BGHZ 41, 157
Amtl. Leitsätze:
1. Die Vorschriften der §§ 994 - 1003
BGB regeln im Verhältnis zwischen Eigentümer und nichtberechtigtem
Besitzer den Ersatz von Verwendungen erschöpfend und schließen
die Anwendbarkeit des allgemeinen Bereicherungsrechts aus; der Ausschluß
erstreckt sich zugleich auf den § 951 Abs. 1 BGB. Bei dieser Ausschlußwirkung
bewendet es auch dann, wenn sich eine werterhöhende Maßnahme
des Besitzers nicht als Verwendung im Rechtssinne darstellt und er infolgedessen
keinen Ersatz nach § 996 BGB verlangen kann.
2. Darf der Besitzer, der mittels unentschuldigten
Grenzüberbaues auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude erstellt
hat, wegen des Abbruchverbotes in § 22 Abs. 1 des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes
von seinem Wegnahmerecht aus § 997 BGB keinen Gebrauch machen, so
hat ihm der Eigentümer, der ihn auf Herausgabe in Anspruch nimmt,
eine angemessene Entschädigung in Geld zu gewähren.
Zentrales Problem:
Als Verwendungen i.S.v. § 994 BGB werden gemeinhin
willentliche Vermögensaufwendungen verstanden, die (zumindest auch)
der Sache zugute kommen sollen, indem sie sie wiederherstellen, erhalten
oder verbessern. Der BGH vertritt in ständiger Rechtsprechung beim
Bau auf fremden Grund einen "engen Verwendungsbegriff", indem er die grundlegende
Umgestaltung des Grundstücks durch Bebauung nicht als Verwendung i.S.v.
§ 994 BGB ansieht. Da er aber dennoch eine Sperrwirkung der §§
987 ff BGB gegenüber dem Bereicherungsrecht bejaht, hat derjenige,
der auf fremden Grund gebaut hat, nicht nur keinen Anspruch auf Verwendungsersatz,
sondern auch keinen Bereicherungsanspruch aus §§ 951, 812 I 1
Alt. 2 BGB (Verwendungskondiktion). Es bleibt ihm dann lediglich ein -
häufig wertloses - Wegnahmerecht nach § 997 BGB. Nur in Ausnahmefällen
(etwa Ausschluß des Wegnahmerechts aus öffentlich-rechtlichen
Gründen) wird ein Ausgleichsanspruch aus § 242 BGB bejaht. Die
Gegenansicht in der Literatur geht dagegen von einem weiten Verwendungsbegriff
aus, vgl. etwa Medicus BürgR Rn. 875. Str. ist allerdings,
ob der Begriff der Wertsteigerung subjektiv danach zu bestimmen, was die
Verwendung gerade für den Eigentümer wert war, oder ob ein objektiver
Maßstab anzulegen ist.
Soweit die Literatur dem engen Verwendungsbegriff
des BGH folgt, wird z.T. entgegen der in der vorliegenden Entscheidung
vertretenen Ansicht die Auffassung vertreten, daß der Besitzer in
diesem Fall nach §§ 951, 812 Wertersatz für die Aufwendungen
verlangen kann, also keine Sperrwirkung des EBV vorliegt.
Die beklagte Siedlungsgesellschaft hat in den Jahren
1951 und 1952 bei Errichtung eines Wohnblocks dergestalt über die
Grenze gebaut, daß ein Teil des Gebäudes auf den beiden Grundstücken
der Klägerin zu stehen kam. Verhandlungen mit dem Ziel, die Klägerin
zur käuflichen Überlassung der beiden Grundstücke zu bewegen,
führten zu keinem Erfolg. Ein von der Beklagten eingeleitetes Enteignungsverfahren
endete wegen Fristversäumung ergebnislos.
In dem gegenwärtigen Rechtsstreit verfolgt
die Klägerin ihre Eigentümerrechte gegenüber der Beklagten.
