BGHZ 97, 372
NJW 1986, 2034
a) Eine unter Partnern einer nichtehelichen Gemeinschaft
getroffene Abrede über den Gebrauch empfängnisverhütender
Mittel berührt den engsten persönlichen Freiheitsbereich und
ist einer rechtsgeschäftlichen Regelung nicht zugänglich.
Hält sich einer der Partner nicht an eine
solche Abrede, so kann daraus auch kein vertraglicher Schadensersatzanspruch
hergeleitet werden, wenn er dies dem anderen nicht mitteilt.
b) Der Intimbereich zweier volljähriger Partner,
die beim freiwilligen Geschlechtsverkehr nicht nur ihr sexuelles Bedürfnis
befriedigen, sondern das Entstehen von Leben verantworten, unterliegt im
Falle der Geburt eines Kindes grundsätzlich auch dann nicht dem Deliktsrecht,
wenn der eine Partner dabei den anderen über die Anwendung von empfängnisverhütenden
Maßnahmen getäuscht hat.
Die Kläger waren Prozeßbevollmächtigte
des Beklagten in einem von diesem gegen Frau S. vor dem Amts- und Landgericht
K. geführten Rechtsstreit (Vorprozeß). Mit der Klage verfolgen
sie ihren Gebührenanspruch. Der Beklagte macht geltend, zur Zahlung
nicht verpflichtet zu sein, weil die Kläger ihm wegen Verletzung ihrer
anwaltlichen Pflichten schadensersatzpflichtig seien.
Der unverheiratete Beklagte lebte seit Ende 1977
mit der damals 18 Jahre alten, ledigen Frau S. zusammen. Er bezeichnet
das damalige Verhältnis als eheähnliche Lebensgemeinschaft. Die
Partner waren sich zumindest bis Ende 1980 darüber einig, daß
aus ihren Beziehungen kein Kind hervorgehen und Frau S. empfängnisverhütende
Medikamente einnehmen solle. Im Dezember 1980 setzte Frau S. diese ab.
Dies teilte sie dem Beklagten nicht mit. Als er im März 1981 von ihrer
Schwangerschaft erfuhr, zerbrach das Verhältnis. Am 3. November 1981
wurde das Kind Sv. S. geboren. Es ist rechtskräftig festgestellt worden,
daß der Beklagte dessen nichtehelicher Vater ist. Er wurde zur Zahlung
des Regelunterhalts verurteilt. In dem Vaterschaftsprozeß hatten
die Kläger den Beklagten vertreten. Frau S. hatte als Zeugin ausgesagt,
sie habe unbedingt ein Kind von dem Beklagten haben wollen und daher »die
Pille« nicht mehr genommen.
Der Beklagte war der Auffassung, er könne
von Frau S. Schadensersatz verlangen, und beauftragte die Kläger mit
der Wahrnehmung seiner Interessen. Er informierte sie dahin, daß
seine mit Frau S. getroffene Vereinbarung, keine Kinder haben zu wollen,
auch zur Zeit der Empfängnis von Sv. gegolten habe. Frau S. habe »die
Pille« vorsätzlich abgesetzt, um von ihm ein Kind zu bekommen
und ihn zur Heirat zu bewegen. Sie habe einer Zeugin gegenüber eingestanden,
ohne sein Wissen und gegen seinen Willen »die Pille« abgesetzt
und ihn dabei »ganz schön reingelegt zu haben«.
Die Kläger sahen unter dem Gesichtspunkt
einer Vertragsverletzung Erfolgsaussichten für ein Klagebegehren auf
Erstattung des dem Kind zu zahlenden Regelunterhalts. Sie gingen dabei
davon aus, Sv. S. sei im Sinne der Entscheidungen des VI. Zivilsenats des
Bundesgerichtshofs vom 18. März 1980 (BGHZ 76,249,259) ein aus Gründen
der Familienplanung unerwünschtes Kind. Sie rieten dem Beklagten deshalb
zu einer Klage gegen seine frühere Gefährtin.
