Abgrenzung zwischen Privatrecht und Öffentlichem
Recht ("V-Mann-Vertrag")
BVerwG v. 26.5.2010 - 6 A 5/09
Fundstelle:
NVwZ-RR 2010, 682
Amtl. Leitsatz:
Die Rechtsbeziehung zwischen dem
Bundesnachrichtendienst und einer Vertrauensperson i.S.v. § 3 Satz 1 BNDG
i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG beruht auf einem privatrechtlichen
Vertrag.
Zentrale Probleme:
Ein ehemaliger "V-Mann" des BND verlangt wegen Bedrohung
Schutzmaßnahmen des Bundes im Verwaltungsrechtsweg. Dieser ist aber nur
eröffnet, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht
verfassungsrechtlicher Art handelt (s. § 40 VwGO). Das BVerwG verneint dies
nach einer sher sorgsamen und lehrreichen Abgrenzung zwischen Öffentlichem
Recht und Privatrecht (s. Tz. 17 ff). Zentral ist die
Parallele zum sog. "Verwaltungshelfer", der mittels eines privatrechtlichen
Vertrags von der öffentlichen Hand eingeschaltet wird, um öffentliche
Aufgaben wahrzunehmen, dabei aber selbst keinerlei Entscheidungsbefugnisse
hat (wie etwa der Abschleppunternehmer, der von der Polizei zum Entfernen
eines verbotswidrig geparkten Fahrzeugs eingesetzt wird). Selbstverständlich
kann aber auch in diesem Fall das privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen
der Verwaltung und dem Verwaltungshelfer öffentlich-rechtlich überlagert
sein. Es ist also durchaus denkbar, dass Grundrechtserwägungen für die Frage
der nachvertraglichen Schutzpflicht gegenüber dem V-Mann eine Rolle spielen
- aber eben nicht vor den Verwaltungsgerichten (s. Tz. 22).
©sl 2013
Gründe:
I. 1 Der Kläger ist deutscher
Staatsbürger afghanischer Herkunft. In den Jahren 2002 bis 2007 war
er unter dem Arbeitsnamen „J.“ für den Bundesnachrichtendienst im Bereich
Terrorismus als nachrichtendienstliche Verbindung tätig und wurde
insbesondere in islamistische Gruppen eingeschleust. Die Zusammenarbeit
wurde 2007 einvernehmlich beendet, weil der Kläger nicht mehr die vom
Bundesnachrichtendienst erwarteten Ergebnisse erbringen konnte und nach
Ansicht des Dienstes nachlässig in seinen Abrechnungen geworden war. Der
Kläger unterschrieb am 10. August 2007 eine sog. Abschalterklärung
anlässlich der Beendigung seiner Zusammenarbeit mit dem
Bundesnachrichtendienst, in der es u.a. hieß, dass er aus seiner
„Zusammenarbeit mit dem BND keinerlei ... finanzielle oder sonstige
Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland oder BND-Angehörige habe“.
2 Der Kläger empfing nach eigenen Angaben ein in Dari verfasstes Schreiben,
das in der von ihm vorgelegten deutschen Übersetzung u.a. wie folgt lautet:
„Du hast den Islam verraten. ... Einer deiner besten Freunde hat uns darüber
informiert, dass du mit der deutschen Polizei zusammen arbeitest. Wann immer
es geht, köpfen wir dich. ... Du hast an unseren Versammlungen im In- und
Ausland teilgenommen. Wusstest über all unsere Pläne bescheid. ... Wir haben
deine Adresse von deiner Familie rausbekommen. ...“
3 Mit Schreiben vom 6. Juli 2009 wandte der Prozessbevollmächtigte des
Klägers sich an den Bundesnachrichtendienst. Er bezog sich auf die frühere
Tätigkeit des Klägers für den Dienst, verwies auf den Eindruck, dass dieser
deshalb in seinem Leben bedroht sei, sowie auf die bislang erfolglosen
Bemühungen um Schutz beim Landeskriminalamt H. Er bat um die kurzfristige
Umsiedlung in ein außereuropäisches Land, am besten in die USA. Auch Kanada
käme als Fluchtland in Betracht. In ganz Europa sei das Leben seines
Mandanten in Gefahr. Das Übersiedlungsanliegen betreffe außer seinem
Mandanten auch dessen übrige Familie, d.h. dessen Ehefrau und vier Kinder.