Nachdem ihr für den zunächst erhobenen Anspruch auf Beseitigung
des Überbaues das Armenrecht versagt worden war, hat sie Herausgabe
ihrer beiden Grundstücke verlangt, ferner im Wege der Stufenklage
Auskunft über die von der Beklagten aus den Grundstücken gezogenen
Nutzungen und Erstattung dieser Nutzungen. Dem Auskunftsanspruch ist durch
Teilurteil stattgegeben worden (vgl. dazu das frühere Revisionsurteil
des erkennenden Senats BGHZ 27, 204). Gegenüber dem Anspruch auf Grundstücksherausgabe
macht die Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht geltend wegen ihrer Bauaufwendungen,
die sie mit insgesamt 772 663,67 DM beziffert; sie hat dieserhalb Widerklage
erhoben. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte verurteilt, die beiden
Grundstücke mit dem darauf bzw. darüber befindlichen Teil des
Hochhauses an die Klägerin herauszugeben; es hat auf die Widerklage
die Klägerin zur Zahlung von 772 663,67 DM an die Beklagte verurteilt
und ausgesprochen, daß die vorgenannten beiden Verpflichtungen Zug
um Zug zu erfüllen seien.
Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
1. Mit Recht wendet sich die Revision gegen den
Standpunkt des Berufungsgerichts, die für die Rechtsbeziehungen der
Parteien maßgebliche Gesetzesvorschrift sei der § 951 Abs. 1
BGB. Sie verweist demgegenüber zutreffend auf die höchstrichterliche
Rechtsprechung, wonach es sich bei den §§ 987 ff BGB um eine
erschöpfende Sonderregelung handele, die dem allgemeinen Bereicherungsrecht
vorgehe (RG JW 1937, 2519 Nr. 16; RGZ 163, 348, 352; vgl. auch BGB-RGRK
11. Aufl. § 994 Anm. 1).
Die genannten Vorschriften regeln das Verhältnis
des nichtberechtigten Besitzers zum nichtbesitzenden Eigentümer abschließend,
so daß daneben andere, scheinbar auf den gleichen Tatbestand zugeschnittene
gesetzliche Bestimmungen nicht zum Zuge kommen. »Ausschließlich«
in diesem Sinne ist insbesondere die Regelung der §§ 994 - 1003
BGB über den Ersatz der vom Besitzer auf die Sache gemachten Verwendungen;
sie geht, wie der Senat entschieden hat (Urt. v. 7. Februar 1962, V ZR
194/60, S. 10), den Vorschriften der §§ 812 ff BGB vor. Zu dem
hiernach von der Anwendung ausgeschlossenen Bereicherungsrecht gehört
auch der § 951 Abs. 1 BGB; denn wenn in dieser Vorschrift - die für
den Eigentumsverlust infolge Verbindung beweglicher Sachen mit einem Grundstück
(§ 946 BGB) einen Anspruch auf Vergütung in Geld gewährt
- auf die Bereicherungsbestimmungen verwiesen wird, so bedeutet das, daß
der Vergütungsanspruch nur unter den in § 812 Abs. 1 BGB angegebenen
Voraussetzungen entsteht; § 951 BGB schafft keinen selbständigen
Entstehungstatbestand für einen Geldanspruch, er stellt lediglich
einen Unterfall des allgemeinen Bereicherungsrechts dar (BGHZ 17, 236,
238 f; 35, 356, 359 f; 40, 272, 276; LM BGB § 812 Nr. 14; Urt. v.
29. Januar 1964, V ZR 185/61, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGB
RGRK aaO § 951 Anm. 3; Siebert/Oechßler, BGB 9. Aufl. §
951 Anm. 1; Berg, AcP 160, 505 f; ebenso jetzt auch Westermann, Sachenrecht
4. Aufl. § 54 Nr. 1, S. 270, unter Aufgabe seines abweichenden Standpunktes
in der 3. Aufl. aaO, S. 261). Den §§ 994 ff BGB gebührt
also der Vorrang nicht nur vor den allgemeinen Bestimmungen der §§
812 ff BGB, sondern auch vor § 951 Abs. 1 BGB.
Da diese Vorschrift, auf die das Berufungsgericht
die Verurteilung der Klägerin zur Geldzahlung gestützt hat, als
Anspruchsgrundlage ausscheidet, bleibt zu prüfen, ob das Widerklagebegehren
durch die §§ 994 ff BGB gerechtfertigt wird. Ihre allgemeinen
Voraussetzungen sind gegeben: Zwischen den Parteien besteht ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis;
die Beklagte war ferner, was für die Anwendbarkeit der genannten Vorschriften
unerläßlich ist (BGHZ 27, 317, 320; 31, 129, 132), bei Errichtung
des Hochhauses nicht zum Besitz der überbauten Grundfläche berechtigt,
da unstreitig keine rechtswirksame Enteignung stattgefunden hatte. Was
die einzelnen Vorschriften anbetrifft, so käme hier aber lediglich
der § 996 BGB in Betracht; denn »notwendige« Verwendungen
nach Maßgabe der §§ 994, 995 BGB liegen nicht vor, insbesondere
stellte die Bebauung der beiden Grundstücke mit einem Hochhaus-Teil
keine Maßnahme dar, die zu ihrer Erhaltung oder ordnungsgemäßigen
Bewirtschaftung objektiv erforderlich gewesen wäre (BGH Urt. v. 14.
