Auf Gesellschafter-Erben übergegangener Gesellschaftsanteil als Nachlaßbestandteil, Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung BGH, Urteil vom 14.05.1986 - IVa ZR 155/84 (Köln) Fundstelle: Amtl. Leitsätze: 1. Der im Wege der Erbfolge
auf einen Gesellschafter-Erben übergegangene Gesellschaftsanteil gehört zum
Nachlaß (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung). Zum Sachverhalt: Die am 12. 7. 1976 verstorbene Erblasserin wurde aufgrund ihres eigenhändigen Testaments vom 3. 6. 1974 von ihrem Ehemann, dem Bekl., als ihrem alleinigen, nichtbefreiten Vorerben beerbt; zu ihren Nacherben setzte sie bestimmte in Polen wohnhafte Verwandte ein. Außerdem setzte die Erblasserin zahlreiche Vermächtnisse aus, und zwar auch fortlaufende Zahlungen an ihre Verwandten in Polen, und ordnete ferner Testamentsvollstreckung an. Testamentsvollstreckerin ist seit dem 30. 4. 1980 die Kl.; der frühere Testamentsvollstrecker ist dem Bekl. als Streithelfer beigetreten. Die Erblasserin und der Bekl. betrieben ein Sportwaffengeschäft in der Rechtsform der OHG. Seit dem Tode der Erblasserin führt der Bekl. das Geschäft allein fort; er ist inzwischen als Einzelhandelskaufmann im Handelsregister eingetragen. Die Kl. hat in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin Stufenklage erhoben und verlangt von dem Bekl. u. a. Auskünfte, Abgabe von eidesstattlichen Versicherungen, Vorlage von Unterlagen und Zahlung. Das LG hat den Bekl. durch Teilurteil zu bestimmten Auskünften und Zahlungen verurteilt und hat die Klage u. a. wegen eines weiteren Zahlungsanspruchs abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Kl. weitere Auskünfte und Zahlungen sowie die Vorlage eines Verzeichnisses der Aktiva und der Passiva der OHG am Todestag, der Schlußbilanz zum Todestag und der Jahresabschlüsse 1971 bis 1982, jeweils nebst den zugehörigen Gewinn- und Verlustrechnungen, verlangt. Das BerGer. hat den Bekl. zu weiteren Auskünften und Zahlungen und zur Vorlage der Jahresabschlüsse für 1976 bis 1982 verurteilt und hat die Berufung im übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Kl. weiterhin Vorlage eines Verzeichnisses der Aktiva und der Passiva der OHG am Todestag sowie der Schlußbilanz zu diesem Stichtag und der Jahresabschlüsse 1971 bis 1975. Der Bekl. erstrebt mit seiner Revision, soweit sie zur Entscheidung angenommen ist, die Zurückweisung der Berufung bezüglich der Vorlage der Jahresabschlüsse 1976 bis 1982. Die Revision der Kl. hat im wesentlichen Erfolg, die Revision des Bekl. dagegen nicht. Aus den Gründen: I. LG und OLG sind übereinstimmend davon ausgegangen, daß die Erblasserin die deutsche Staatsangehörigkeit hatte und daß die Erbfolge nach ihr deshalb nach deutschem Erbrecht zu beurteilen ist. Rechtliche Bedenken haben sich insoweit nicht ergeben (Art. 24 EGBGB). II. In dem Testament v. 3. 6. 1974 heißt es:
Diese Bestimmungen hat das
BerGer. dahin ausgelegt, daß die Testamentsvollstreckung (umfassend) sowohl
für den Vorerben (Verwaltungsvollstreckung) als auch für die Nacherben
angeordnet ist, für die Nacherben allerdings nicht schon jetzt (§ 2222 BGB),
