenen Fragen wie insbesondere Qualifikation,
Vorfragenanknüpfung, Behandlung von Mehrstaatern etc. aus der Sicht
der verwiesenen Rechtsordnung zu beantworten. Unterstellt die verwiesene
Rechtsordnung den Anknüpfungsgegenstand aufgrund einer von den deutschen
Systembegriffen abweichenden Qualifikation einer anderen Kollisionsnorm, als das
aus der Sicht der Systembegriffe des deutschen Rechts der Fall wäre, so ist dem
bei der Anwendung des IPR dieser Rechtsordnung zu folgen. Daraus kann sich dann
das Phänomen eines sog. "renvoi kraft abweichender
Qualifikation" ergeben, sofern nicht die verwiesene Rechtsordnung durch
eine sog. "Qualifikationsverweisung" die Entscheidung "aus der Hand
gibt. Zwar legt jede Rechtsordnung selbst Inhalt und Reichweite ihrer
Kollisionsnormen fest, jedoch steht es ihr frei, diese Entscheidung aus der Hand
zu geben.
Eine solche Qualifikationsverweisung enthalten nach traditioneller Common-Law Regel die
Kollisionsrechte des anglo-amerikanischen Rechtskreises: Danach beantwortet sich
die im Tatbestand deren (ungeschriebener) Kollisionsnormen häufig relevante
Frage, ob ein Gegenstand als unbeweglich oder beweglich anzusehen ist, nicht
nach den eigenen Maßstäben dieser Rechtsordnungen, sondern nach dem Recht des
jeweiligen Lageorts. Dem ist vom Standpunkt des deutschen Rechtsanwenders, der
im Wege einer Gesamtverweisung auf die entsprechende Rechtsordnung verwiesen
wird, ebenfalls zu folgen. Verweist somit
etwa das vom deutschen IPR nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB als Erbstatut berufene
Recht eines US-Bundesstaates hinsichtlich der Vererbung unbeweglichen Vermögens
auf deutsches Recht als dasjenige des Lageortes (lex rei
sitae) zurück und erklärt es gleichzeitig, daß eben dieses Recht zu
entscheiden habe, ob es sich bei dem betreffenden Nachlaßgegenstand um
bewegliches oder unbewegliches Vermögen handelt, so ist dem zu folgen und nach
deutschem Recht zu qualifizieren. Daher wird in der vorliegenden Entscheidung
die sich in Anwendung kalifornischen IPR stellende Frage, ob es sich bei einem
Gesellschaftsanteil um bewegliches oder unbewegliches Vermögen handelt, nach
deutschem Recht beantwortet.
Amtl. Leitsatz:
Anteile des Gesellschafters am Vermögen einer deutschen Personalgesellschaft des
bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts gehören grundsätzlich nach deutschem
Recht nicht zum unbeweglichen Vermögen, auch wenn das Gesellschaftsvermögen
Grundstücke umfaßt. Sie vererben sich daher auch dann nach dem ausländischen
Recht, nach dem der Gesellschafter beerbt wird, wenn sich nach dem ausländischen
Recht und Art. 27 EGBGB das in Deutschland belegene unbewegliche Vermögen nach
deutschem Recht mit der Maßgabe vererbt, daß die Frage der Zugehörigkeit eines
Nachlaßgegenstandes zum unbeweglichen Vermögen nach deutschem Recht entschieden
werden muß.
Zum Sachverhalt:
Die im Verlauf des hier anhängigen Rechtsstreits verstorbene - frühere -
Klägerin und die Beklagten sind Kinder des im Jahre 1949 in L. A. Cal. USA
verstorbenen früheren Fabrikanten H. R. Der Erblasser war zur Zeit seines Todes
staatenlos. Er hat die Beklagten durch Testament vom 14. Februar 1948 zu seinen
Erben eingesetzt. H. R. war früher Kommanditist der Firma Mechanische Weberei U.
Das Unternehmen wurde im Jahre 1936 »arisiert«, seitdem hat die Gesellschaft
keine Handelsgeschäfte mehr betrieben. Zu dem Vermögen der Kommanditgesellschaft
gehörten ua außer Grundstücken auch sämtliche Geschäftsanteile der Firma Mechanische Baumwollspinnerei W. GmbH. Die Spinnerei GmbH besaß
ebenfalls einige auf ihren Namen im Grundbuch eingetragene Grundstücke. Die
Anteile an dieser Gesellschaft wurden anläßlich der Arisierung der Weberei
Kommanditgesellschaft an den Fabrikanten W. O. in H. veräußert und ihm
übertragen. W. O. ließ die Gesellschaft im Handelsregister löschen und übernahm
ihr Vermögen unter Ausschluß der Liquidation auf die von ihm unter seinem Namen
betriebene Einzelfirma.
Von den früheren Gesellschaftern der Weberei Kommanditgesellschaft bzw den Erben
der Gesellschafter, zu denen auch die Beklagten gehören, sind
Rückerstattungsansprüche gegen die Firma W. O. auf Grund des MilRegG Nr 59
(USA-Zone) angemeldet worden. Am 6. April 1950 wurde von den
Rückerstattungsberechtigten und dem Rückerstattungspflichtigen vor dem
Schlichter ein Vergleich geschlossen. In diesem verpflichtete sich der
Rückerstattungspflichtige, den Betrieb zurückzuerstatten. Hinsichtlich der
früher der GmbH gehörenden Grundstücke wurde vereinbart, daß sie aufgelassen
werden sollten, sobald die Rückerstattungsberechtigten für die Führung des ihnen
zurückerstatteten Unternehmens ihren Zwecken entsprechende Gesellschaften oder
juristische Personen ins Leben gerufen hätten. Die Rückerstattungsberechtigten
wurden in dem Vergleich ausdrücklich ermächtigt, nach ihrem Belieben wieder die
alten Firmen Mechanische Weberei U. und Mechanische Baumwollspinnerei W. GmbH
aufleben zu lassen.
