Die Klägerin ist legitimierte Inhaberin von vier im August 1962 fällig gewesenen und mangels Zahlung protestierten Wechseln.
Die Wechsel sind im April und Mai 1962 ausgestellt von der Sch. OHG,
persönlich haftender Gesellschafter Josef Sch. Bezogener ist der Beklagte.
Sch. hat die Unterschrift des Beklagten unter den Annahmevermerken gefälscht.
Der Beklagte ist ländlicher Gastwirt und betätigt sich auch als
Automatenaufsteller. Er hat Automaten (etwa 25) von Sch. gekauft und dafür
zum Teil Wechsel gegeben, von denen nach seiner Angabe noch einige bis
zum Sommer 1962 im Umlauf waren. Sch. ist ein persönlicher Bekannter
des Beklagten. Dessen Familie ist in derselben Gegend ansässig, und
bereits der Vater des Sch. hat in Geschäftsbeziehungen zum Beklagten
gestanden. Sch. ist wegen umfangreicher Wechselfälschungen und wegen
Betruges zu Strafe verurteilt worden. Im Urteil wird festgestellt, daß
er auf den Namen des Beklagten Wechsel über insgesamt etwa 155 000
DM gefälscht hat. Im Mai 1962 seien bereits gefälschte Wechsel
mit dem Namen des Beklagten über insgesamt 60 000 bis 80 000 DM im
Umlauf gewesen.
Die eingeklagten Wechsel sind von der Sch. OHG blanko indossiert an
den Rendanten der Klägerin H. weitergegeben worden. H. hat die Wechsel
in blanko indossiert an seine Spar- und Darlehnskasse weitergegeben, die
die Wechsel klageweise geltend gemacht und nach Abstandnahme vom Wechselprozeß
die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von noch 14 730 DM beantragt
hat.
Sie hat behauptet, sie habe den Beklagten jeweils nach dem Ankauf der
Wechsel in banküblicher Weise nach Formular benachrichtigt. In den
Schreiben habe es geheißen:
Sofern ein Wechsel nicht in Ordnung geht, bitten wir um sofortige Nachricht.«
Ferner habe sie jeweils 8 Tage vor Fälligkeit schriftlich auf
diese hingewiesen und schließlich den Einschreibebrief vom 13. Juli
1962 mit der Klagandrohung übersandt. Auf alle diese Nachrichten und
auf die Proteste habe der Beklagte geschwiegen. Er habe bereits im April
1962 von den Fälschungen des Sch. erfahren und auch noch geschwiegen,
als er von weiteren Fälschungen seines Namens durch Sch. erfahren
und erkannt habe, Sch. habe sein Versprechen, nicht mehr zu fälschen
und die Wechsel einzulösen, nicht gehalten. Er habe Sch. decken und
ihm die Vorteile seiner Fälschungen sichern wollen. Ende 1962 habe
sich der Beklagte auch Außenstände und andere Vermögenswerte
des Sch. übertragen lassen und auch Leistungen auf die Wechsel zugesagt.
Hätte sie der Beklagte alsbald unterrichtet, daß seine Unterschrift
gefälscht sei, so hätte sie noch Maßnahmen gegen Sch. ergreifen
können, der erst im April 1963 in Konkurs gefallen und im Sommer 1962
noch zahlungsfähig gewesen sei.
Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Er hat den Empfang von Ankaufsnachrichten
- bis auf vielleicht eine - bestritten. Erst Anfang bis Mitte Mai 1962
habe er von den Fälschungen seines Namens durch Sch. erfahren. Dieser
habe gebeten, nichts gegen ihn zu unternehmen, er werde die Wechsel selbst
einlösen. Er habe mit Rücksicht auf die alte Bekanntschaft mit
Sch. und dessen Familie abwarten wollen, ob Sch. sein Wort halte und die
Wechsel einlöse. Eine Zeit lang habe er auch nichts mehr gehört.
Als dann Wechsel von allen Seiten gekommen seien, sei er nur noch ein Wrack
gewesen und habe sich zu nichts auf raffen können.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat
sie abgewiesen. Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung
und Zurückverweisung.