Dezember 1954, I ZR 134/53, NJW 1955, 340, 341; BGB-RGRK aaO § 994
Anm. 21). Dagegen wurde durch die Bebauung der Wert der überbauten
Grundstücke im Sinne von § 996 BGB erhöht. Allein diese
Vorschrift gewährt (sofern das weitere Erfordernis der Gutgläubigkeit
erfüllt ist) einen Ersatzanspruch nur für Verwendungen. Es fragt
sich, ob die Erstellung eines Gebäudes auf einem fremden Grundstück
als »Verwendung« in dem angegebenen Sinne verstanden werden
kann. Der Berufungsrichter hat das verneinen wollen; denn er stellt darauf
ab, daß die von der Beklagten vorgenommene Grundstücksbebauung
nicht dazu gedient habe, die Bausubstanz, die in den Grundstücken
der Klägerin bereits vorhanden gewesen sei, zu erhalten, zu verbessern
oder zu pflegen, sondern daß damit ein vollkommen neues Bauwerk geschaffen
worden sei.
Dem ist beizutreten. Verwendungen sind Vermögensaufwendungen,
die der Sache zugute kommen sollen, ohne sie grundlegend zu verändern
(Palandt/Hoche aaO Vorbem. 2 vor § 994). Wie der erkennende Senat
in BGHZ 10, 171 ausgeführt hat, fallen unter den Verwendungsbegriff
nur diejenigen Maßnahmen, die darauf abzielen, den Bestand der Sache
als solcher zu erhalten oder wiederherzustellen. Das kann, handelt
es sich um ein Grundstück, zwar unter Umständen auch im Wege
der Bebauung geschehen, etwa wenn ein vom Hochwasser gefährdetes Grundstück
durch Errichtung eines Deiches geschützt oder ein abschüssiges
Grundstück durch Bau einer Stützmauer vor dem Abgleiten bewahrt
wird; ebenso stellt möglicherweise die Anlegung eines Stalles auf
einem landwirtschaftlichen oder eines Kesselhauses auf einem industriellen
Grundstück eine Verwendung dar. Der Senat hat es aber in jener Entscheidung
als etwas durchaus anderes bezeichnet, wenn der Besitzer auf einem bisher
unbebauten Grundstück ein Wohnhaus, eine Lagerhalle oder ein Fabrikgebäude
errichtet; dann werde durch den Bau nicht das Grundstück in seinem
Bestand verbessert, sondern sein Zustand verändert, indem es fortan
für einen Zweck benutzt werde, dem es bisher nicht gedient habe; in
solchen Fällen sei die Errichtung des Bauwerks keine Verwendung auf
das Grundstück im Rechtssinne, wie sie denn auch im Sprachgebrauch
nicht als Grundstücksverwendung bezeichnet werde. Diese Auslegung
des Verwendungsbegriffs, die im Schrifttum gelegentlich Ablehnung erfahren
hat (Breetzke, NJW 1954, 171; Siebert/Mühl, BGB 9. Aufl. § 994
Anm. 2, unter Bezugnahme auf OLG Breslau HRR 1939 Nr. 1101), ist vom Senat
in späteren Entscheidungen aufrechterhalten worden (Urteile v. 23.