sondern erst nach dem Eintritt der Nacherbfolge. III. Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen, soweit die Kl. mit ihr die Vorlage eines Verzeichnisses der Aktiva und der Passiva der OHG am Todestag und der darauf aufbauenden Bilanz zu diesem Stichtag verlangt. Zwar habe ein Anspruch auf diese Unterlagen bestanden; diesen Anspruch habe der Bekl. aber durch Übergabe der Zwischenbilanz v. 12. 7. 1976 und des Verzeichnisses der Aktvia und Passiva erfüllt. Die hiergegen gerichtete Revision der Kl. ist unbegründet, soweit es sich um das verlangte Bestandsverzeichnis handelt. Die Revision macht hierzu nur geltend, das übergebene Verzeichnis beruhe möglicherweise nicht auf einer körperlichen Bestandsaufnahme. Die Erläuterungen zu der Zwischenbilanz gäben nicht vor, auf einer solchen Aufnahme zu beruhen. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Zwar haben die für eine OHG vorgeschriebenen Jahresschlußbilanzen (Handelsbilanzen) und erst recht der bei Auflösung gebotene Rechnungsabschluß Inventare zugrunde zu legen, denen grundsätzlich eine körperliche (oder eine gleichwertige) Bestandsaufnahme voranzugehen hat (§ 39 HGB a. F.). Indessen kann eine derartige Aufnahme, wenn sie unterblieben sein sollte, praktisch nicht mehr nachgeholt werden. Ein weiteres Verzeichnis zum Todestag als dasjenige, das die Kl. unstreitig bereits erhalten hat, kann sie daher nicht verlangen. IV. 1. Dagegen hat das BerGer. der Klage wegen der Schlußbilanz zum Todestag zu Unrecht nicht stattgegeben. Das BerGer. hat übersehen, daß der Bilanz zu diesem Stichtag, die die Kl. erhalten hat, keine Gewinn- und Verlustrechnung beigefügt war. 2. Demnach kommt es darauf
an, ob der Kl. ein Anspruch auf eine Bilanz zum Todestag der Erblasserin
zusteht. Das hat das BerGer. im Ergebnis mit Recht angenommen. Die
Gesellschaft ist - jedenfalls für das hier zu entscheidende Rechtsverhältnis
- als nicht erloschen anzusehen. Vielmehr hat die Kl. als
Testamentsvollstreckerin darauf zu achten, daß der Bekl. die Grenze der
ordnungsmäßigen Verwaltung der Vorerbschaft auch als Gesellschafter-Erbe
nicht überschreitet. Dieser Aufgabe kann die Kl. ohne umfassenden Einblick
in das Unternehmen nicht genügen. Der Gesellschaftsanteil des
Gesellschafters einer Personengesellschaft als der Inbegriff seiner
Rechtsbeziehungen aus dem Gesellschaftsverhältnis zu der Gesellschaft, zu
deren Vermögen und zu den übrigen Gesellschaftern (BGHZ 65, 79 (82) = NJW
1975, 1774 = LM § 105 HGB Nr. 35), kurz seine „Mitgliedschaft“ (BGHZ 81, 82
(84) = NJW 1981, 2747 = LM § 171 HGB Nr. 18; Flume, Die Personengesellschaft
S. 125 ff.), gehört selbstverständlich zu seinem Vermögen. Er kann
Gegenstand einer Verfügung unter Lebenden sein (RG, DNotZ 1944, 195 = WM
1964, 1130; BGHZ 81, 82 (84) = NJW 1981, 2747 = LM § 171 HGB Nr. 18 und
ständig). Sein Verbleib beim Tode eines Gesellschafters richtet sich, wenn
darüber nicht schon durch den Gesellschaftsvertrag oder sonst durch
Rechtsgeschäft unter Lebenden bestimmt ist, nach Erbrecht (Senat, LM § 1922
BGB Nr. 13 = NJW 1983, 2376 = MDR 1983, 1003 = JR 1983, 502 m. Anm.