Aus den Gründen:
I....
II. Zutreffend hat das Berufungsgericht aus dem Vortrag der Klägerin
nicht entnommen, der Beklagte habe die Fälschung der Akzepte stillschweigend
genehmigt oder es müsse ihm jedenfalls die Berufung auf die Fälschung
seiner Unterschrift unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen Treu
und Glauben versagt bleiben.
Die Klägerin hatte im einzelnen vorgetragen: Sie habe an den Beklagten
über den jeweiligen Wechselerwerb ihre formularmäßigen
Diskontierungsnachrichten mit der Bitte um Nachricht, »falls der
Wechsel nicht in Ordnung gehe«, abgesandt. Diese Nachrichten seien
auch dem Beklagten zugegangen. Der Beklagte habe erkannt, daß seine
Unterschrift gefälscht sei. Ihm sei klar gewesen, daß die Klägerin
ihm Gelegenheit geben wollte, etwaige Einwendungen gegen seine wechselmäßige
Verpflichtung aus den Akzepten geltend zu machen. Der Beklagte habe etwa
zwei Monate lang auf diese Nachrichten geschwiegen. Ihm seien auch noch
am 25. April und 14. Juni 1962 Nachrichten über die Diskontierung
von Wechseln mit seiner Unterschrift zugegangen, nachdem ihm Sch. bereits
im April 1962 gestanden hatte, er habe Wechsel mit der Unterschrift des
Beklagten gefälscht. Damals habe Sch. zugesagt, er werde die Sache
in Ordnung bringen und den Namen des Beklagten nicht mehr mißbrauchen.
Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Vorbringens ist das Berufungsgericht
in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (LM
WG Art. 7 Nr. 1, 2 und 3) davon ausgegangen, der Namensträger, dessen
Unterschrift gefälscht werde, genehmige in der Regel nicht die gefälschte
Unterschrift, wenn er auf die Anzeige des Wechselinhabers vom Erwerb des
Wechsels schweige. Von dieser Regel könnten Ausnahmen nur gemacht
werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände gegeben seien, aus denen
im redlichen Handelsverkehr zu folgern sei, daß das Schweigen keine
andere Deutung als die der Genehmigung zulasse. Ebenso müßten
besondere Umstände vorliegen, wenn dem Namensträger die Berufung
auf die Fälschung nach § 242 BGB versagt werden solle. Der Revision
ist nicht zu folgen, wenn sie meint, solche besonderen Umstände müßten
bereits daraus entnommen werden, daß der Beklagte auf weitere Diskontierungsnachrichten
geschwiegen hat, nachdem er erfahren hatte, es seien Wechsel mit seinem
gefälschten Namen im Umlauf und er dem Fälscher Gelegenheit gegeben
hatte, die Wechsel selbst einzulösen. Der Verstoß gegen Treu
und Glauben durch Berufung auf die Fälschung ist regelmäßig
darin zu finden, daß sich der Namensträger mit seinem früheren
Verhalten in Widerspruch setzt. Das ist z. B. oft der Fall, wenn er in
gleicher Weise vom Inhaber erworbene Wechsel mit seiner gefälschten
Unterschrift eingelöst hat (RGZ 145, 87). Schweigt der Namensträger
auf die Nachricht von neuen Fälschungen, nachdem er den Fälscher
verwarnt hatte, so reicht dies nicht aus, die Berufung auf die Fälschung
als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen zu lassen, mit der
Folge, daß der Namensträger die gefälschte Unterschrift
dem Wechselinhaber gegenüber wie eine genehmigte Unterschrift gelten
lassen muß. Der Grundsatz der Wahrung von Treu und Glauben gebietet
es nicht, den Namensträger in den Kreis der Wechselzeichner mit voller
wechselmäßiger Haftung nur deshalb einzubeziehen, weil er den
Wechselinhaber auch dann noch nicht von den Fälschungen benachrichtigt
hat, als er aus den Mitteilungen entnehmen mußte, der Fälscher
setze sein Treiben fort. Dem berechtigten Interesse des Wechselerwerbers,
vor einem Schaden durch den Ankauf von Falschwechseln bewahrt zu bleiben,
kann durch die Schadensersatzpflicht des Namensträgers bei sittenwidrigem
Verhalten genügend Rechnung getragen werden.