Oktober 1953, V ZR 38/52, LM BGB § 946 Nr. 6 = NJW 1954, 265, und
v. 17. September 1954, V ZR 35/54, LM BGB § 1004 Nr. 14; vgl. ferner
Urt. v. 7. Februar 1962, V ZR 194/60, S. 10). Er hält auch nach erneuter
Prüfung an ihr fest. Wollte man ganz allgemein die Errichtung von
Gebäuden einbeziehen, so würde der Anwendungsbereich der §§
994 ff BGB in einer Weise erweitert, die ersichtlich nicht mehr dem Zweck
der gesetzlichen Regelung entspräche und für die auch kein vernünftiges
wirtschaftliches Bedürfnis bestünde.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden
Fall ergibt, daß die Beklagte keine »Verwendungen« auf
die Grundstücke der Klägerin gemacht hat. Denn die Bebauung des
Geländes, auf dem früher in zwei Einzelhäusern ein Altersheim
betrieben wurde, mit dem Teil eines achtstöckigen Wohnblocks war,
wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, keine den Bestand der
Grundstücke erhaltende, wiederherstellende oder verbessernde Maßnahme,
vielmehr handelte es sich um eine Zustandsveränderung, die darauf
hinzielte, das Anwesen einer ganz anderen Zweckbestimmung zu unterwerfen
als bisher. Fehlt es aber an einer Verwendung, dann entfällt damit
die Anwendbarkeit des § 996 BGB. Auf die vom Berufungsgericht offengelassene
Frage, ob die Beklagte sich bei Errichtung des Hochhauses hinsichtlich
ihrer Berechtigung zum Besitz im guten Glauben befunden habe, kommt es
infolgedessen für die Entscheidung nicht mehr an.
Die geschilderte Rechtslage hat zur weiteren Folge,
daß der Anspruch auf Ersatz der Bauleistungen, den die Beklagte mit
der Widerklage geltend macht und den ihr der Berufungsrichter zuerkannt
hat, sich als unbegründet erweist. Die Beklagte möchte allerdings
aus der Nichtanwendbarkeit des § 996 BGB den Schluß ziehen,
nunmehr müsse doch wieder auf den § 951 Abs. 1 BGB zurückgegriffen
werden; sie meint, diese Vorschrift komme hier deshalb zum Zuge, weil sie
in Ermangelung eines Verwendungs-Tatbestandes nicht durch die gesetzlichen
Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis verdrängt
werde. Das ist indessen nicht richtig. Die Beziehungen zwischen Eigentümer
und nichtberechtigtem Besitzer haben, wie oben ausgeführt wurde, durch
die §§ 987 ff BGB eine erschöpfende Sonderregelung erfahren,
die dem allgemeinen Bereicherungsrecht und damit zugleich dem § 951
BGB vorgeht und seine Anwendung ein für allemal ausschließt.
Es geht nicht an, diese Ausschlußwirkung dahin einzuschränken,
daß jeweils darauf abgestellt wird, ob eine Verpflichtung zum Verwendungsersatz
besteht oder nicht. Entfällt die Ersatzpflicht im konkreten Fall wegen
Fehlens einer der gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere weil - wie
hier - keine »Verwendungen« im Sinne der §§ 994 ff
BGB vorliegen, dann verbleibt es gleichwohl bei dem Ausschluß der
Bereicherungsvorschriften. Die weiteren Rechtsfolgen bestimmen sich auch
in solchen Fällen allein nach den für das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
geltenden Regeln.
Soweit die Ausführungen des Senats in dem
bereits erwähnten Urteil BGHZ 10, 171 etwas Gegenteiliges besagen
sollten (S. 178 f), wird der dortige Standpunkt nicht aufrechterhalten.
Die Ansicht, daß der § 951 Abs. 1 BGB gegebenenfalls auch neben
den Sonderbestimmungen der §§ 994 ff BGB angewendet werden könne,
würde vor allem bei mangelndem guten Glauben zu unbilligen Ergebnissen
führen. Nach ihr könnte nämlich der Besitzer für Eingriffe
in die Sachsubstanz, die über den Umfang von Verwendungen hinausgehen
und den Zustand der Sache verändern, auch dann Wertersatz verlangen
(§§ 951 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB), wenn ihm der Mangel seiner Besitzberechtigung
bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war; begnügt
er sich dagegen mit bestandserhaltenden oder wiederherstellenden Maßnahmen,
so steht ihm für diese Verwendungen (falls sie nicht »notwendig«
im Sinne der §§ 994, 995 BGB sind), laut § 996 BGB kein
Ersatzanspruch zu. Eine solche Besserstellung dessen, der in Ausnutzung
einer ihm nicht gebührenden Sachherrschaft das angemessene Maß
überschreitet und den Eigentümer vor die vollendete Tatsache
einer völligen Umgestaltung seines Eigentums stellt, gegenüber
dem, der sich noch innerhalb der durch den Verwendungsbegriff gezogenen
Grenzen einer vernünftigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise hält,
erscheint unangebracht und kann nicht rechtens sein.