Schneider = BB 1983, 2138 = Betr 1983, 1700 = WM 1983, 672 = FamRZ 1983,
899). Indessen kann das Erbrecht die Rechte des Erblassers nur so auf dessen
Rechtsnachfolger weiterleiten, wie es sie beim Erbfall vorfindet. Das hat
der Senat in der angeführten Entscheidung ausdrücklich betont. Demgemäß muß
es das Erbrecht ohne weiteres hinnehmen, wenn ein Recht oder eine
Rechtsstellung des Erblassers nicht oder nur beschränkt vererblich ist. Das
ist bei einem Gesellschaftsanteil (BGHZ 22, 186 (191) = NJW 1957, 180 = LM §
139 HGB Nr. 1; BGHZ 68, 225 (237) = NJW 1977, 1339)
nicht anders als bei anderen Rechten, deren Vererblichkeit eingeschränkt
ist. An derartigen Besonderheiten darf aber die erbrechtliche Weiterleitung
nur beschränkt vererblicher Rechte und Rechtsgüter nicht scheitern. Aus
diesem Grunde hat der Senat anerkannt, daß die vererblich gestellte
Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft beim Tode ihres Inhabers nicht
„als ganzes“, sondern im Wege der Sondererbfolge (Singularsukzession)
unmittelbar und geteilt ohne weiteres Darzutun an die mehreren
Nachfolger-Erben gelangt (ebenso BFHE 137, 500). Dabei hat der Senat aber
gleichzeitig betont, daß die (geteilten) Gesellschaftsanteile der mehreren
Nachfolger-Erben trotz der Sondererbfolge zum Nachlaß (zur Erbschaft)
gehören. Das gilt erst recht, wenn der verstorbene Gesellschafter nur einen
(Vor-) Erben hat und es deshalb keiner Abweichung von der in § 1922 I BGB
("als ganzes“) zwingend vorgeschriebenen Universalsukzession bedarf. a) Die von Ulmer befürwortete automatische Zuordnung des vererbten Gesellschaftsanteils zum „Privatvermögen“ des Gesellschafter-Erben ist zutreffend; sie ist die Kehrseite der von der Rechtsprechung entwickelten Sondererbfolge. Jedoch folgt daraus noch nicht die völlige Abtrennung vom Nachlaß. aa) Ulmer erkennt an, daß der Gesellschaftsanteil zwar zur Erbschaft i. S. von § 1922 I BGB gehört, rechnet ihn aber gleichwohl nicht zum Nachlaß (Ulmer, in: Festschr. f. Schilling, 1973, S. 79 (85); ders., NJW 1984, 1496 (1498); ders., in: MünchKomm, 2. Aufl., § 727 Rdnr. 27). Indessen ist der Gebrauch der Wörter „Erbschaft“ und „Nachlaß" im Gesetz anerkanntermaßen so wenig aussagekräftig, daß sich hieraus kein tragfähiges Argument für diese Auffassung gewinnen läßt. bb) Auch aus der vom BGH anerkannten Sondererbfolge (Singularsukzession) bei der erbrechtlichen Weiterleitung der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft an mehrere Gesellschafter-Erben kann nichts dafür hergeleitet werden, daß der vom gesamthänderisch gebundenen Nachlaß getrennte Gesellschaftsanteil nicht die Qualität eines Nachlaßgegenstandes habe. Die Gegenmeinung läßt außer Betracht, daß die Nachlaßgegenstände nach der Gesetzeslage auch nach der Auseinandersetzung in der Hand der einzelnen Miterben weiterhin „Nachlaß" bleiben. Demgemäß bleibt die Beschränkung der Haftung auf den Nachlaß (§ 780 I ZPO) für jeden Miterben auch nach der Teilung sinnvoll (§§ 1990 ff. BGB); auch nach der Teilung des Nachlasses kann es dementsprechend zum Nachlaßkonkurs kommen (§ 216 II KO). Überdies ist das Vermögen des Erblassers selbstverständlich auch in der Hand eines Alleinerben „Nachlaß". Hinzu kommt, daß in den