Für die in Holland lebende Mutter müsse ebenfalls eine Lösung gefunden
werden. Der Kläger habe seine Wohnung in H. gekündigt und sei in eine
Notunterkunft für Asylanten in H. aufgenommen worden. Dort sei er aber auch
nicht sicher, weil darin sehr viele Ausländer verkehrten und sein
Aufenthaltsort somit nicht lange geheim bleiben werde.
4 Nachdem ein Vertreter des Bundesnachrichtendienstes erklärt hatte, dass im
vorliegenden Fall keine Verpflichtung und keine Möglichkeit bestehe, den
Wünschen des Klägers zu entsprechen, hat dieser beim
Bundesverwaltungsgericht die vorliegende Klage erhoben. Unter Bezugnahme auf
seine frühere Tätigkeit für den Bundesnachrichtendienst macht er geltend,
ihm und seiner ebenfalls bedrohten Familie müsse geholfen werden. Der
Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, denn die streitentscheidenden Normen
seien solche des öffentlichen Rechts.
5 Zwischen den Parteien habe ein Vertragsverhältnis bestanden, das ihn, den
Kläger, zur Beschaffung und Übermittlung nachrichtendienstlich relevanter
Informationen gegen Geldzahlung verpflichtet habe. Hierzu habe er
terroristische Vereinigungen infiltrieren und ausspähen sollen. Der
Schwerpunkt des Vertrages liege auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr, präziser
formuliert: der nachrichtendienstlichen Unterstützung der Bundeswehr in
einem kriegsähnlichen Einsatz. Dass sich der Bundesnachrichtendienst
privatrechtlicher Formen zu bedienen scheine und nicht etwa jeden seiner
Agenten in ein Beamtenverhältnis überführe, ändere an dem
öffentlich-rechtlichen Schwerpunkt des „Spionagevertrages“ nichts. Einer
privatrechtlichen Ausgestaltung stehe überdies die Privatisierungsschranke
des Art. 33 Abs. 4 GG entgegen.
6 Aus dem öffentlich-rechtlichen „Spionagevertrag“ folge eine nachwirkende
Schutzpflicht. Die Beklagte sei nach Treu und Glauben dazu verpflichtet, die
spezifischen Gefahren, die sich für ihn aus der Durchführung des
„Spionagevertrages“ ergeben, effektiv abzuwehren. Maßgeblich hierfür sei
allein, dass die Lebensgefahr, in der er sich derzeit unbestritten befinde,
auf einem Risiko beruhe, das der Bundesnachrichtendienst objektiv gesetzt
habe und von dem er profitiert habe bzw. profitieren wollte. Als
öffentlich-rechtlicher Auftraggeber sei der Bundesnachrichtendienst daher
verpflichtet, diese Gefahr effektiv abzuwehren. Auf diesen vertraglichen
Anspruch habe er auch nicht wirksam verzichtet.
7 Auch aus Art. 2 Abs. 2 GG folge ein Anspruch auf Schutz. Die
Besonderheiten der Gefahrenlage, in der er sich befinde, bedingten, dass der
Fall die Zuständigkeit der Gefahrenabwehrbehörden der Länder übersteige. In
dem globalisierten „Krieg gegen den Terror“ könne für die Zuständigkeit und
damit für die Passivlegitimation hinsichtlich der grundrechtlichen
Schutzpflicht nicht entscheidend sein, an welchem Ort sich die
Kriegsgefahren realisierten. Die Abwehr dieser Gefahren sei jedenfalls eine
Aufgabe des Bundes - dieser vertreten durch den Bundesnachrichtendienst.
Zwar stehe dem Staat bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht ein weiter
Entscheidungsspielraum zu. Jedoch sei er durch das Untermaßverbot begrenzt.
Die Besonderheiten des Falles lägen so, dass effektiver Schutz auf dem
Territorium der Bundesrepublik Deutschland de facto nicht zu realisieren
sei. Er sei als (ehemaliger) Agent der Beklagten enttarnt worden, werde als
Verräter betrachtet und mit dem Tode bedroht. Auch seine Familie sei
gefährdet. Die Schutzpflicht der Beklagten konkretisiere sich auf einen
Anspruch auf Unterstützung zur Umsiedlung in das Ausland.
8 Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm eine neue Identität
zu verschaffen, seinen Umzug sowie den seiner Familie in ein anderes Land
rechtlich und finanziell zu ermöglichen.