In der im Dezember 1982 anhängig gemachten
Klage stellten die Kläger unter Beweisantritt den ihnen von dem Beklagten
geschilderten Sachverhalt dar. Sie führten aus, daß nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von einem Schaden auszugehen und
der Vertrag über die empfängnisverhütenden Maßnahmen
wirksam sei. Zusammenfassend legten die Kläger dar:
»Wenn dann die Beklagte, wie eingeräumt,
ohne Wissen des Klägers und gegen die getroffene Vereinbarung sich
entschließt, die Pille abzusetzen, um ein Kind zu bekommen, dessen
Vater der Kläger ist, so stellt dies ein schadensersatzverpflichtendes
vertragswidriges Verhalten dar«.
Das Amtsgericht hielt die Klage nicht für
schlüssig und wies sie ab. Es bezweifelte einen rechtlichen Bindungswillen
von Frau S., die Vereinbarkeit eines eventuellen Rechtsgeschäfts mit
§ 138 BGB und hielt einen Vertrag jedenfalls gemäß §
306 BGB für nichtig, weil die Einnahme eines empfängnisverhütenden
Medikaments keinen sicheren Schutz vor einer Empfängnis bieten könne.
Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB verneinte das Gericht.
In ihrem Schreiben, mit dem die Kläger den
Beklagten über den Verlust des Rechtsstreits in der ersten Instanz
informierten, erklärten sie dies damit, daß das Gericht »sich
offensichtlich nicht an die auch heikle Frage in der Bewertung des Vertrages
herangewagt« habe. Sie fuhren fort, es sei »sinnvoll und unbedingt
erforderlich, gegen dieses Urteil Berufung einzulegen«. Der Beklagte
erteilte dazu Auftrag. Die Kläger begründeten die Berufung unter
Wiederholung ihrer bisher vorgetragenen Rechtsauffassung. Nachdem das Berufungsgericht
den Streitwert heraufgesetzt hatte, kamen dem Beklagten Bedenken, ob es
im Hinblick auf die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der von
Sozialhilfe lebenden Frau S. sinnvoll sei, das Berufungsverfahren weiter
durchzuführen. Er bat die Kläger dazu um Rat und fragte, ob es
nicht eventuell so sei, daß ihm »laut Rechtsprechung«
ein Schadensersatz zustehe, er diesen jedoch »mangels Masse«
nie erhalte. Die Kläger antworteten, daß selbst bei einem obsiegenden
Urteil die Möglichkeiten einer Vollstreckung sehr gering seien. Der
Beklagte erwiderte: »Nur aus Kostengründen würde ich die
Berufung zurückziehen. Andererseits würde ich gerne zu meinem
Recht kommen, um dadurch gewissermaßen ein Exempel zu statuieren«.
Die Kläger nahmen die Berufung im Auftrag und Namen des Beklagten
zurück. Sie berechneten ihre Gebühren auf der Grundlage eines
Streitwerts von 15 000 DM. Der Beklagte wandte ein, die Kläger seien
ihm durch die Führung des aussichtslosen Vorprozesses schadensersatzpflichtig
geworden; dies schließe die Geltendmachung ihrer Gebührenforderung
aus. In dem vorliegenden Rechtsstreit machen die Kläger ihren Gebührenanspruch
geltend. Mit seiner Widerklage begehrt der Beklagte die Zahlung von ihm
gezahlter Verfahrenskosten.
Das Landgericht wies die Klage ab und gab der
Widerklage statt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Kläger
zurück. Ihre zugelassene Revision hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
I. Das Berufungsgericht bestätigt die Klageabweisung,
weil der Beklagte gemäß § 242 BGB nicht dazu verpflichtet
sei, den mit der Klage geltend gemachten Honoraranspruch zu erfüllen.
Die Kläger seien ihm wegen schuldhafter Verletzung anwaltlicher Pflichten
schadensersatzpflichtig.
Das Berufungsgericht geht davon aus, daß
ein Rechtsanwalt den ihm mitgeteilten Sachverhalt auf die rechtlichen Aussichten
des Begehrens des Mandanten überprüfen müsse, diesen über
eine Aussichtslosigkeit aufzuklären habe und ihm von der klageweisen
Geltendmachung unbegründeter Ansprüche entschieden abraten müsse.
Der Vorprozeß sei aussichtslos gewesen.
