Aktenzeichen
II ZR 44/82 - Urteil vom 8. November 1982
Fundstelle
BGHZ 85, 346
Vorinstanz
Oberlandesgericht Düsseldorf, Landgericht
Duisburg
Gesetz
ScheckG Art. 22; BGB §§ 267, 320, 417
Leitsatz
Der Scheckaussteller kann, wenn nichts
anderes vereinbart ist, gegenüber dem
ersten Schecknehmer einwenden, die
Forderung aus dem Grundgeschäft, für die
der Scheck erfüllungshalber begeben
worden ist, sei noch nicht durchsetzbar
(Einrede des nichterfüllten Vertrages;
Zurückbehaltungsrecht). Dies gilt auch für
den, der den Scheck wegen der
Verbindlichkeit eines anderen ausgestellt
und begeben hat.
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin eines Schecks über 3 638,60 DM,
den die Beklagte am 7. März 1980 ausgestellt
und auf ihr Gemeinschaftskonto mit ihrem Ehemann bei der Verbandssparkasse
W. gezogen hat. Die
Sparkasse hat den Scheck, als er ihr am 11. März 1980 vorgelegt
worden_ ist, nicht bezahlt und ihn mit
dem entsprechenden Vermerk versehen. Die Klägerin nimmt die Beklagte
als Scheckausstellerin auf
Zahlung der Schecksumme in Anspruch. Sie hat, nachdem die Beklagte
im Scheckprozeß die
Scheckforderung anerkannt hatte, gegen diese ein Vorbehaltsurteil erwirkt.
Im Nachverfahren hat die Beklagte beantragt, das Vorbehaltsurteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Sie hat unter anderem geltend gemacht, der Klageforderung stehe die
Einrede des nichterfüllten Vertrages
entgegen. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Ehemann der Beklagten hatte am 29. September 1979 bei der Klägerin
eine Glasschiebewand mit
Isolierverglasung zum Einbau in einen Neubau bestellt. Der Preis betrug
3 638,60 DM einschließlich
Mehrwertsteuer und sollte "bei Montage abzüglich 2 % Skonto«
bezahlt werden. Anläßlich des Einbaus
der Glasschiebewand am 7. März 1980 ließ die Klägerin
die an den Ehemann der Beklagten gerichtete
Rechnung über den Betrag von 3 638,60 DM der Beklagten aushändigen.
Diese stellte sogleich einen
Scheck über den Rechnungsbetrag aus und übergab ihn einem
Mitarbeiter der Klägerin. Der Ehemann der
Beklagten ließ den Scheck sperren. Die Beklagte trägt dazu
vor: Ihr Ehemann habe die Glasschiebewand
nicht abgenommen, weil sie fehlerhaft sei. Die Klägerin habe somit
keinen Anspruch auf Zahlung des
Werklohnes. Diesen Einwand könne auch die Beklagte erheben, zumal
ihr Ehemann seine Ansprüche aus
dem Vertrag an sie abgetreten habe.
Die Klägerin bestreitet die behaupteten Mängel.
Das Landgericht hat das Vorbehaltsurteil für vorbehaltlos erklärt.
Die Berufung der Beklagten blieb
erfolglos. Die zugelassene Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Entscheidungsgründe:
In der Revisionsinstanz ist mangels gegenteiliger Feststellungen des
Berufungsgerichts zugunsten der
Beklagten davon auszugehen, daß die Glasschiebewand nicht vertragsgemäß
eingebaut worden ist und
der Rahmen des Fensters einen Riß hat. Dem Ehemann der Beklagten
stand daher gemäß §§ 633 Abs. 2
Satz 1, 634 Abs. 1 Satz 2 BGB ein Recht auf die Beseitigung der Mängel
zu. Er war ferner gemäß § 640
BGB nicht verpflichtet, die Glasschiebewand abzunehmen. Da der Anspruch
des § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB
auf Beseitigung der Mängel als Erfüllungsanspruch des Bestellers
auf Herstellung des versprochenen
Werks angesehen wird (BGHZ 61, 42, 45), könnte der Ehemann der
Beklagten der Klägerin die Einrede
des nichterfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB entgegenhalten,
wenn sie von ihm die Vergütung bezahlt
verlangen würde.
Dieses Recht hat er durch die Abtretung des Nachbesserungsanspruchs
an die Beklagte nicht verloren,
denn der Zedent behält, obwohl er selbst infolge der Abtretung
nicht mehr Erfüllung verlangen kann, das
Recht zur Verweigerung seiner eigenen Leistung, bis der Schuldner -
hier also die Klägerin - die
Gegenleistung an den Zessionar erbringt (BGHZ 55, 354, 356). Hätte
der Ehemann der Beklagten den
Scheck selbst ausgestellt, wäre es nicht ausgeschlossen, daß
er auch gegenüber dem scheckrechtlichen
Rückgriffsanspruch (Art. 12, 40 ScheckG) die Einrede des nichterfüllten
Vertrages erheben könnte. Der
Senat hat in seiner Entscheidung vom 9. Februar 1976 (II ZR 162/74,
LM WG Art. 17 Nr. 12) in einem
wechselrechtlichen Fall im Anschluß an das Urteil des VIII. Zivilsenats
des Bundesgerichtshofes vom 24.