9 Ferner beantragt der Kläger, ihm unter Beiordnung seines
Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
10 Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
11 Sie hält die Klage für unzulässig. Der Verwaltungsrechtsweg sei nicht
eröffnet, weil es an einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit
nichtverfassungsrechtlicher Art i.S.v. § 40 Abs. 1 VwGO fehle. Zwischen dem
Kläger und dem Bundesnachrichtendienst habe ein öffentlich-rechtliches
Dienst- oder sonstiges öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis weder
bestanden noch bestehe es. Soweit der Kläger für den Bundesnachrichtendienst
tätig geworden sei, sei dies im Rahmen zivilrechtlicher Vereinbarungen
erfolgt.
12 Der Verwaltungsrechtsweg scheide aus, soweit der Kläger zur Begründung
seiner Forderung einen Schutzanspruch unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 GG
ableite. Insoweit bestünde allenfalls eine Handlungspflicht des Staates im
Rahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr auf Basis der Landespolizeigesetze.
Ferner sei Art. 2 Abs. 2 GG subsidiär, wenn sich die begehrten
Schutzmaßnahmen ggf. auf ein (vertragliches) Rechtsverhältnis stützen
ließen. Aber auch wenn man einen Anspruch auf Vornahme der begehrten
Schutzmaßnahmen aus einer nachwirkenden Treuepflicht aus Vertrag ableite,
sei der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, weil ein zivilrechtlicher
Vertrag vorliege und damit auch eine etwaige nachwirkende Treuepflicht als
zivilrechtlich einzustufen wäre.
13 Die vertragliche Beziehung zwischen dem Kläger und dem
Bundesnachrichtendienst sei rein privatrechtlicher Natur gewesen. Es handele
sich um einen zivilrechtlichen Vertrag sui generis, der sich am ehesten mit
einem Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter vergleichen lasse.
Vertragsgegenstand sei die Lieferung von Informationen gegen Zahlung von
Geldbeträgen gewesen.
14 Die Klage sei aber auch unbegründet. Es fehle bereits an einer
tragfähigen Anspruchsgrundlage. Alle möglichen Ansprüche seien aufgrund der
Abschalterklärung erledigt. Darüber hinaus liege das Verschulden für die
eingetretene Situation beim Kläger selbst bzw. bei seiner Ex-Frau,
jedenfalls nicht in der Sphäre des Bundesnachrichtendienstes. Außerdem
bestünden insofern Zweifel an der Kausalität, als die Abschaltung bereits
vor über zwei Jahren erfolgt sei und der Kläger auch für einen ausländischen
Nachrichtendienst und das LKA H. gearbeitet habe, wobei er bei letzterem
auch ein Zeugenschutzprogramm durchlaufen habe. Anders als in der
Klageschrift behauptet, sei dem Kläger keine Hilfe beim Umzug zugesagt
worden.
II
15 1. Für die Klage ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben (§ 17 Abs. 2
Satz 1 GVG). Es handelt sich nicht um eine der Zuständigkeit der
Verwaltungsgerichte unterliegende öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d.
§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vielmehr liegt eine bürgerlich-rechtliche
Streitigkeit vor, für die nach § 13 GVG der ordentliche Rechtsweg eröffnet
ist.
16 a) Der Rechtsstreit unterfällt nicht einer Sonderzuweisung an die
Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach §
50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO im ersten und letzten Rechtszug über Klagen, denen
Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zugrunde liegen.
Die Vorschrift regelt die sachliche Zuständigkeit des
Bundesverwaltungsgerichts in erster Instanz. Sie eröffnet nicht den
Verwaltungsrechtsweg (BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 1999 - BVerwG 2 A 2.99 -
Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 19). Die Zulässigkeit des Rechtswegs folgt
vielmehr auch in Klagen betreffend den Bundesnachrichtendienst den
allgemeinen Regeln.
17 b) Ob eine
Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet
sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte
Anspruch hergeleitet wird (GmS-OGB, Beschlüsse vom 10. April 1986 -
GmS-OGB 1/85 - BGHZ 97, 312 [313 f.], vom 29. Oktober 1987 - GmS-OGB 1/86 -
BGHZ 102, 280 [283] und vom 10. Juli 1989 - GmS-OGB 1/88 - BGHZ 108, 284
[286]; BVerwG, Urteil vom 19. Mai 1994 - BVerwG 5 C 33.91 - BVerwGE 96, 71
[73] = Buchholz 436.0 § 12 BSHG Nr. 24 S. 2 f.; Beschlüsse vom 30. Mai 2006
- BVerwG 3 B 78.05 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 295 = NJW 2006, 2568 und vom
2. Mai 2007 - BVerwG 6 B 10.07 - BVerwGE 129, 9 = Buchholz 310 § 40
VwGO Nr. 298; BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 1999 - XI ZB 7/99 - NJW 2000,
1042 und vom 20. Mai 2009 - XII ZB 166/08 - NVwZ 2009, 1054). Dabei
kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem
hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der
Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen
Rechts bedient (GmS-OGB, Beschlüsse vom 10. April 1986 a.a.O. S.