III. Das Berufungsgericht hält auch den von der Klägerin
geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB für nicht
berechtigt, weil kein Anhaltspunkt bestehe, der Beklagte habe in sittenwidriger
Weise durch sein Schweigen der Klägerin Schaden zufügen wollen.
Insbesondere sei der Vorwurf nicht gerechtfertigt, der Beklagte habe seinen
Freund Sch. decken wollen, um ihm die Vorteile der Fälschungen und
Betrügereien zu sichern. Der Revision ist zuzugeben, daß damit
das Vorbringen der Klägerin nicht erschöpfend und rechtlich zutreffend
gewürdigt worden ist.
Ob sich der Empfänger einer Ankaufsnachricht, der die Fälschung
seiner Unterschrift auf dem angegebenen Wechsel erkannt hat, sittenwidrig
verhält, wenn er gegenüber dem Mitteilenden schweigt, ist auf
Grund der gesamten Umstände zu entscheiden. Wer trotz Kenntnis der
Fälschung weder den Wechselinhaber aufklärt, noch sich darum
kümmert, daß der Fälscher die Angelegenheit regelt, verstößt
regelmäßig gröblich gegen das allgemeine Anstandsgefühl.
Der Sittenverstoß kann wegen naher persönlicher Beziehungen
zum Fälscher entfallen (vgl. BGH LM WG Art. 7 Nr. 1). Andererseits
kann ein unsittliches Verhalten besonders dadurch deutlich werden, daß
mehrfach Anzeigen von Wechselankäufen desselben Erwerbers eingehen,
aus denen der Namensträger auf fortlaufende Fälschungen und ihre
betrügerische Ausnutzung durch denselben Fälscher schließen
muß. Hier sind nach der Behauptung der Klägerin die Fälschungen
sogar noch fortgesetzt worden, nachdem der Beklagte Sch. verwarnt und dieser
ihm »hoch und heilig« versprochen hatte, er werde so etwas
nicht wieder tun.
Die Klägerin hatte behauptet, Sch. habe noch nach der Besprechung
mit ihm bei der Spar- und Darlehenskasse E. im April 1962 die Unterschrift
des Beklagten gefälscht. So habe er insbesondere am 12. und 22. Mai
Wechsel mit dem gefälschten Akzept des Beklagten versehen. Sie habe
alsbald über jeden Wechselerwerb dem Beklagten Diskontierungsnachrichten
gegeben, die ihm auch zugegangen seien. So sei insbesondere am 14. Juni
1962 Nachricht von den am 12. und 22. August 1962 fälligen Wechseln
erteilt worden. Ferner sei dem Beklagten der Einschreibbrief vom 13. Juli
1962 zugegangen, aus dem zu entnehmen gewesen sei, daß die Klägerin
Akzepte erworben hatte, die im August fällig waren. Das Schweigen
auf die Diskontierungsnachrichten noch nach der Erkenntnis, der Fälscher
setze sein Treiben fort, nachdem er zur Rede gestellt war und einwandfreies
Verhalten gelobt hatte, würde in besonderem Maße anstößig
sein.
Auf Grund des Vorbringens der Klägerin wäre auch zu erörtern,
ob der Beklagte das Bewußtsein gehabt hat, sein Schweigen könne
einen Schaden der Klägerin durch ihr Vertrauen auf die Echtheit seiner
Unterschriften verursachen, und ob er eine solche Schädigung in Kauf
genommen hat. Die Klägerin hatte behauptet, der Beklagte sei schon
vor Ostern 1962 bei dem Rendanten der Spar- und Darlehenskasse E. mit 15
bis 20 Benachrichtungsschreiben erschienen, die Wechsel mit seiner gefälschten
Unterschrift betrafen. Er habe solche Nachrichten, teils geöffnet,
teils ungeöffnet, an Sch. weitergegeben oder ihm vor die Füße
geworfen. Der Klägerin gegenüber habe er aber nichts unternommen,
sondern Sch. gewähren lassen. Für eine Haftung aus § 826
BGB wäre nicht erforderlich, daß der Beklagte die Sittenwidrigkeit
seines Schweigens erkannt und sich bewußt oder gewollt anstößig
verhalten hat, was das Berufungsgericht verneint.