Die frühere Klägerin hat Pflichtteilsansprüche auf Grund des deutschen Rechts
hinsichtlich der zum Nachlaß ihres Vaters gehörenden in Deutschland belegenen
Grundstücke erhoben, und zwar auch insoweit, als der Erblasser unmittelbar oder
mittelbar an dem Grundbesitz der genannten Firmen beteiligt war. Sie hat sich
darauf berufen, daß nach kalifornischem Recht die Erbfolge in unbewegliches
Vermögen mit allen sich daraus ergebenden Rechtsfolgen nach dem Recht des
Staates sich richte, in dem das unbewegliche Vermögen belegen sei. Ihr
Pflichtteilsrecht ergebe sich daher aus den Vorschriften des
Deutschen Rechts, soweit in Deutschland belegenes unbewegliches Vermögen
vorhanden sei.
Die Parteien streiten darüber, ob die Beteiligung des Erblassers an den
Rückerstattungsansprüchen wegen der früher der Baumwollspinnerei W. GmbH
gehörenden Grundstücke unbewegliches Vermögen sei. Mit der Klage hat die frühere
Klägerin beantragt, zu erkennen.
»Es wird festgestellt, daß zum unbeweglichen Vermögen des Nachlasses nach H. R.
auch die Ansprüche auf Rückerstattung der Grundstücke gehören, die Eigentum der
Firma Mechanische Baumwollspinnerei W. GmbH bis zu deren Auflösung waren und zum
Zwecke der Rückerstattung von dem Fabrikanten W. O. in H. an die Gesellschafter,
bzw deren Erben, der im Jahre 1936 liquidierten Firma Mechanische Weberei U.
zurückübertragen wurden, soweit der« verstorbene H. R. an diesen
Rüdckerstattungsansprüchen beteiligt war.«
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Der Ehemann der Klägerin hat auf Grund eines von dem Notariat W. erteilten
Testamentsvollstreckerzeugnisses den ausgesetzten Rechtsstreit als
Testamentsvollstrecker und die von der früheren Klägerin eingelegte Berufung
weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil geändert
und nach dem Antrag der Klage erkannt.
Die Revision der Beklagten führte zur Wiederherstellung des landgerichtlichen
Urteils.
Aus den Gründen:
1. ...
2. Der Berufungsrichter ist mit Recht von der Frage ausgegangen, ob der in L. A.
Cal. verstorbene H. R., der an dem Rückerstattungsanspruch hinsichtlich der der
Spinnerei gehörigen Grundstücke als Gesellschafter beteiligt war, nach deutschem
oder kalifornischem Recht beerbt worden ist. Da der Berufungsrichter zu dem
Ergebnis kommt, daß gemäß Art. 27 EGBGB deutsches Recht anzuwenden ist, bat der
Bundesgerichtshof abweichend von der Regel auch die vom Berufungsgericht
vorgenommene Auslegung des kalifornischen Rechts nachzuprüfen (RGZ 136, 361;
145, 85). Dem Berufungsurteil ist zunächst darin beizutreten, daß auf den
Erbfall nach deutschem internationalem Privatrecht gemäß Art. 29 und in
analoger Anwendung des Art. 25 EGBGB an und für sich das Recht des Staates
Kalifornien anzuwenden ist, daß aber das Recht dieses Staates hinsichtlich des
unbeweglichen Vermögens auf das deutsche Recht zurückverweist (Restatement of
the Law of Conflicts of Law § 245 [S 329]) und daß nach dem internationalen
Privatrecht dieses Staates auch die Frage, ob Vermögensgegenstände bewegliches
oder unbewegliches Vermögen sind, nach dem Recht der belegenen Sache zu
entscheiden ist (Beale, Treatise on Conflict of Laws Vol II § 208, 1 [p. 934];
Raape, Internationales Privatrecht 4. Aufl S 388 f). Beide Verweisungen sind
gemäß Art. 27 EGBGB für die deutschen Gerichte verbindlich. Dies bedeutet, daß
diese Verweisung, obwohl sie eine Teilverweisung ist, trotzdem insofern eine
totale ist, als das Recht, auf das verwiesen wird, grundsätzlich in allen
Beziehungen für die Beerbung des Sondernachlasses maßgebend ist (Raape bei
Staudinger BGB 9. Aufl Anm C V 1 zu Art. 25 EGBGB). Jeder durch die Spaltung
entstandene Nachlaßteil ist grundsätzlich als selbständig anzusehen. Das besagt,
daß, soweit auf einen Teil deutsches Recht anzuwenden ist, es so anzusehen ist,
als ob dieser Teil den gesamten Nachlaß bildete (Nußbaum, Deutsches
Internationales Privatrecht § 50 V auf Seite 359). Deutsches Recht ist daher
nicht nur für die Frage der eigentlichen Erbfolge in etwaiges unbewegliches
Vermögen des Erblassers maßgebend, es entscheidet auch darüber ob einem in der
letztwilligen Verfügung übergangenen Abkömmling des Erblassers ein
Pflichtanteilsanspruch zusteht. Diese Frage hat der Berufungsrichter bejaht.
3. Bei der Entscheidung darüber, ob der Anspruch auf die Rückerstattung der
früher zum Vermögen der Spinnerei GmbH gehörenden Grundstücke gerichtet ist und
ob er bzw die dem Erblasser als ehemaligem Gesellschafter der Weberei
Kommanditgesellschaft zustehende Mitberechtigung zu seinem unbeweglichen Nachlaß
gehört, ist von dem Rechtszustand auszugehen, wie er zur Zeit des Erbfalls am
11. November 1949 bestand. Die von Aubin in JZ 1951, 511 erörterte Frage, ob der
Rückerstattungsanspruch zum Nachlaß des Verfolgten gehöre oder unmittelbar in
der Person seines Erben entsteht, kann
nur dann aufgeworfen werden, wenn der Verfolgte vor dem Inkrafttreten der
maßgebenden Rückerstattungsgesetze gestorben ist. Als der Erblasser starb, war
das Rückerstattungsgesetz für die amerikanische Zone erlassen und in Kraft
getreten. Der Rückerstattungsanspruch bzw die Beteiligung daran bestand also,
als der Erbfall eintrat. In diesem Fall ist das Recht auf Rückerstattung ein
Teil des Nachlasses, denn es ist bereits in der Person des Verstorbenen
entstanden und geht daher bei dem später eintretenden Tod auf die Erben über.