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers folge nicht schon aus den Gründen
der von dem Bundesgerichtshof am 18. März 1980 (BGHZ 76,249,259) entschiedenen
sogenannten Sterilisationsfälle. Diese Entscheidungen enthielten keine
Anhaltspunkte, die es erlaubten, die dort dargestellten Grundsätze
auch in den Fällen anzuwenden, in denen eine von den Partnern geplante
Empfängnisverhütung mißglückt sei. In diesen Fällen
würde mit der Gewährung eines Schadensersatzanspruchs unzulässigerweise
in die im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschützte
Intimsphäre des Partners eingegriffen. Im Rahmen der vorzunehmenden
umfassenden Würdigung müsse das Interesse des Beklagten gegenüber
dem Anspruch auf Respektierung dieses Persönlichkeitsbereichs zurücktreten.
Es könne daher offen bleiben, ob eine Vereinbarung über die Empfängnisverhütung
zwischen Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft überhaupt rechtlich
wirksam oder gemäß § 306 BGB oder nach § 138 BGB nichtig
sei. Diese naheliegenden rechtlichen Gesichtspunkte hätten die Kläger
bei ihrer Beratung nicht in Betracht gezogen. Das sei ihnen als Verletzung
der Pflicht zur gebotenen Sorgfalt gemäß § 276 BGB vorzuwerfen.
Sie hätten dem Beklagten von der aussichtslosen Klage abraten müssen.
Sie hätten ihn aber statt dessen nicht einmal auf ein besonderes Risiko
des Prozesses hingewiesen.
II. Dies greift die Revision ohne Erfolg an.
1. Wird einem Rechtsanwalt der Auftrag übertragen,
angebliche Rechte seines Mandanten gegen einen Dritten zu verfolgen, so
obliegt es ihm zu prüfen, ob dessen Begehren bei dem vorgetragenen
Sachverhalt Erfolg haben kann (BGH Urteile v. 17. Januar 1963 - III ZR
145/61, VersR 1963,387,388; v. 4. Dezember 1973 - VI ZR 10/72, VersR 1974,488,489;
v. 8. Dezember 1983 - I ZR 183/81, NJW 1984,791,792; v. 16. Oktober 1984
- VI ZR 304/82, NJW 1985,264,265; Müller JR 1969,161,163,164). Ist
eine Klage praktisch aussichtslos, so muß der Anwalt von der Klageerhebung
abraten. Wünscht der Mandant dennoch die Klage, so muß der Anwalt
das Prozeßrisiko klar herausstellen. Bleibt der Mandant nach einer
solchen eindringlichen Belehrung bei seinem Entschluß, die Klage
durchzuführen, so kann der Anwalt dem ohne Verstoß gegen seine
Mandatspflicht entsprechen (BGH Urt. v. 4. Dezember 1973 aaO). Auch dann,
wenn das Begehren des Mandanten aufgrund einer gut vertretbaren Rechtsauffassung
zwar Erfolg haben kann, die Rechtslage aber dennoch zweifelhaft ist, weil
sich etwa eine gefestigte Rechtsprechung noch nicht gebildet hat, muß
der Anwalt gegenüber seinem Mandanten Zweifel und Bedenken, zu denen
die Rechtslage Anlaß gibt, darlegen und erörtern und die weiteren
Schritte von der nach dieser Belehrung zu treffenden Entscheidung des Mandanten
abhängig machen (BGH Urteile v. 21. November 1960 -III ZR 160/59,
NJW 1961,601,602; v. 17. Januar 1963 aaO; v. 25. Juni 1974-VI ZR 18/73,
NJW 1974,1865,1866; BGHZ 89,178,182; BGH Urt. v. 16. Oktober 1984 aaO;
Müller aaO; Borgmann/Haug,Anwaltspflichten, Anwaltshaftung, 1979,
§ 20 3 S. 79).
2. Diese Pflichten haben die Kläger verletzt.
a) Es ist unstreitig, daß sie dem Beklagten
zu dem Rechtsstreit und zur Einlegung der Berufung geraten haben, weil
sie sein Begehren für aussichtsreich hielten. Noch in ihrer Berufungsbegründung
haben sie ausgeführt, sie hätten ihn dahin belehrt, daß
aus der verbindlichen Vereinbarung zwischen ihm und Frau S. Ansprüche
und Gegenansprüche entstehen können. Dies ließ den Beklagten
noch in der Berufungsinstanz des Vorprozesses überzeugt sein, daß
ihm »laut Rechtsprechung ein Schadensersatzanspruch zusteht«
und daß er nur aus wirtschaftlichen Erwägungen davon absehe,
»zu seinem Recht zu kommen«.