314 und vom 29. Oktober 1987 a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2006
a.a.O.). Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit kann aber auch auf
einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Gleichordnungsverhältnisse sind
öffentlich-rechtlich, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden
Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates
oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf
einer Seite nur an Hoheitsträger wendet (GmS-OGB, Beschluss vom 10.
Juli 1989 a.a.O. S. 286 f.; BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2006 a.a.O.).
Für die Abgrenzung eines öffentlich-rechtlichen von einem
privatrechtlichen Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an.
Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der
Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen
ist (GmS-OGB, Beschluss vom 10. April 1986 a.a.O.; BGH, Beschluss
vom 20. Mai 2009 a.a.O.).
18 c) Gemäß diesen Grundsätzen ist für Streitigkeiten über etwaige
nachwirkende Pflichten aus einem Vertrag des Klägers als eines
Vertrauensmannes i.S.v. § 3 Satz 1 BNDG i.V.m. § 8 Abs. 2 BVerfSchG mit dem
Bundesnachrichtendienst über die Lieferung von Informationen gegen Zahlung
von Geldbeträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
19 aa) Nach dem insoweit unstreitigen Vorbringen der Beklagten nutzte der
Bundesnachrichtendienst den Kläger als sog. „nachrichtendienstliche
Verbindung“, d.h. als Vertrauensperson i.S.d. § 3 Satz 1 BNDG i.V.m. § 8
Abs. 2 BVerfSchG. Er zählte damit nach der Nomenklatur des
Bundesnachrichtendienstes zu den „Quellen“, die auftragsrelevante
Informationen übermitteln, zu denen sie aufgrund ihrer (beruflichen)
Tätigkeit bzw. ihrer Kontakte zu Personen, Personengruppierungen oder
Institutionen etc. Zugang haben oder sich verschaffen können. Durch
die Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst wird die Vertrauensperson
weder zum Angehörigen des öffentlichen Dienstes - denn es handelt sich weder
um eine hauptberufliche noch überhaupt um eine Berufstätigkeit - noch zu
einem beliehenen Hoheitsträger, da hoheitliche Kompetenzen mit seiner
Funktion nicht verbunden sind (Droste, Handbuch des
Verfassungsschutzrechts, 2007, S. 269). Denn die Lieferung von
Informationen an den Bundesnachrichtendienst dient zwar dessen
Aufgabenerfüllung i.S.v. § 1 Abs. 2 BNDG, ist aber selbst keine hoheitliche
Tätigkeit des Informanten. Genauso wenig kann aus dem allgemein geltenden
Grundsatz der Gesetzesbindung und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
geschlossen werden, dass Verwaltungshandeln grundsätzlich in
öffentlich-rechtlicher Form erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung wird
vielmehr dort, wo sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben privater
Gestaltungsformen bedient, die Privatrechtsordnung lediglich in einzelnen
Punkten durch öffentlich-rechtliche Bindungen ergänzt, modifiziert und
überlagert, ohne dass darum das Verwaltungshandeln selbst dem öffentlichen
Recht zuzuordnen wäre; infolgedessen haben über derartige
öffentlich-rechtliche Bindungen des privatrechtlichen Verwaltungshandelns
die ordentlichen Gerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeit mitzuentscheiden
(Beschluss vom 2. Mai 2007 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.).
20 Für die Beantwortung der Frage, wie die Handlungsweise der
Vertrauensperson im Innen- und Außenverhältnis zu bewerten ist, kann am
ehesten auf die dem Amtshaftungsrecht entnommene Figur des
Verwaltungshelfers abgestellt werden (s. Borgs-Maciejewski/Ebert,
Das Recht der Geheimdienste, 1986, § 3 BVerfSchG Rn. 159 f.; Gusy, RiA 1982,
101 [104 ff.]; ähnlich auch Droste, a.a.O. S. 269). Die als
Informant tätige Vertrauensperson hat demnach keine andere Stellung als der
zum Zweck einer Fremdvornahme eingesetzte Private im Polizeirecht, der sich
gegenüber der Polizei in einem privatrechtlichen Verhältnis befindet, mag er
auch als Verwaltungshelfer nach außen hoheitlich handeln (vgl.
Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 6. Aufl. 2009, Rn. 555 sowie BGH,
Urteile vom 26. Januar 2006 - I ZR 83/03 - WRP 2006, 741 [742 f.] und vom
15. Januar 2009 - I ZR 141/06 - WRP 2009, 1089 [1090]). Der Umstand,
dass der Informant mittelbar an der Erfüllung der dem
Bundesnachrichtendienst kraft öffentlichen Rechts obliegenden Aufgaben
mitwirkt, verleiht dem Beschaffungsgeschäft als solchem keinen
öffentlich-rechtlichen Charakter. Beschaffungsgeschäfte des öffentlichen
Aufgabenträgers sind ihrer Rechtsnatur nach von der öffentlich-rechtlichen
Aufgabenerfüllung zu trennen (vgl. GmS-OGB, Beschluss vom 10. April
1986 a.a.O.).
21 Rechtliche Grundlage für die Beziehung zwischen Vertrauensperson
und Bundesnachrichtendienst ist ein zivilrechtlicher Vertrag, der auf die
Beschaffung von nachrichtendienstlich relevanten Erkenntnissen gerichtet
ist, für welche die Vertrauensperson als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis
entlohnt wird (Borgs-Maciejewski/Ebert, a.a.O. Rn. 159; ebenso
Droste, a.a.O.). Gegen die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrags (so
Gusy, a.a.O. S. 103; s. ferner Lisken/Denninger/Rachor, Handbuch des
Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, F Rn. 318) spricht, dass der
Vertragsgegenstand, das Beschaffungsverhältnis, nicht i.S.v. § 54 Satz 1
VwVfG auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts liegt. In diesem Zusammenhang
ist ferner zu berücksichtigen, dass die Beteiligten keinen den Anforderungen
von §§ 54 ff. VwVfG entsprechenden Vertrag abgeschlossen haben und die
Beklagte dies nach eigenem Bekunden in solchen Fällen auch ansonsten nicht
tut.
22 bb) An der
Beurteilung des Begehrens des Klägers als privatrechtlich ändert auch nichts
der Umstand, dass er darüber hinaus die Beklagte aus Art. 2 Abs. 2 GG für
verpflichtet hält, ihm einen besonderen Schutz vor Angriffen auf sein
eigenes Leben und das von Angehörigen zu gewähren. Nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1
GG hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Daran ist
u.a. die vollziehende Gewalt als unmittelbar geltendes Recht gebunden (Art.
1 Abs. 3 GG). Dies geschieht aber nach Maßgabe der einfachrechtlichen
Anspruchsgrundlagen. So kann unter Umständen, falls eine unmittelbare und
konkrete Gefahr für Leib und Leben des Klägers bzw. seiner
Familienangehörigen vorhanden ist, eine Handlungspflicht des Staates im
Rahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr bestehen, deren Adressat allerdings
nicht die Beklagte, sondern die zuständige Landespolizeibehörde ist. In dem
Verhältnis zur Beklagten, das nach Maßgabe der oben angestellten Erwägungen
zivilrechtlich geprägt ist, mag die Privatrechtsordnung durch das Grundrecht
des Klägers auf Leben und körperliche Unversehrtheit öffentlich-rechtlich
modifiziert und überlagert sein. Derartige Bindungen im Rahmen eines im
Übrigen privatrechtlich ausgestalteten Rechtsverhältnisses wirken aber nicht
rechtswegbestimmend, sondern sind - wie bereits erwähnt - von dem
ordentlichen Gericht im Rahmen seiner Zuständigkeit mitzuberücksichtigen.
23 2. Der Rechtsstreit ist hiernach an das im Zivilrechtsweg sachlich und
örtlich zuständige Landgericht München I zu verweisen (§ 17a Abs. 2, § 71
Abs. 1, § 23 Nr. 1 GVG, §§ 12, 18 ZPO). Dieses ist auch für die Entscheidung
über das mit der Klage verbundene Prozesskostenhilfegesuch berufen (s. OVG
Münster, Beschluss vom 28. April 1993 - 25 E 275/93 - NJW 1993, 2766; LAG
Köln, Beschluss vom 24. Juni 2009 - 7 Ta 162/08 - juris Rn. 12).
24 3. Eine Entscheidung über die Kosten ist vorliegend nicht zu treffen.
Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten
im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die
bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde (§ 17b
Abs. 2 Satz 1 GVG).
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