November 1971 (BGHZ 57, 292) ausgeführt, eine Vertragspartei dürfe
auch als Wechselgläubiger nicht
mehr Rechte für sich aus dem Wechsel in Anspruch nehmen, als ihr
aus dem Grundgeschäft zustünden.
Dies beruht darauf, daß der Wechsel seinem Zwecke nach zur Erfüllung
der Verbindlichkeit aus dem
Grundgeschäft hingegeben wird. Aus dieser vertraglichen Zweckbestimmung
ergibt sich ohne weiteres,
daß der Verkäufer oder Auftragnehmer nicht berechtigt ist,
aus dem Scheck oder Wechsel vorzugehen,
soweit die Geltendmachung durch den vereinbarten Zweck nicht gerechtfertigt
ist, also ein
Erfüllungsanspruch nicht oder noch nicht besteht. Der Wechselschuldner,
der dem Gläubiger im
Grundgeschäft ein Zurückbehaltungsrecht oder Dieb Einrede
des nichterfüllten Vertrages entgegenhalten
kann, kann daher seine Einreden auch gegenüber der Wechselklage
seines Vertragspartners zur Geltung
bringen, es sei denn, daß sich aus den Umständen der Wechselbegebung
etwas anderes ergibt, zum
Beispiel, daß er auf die Einreden verzichtet hat. Was für
die Wechselforderung gilt, gilt in gleichem Maße
auch für die - ebenfalls abstrakte - Scheckforderung des ersten
Schecknehmers gegen den
Scheckaussteller. Es gibt keinen sachlichen Grund für eine in
dieser Hinsicht unterschiedliche Behandlung
der beiden Ansprüche.
Das Ergebnis kann nicht anders sein, wenn der Scheck nicht vom Besteller
selbst, sondern - wie hier -
von seiner Ehefrau im eigenen Namen ausgestellt und begeben worden
ist, um die Zahlungsverpflichtung
des Ehemannes aus dem Werkvertrag zu erfüllen. Zwar ist die Ehefrau
nicht Vertragspartnerin des
Grundgeschäfts. Sie hat aber den Scheck als Drittzahlerin erfüllungshalber
zum Zwecke der Tilgung der
Werklohnforderung der Klägerin hingegeben. Die Über nahme
dieser Scheckverpflichtung hat, solange
sich der Schecknehmer aus dem Scheck noch nicht befriedigt und den
Scheck in der Hand hat, die
Wirkung ähnlich einem Schuldbeitritt; besteht die Forderung aus
dem Werkvertrag nicht oder noch nicht,
kann die Beklagte daher entsprechend § 417 Abs. 1 Satz 1 BGB der
Klägerin die Einwendungen
entgegensetzen, die sich aus dem Rechtsverhältnis ihres Ehemannes
zur Klägerin ergeben, mithin die
Zahlung aus dem Scheck vorerst verweigern.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird dadurch die allgemeine
Verkehrs- und Umlauffähigkeit
des Schecks nicht gefährdet. Denn in diesen Fällen findet
kein Scheckumlauf statt; es stehen sich nur der
erste Schecknehmer und der Scheckaussteller gegenüber. Wie sich
aus Art. 22 ScheckG ergibt, geht auch
die sogenannte Abstraktheit der Scheckverbindlichkeit nicht so weit,
daß der Scheckverpflichtete keine
Einwendungen aus seinen unmittelbaren Beziehungen zum Scheckinhaber
geltend machen könnte. Solche
könnten hier (als Folge des § 417 BGB) begründet sein.
Auf die Frage, ob sich das auch aus einer
Abtretung des Nachbesserungsanspruchs ergeben würde, kommt es
daher gar nicht erst an.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt somit davon ab, ob die
Mängelrügen begründet sind. Damit dies
festgestellt werden kann, muß das angefochtene Urteil aufgehoben
und die Sache zur anderweiten
Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen
werden.
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, daß die beanstandeten
Mängel vorliegen, der
Ehemann der Klägerin die Glasschiebewand nicht abgenommen hat
und die Beklagte bei der
Scheckbegebung auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages nicht
verzichtet hat, muß es die Klage
abweisen. Denn das dem Besteller zustehende Recht auf Beseitigung von
Mängeln des Werks führt zur
Abweisung der Klage des Unternehmers auf Entrichtung der Vergütung,
solange der Besteller das Werk
nicht abgenommen hat, und er die Abnahme zu Recht verweigern darf (BGHZ
61, 42).
Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Sachverhalt,
der dem Senatsurteil vom 9.
Februar 1976 aa0 zugrunde lag, der nur eine Verurteilung Zug um Zug
gegen die Beseitigung der Mängel
zuließ, weil die Mängel erst nach Übernahme des Werkes
aufgetreten waren.