b) Der ohne Aufklärung über ein besonderes
Risiko gegebene Rat der Kläger zur Durchführung des Vorprozesses
wäre allenfalls dann pflichtgemäß gewesen, wenn die Rechtslage
zu Zweifeln und Bedenken keinen Anlaß gegeben hätte. So lag
der Fall aber nicht.
aa) Es bestand keine Aussicht für die Zuerkennung
eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs aus der Verletzung einer Vereinbarung
der Partner, daß aus ihrer Lebensgemeinschaft ein Kind nicht hervorgehen
und Frau S. deshalb empfängnisverhütende Medikamente einnehmen
solle.
Schon das Vorliegen einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen
Vereinbarung erscheint äußerst zweifelhaft.
Ein Rechtsgeschäft kommt durch Abgabe
entsprechender Willenserklärungen zustande. Eine Willenserklärung
liegt vor, wenn der Erklärende das Bewußtsein hat, eine verbindliche
rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, oder wenn die Erklärung
nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als eine mit rechtlichem Bindungswillen
ab gegebene Außerung aufgefaßt werden durfte (BGHZ 91,324,327,329,330).
Die Zusage der Frau S., zur Verhütung einer
Schwangerschaft Medikamente nehmen zu wollen, mußte nach der Verkehrssitte
nicht ohne weiteres als eine Erklärung verstanden werden, mit der
sie sich rechtlich binden wollte.
Bestehen für die Partner einer nichtehelichen
Lebensgemeinschaft keine rechtlichen oder wirtschaftlichen Hindernisse
zur Eingehung einer Ehe - von diesem Fall ist auch hier auszugehen -, so
verzichten sie im allgemeinen bewußt auf die mit der Institution
der Ehe zur Verfügung stehende rechtliche Ordnung ihrer Beziehungen.
Sie wollen ihre freie Partnerschaft nicht Rechtsvorschriften unterordnen
(zur üblichen Einstellung betroffener Partner vgl. von Münch,
Zusammenleben ohne Trauschein, 1982, S. 146,147; BGB-AK/Münder Anh.
§ 1302 Rdnr. 9). Im allgemeinen gründen Partner solcher Gemeinschaften
ihre Beziehungen daher auf ihre individuellen Vorstellungen von Moral und
Anstand sowie auf Gefühl und Vertrauen. Sie wollen für ihre persönlichen
und wirtschaftlichen Beziehungen gerade keine rechtliche Regelung (BGHZ
77,55,58; BGH Urteile v. 23. Februar 1981 - II ZR 124/80, FamRZ 1981,530;
v. 16. September 1985 - II ZR 283/84, JZ 1986,239; MünchKomm/Ulmer
2. Aufl. vor § 705 Rdnr. 53; Palandt/Diederichsen, BGB 45. Aufl. Einführung
§ 1353 Bem. 8a; Schwab, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, 1978,
S. 76; De Witt/ Huffmann, Nichteheliche Lebensgemeinschaft 2. Aufl. Rdnr.
70,71; a. A. BGB-RGRK/Roth-Stielow 12. Aufl. vor § 1353 Rdnr. 31).
Rechtliche Bindungen zur Ordnung vermögensrechtlicher Beziehungen
unter den Partnern sind daher die Ausnahme (BGH Urt. v. 3. Oktober 1983
- II ZR 133/82, FamRZ 1983,1213,1214). Noch ferner liegt es nach allgemeiner
Vorstellung, daß Partner ihre persönlichen, intimen Beziehungen
zum Gegenstand vertraglicher Bindung machen wollen.
Die Kläger hatten nicht ermittelt, ob der
Beklagte mit Frau S. auch seine übrigen persönlichen und vor
allem die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse vertraglich
geregelt hatte. Fehlte eine solche Regelung des Partnerschaftsverhältnisses,
so mußte sich aus der Sicht eines objektiven Beurteilers (vgl. dazu
BGHZ 21,102,107) eine Abrede ausgerechnet über engste persönliche
Beziehungen nicht ohne weiteres als gesondert vereinbarte, rechtsverbindlich
gewollte Absprache darstellen.