Kommt es auf den Rechtszustand zur Zeit des Erbfalls an, so bedeutet dies auch,
daß die in dem Rückerstattungsverfahren geschlossene Vereinbarung
unberücksichtigt zu bleiben hat und den Kläger, der weder an diesem Vergleich
noch am Verfahren beteiligt war, nicht bindet.
4. ...
5. Aus der Verweisung des kalifornischen Rechts auf das deutsche Erbrecht
hinsichtlich des unbeweglichen Nachlasses des Erblassers ergeben sich
Schwierigkeiten. Sie beruhen darauf, daß das deutsche Recht zwar Grundstücke und
bewegliche Sachen unterscheidet, daß ihm aber die Begriffe des unbeweglichen und
des beweglichen Vermögens als für das gesamte deutsche Recht einheitlich
bestimmte Begriffe unbekannt sind. In den Vorschriften der §§ 864 ZPO und 1551
Abs 2 BGB, die sich beide des Begriffs des unbeweglichen Vermögens bedienen,
wird der Kreis der Rechte, die nach ihnen jeweils als zum unbeweglichen Vermögen
gehörig angesehen werden, verschieden abgegrenzt. Nach § 1551 Abs 2 BGB gehören
abweichend von § 864 ZPO zum unbeweglichen Vermögen vor allem auch die
Ansprüche, die auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück gerichtet sind.
Diese Begriffsbestimmung will der Berufungsrichter hier entsprechend anwenden,
indem er davon ausgeht, daß der Rückerstattungsanspruch der Gesellschafter der
vormaligen Kommanditgesellschaft auf eine Leistung des
Rückerstattungspflichtigen, nämlich die Herausgabe der Grundstücke der
vormaligen Spinnerei GmbH gerichtet sei, wobei er es offenläßt, ob dieser
Anspruch schuldrechtlicher oder dinglicher Natur ist. Selbst wenn diese
Auffassung von der
rechtlichen Natur des Rückerstattungsrechts richtig wäre, bestehen
durchgreifende Bedenken, den § 1551 Abs 2 BGB über den von ihm selbst gezogenen
Rahmen hinaus anzuwenden. Das Gesetz läßt schon dadurch, daß es von
unbeweglichem Vermögen »im Sinne dieser Vorschrift« spricht, klar erkennen, daß
es eine allgemeine Definition nicht geben will. Es soll vielmehr nur der Kreis
der Rechte umschrieben werden, die zu dem eingebrachten Gute eines im Güterstand
der Fahrnisgemeinschaft lebenden Ehegatten gehören. Wie sich aus den Materialien
zum Bürgerlichen Gesetzbuch ergibt, waren für die Formulierung des § 1551 Abs 2
aaO spezifisch güterrechtliche Erwägungen ausschlaggebend, nämlich die
Einführung der sog. güterrechtlichen Mobilargemeinschaft hauptsächlich für die
Gebiete, in denen vor dem Inkrafttreten des BGB das französische Recht galt (Prot
IV, 5616). Für die Einbeziehung der Forderungen auf Übertragung des Eigentums an
Grundstücken usw war, abgesehen von der wirtschaftlichen Bedeutung dieser
Forderungen, vor allem der Gesichtspunkt maßgebend, den in den §§ 1549 ff BGB
geregelten Güterstand, möglichst den Vorschriften des Code Civil anzupassen. Man
nahm hierbei nämlich mit Recht an, dieser Zustand werde aus Gründen der
Tradition hauptsächlich in den Gebieten des ehemaligen französischen und
badischen Rechts auch für die nach 1900 abgeschlossenen Ehen von den Ehegatten
vertraglich vereinbart werden. Deshalb wird in den Motiven aaO auf Seite 551
ausgeführt, die Regelung des § 1432 des Entwurfs (jetzt § 1551 BGB) stimme durch
die Einbeziehung der erwähnten Forderungen im Resultat auch mit den
einschlägigen Vorschriften des Art. 526 c. c. überein. § 1551 Abs 2 BGB verfolgt
nur diesen Zweck und ist daher eine in ihrer Anwendbarkeit auf das eheliche
Güterrecht der Fahrnisgemeinschaft beschränkte Vorschrift. Sie läßt sich
außerhalb des Rechts der Fahrnisgemeinschaft auch nicht entsprechend anwenden.
Auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, auf die es der Berufungsrichter