Schließen daher nach Auffassung des erkennenden
Senats die §§ 994 ff BGB, auch wenn keine Verwendungen im Rechtssinne
auf die betreffende Sache gemacht worden sind, den § 951 Abs. 1 BGB
aus, so mag damit auf den ersten Blick der Anwendungsbereich der letztgenannten
Vorschrift erheblich eingeschränkt erscheinen. Daß sie aber
vom Boden dieser Auffassung aus, wie die Beklagte meint, in den weitaus
meisten Fällen schlechthin unanwendbar wäre, trifft nicht zu.
Die Ausschlußwirkung greift nur Platz, wenn ein Eigentümer-
Besitzer-Verhältnis vorliegt, während in allen sonstigen Fällen,
in denen jemand durch Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung das Eigentum
an beweglichen Sachen verliert, der § 951 BGB unbedenklich zum Zuge
kommt. Im übrigen besteht ohnehin seine Bedeutung, da er keine selbständige
Anspruchsgrundlage abgibt, sondern lediglich ein Unterfall des allgemeinen
Bereicherungsrechts ist, vornehmlich darin, daß eine Wiederherstellung
des früheren Zustandes nicht verlangt werden kann (Abs. 1 Satz 2 aaO;
vgl. Urt. v. 29. Januar 1964, V ZR 185/61).
2. Die ausschließliche, den § 951 BGB
verdrängende Anwendung der §§ 994 ff BGB führt indessen
nicht zur Abweisung der Widerklage.
Zwar steht der Beklagten, wie im vorstehenden
dargelegt, kein Verwendungsersatzanspruch nach § 996 BGB zu. Aber
die gesetzlichen Bestimmungen über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
erschöpfen sich nicht in der Gewährung bzw. Nichtgewährung
solcher Ansprüche. Sie geben vielmehr dem Besitzer, der mit der herauszugebenden
Sache eine andere als wesentlichen Bestandteil verbunden hat, unter gewissen
Voraussetzungen noch ein weiteres Recht: gemäß § 997 BGB
kann er die andere Sache abtrennen und sich aneignen. Das würde im
vorliegenden Fall bedeuten, daß die Beklagte den Teil des Hochhauses,
den sie auf die Grundstücke der Klägerin hinübergebaut hat,
abbrechen und die dabei freiwerdenden Baustoffe wegnehmen und anderweitig
verwenden dürfte. Die Voraussetzungen für das Wegnahmeredit aus
§ 997 BGB sind im Verhältnis der Parteien erfüllt; insbesondere
liegt keiner der Ausnahmefälle vor, in denen dieses Recht laut Abs.
2 aaO ausgeschlossen ist.
Gleichwohl kommt ein solches Wegnahmerecht hier
nicht in Betracht, und zwar aus einem besonderen, außerhalb der Regelung
des Bürgerlichen Gesetzbuchs liegenden Grunde. Bei dem Bauwerk, welches
die Beklagte errichtet hat, handelt es sich nämlich um ein Wohngebäude;
allein der streitige Hochhausteil auf den Grundstücken der Klägerin
wird von etwa 20 Mietparteien bewohnt. Einem Abbruch des Überbaues,
wie ihn der § 997 BGB an sich der Beklagten gestatten würde,
steht infolgedessen ein im öffentlichen Interesse erlassenes »Verbot
baulicher Veränderungen« entgegen, das im § 22 des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes
vom 31. März 1953 (BGBl I 97; jetzt in der Fassung der Anlage zu Art.
X § 6 des Gesetzes vom 23. Juni 1960, BGBl I 389, 418) seinen gesetzlichen
Niederschlag gefunden hat; nach dem ersten Absatz dieser Vorschrift darf
ein Gebäude ohne Genehmigung der zuständigen Behörde oder
Stelle durch bauliche Maßnahmen nicht derartig verändert werden,
daß eine Wohnung für Wohnzwecke nicht mehr geeignet ist. Die
hiernach für den Abbruch erforderliche Genehmigung ist unstreitig
nicht erteilt; daß mit ihrer Erteilung in absehbarer Zeit zu rechnen
sei, ist weder von einer der Parteien behauptet worden noch angesichts
der gerichtsbekannten Wohnungsknappheit wahrscheinlich.
Darf aber die Beklagte ihr gesetzliches Wegnahmerecht
aus Gründen der Wohnraumbewirtschaftung nicht ausüben, dann erscheint
es als ein Gebot der Gerechtigkeit, ihr für den Rechtsverlust, den
sie auf diese Weise erleidet, entsprechende Schadloshaltung zu gewähren.