In dem Vorprozeß hat das Amtsgericht daher
mit Recht bezweifelt, ob bei dem von den Klägern vorgetragenen Sachverhalt
ein rechtlicher Bindungswille der Frau S. vorgelegen habe.
Selbst wenn aber angenommen werden könnte,
Frau S. habe an der Vereinbarung in dem Bewußtsein mitgewirkt, eine
verbindliche rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, so wäre
dieses Rechtsgeschäft nicht wirksam, weil der von ihm erfaßte
engste persönliche Freiheitsbereich einer vertraglichen Regelung entzogen
ist.
Zur personalen Würde und zum Persönlichkeitsrecht
von Partnern, die miteinander Geschlechtsverkehr haben, gehört es,
sich immer wieder neu und frei für ein Kind entscheiden zu können.
Sie müssen daher in ihrer Entscheidung, ob sie zur Vermeidung einer
Schwangerschaft empfängnisverhütende Mittel gebrauchen, frei
bleiben. Diese Entscheidungsfreiheit betrifft den engsten Kern ihrer Persönlichkeit
und ihrer Entfaltung in Selbstbestimmung (vgl. auch LAG Hamm DB 1969,2353,2354).
Daraus folgt, daß ein Partner sich nicht wirksam im voraus zur regelmäßigen
Anwendung eines Empfängnisverhütungsmittel rechtsverbindlich
verpflichten kann.
Wenn der Partner zur Mitwirkung bei der Empfängnisverhütung
nicht mehr bereit ist, kann daraus daher auch dann kein vertraglicher Schadensersatzanspruch
hergeleitet werden, wenn er dies dem anderen nicht mitteilt, weil auch
dadurch seine Intimsphäre unzumutbar berührt würde.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision begründete
das von dem Beklagten behauptete Verhalten der Frau S. auch keine Ansprüche
aus unerlaubter Handlung.
Die §§ 823 ff. BGB knüpfen Haftungsfolgen
an ein Verhalten, das sittlichen Grundvorstellungen und Ordnungsprinzipien
des Gemeinschaftslebens widerspricht (BGB-RGRK/ Steffen, 12. Aufl. §
826 Rdnr. 15). Der Intimbereich zweier volljähriger Partner, die beim
freiwilligen Geschlechtsverkehr nicht nur ihr sexuelles Bedürfnis
befriedigen, sondern das Entstehen von Leben verantworten, unterliegt im
Falle der Geburt eines Kindes grundsätzlich auch dann nicht dem Deliktsrecht,
wenn der eine Partner dabei den anderen über die Anwendung empfängnisverhütender
Maßnahmen getäuscht hat.
Dieses ist im vorliegenden Fall darüberhinaus
auch durch die Interessen des Kindes geboten. Der Sohn des Beklagten lebt
bei seiner Mutter, Frau S., die ihn betreut und erzieht und ihm dadurch
gemäß § 1606 Abs. 3 BGB Unterhalt leistet. Er nimmt dabei
naturgemäß in allen seinen Lebensbedingungen an den Lebensverhältnissen
der Mutter und ihrem Lebensstandard teil. Wegen des Schadensersatzverlangens
seines eigenen Vaters müßte er daher bis zum Ende seiner Unterhaltsbedürftigkeit
erhebliche persönliche, psychische und wirtschaftliche Beeinträchtigungen
erleiden. Das Kind müßte die finanzielle und seelische Belastung
der Mutter miterleben und mitempfinden. Besonders schwerwiegend wären
diese Auswirkungen im Falle einer zwangsweisen Beitreibung des Anspruchs
gegen die Mutter. Möglicherweise würde diese durch ihre im Ergebnis
doppelte Unterhaltslast auch zu einem beruflichen Einsatz veranlaßt,
der die Belange des Kindes nicht mehr wahrt. Einem Kind, dessen Mutter
derartigen seelischen und finanziellen Belastungen ausgesetzt ist, werden
die Ursachen dafür nicht verborgen bleiben. Die damit notwendigerweise
verbundene Erkenntnis des Kindes, daß es durch seine eigene Existenz
eine Haftung der Mutter gegenüber dem Vater ausgelöst hat, betrifft
das Kind in der ihm zukommenden Menschenwürde.