letztlich hier abstellt, kommt eine entsprechende Anwendung nicht in Frage. Wenn
er meint, für sie spreche insbesondere die nahe Verwandtschaft zwischen der
familienrechtlichen Fahrnisgemeinschaft und der
Erbengemeinschaft sowie die sich daraus ergebende Interessenlage, so ist dieser
Gedanke nicht stichhaltig. Der Berufungsrichter übersieht den grundlegenden
Unterschied zwischen diesen beiden Vermögensgemeinschaften. Das deutsche
Erbrecht kennt keine verschiedenen Arten von Sondervermögen innerhalb des
Nachlasses, sondern wird von dem Grundsatz der Vermögenseinheit des Nachlasses
beherrscht, wie er in den Kollisionsvorschriften der Art. 24 und 25 EGBGB zum
Ausdruck gelangt ist. Er wird nur durch die Vorschriften der Art. 27 und 28 aaO
durchbrochen. Von einer Ähnlichkeit der Interessenlage kann deshalb nicht
gesprochen werden. Im Schrifttum wird denn auch von Raape aaO S 388 und wohl
auch grundsätzlich von Neuhaus in RabelsZ 19. Jahrgang (1954) S. 558 ff der
Gedanke abgelehnt, im Rahmen der Rückverweisung auf das deutsche Recht sei der
Begriff des unbeweglichen Vermögens durch entsprechende Anwendung des § 1551 Abs
2 BGB zu bestimmen.
6. Gegen die vom Berufungsrichter vertretene Ansicht spricht aber noch ein
weiteres Bedenken. Der in dem Rückerstattungsgesetz der vormaligen
amerikanischen Besatzungszone (MilRegG 59) geregelte Rückerstattungsanspruch des
von einer ungerechtfertigten Entziehung Betroffenen kann, so wie es durch die
Vorschriften dieses Gesetzes ausgestaltet ist, nicht schlechthin einem
Leistungsanspruch im Sinne des bürgerlichen Rechts (§ 194 BGB) gleichgestellt
werden. Mit Recht weist Neuhaus aaO S 565 darauf hin, daß die Rechtsnatur des
Rückerstattungsanspruchs in den verschiedenen Stadien, dh für die Zeit vor dem
Inkrafttreten des Rückerstattungsgesetzes, für die nachfolgende Zeit bis zum
Erlaß der Rückerstattungsanordnung oder bis zum Abschluß eines Vergleichs über
den Rückerstattungsanspruch und schließlich für die darauf folgende Zeit,
dogmatisch zweifelhaft ist. Die Rechtsnatur ist daher auch in Rechtsprechung und
im Schrifttum umstritten. Es wird die Ansicht vertreten, daß der
Rückerstattungsanspruch ein dinglicher Anspruch sei (so Raape aaO S 390). Andere
haben sich dafür ausgesprochen, daß es sich um einen schuldrechtlichen Anspruch
auf Wiederherstellung der früheren Rechtslage handele (Harmening-Hartenstein-Osthoff-Falk
REG Art. 12
[REG-BrZ] Anm 2 auf Bl 92 Rs). Das Oberlandesgericht in Frankfurt hält in der
auch vom Berufungsrichter erwähnten Entscheidung (NJW 1954, 111 Nr 12) den
Rückerstattungsanspruch im Hinblick auf die in Art. 15 REG (USA) getroffene
Regelung für ein Gestaltungsrecht, und diese Rechtsansicht wird auch für das im
wesentlichen gleiche Rückerstattungsrecht der früheren britischen Besatzungszone
von den Oberlandesgerichten Hamburg (NJW RzW 1952, 300 Nr 13) und Köln (NJW RzW
1953, 45 Nr 22) vertreten. Diese letztere Meinung hat in Vorschriften der
Rückerstattungsgesetze der beiden Zonen, die trotz Verschiedenheiten im
einzelnen weitgehend übereinstimmen, einen starken Rückhalt. Soweit der
zurückzuerstattende Gegenstand mit dem entzogenen identisch ist, was, wie zu
zeigen sein wird, nicht stets der Fall ist, geht der Anspruch nicht auf Rückgabe
schlechthin; die Gesetze beider Zonen setzen voraus, daß die Rückerstattung
entweder durch eine gerichtliche Entscheidung oder durch eine zwischen den am
Rückerstattungsverfahren Beteiligten getroffene Vereinbarung herbeigeführt wird,
und beide Gesetze (Art. 15 REG [USA] und Art. 12 REG [BrZ]) bestimmen für diesen
Fall, daß dann der Beschluß des Rückerstattungsgerichts oder die Vereinbarung
rückwirkend zur Folge hat, daß der durch die Entziehung bewirkte herbeigeführte
Rechtsverlust als nicht eingetreten gilt. Aber nicht stets ist das, was
Gegenstand der Entziehung war, identisch mit dem, was dem
Rückerstattungsberechtigten zurückzugewähren ist. Der Gesetzgeber hat sich der
Tatsache nicht verschließen können, daß zwischen der Entziehung und der
Wiedereinsetzung des Berechtigten in seine Rechte ein längerer Zeitraum
verstrichen ist und daß nicht alle Veränderungen, die der entzogene Gegenstand
in diesem Zeitraum erfahren hat, schlechtweg ungeschehen gemacht werden können.
Diesem Umstand wird, soweit das hier allein interessierende
Rückerstattungsgesetz der vormaligen amerikanischen Besatzungszone in Betracht
kommt, ua in den Vorschriften der Art. 21, 22, 23, 24, 26, 27 und 29 REG (USA)
Rechnung getragen, und schließlich muß sich der Rückerstattungsberechtigte in
den in Art. 30 ff aaO geregelten Fällen unter den dort gegebenen
Voraussetzungen mit der Einräumung eines Schadenersatzanspruchs begnügen. Es ist
daher entgegen der in dem Kommentar von Godin REG 2. Aufl Anm 1 zu Art. 67 REG
(USA) auf Seite 210 vertretenen Ansicht durchaus sinnvoll, wenn das
amerikanische Rückerstattungsgesetz in Art. 67 bestimmt, daß die
Wiedergutmachungskammer die Rechtsbeziehungen der Beteiligten gemäß diesem
Gesetz zu gestalten hat, eine Vorschrift, die auch in Art. 59 Abs 1 REG (BrZ)
und in Art. 61 Abs 1 REAOBln wörtlich übernommen worden ist. Soweit Gegenstand
der Rückerstattung die Beteiligung eines Rückerstattungsberechtigten an einem
geschäftlichen Unternehmen ist, ist aus den erwähnten Gründen den
Rückerstattungsgerichten außerdem noch ausdrücklich eine weitgehende Befugnis zu
bestimmten rechtsgestaltenden Regelungen eingeräumt worden (Art. 23 und 24 REG
[USA]).