bundesrechtlich geregelten Fällen der Sondererbfolge im Höferecht und im Reichsheimstättenrecht der Hof und die Heimstätte ebenfalls Nachlaßbestandteil sind (§ 4 HöfeO; § 31 AVO zum ReichsheimstättenG). Selbst nach der gerichtl. Zuweisung eines landwirtschaftl. Betriebes an einen von mehreren Miterben (§ 13 GrdstVG) bleibt der Betrieb grundsätzlich Nachlaßbestandteil; lediglich die Haftung ist gem. § 16 II GrdstVG modifiziert. cc) Die Frage, welche Gegenstände zum „Nachlaß" gehören, kann nicht nach den Bedürfnissen entschieden werden, die in diesem oder jenem Bereich eine Einschränkung oder Ausweitung des Machtbereichs des Testamentsvollstreckers, des Nachlaßverwalters oder des Nachlaßkonkursverwalters geraten erscheinen lassen (so aber anscheinend Ulmer, NJW 1984, 1498). Von zentraler Bedeutung und insoweit maßgebend ist vielmehr die Funktion, die dem Nachlaß als Haftungsobjekt für die Nachlaßverbindlichkeiten zukommt. Die eher formale Zuordnung des Nachlasses zu dem Eigenvermögen des (Allein-) Erben gem. § 1922 BGB oder der einzelnen Miterben nach der Auseinandersetzung (§ 2042 BGB) wird nämlich materiell überlagert durch die Ordnung des Haftungszugriffs einerseits durch die Eigengläubiger des Erben und durch die Nachlaßgläubiger andererseits. Dieser Ordnung liegt der Gedanke zugrunde, daß der Erbe (und seine Eigengläubiger) in bezug auf den Haftungszugriff der Gläubiger des Erblassers auf dessen Vermögen nach dem Erbfall grundsätzlich nicht besser stehen darf, als vorher der Erblasser (BGHZ 68, 225 (239, 240) = NJW 1977, 1339). Dementsprechend können die Nachlaßgläubiger in das Erblasservermögen nach dessen Übergang auf den Erben weiterhin Zugriff nehmen; dabei haben sie sogar, wie bei der Nachlaßverwaltung und beim Nachlaßkonkurs und noch häufiger in den Fällen der §§ 780 I ZPO, 1990 ff. BGB deutlich wird, den Vorrang vor den Eigengläubigern des Erben. Diese - in gewissem Umfang vorrangige - Haftung des Erblasservermögens für die Nachlaßverbindlichkeiten sichert das Gesetz mit Hilfe der Qualifizierung dieses von dem oder den Erben ererbten Vermögens und der durch dingliche Surrogation (§§ 2019 , 2041 , 2111 BGB) an seine Stelle getretenen Vermögensstücke als „Nachlaß". In diese - in den Einzelheiten ohnehin diffizile - Ordnung des Haftungszugriffs der verschiedenen Gläubigergruppen überhaupt einzugreifen, ist nicht geraten. Dies gerade im Bereich der erbrechtlichen Gesellschafternachfolge zu tun, müßte die zahlreichen ungelösten Folgeprobleme der von der Rechtsprechung des BGH hierzu entwickelten Sondererbfolge weiter vermehren und sogar in andere Gebiete hineintragen. b) Auch die beteiligten Interessen der Gesellschafter einer Personengesellschaft und dieser Gesellschaft selbst erfordern den von Ulmer befürworteten Eingriff in die Ordnung des „Nachlasses“ und insbes. in die Ordnung des Haftungszugriffs der Nachlaßgläubiger auf das Nachlaßvermögen nicht. Soweit es um das im Vordergrund stehende Bedürfnis geht, die Gesellschaft und die Mitgesellschafter von Einwirkungen fremder Personen auf die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft zu bewahren, um die Abwehr gesellschaftsfremder Personen also, bedarf es eines Eingriffs in die