3. Die Kläger haben ihre vorprozessuale Beratungspflicht
schuldhaft verletzt, weil sie die ihnen als Rechtsanwälten im Rahmen
des Mandatsvertrages obliegenden Sorgfaltspflichten außer acht gelassen
haben (§ 276 BGB). Sie haben allgemeine rechtswissenschaftliche Methoden
bei der Prüfung der Erfolgsaussicht nicht beachtet und daher die rechtliche
Zweifelhaftigkeit des eingeklagten Anspruchs nicht erkannt. Sie haben deshalb
auch den Beklagten nicht einmal auf das erhebliche Risiko des Rechtsstreits
hingewiesen und in ihm sogar die Vorstellung geweckt, der Anspruch stehe
ihm »laut Rechtsprechung« zu.
Die Kläger haben den Beklagten nach ihrem
eigenen Vorbringen auf der Grundlage der Entscheidung des VI. Zivilsenats
des Bundesgerichtshofs vom 18. März 1980 (BGHZ 76,249,259) beraten.
Sie haben damit entscheidende, ohne weiteres erkennbare Unterschiede in
der Fallgestaltung verkannt und methodisch ungenau beim Ansatzpunkt ihrer
Beratung und ihres Prozeßvortrags auf die Frage abgestellt, ob ein
Kind »ein Schaden« sein kann. Die Kläger mögen zwar
richtig erkannt haben, daß deliktische Ansprüche als Rechtsgrundlage
für den geltend gemachten Anspruch nicht in Betracht kommen. Einen
vertraglichen Schadensersatzanspruch haben sie aber unzureichend fundiert
und daher entscheidende Probleme, die das Prozeßrisiko begründeten,
nicht erkannt. Konkrete Anhaltspunkte für einen Rechtsbindungswillen
haben sie nicht vorgetragen. Es mußte ihnen aber bekannt sein, daß
der Bundesgerichtshof (Urt. v. 24. März 1980 - II ZR 191/79, NJW 1980,1520,1521)
und ein überwiegender Teil der Literatur (zum Stand der damaligen
Diskussion vgl. z. B. Derleder NJW 1980,545 f.) im Verzicht der Partner
außerehelicher Gemeinschaften auf die Ehe die Dokumentation ihres
Entschlusses zur rechtlichen Ungebundenheit sehen und daher für das
Vorliegen eines Rechtsbindungswillens zur rechtsgeschäftlichen Ordnung
der vermögensrechtlichen Beziehungen besondere Anhaltspunkte verlangen.
Die Kläger mußten daher damit rechnen, daß der Vortrag,
die Partner hätten die Kinderlosigkeit ihres Verhältnisses »verbindlichst«
vereinbart, nicht ohne weiteres als Darlegung eines dem objektiven Beurteiler
nachvollziehbaren Rechtsbindungswillens ausreichen würde. Auch zur
rechtsgeschäftlichen Verfügbarkeit des Gegenstandes der Bindung
haben die Kläger Bedenken offenbar nicht gesehen; sie haben jedenfalls
insoweit keine Prozeßrisiken offengelegt.
Die Fallgestaltung der von den Klägern als
einschlägig angesehenen Entscheidungen des VI. Zivilsenats zum Schadensersatzanspruch
bei fehlgeschlagener Sterilisation wich schon darum entscheidend von der
vorliegenden ab, weil Sv. S. keineswegs ein ungewünschtes Kind war,
sondern nur von einem seiner Elternteile nicht gewollt war. Die von den
Klägern im Vorprozeß dargestellten Rechtsausführungen,
es handele sich bei Sv. ebenso um ein ungewolltes Kind, wie es die Kinder
waren, wegen deren Geburt der VI. Zivilsenat jeweils beiden Elternteilen
Schadensersatz zuerkannt hatte, waren falsch. Es entsprach nicht der von
einem Rechtsanwalt zu verlangenden Gewissenhaftigkeit, einen Klageanspruch
auf eine eindeutig nicht vorhandene Parallelität der Sachverhaltsgestaltung
zu gründen.
III. 1. Das Berufungsgericht sieht den Schaden des Beklagten in der Belastung mit der Kostenforderung der Kläger und den übrigen mit der Widerklage geltend gemachten, aus dem Vorprozeß gegen ihn entstandenen Gebührenansprüchen bzw. in den von dem Beklagten auf diese getätigten Zahlungen. Das ist richtig ... (wird ausgeführt)