7. Der vorliegende Fall gibt jedoch keinen Anlaß, zu der Frage der Rechtsnatur
des Rückerstattungsechts in dem hier allein in Frage kommenden Zeitabschnitt
zwischen dem Inkrafttreten des Rückerstattungsgesetzes bis zum Erlaß einer
Rückerstattungsanordnung oder dem Abschluß einer Vereinbarung gemäß Art. 15 Abs
2 und 3 REG (USA) abschließend Stellung zu nehmen. Hier handelt es sich
lediglich um die Frage, ob ein solches Rückerstattungsrecht, soweit es entweder
unmittelbar oder mittelbar dem früheren Berechtigten entzogen worden ist, oder
die »Beteiligung« an einem solchen Recht unbewegliches Vermögen im Sinne des
nach Art. 27 EGBGB maßgebenden deutschen Rechts ist. Die vorstehenden
Ausführungen zeigen auf jeden Fall soviel, daß bei der Verschiedenheit der in
einem solchen Fall in Betracht kommenden rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten
der Rückerstattungsverpflichtung dem Rückerstattungsrecht nicht schlechthin der
rechtliche Charakter eines auf Leistung gerichteten Anspruchs zukommt. Ob ein
Rückerstattungsrecht unbewegliches oder bewegliches Vermögen ist, muß nach
anderen Gesichtspunkten entschieden werden als nach denen, die der
Berufungsrichter für ausschlaggebend gehalten hat.
a) Auszugehen ist dabei davon, daß im Grundsatz Rückerstattung, wie
Harmening-Hartenstein-Osthoff-Falk aaO in Anm II zu Art. 1 auf Bl Nr 58
zutreffend ausführen, Wiedereinsetzung des von einer ungerechtfertigten
Entziehung Betroffenen in seinen früheren Rechtsstand und Herausgabe
identifizierbarer Vermögensgegenstände an ihn ist. Genau genommen ist das nur
dann möglich, wenn der entzogene Gegenstand noch vorhanden ist. In diesen Fällen
dürfte es unbedenklich sein, das Recht auf Rückerstattung entzogener und
zurückzugewährender Grundstücke auch schon vor Erlaß der nach Art. 15 Abs 1 REG
(USA) ergangenen Entscheidungen oder dem Abschluß einer gültigen Vereinbarung
nach Art. 15 Abs 3 aaO zum unbeweglichen Vermögen im Sinne des deutschen Rechts
zu rechnen, wenn auch das Gesetz den Entziehungsakt nicht unmittelbar für
unwirksam erklärt, sondern diese Rechtswirkung von einer rechtzeitigen Anmeldung
des Rechts und den in Art. 15 Abs 1 und 3 aaO genannten Rechtsakten abhängig
macht. Es ist kein hinreichender Grund dafür ersichtlich, das durch die
Vorschriften des Rückerstattungsgesetzes geschaffene Zwischenstadium zwischen
dem Erlaß des Gesetzes und den erwähnten Rechtsakten anders zu behandeln als das
Recht selbst, um dessen Entziehung und Rückerstattung es sich handelt, wie auch
das Oberlandesgericht in Frankfurt aaO angenommen hat.
b) Wie aber bereits erwähnt, ist nicht in allen vom Gesetz geregelten Fällen der
Rückerstattung der entzogene Gegenstand mit dem zurückzuerstattenden Gegenstand
identisch. Sind die nach Art. 21 Abs 3 zurückzuerstattenden Beteiligungen an
geschäftlichen Unternehmungen, wenn die in Art. 22 REG angegebenen Gründe
vorliegen, nach der Entziehung erloschen, oder ist das entzogene
Einzelhandelsgeschäft (Art. 24 aaO) mit einem anderen Unternehmen verschmolzen
oder aus anderen Gründen nicht mehr existent, dann sieht das Gesetz vor, daß
Ersatzrechte zurückzugewähren sind. Ist ein geschäftliches Unternehmen
Gegenstand der Entziehung gewesen, dann erstreckt sich die Rückerstattung unter
den gesetzlich geregelten Voraussetzungen auch auf Gegenstände, die nicht
entzogen
wurden, sondern den Zwecken des an und für sich als identisch zu behandelnden
Unternehmens erst nach der Entziehung gewidmet worden sind. Auch sie unterliegen
der »Rückerstattung« und sind an den Rückerstattungsberechtigten unter den
Voraussetzungen des Art. 29 Abs 3 REG (USA) herauszugeben. In diesem
Zusammenhang ist auch auf die in den Art. 29 ff geregelte Pflicht zur Herausgabe
von Surrogaten oder zur Leistung von Schadenersatz hinzuweisen. Der letztere ist
gemäß dem auch hier anzuwendenden § 249 BGB nicht in erster Linie in Geld,
sondern durch Herstellung des Zustandes zu erbringen, der ohne das
schadenstiftende Ereignis bestehen würde (ORG BrZ NJW RzW 1955, 205 Nr 12). Auch
in diesen Fällen gilt, daß die Rückgewähr letzten Endes stets im Rahmen des
rechtlich und tatsächlich Möglichen auf Wiederherstellung des früheren Zustandes
abzielt, also in einem weiteren Sinne auch Rückerstattung, dh Wiedereinsetzung,
ist. Es wäre unbillig, mit Rücksicht auf die Art der gesetzlichen Regelung
dieser Fälle das Rückerstattungsrecht in dem erwähnten Zwischenstadium in keinem
Falle zu dem unbeweglichen Vermögen des Rückerstattungsberechtigten zu rechnen.