IV. Die Haftung aus § 826 BGB führt nicht ohne weiteres dazu,
daß der Inhaber des Wechsels so zu stellen ist, als sei die Unterschrift
echt. Der Namensträger hat vielmehr nach § 249 BGB den Zustand
herzustellen, der bestehen würde, wenn er die Fälschung mitgeteilt
hätte. Der Inhaber des Wechsels kann also nur Ersatz für den
Schaden fordern, der ihm entstanden ist, weil er auf die Echtheit der Unterschrift
vertraut hat. Die Klägerin hatte unter Beweisantritt behauptet, noch
im Juli 1962 Zugriffsmöglichkeiten auf Vermögensgegenstände
des Sch. gehabt zu haben, die ihr Deckung wegen aller erworbenen Wechsel
verschafft hätten. Dieses Vorbringen ist vom Berufungsgericht, wie
die Revision rügt, noch nicht geprüft worden. Auch wäre
gegebenenfalls zu erörtern, ob der Klägerin daraus ein Schaden
entstanden ist, daß sie infolge des Schweigens des Beklagten noch
weitere Wechsel mit der angeblichen Unterschrift des Beklagten erworben
und dadurch Nachteile erlitten hat.
Hiernach bedarf es für die Beurteilung der Ersatzpflicht des Beklagten
nach § 826 BGB tatsächlicher Feststellungen hinsichtlich des
Klagvorbringens unter Berücksichtigung der angetretenen Beweise.
V. Im Falle der Feststellung einer Ersatzpflicht des Beklagten wäre
auf Grund seines Vorbringens zu erörtern, ob die Klägerin das
Gebot zur Wahrung ihres eigenen Interesses verletzt und hierbei die im
Verkehr erforderliche Sorgfalt vernachlässigt hat (§ 254 BGB).
Bei dieser Prüfung wären die vom Berufungsgericht in anderem
Zusammenhang erörterten Umstände in Betracht zu ziehen. Das Berufungsgericht
führt zutreffend aus, die Klägerin habe trotz des Schweigens
des Beklagten schon bald nicht mehr ohne weiteres darauf vertrauen können,
die Wechsel gingen in Ordnung. Es sei auffällig gewesen, daß
der als solvent bekannte Beklagte einen Wechselprotest hingenommen und
auf weitere Diskontierungsnachrichten geschwiegen habe. Ein Versuch der
Aufklärung, etwa durch Rückfrage, sei der Klägerin nach
den örtlichen und persönlichen Verhältnissen zuzumuten gewesen.
Auch die vom Berufungsgericht erörterte Art und Weise des Erwerbes
der Wechsel durch die Klägerin wird unter dem Gesichtspunkt des §
254 BGB zu würdigen sein. Die Klägerin hat die Wechsel nicht
als Warenwechsel im normalen Kundenverkehr, sondern von ihrem eigenen Rendanten
erworben, der die Wechsel aus spekulativen Gründen »preisgünstig«
(angeblich mit einem Nachlaß von 10%) angekauft hatte. Bei einem
solchen fortlaufenden auffälligen Zwischenerwerb des eigenen Rendanten,
dessen Kenntnis der Klägerin zuzurechnen ist, war eine besonders sorgfältige
Beobachtung der Geschäftsabwicklung und gegebenenfalls weitere Nachforschung
vor dem Erwerb solcher Wechsel nötig. Die erörterten Umstände
können entsprechend tatrichterlicher Würdigung zu einer Minderung
der etwa festgestellten Ersatzpflicht des Beklagten führen. Dem steht
nicht entgegen, daß mit einer (bedingt) vorsätzlichen Schädigung
durch den Beklagten nur ein fahrlässiges Verhalten der Klägerin
zusammentreffen würde (vgl. RGZ 130, 1, 6).