erbrechtl. Haftungsordnung schon deshalb nicht, weil sich ein Mitgesellschafter im Hinblick auf den höchtspersönlichen Charakter des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses innerhalb dieser Gemeinschaft im allgemeinen niemanden aufdrängen lassen muß, mit dem er sich nicht auf die Gesellschaft eingelassen hat (vgl. z. B. BGHZ 65, 79 (84) = NJW 1975, 1774 = LM § 105 HGB Nr. 35; BGHZ 13, 179 (184) = NJW 1954, 1155 = LM § 719 BGB Nr. 1; BGHZ 24, 106 (114) = NJW 1957, 1026 = LM § 2218 BGB Nr. 1; Ausnahme: BGHZ 44, 98 (100) = NJW 1965, 1961 = LM § 118 HGB Nr. 1). Deshalb bedarf die rechtsgeschäftliche Verfügung über den Gesellschaftsanteil der Zustimmung aller Gesellschafter (z. B. BGHZ 44, 229 (231) = NJW 1966, 499 = LM § 105 HGB Nr. 21). Dementsprechend stehen zwingende gesellschaftsrechtliche Gründe im allgemeinen auch dann entgegen, wenn der Nachlaßverwalter oder der Nachlaßkonkursverwalter die ererbten Mitgliedsrechte des Gesellschafter-Erben geltend machen wollten (BGHZ 91, 132 (136) = NJW 1984, 2104 unter Berufung auf BGHZ 47, 293 = NWJ 1967, 1961 = LM § 142 HGB Nr. 18). Für den Testamentsvollstrecker gilt in bezug auf die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte des Nachfolger-Erben als eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG (BGHZ 68, 225 (239) = NJW 1977, 1339) oder als eines mitgeschäftsführenden Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH, NJW 1981, 749 = LM § 730 BGB Nr. 8; zur Testamentsvollstreckung bei einem vererbten Kommanditanteil an einer fortgesetzten KG: BGH, NJW 1985, 1953) nichts anderes. c) Der künftige Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben, der „anstelle“ des vererbten Gesellschaftsanteils „in den Nachlaß" fallen soll (bei mehreren Erben trotz Sondererbfolge in den gesamthänderisch gebundenen Nachlaß), wäre überdies kein Äquivalent. Das folgt schon daraus, daß das Auseinandersetzungsguthaben in Gestalt einer sogenannten Buchwertabfindung in der Praxis „im Kapitalerhaltungsinteresse“ vielfach vertraglich auf einen niedrigeren Betrag als den vollen Wert des vererbten Anteils an der werbenden Gesellschaft festgesetzt wird und nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich auch festgesetzt werden kann (vgl. z. B. BGH, NJW 1985, 192). Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung soll ein Auseinandersetzungsguthaben sogar ganz ausgeschlossen werden können (vgl. BGHZ 22, 186 (194 f.) = NJW 1957, 180 = LM § 139 HGB Nr. 1). Zu dem Erblasservermögen, auf das die Nachlaßgläubiger (mit Vorrang vor den Eigengläubigern des Gesellschafter-Erben) Zugriff nehmen können, gehört vielmehr noch weiteres als nur das Auseinandersetzungsguthaben. Es ist daher sicherlich gerechtfertigt, daß der II. Zivilsenat - über Ulmer hinausgehend - anerkannt hat, daß auch nach dem Erbfall entstehende Gewinnansprüche des Gesellschafter-Erben in den Nachlaß fallen (BGHZ 47, 293 (296) = NJW 1967, 1961 = LM § 142 HGB Nr. 18; BGHZ 91, 132 (136, 137) = NJW 1984, 2104). Damit wird den Nachlaßgläubigern die Möglichkeit bewahrt, sich statt eines sofortigen Zugriffs auf das möglicherweise unzureichende Abfindungsguthaben gem. oder entsprechend § 135 HGB zunächst an die laufenden Gewinnansprüche