Jedoch kann es hier nicht darauf ankommen, was entzogen worden ist, sondern was,
falls eine Entscheidung ergeht oder eine gültige Vereinbarung zustande kommt,
voraussichtlich »zurückerstattet« werden muß. Bei Rückerstattungsrechten solchen
Inhalts ist die Entziehung nur der Rechtsgrund für das eingeräumte
Rückerstattungsrecht. Der rechtliche Charakter eines Rechts wird aber nicht nur
durch seinen Rechtsgrund bestimmt, sondern vor allem auch durch seinen Inhalt
oder den Gegenstand, auf den es gerichtet ist. Nur wenn das Recht, das der
Rückerstattungsberechtigte nach den Vorschriften des Rückerstattungsgesetzes
erhalten soll, zu dem unbeweglichen Vermögen gehört, ist schon der
»Rückerstattungsanspruch« selbst in dem Zwischenstadium, das zwischen Erlaß des
Gesetzes und dem die Rückerstattung selbst bewirkenden Rechtsakt liegt, dem
unbeweglichen Vermögen zuzuzählen. Denn auch Rückerstattungsrechte dieser Art
dienen dem Zweck, den Entziehungstatbestand rückgängig zu machen (OLG Hamburg
NJW RzW 1949/50, 376 Nr 13).
Unter diesen Gesichtspunkten ist der vorliegende Fall zu behandeln.
8. ...
9. Es kann dem Berufungsrichter nicht zugegeben werden, daß es unerheblich ist,
worauf der Rückerstattungsanspruch der Beklagten vor dem Abschluß der
Vereinbarung im Rückerstattungsverfahren gerichtet war. Geht dieser Anspruch auf
Rückerstattung der Geschäftsanteile der aufgelösten GmbH, so hat er in keinem
Fall die Rückerstattung unbeweglichen Vermögens zum Gegenstand, mag man davon
ausgehen, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung sei rückwirkend
wiederhergestellt und die Anteile könnten deshalb auch herausgegeben werden, mag
man annehmen, der Rückerstattungspflichtige sei aus dem Gesichtspunkt des
Schadenersatzes oder einem sonstigen rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, die
von ihm aufgelöste GmbH wiederherzustellen und die Geschäftsanteile daran auf
die Gesellschaft der Rückerstattungsberechtigten zu übertragen. Ob dieser
letztere vom Berufungsrichter ins Auge gefaßte Weg überhaupt gangbar ist, kann
dahinstehen. Denn, wie dem auch sei, die Geschäftsanteile würden in jedem Fall
kein unbewegliches Vermögen im Sinne des deutschen Rechts darstellen, selbst
wenn zu ihrem Vermögen Grundstücke oder wie Grundstücke zu behandelnde Rechte
gehörten (Raape aaO S 390). Ob für den Fall, daß es sich um die Anteile an einer
sog. Grundstücksgesellschaft handelt, anders zu entscheiden wäre, braucht hier
nicht entschieden zu werden. Weder aus dem Vorbringen der Parteien noch aus den
im Tatbestand des Berufungsurteils in Bezug genommenen Akten ergibt sich etwas
dafür, daß das Vermögen der Spinnerei GmbH nur aus Grundstücken bestanden hat.
Zu demselben Ergebnis kommt man aber auch, wenn man davon ausgeht, der
Rückerstattungsanspruch der Gesellschafter der Weberei Kommanditgesellschaft sei
nicht auf die Rückerstattung von Geschäftsanteilen, sondern auf die zu dem
Unternehmen der Spinnerei GmbH gehörigen Vermögensgegenstände gerichtet gewesen.
Dem Berufungsrichter kann nicht darin beigetreten werden, ein solcher Anspruch ergebe sich daraus, daß den
Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft nicht nur die Geschäftsanteile an der
Spinnerei, sondern auch deren Vermögen entzogen worden sei. Der Berufungsrichter
übersieht dabei zunächst, daß die Ansprüche auf Rückerstattung von entzogenen
Vermögen nach den Art. 7 und 9 REG (USA) nur der Gesellschaft als solcher
zustehen können, wenn auch die Gesellschafter nach Art. 9 aaO das Recht haben,
diese Ansprüche anzumelden und geltend zu machen. Hierdurch wird die
Zugehörigkeit der Rückerstattungsrechte zum Vermögen des Berechtigten, dem sie
entzogen worden sind, auch dann nicht berührt, wenn der Verfolgte eine
juristische Person oder eine Personalgesellschaft des Handels rechts ist.
Entscheidend aber ist, daß das der Spinnerei GmbH gehörende Vermögen weder
unmittelbar noch mittelbar Gegenstand der Entziehung nach Art. 1 ff REG (USA)
gewesen ist. Entzogen worden sind lediglich die der Weberei
Kommanditgesellschaft zur gesamten Hand gehörenden Geschäftsanteile an der
Spinnerei GmbH. Nach feststehender Rechtsprechung der obersten und anderer
Rückerstattungsgerichte und auch des Bundesgerichtshofs kann die Entziehung von
Gesellschaftsanteilen oder Aktienrechten, auch wenn bei wirtschaftlicher
Betrachtungsweise ihnen das gesamte Unternehmen der Aktiengesellschaft oder
einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung entspricht, nicht gleichzeitig als
Entziehung der dem Unternehmen dienenden Vermögensgegenstände behandelt werden
(CORA NJW RzW 1955, 346 Nr 3; 348 Nr 5; BOR ebenda 1952, 274 Nr 26; BGHZ 10,235;
OLG Frankfurt ebenda 1956, 3 Nr 4). Dieselbe Ansicht wird auch von Serick in NJW
1956, 895 ff vertreten. Wie der Bundesgerichtshof in der erwähnten Entscheidung
ausgeführt hat, würde die Betrachtungsweise, wie sie von der damaligen Revision
und hier vom Berufungsgericht vertreten wird, einen weitgehenden Einbruch in die
Grundlagen des deutschen Privatrechtsystems bedeuten. Die Rückerstattungsgesetze
beseitigen keineswegs den Unterschied zwischen der Entziehung von Beteiligungen
und der Entziehung eines geschäftlichen Unternehmens als solchem.