Der Gedanke, daß jemand, der von einer ihm nach allgemeinen bürgerlichrechtlichen
Vorschriften zustehenden Befugnis infolge einer entgegen stehenden Sonderrechtsnorm
keinen Gebrauch machen kann, angemessen entschädigt werden muß,
ist dem geltenden Recht nicht fremd. Er findet sich beispielsweise in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Nachbarrecht, insbesondere
im Anwendungsbereich des § 906 BGB aF und des § 26 GewO bei ortsüblichen,
den Nachbarn übermäßig schädigenden Immissionen (BGHZ
28, 225, 232 m. Nachw.), und in der hieran anknüpfenden Neufassung
des § 906 BGB auf Grund des Art. 4 des Änderungsgesetzes vom
22. Dezember 1959 (BGBl I 781). Wenn nunmehr nach § 906 Abs. 2 Satz
2 BGB der Nachbar für Einwirkungen, die eine ortsübliche Benutzung
seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß
hinaus beeinträchtigen, die er aber trotzdem dulden muß, einen
angemessenen Ausgleich in Geld verlangen kann, so liegt dieser Regelung
ein allgemeiner Rechtsgrundsatz zugrunde (BGB-RGRK aaO § 906 Anm.
33). Seine Anwendung auf den hier zur Entscheidung stehenden Sachverhalt
führt zu dem Ergebnis, daß die Klägerin zum Ausgleich für
den unverhofften Vermögensvorteil, der ihr infolge Nichtausübbarkeit
des Wegnahmerechts in den Schoß fällt, an die Beklagte eine
Geldentschädigung zahlen muß.
Was die Höhe dieses auf § 242 BGB beruhenden
Ausgleichsanspruchs anbetrifft, so versteht sich von selbst, daß
er auch nicht annähernd den Betrag von 772 663,67 DM erreichen kann,
den die Beklagte im angefochtenen Urteil als Vergütung nach §§
951 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB zugesprochen erhalten hat. Denn abgesehen davon,
daß das Berufungsgericht hierbei irrigerweise von der Summe der angeblich
aufgewendeten Baukosten ausgegangen ist, anstatt auf die tatsächliche
Steigerung des Verkehrswertes abzustellen (BGHZ 10, 171, 180 f; 17, 236,
240 ff; Urteile v. 19. September 1962, V ZR 138/61, WM 1962, 1295 = NJW
1962, 2293, v. 23. November 1962, V ZR 148/60, WM 1963, 290, und v. 10.
Juli 1963, V ZR 181/61, WM 1963, 1066, 1068 f), kommt es auch für
den angemessenen Ausgleich, den die Beklagte einzig zu beanspruchen hat,
nicht in erster Linie auf die Wertsteigerung des herauszugebenden Grundbesitzes
an. Maßgebend muß vielmehr sein, daß die Beklagte, weil
ihr die Ausübung ihres gesetzlichen Wegnahmerechts verwehrt ist, diejenigen
Bauteile, die sie im Falle eines Gebäudeabbruchs nutzbringend anderweitig
verwerten könnte (etwa Türen, Fenster, Heizkörper, Badeeinrichtungen,
elektrische Herde und dergleichen), im Hause zurücklassen muß.
Eine Minderung erfährt ihr Ausgleichsanspruch andererseits durch die
Einsparung der Abbruchskosten. Diese Rechnungsfaktoren geben indessen nicht
den alleinigen Ausschlag. Da es nämlich darum geht, einen billigen,
dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechenden Interessenausgleich zu
finden, müssen sämtliche Umstände des Falles berücksichtigt
werden (LM BGB § 242 Ba Nr. 27; § 779 Nr. 2). Zugunsten der Beklagten
fällt insbesondere in die Waagschale, daß sie sich seinerzeit
in einer schwierigen Lage befand (wird ausgeführt). Nicht unbeachtet
bleiben darf auch der erhebliche Vorteil, den die Klägerin dadurch
erlangt, daß ihr nicht nur die Grundstücke zurückgegeben
werden müssen, sondern zugleich mit ihnen auch der übergebaute
Hochhausteil.
Die Abwägung aller dieser Umstände und
die zahlenmäßige Feststellung des der Beklagten gebührenden
Ausgleichs obliegt dem Tatrichter. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen, das erforderlichenfalls den Sachverhalt weiter
aufklären und im übrigen gemäß § 287 ZPO verfahren
muß.
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