zu halten. Dabei darf freilich nicht übersehen werden, daß es sich bei einer Personenhandelsgesellschaft um ein lebendes Unternehmen handelt, dessen Gewinne und dessen Wert im Laufe der Zeit zum Teil auch auf der verantwortlichen Mitwirkung des Gesellschafter-Erben beruhen (vgl. z. B. Senat, LM § 280 BGB Nr. 7 = NJW 1984, 2570 (2573)). Deshalb erscheint es naheliegend, die laufenden Gewinne und jedenfalls nach längerer Zeit erfolgreichen Einsatzes für das Unternehmen auch den Wert nicht völlig dem Nachlaß, sondern zu einem angemessenen Anteil ausschließlich dem Gesellschafter-Erben zuzuordnen (ähnl. BGHZ 91, 132 (137) = NJW 1984, 2104; ferner BGH, NJW 1981, 749 = LM § 730 BGB Nr. 8). 4. Die grundsätzliche Zuordnung des ererbten Gesellschafteranteils des Gesellschafter-Erben zum Nachlaß hat nicht zur Folge, daß der Testamentsvollstrecker in die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft eingreifen dürfte oder könnte. Sie verhindert aber, daß der Gesellschafter-Erbe in Fällen der gedachten Art über den ererbten Gesellschaftsanteil verfügen kann und daß seine Eigengläubiger in den Anteil und die daraus erwachsenden Vermögensrechte vollstrecken können (§ 2214 BGB). Insofern unterliegt der Gesellschaftsanteil „als ganzes“, gewissermaßen mit seiner „Außenseite“ nach wie vor der Verwaltung des Testamentsvollstreckers. Das ist sachgerecht. Schützenswerte Interessen des Gesellschafter-Erben, seiner Mitgesellschafter oder der Gesellschaft, die auch einen derartigen „Minimalschutz“ der dem Testamentsvollstrecker anvertrauten Interessen der übrigen Nachlaßbeteiligten verböten, sind nicht ersichtlich. Ein mögliches Interesse des Gesellschafter-Erben, den Gesellschaftsanteil als Kreditgrundlage zu verwerten, muß hinter die Interessen der sonstigen Nachlaßbeteiligten zurücktreten. 5. Diese Rechtslage hat zur Folge, daß die Gesellschaft hier trotz Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in der Hand des Bekl. (z. B. BGHZ 71, 296 (303) = NJW 1978, 1525 = LM § 29 KO Nr. 8; BGHZ 65, 79 (82) = NJW 1975, 1774 = LM § 105 HGB Nr. 35) - jedenfalls für das hier zu entscheidende Rechtsverhältnis - als nicht erloschen anzusehen ist (vgl. BGHZ 48, 214 (219) = NJW 1967, 2399 = LM § 2213 BGB Nr. 3; BGH, NJW 1983, 2247 (2249) = LM § 185 BGB Nr. 26; aber auch Baur-Grunsky, ZHR 133, 209). Einer „Wiedereinstellung“ der Gesellschaft gem. oder entsprechend § 2143 BGB bedarf es daher nicht (vgl. dazu Flume, Personengesellschaft, S. 99 ff.). Das wäre nur anders, wenn die Kl. oder ihr Rechtsvorgänger im Amt den Gesellschaftsanteil der Erblasserin i. S. von § 2217 I BGB freigegeben hätte. Eine derartige Freigabe nimmt der Bekl. für sich jedoch nicht in Anspruch, ist dem Parteivorbringen auch sonst nicht zu entnehmen und ist auch nicht anzunehmen. Allerdings fühlt der Bekl. sich anscheinend aufgrund seiner Stellung als Vorerbe als alleiniger Herr des ererbten Gesellschaftsanteils und führt das Unternehmen deshalb wie ein Alleininhaber fort, und zwar ohne daß die Kl. oder ihr Rechtsvorgänger im Amt auch nur den Versuch unternommen hätten, ihn daran zu hindern. Möglicherweise hat der frühere Testamentsvollstrecker, der zugleich der langjährige Steuerberater der Bekl. ist, der