Es läßt sich allerdings nicht ausschließen, daß es Fälle gibt, in denen das
»Durchstoßen des Schleiers einer Korporation« angebracht und aus Rechtsgründen
notwendig ist. Ein solcher Standpunkt, von dem Board of Review in der in NJW RzW
1955, 347 Nr 4 abgedruckten Entscheidung als »extrem« bezeichnet, läßt sich
aber, wie dieser Gerichtshof mit Recht ausführt, nur vertreten, wenn für die
Anteilsinhaber auf andere Weise eine angemessene Abhilfe nach dem
Rückerstattungsgesetz nicht erreicht werden kann. Davon kann aber hier nicht die
Rede sein, da hier zugunsten der Gesellschafter bzw der Kommanditgesellschaft
oder der nach der Ansicht des Berufungsgerichts an ihre Stelle getretenen
Gesellschaft des bürgerlichen Rechts das der aufgelösten Spinnerei GmbH
gehörende Vermögen, sei es als Surrogat der in der Hand des
Rückerstattungspflichtigen vereinigten und mit der Auflösung erloschenen
Geschäftsanteile, sei es im Wege der Naturalrestitution gemäß dem auch auf die
Schadenersatzpflicht nach Art. 30f REG (USA) entsprechend anzuwendenden § 249
BGB Gegenstand des Rückerstattungsrechts geworden ist. Die Gesellschaft ist nach
der Entziehung der Anteile durch den Erwerber nach den Vorschriften des Gesetzes
über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften vom 5. Juli 1934 (RGBl I, 569) in
ein Einzelhandelsunternehmen umgewandelt worden. Das Vermögen der Gesellschaft
ist ohne Liquidation auf den Inhaber der Personalfirma W. O. im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge übergegangen. Es kann daher nicht nur rechtlich, sondern
auch wirtschaftlich als Ersatz oder, was dem hier gleichsteht, als Surrogat der
Geschäftsanteile angesprochen werden. In Art. 29 aaO, der nicht unmittelbar
anwendbar ist, weil der Rückerstattungspflichtige nicht »früherer« Inhaber des
entzogenen Vermögens ist, sondern der einzige Rückerstattungspflichtige war und
auch noch ist, ist das Surrogationsprinzip nach dem Vorbild des § 281 BGB
anerkannt. Auch den Vorschriften der Art. 22 und 24 REG (USA) liegen ähnliche
Erwägungen zugrunde. Zu dem gleichen Ergebnis würde man kommen, wenn man in der
Umwandlung der Gesellschaftsfirma in das Unternehmen einer Einzelperson eine
schuldhafte Handlung im Sinne des Art. 31
Abs 1 aaO sehen würde. Ob dieses hier der Fall ist, ist zweifelhaft und braucht
hier nicht entschieden zu werden, da schon der entsprechend anwendbare Art. 29
aaO zu demselben Ergebnis führt. Dem steht auch nicht entgegen, wenn man mit dem
Berufungsrichter annimmt, der durch die Auflösung der GmbH entstandene Schaden
könnte dadurch wiederhergestellt werden, daß die Gesellschaft entweder als
fortbestehend angesehen wird oder von neuem ins Leben gerufen wird, eine in Art.
23 aaO vorgesehene Möglichkeit. Sicher kann entgegen der Ansicht des
Berufungsrichters der Anspruch auf Rückerstattung der Anteile nicht selbständig
neben dem Anspruch auf Rückgabe des Vermögens der juristischen Person stehen und
man kann nicht in demselben Fall einmal die Anteile und ein andermal das
Vermögen als entzogenen Gegenstand behandeln (BOR in NJW RzW 1952, 274 Nr 26).
Aber es ist rechtlich möglich, daß die Rückerstattungsberechtigten, die an sich
im Wege der Rückerstattung wieder in den Besitz der Geschäftsanteile zu setzen
sind, die Umwandlung durch den Rückerstattungspflichtigen nachträglich entweder
ausdrücklich oder stillschweigend durch Stellung entsprechender Anträge im
Rückerstattungsverfahren genehmigen. Das ist, wie aus dem der Entscheidung des
Berufungsgerichts zugrunde liegenden Tatbestand zu entnehmen ist, auch im
vorliegenden Fall geschehen.
10. Wenn der Rückerstattungsanspruch hier auf Rückerstattung des dem Unternehmen
gewidmeten Vermögens, das in seinen wesentlichsten Bestandteilen auch heute noch
vorhanden ist, gerichtet war, so ist daraus entgegen der Auffassung des
Berufungsrichters aber nicht zu folgern, der Rückerstattungsanspruch gehöre zum
unbeweglichen Vermögen, weil zu dem Vermögen der Gesellschaft auch Grundstücke
gehörten. Auch im Berufungsurteil wird angenommen, der Rückerstattungsanspruch
gehöre auch, soweit er sich auf das Vermögen der Spinnerei GmbH bezieht, zu dem
Gesamthandsvermögen einer von den früheren Inhabern der Kommanditgesellschaft
gebildeten Gesellschaft. Der Berufungsrichter meint, es handele sich um eine
solche des bürgerlichen Rechts, weil die frühere Handelsgesellschaft seit der
Liquidation im Jahre 1936 keine Handelsgeschäfte mehr betrieben habe. Er schließt sich damit der von den
Rückerstattungsberechtigten im Rückerstattungsverfahren und den Beklagten des
vorliegenden Rechtsstreits vertretenen Ansicht an. Es handelt sich aber hier
nicht um eine Tatsachenbehauptung, die, weil sie unter den Parteien des
Rechtsstreits unstreitig ist, der Entscheidung durch die Gerichte zugrunde
gelegt werden muß. Die Ansicht ist eine unverbindliche Rechtsmeinung, die die
Gerichte nicht hindert, den Sachverhalt rechtlich richtig und abweichend zu
würdigen. Bei richtiger rechtlicher Würdigung des Gesellschaftsverhältnisses ist
es vielmehr so, daß die Auflösung der Kommanditgesellschaft dadurch, daß sie
durch die Rückerstattung wieder zu Vermögen gelangt ist, hinsichtlich dieses
Vermögens als zum mindesten im Liquidationsstadium fortbestehend angesehen
werden muß. Ihr stehen daher auch die Rückerstattungsrechte als
Gesamthandseigentum zu, auch soweit sie sich auf das Vermögen der Spinnerei GmbH
beziehen (ORG Berlin NJW RzW 1956, 207 Nr 23; CORA ebenda 1955, 347 Nr 3). An
diesem Vermögen ist der Erblasser als Kommanditist entsprechend seinem
ursprünglichen Kommanditanteil beteiligt. Die dadurch erlangte Rechtsstellung
unterscheidet sich hinsichtlich seiner Rechtsstellung zu dem Gesamthandsvermögen
der Gesellschafter in nichts von der eines Gesellschafters einer
bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft (Geßler-Hefermehl HGB 3. Aufl § 161 Anm 26).