alleinigen Fortführung des Unternehmens durch den Bekl. sogar zugestimmt; er war dazu aufgrund des Testaments der Erblasserin gehalten. Indessen läge auch in einer derartigen Zustimmung noch keine Freigabe, nämlich keine Überlassung des Gesellschaftsanteils „zur freien Verfügung“ über diesen. Die besonderen Umstände des Falles führen allerdings zu einer weiteren Frage: Sollte die Gesellschaft mit dem Tode der Erblasserin gem. § 131 Nr. 4 HGB in das Abwicklungsstadium getreten sein, dann fiele damit der Anteil der Erblasserin an der Abwicklungsgesellschaft in deren Nachlaß (Ulmer, in: MünchKomm, § 727 Rdnr. 10 m. w. Nachw.), und zwar derart, daß er, auch was die inneren Angelegenheiten der Abwicklungsgesellschaft angeht, erbrechtlich unter die Verwaltung des Testamentsvollstreckers gestellt werden konnte (Ulmer, in: MünchKomm, § 727 Rdnr. 19). Das letztere ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr wollte die Erblasserin die inneren Angelegenheiten des Unternehmens und die Art und Weise seiner Fortführung für die Dauer der Vorerbschaft ersichtlich ihrem Ehemann allein überlassen. Der von der Erblasserin im Interesse ihrer Verwandten angeordneten Verwaltungsvollstreckung kommt daher für die Zeit der Vorerbschaft in bezug auf das Unternehmen nur eine beaufsichtigende Funktion zu. Insoweit hat die Kl. - das ist auch die Auffassung der Revision des Bekl. - darauf zu achten, daß der Bekl. die Grenzen der von ihm geschuldeten ordnungsmäßigen Verwaltung der Vorerbschaft (§ 2130 I BGB) nicht überschreitet. Jedenfalls können auch diese Gesichtspunkte trotz der alleinigen Fortführung des Unternehmens durch den Bekl. nicht dahin führen, daß der Gesellschaftsanteil der Erblasserin aus der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Testamentsvollstreckerin völlig ausgenommen wäre (vgl. aber Ulmer, in: MünchKomm, § 727 Rdnr. 10). Die Kl. hat die ihr zugewiesene Aufgabe ihrerseits sorgfältig wahrzunehmen (§ 2216 BGB); anderenfalls kann sie gem. § 2219 I BGB selbst schadensersatzpflichtig werden. Dieser Aufgabe kann sie aber ohne umfassenden Einblick in das Unternehmen seit dem Tode der Erblasserin nicht in der gebotenen Weise genügen. Der Bekl. wird ihr diesen Einblick daher in vollem Umfang gewähren müssen. Dazu gehört auch die Vorlage einer ordentlichen Handelsbilanz zum Todestag der Erblasserin. V. 1. Aus denselben Gründen muß der Bekl. der Kl. auch die Jahresabschlüsse 1976 bis 1982 vorlegen. Das hat das BerGer. im Ergebnis zutreffend erkannt. Die insoweit zur Entscheidung angenommene Revision des Bekl. kann daher keinen Erfolg haben. 2. Was die Jahresabschlüsse 1971 bis 1975 angeht, so hat das BerGer. der Kl. einen Anspruch auf diese zu Unrecht aberkannt. Die Revision der Kl. muß auch hier Erfolg haben. Nach der rechtsfehlerfreien Auslegung durch das BerGer. hat die Erblasserin Verwaltungsvollstreckung auch für die Dauer der Vorerbschaft angeordnet. Die Kl. hat daher grundsätzlich den gesamten Nachlaß zu verwalten. Dazu gehören auch die Rechte der Erblasserin auf die Jahresabschlüsse für die Zeiträume, in denen sie selbst noch Mitglied der Gesellschaft war. Ein beachtliches Geheimhaltungsinteresse kann der Bekl. dem nicht entgegensetzen.
|
|