Die Rechtsstellung des Kommanditisten ist, was seine Beteiligung am
Gesellschaftsvermögen anlangt, nicht von der eines persönlich haftenden
Gesellschafters verschieden.
Würde nun im vorliegenden Fall die Rückerstattung nach Maßgabe des Gesetzes
durchgeführt worden sein, und darauf ist nach dem früher Ausgeführten allein
abzustellen, so würde das zurückerstattete Vermögen wieder Gesamthandsvermögen
der Kommanditgesellschaft, sei es, daß diese noch als Liquidationsgesellschaft
fortbesteht oder durch die Rückerstattung des Unternehmens in das Stadium der
werbenden Gesellschaft zurückversetzt worden wäre. In jedem Fall würde der
Erblasser bzw seine Erben an diesem Vermögen als Gesellschafter beteiligt sein.
Ein Anteil an dem Vermögen einer Personalgesellschaft ist aber nach deutschem Recht kein unbewegliches Vermögen, auch wenn zu
dem Gesellschaftsvermögen Grundstücke gehören. Das deutsche Recht macht in der
rechtlichen Behandlung der Gesellschaftsanteile an dem Vermögen einer
Personalgesellschaft keinen Unterschied danach, ob zu diesem Vermögen
Grundstücke gehören oder nicht. Tritt ein Gesellschafter in eine Gesellschaft
ein, die Grundstücke besitzt oder scheidet er aus ihr aus, so tritt eine
entsprechende Anwachsung auch an den Anteilen an den Grundstücken an den neuen
Gesellschafter bzw an die verbleibenden Gesellschafter nach dem Ausscheiden ein,
ohne daß es einer Auflassung der Grundstücke nach § 925 BGB an den eintretenden
Gesellschafter bzw von ihm an die verbleibenden Gesellschafter (§ 738 BGB)
bedarf (RGZ 65, 227; 68, 411; Wolff-Raiser, Sachenrecht § 60 Anm 2 S 210). Tritt
ein neuer Gesellschafter in eine Gesellschaft ein, die Grundstücke zu eigen hat,
dann bedarf auch der Aufnahmevertrag nicht der Form des § 313 BGB (RGZ 106, 66).
Auch begründet Grundbesitz für Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis
ebensowenig wie für Streitigkeiten erbrechtlicher Natur (Stein-Jonas-Schönke-Pohle
ZPO § 24 Anm III 1 für die Erbschaftsklage nach § 2018 BGB) einen Gerichtsstand
nach § 24 ZPO. Ob für eine reine Grundstückspersonalgesellschaft nach
bürgerlichem Recht etwas anderes zu gelten hat (so Neuhaus aaO S 566), kann
dahinstehen. Bei einer Kommanditgesellschaft handelt es sich nicht um eine
solche. Das Gesellschaftsverhältnis bzw die Beteiligung der einzelnen
Gesellschafter erlangt keinen besonderen Inhalt dadurch, daß zu dem
Gesellschaftsvermögen unbewegliches Eigentum gehört. Es läßt sich mit dem
einheitlichen Charakter der Anteile von Gesellschaftern an dem
Gesellschaftsvermögen nicht vereinbaren, diese Anteile, wenn das
Gesellschaftsvermögen bewegliche und unbewegliche Vermögensgegenstände umfaßt,
in einen beweglichen und einen unbeweglichen Teil aufzuspalten (so auch Neuhaus
aaO S 566). Das gilt insbesondere auch dann, wenn es sich dabei darum handelt,
nach welchem Recht sich die Anteile vererben. Das deutsche Recht bekennt sich in
seinen kollisionsrechtlichen Vorschriften zu dem Grundsatz der
Universalsukzession, dh der einheitlichen Vererbung des gesamten Nachlasses. Dieses
Prinzip liegt den Vorschriften der Art. 24 ff EGBGB zugrunde. Damit wird vor
allem auch der Zweck verfolgt, die mit einer erbrechtlichen Spaltung eines
Nachlasses verbundenen Schwierigkeiten zu vermeiden (Nußbaum aaO S 348, 359). Es
besteht daher vom Standpunkt des deutschen Kollisionsrechts aus kein Anlaß, die
sich aus der Anwendung des Art. 27 EGBGB ergebende Nachlaßspaltung weiter
durchzuführen, als es durch diese Vorschrift unbedingt gefordert wird (Raape aaO
S 389; Neuhaus aaO S 562). Durchgreifende Gründe sind hier nicht dargetan, den
Gesellschaftsanteil des Erblassers in einen nach deutschem und einen nach
kalifornischem Recht vererblichen Teil zu zerlegen, sondern es ist angemessen,
ihn in seiner nicht nur rechtlichen, sondern auch wirtschaftlichen Einheit
demselben Recht hinsichtlich des Übergangs durch Erbfolge zu unterwerfen. Die
mit der Klage erbetene Feststellung kann somit nicht getroffen werden.
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