Staatshaftung für Verstöße gegen Primärrecht – Art. 28 (ex-Artikel 30) EGV (Einfuhrbeschränkungen); Art. 43 (ex-Artikel 52) EGV (Recht auf freie Niederlassung)
EuGH, Urteil v. 5. März 1996, Rs. C-46/93 und
C-48/93 - Brasserie du Pecheur
Fundstellen:
EuGH Slg. 1996, I-1029
NJW 1996, 1267
Leitsätze
1. Die Anwendung des Grundsatzes, daß die Mitgliedstaaten zum Ersatz der
Schäden verpflichtet sind, die dem einzelnen durch Verstösse gegen das
Gemeinschaftsrecht entstehen, die diesen Staaten zuzurechnen sind, ist nicht
ausgeschlossen, wenn der Verstoß eine unmittelbar anwendbare
gemeinschaftsrechtliche Vorschrift betrifft.
Denn die dem einzelnen eingeräumte Möglichkeit, sich vor den nationalen
Gerichten auf unmittelbar anwendbare Vorschriften zu berufen, stellt nur
eine Mindestgarantie dar und reicht für sich allein nicht aus, um die
uneingeschränkte Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Diese
Möglichkeit, die der Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften den
Vorrang gegenüber nationalen Vorschriften verschaffen soll, ist nicht in
allen Fällen geeignet, dem einzelnen die Inanspruchnahme der Rechte zu
sichern, die ihm das Gemeinschaftsrecht verleiht, und insbesondere zu
verhindern, daß er aufgrund eines einem Mitgliedstaat zuzurechnenden
Verstosses gegen das Gemeinschaftsrecht einen Schaden erleidet.
2. Soweit der Vertrag keine Vorschriften enthält, die die Folgen von
Verstössen der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht ausdrücklich und
genau regeln, hat der Gerichtshof in Erfüllung der ihm durch Artikel 164 des
Vertrages übertragenen Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und
Anwendung des Vertrages zu sichern, über eine solche Frage nach den
allgemein anerkannten Auslegungsmethoden zu entscheiden, insbesondere indem
er auf die Grundprinzipien der Gemeinschaftsrechtsordnung und gegebenenfalls
auf allgemeine Grundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten
gemeinsam sind, zurückgreift.
3. Der Grundsatz, daß die Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden
verpflichtet sind, die dem einzelnen durch diesen Staaten zuzurechnende
Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, ist auch dann anwendbar,
wenn die Verstösse auf den nationalen Gesetzgeber zurückgehen.
Dieser aus dem Wesen der mit dem Vertrag geschaffenen Rechtsordnung folgende
Grundsatz gilt nämlich für jeden Fall des Verstosses eines Mitgliedstaats
gegen das Gemeinschaftsrecht unabhängig davon, welches staatliche Organ
durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß verursacht hat; die danach
bestehende Verpflichtung zum Schadensersatz kann in Anbetracht des
Grunderfordernisses der Gemeinschaftsrechtsordnung, das die einheitliche
Anwendung des Gemeinschaftsrechts darstellt, nicht von den internen
Vorschriften über die Verteilung der Zuständigkeiten auf die durch die
Verfassung eingesetzten Organe abhängen.
4. Bei der Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen der Verstoß eines
Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht den Geschädigten einen
Entschädigungsanspruch eröffnet, sind zunächst die Grundsätze der
Gemeinschaftsrechtsordnung zu berücksichtigen, die die Grundlage der
Staatshaftung bilden, nämlich zum einen die volle Wirksamkeit der
Gemeinschaftsnormen und der effektive Schutz der durch sie verliehenen
Rechte und zum anderen die den Mitgliedstaaten nach Artikel 5 des Vertrages
obliegende Mitwirkungspflicht. Ausserdem ist das System heranzuziehen, das
für die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft entwickelt worden ist,
da es zum einen gemäß Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages auf den den
Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätze
aufbaut und zum anderen keine Veranlassung besteht, die Haftung der
Gemeinschaft und die Haftung der Mitgliedstaaten unter vergleichbaren
Umständen ohne besonderen Grund unterschiedlichen Systemen zu unterstellen,
da der Schutz der Rechte, die der einzelne aus dem Gemeinschaftsrecht
herleitet, nicht unterschiedlich sein kann, je nachdem, ob die Stelle, die
den Schaden verursacht hat, nationalen oder Gemeinschaftscharakter hat.
Daher hat der Geschädigte, wenn ein Verstoß eines Mitgliedstaats gegen das
Gemeinschaftsrecht dem nationalen Gesetzgeber zuzurechnen ist, der auf einem
Gebiet tätig wird, auf dem er im Hinblick auf normative Entscheidungen über
einen weiten Ermessensspielraum verfügt, einen Entschädigungsanspruch,
sofern die verletzte gemeinschaftsrechtliche Vorschrift bezweckt, ihm Rechte
zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem
Verstoß und dem dem einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer
Kausalzusammenhang besteht.
Unter diesem Vorbehalt hat der Staat die Folgen des durch den ihm
zuzurechnenden Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht entstandenen Schadens im
Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben, wobei die im anwendbaren
nationalen Recht festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen
als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen; auch dürfen diese
Voraussetzungen nicht so ausgestaltet sein, daß die Erlangung der
Entschädigung praktisch unmöglich oder übermässig erschwert ist.
Insbesondere kann das nationale Gericht im Rahmen des von ihm angewandten
nationalen Rechts die Entschädigung nicht davon abhängig machen, daß den
staatlichen Amtsträger, dem der Verstoß zuzurechnen ist, ein Verschulden
(Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft, das über den hinreichend
qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinausgeht.
Bezueglich dieses hinreichend qualifizierten Verstosses gegen die
Gemeinschaftsnorm besteht das entscheidende Kriterium für die Beurteilung
der Frage, ob ein solcher vorliegt, darin, daß ein Mitgliedstaat die
Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich
überschritten hat. Insoweit gehören zu den Gesichtspunkten, die das
zuständige Gericht gegebenenfalls zu berücksichtigen hat, das Maß an
Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des
Ermessensspielraums, den die verletzte Vorschrift den nationalen oder
Gemeinschaftsbehörden belässt, die Frage, ob der Verstoß vorsätzlich oder
nicht vorsätzlich begangen oder der Schaden vorsätzlich oder nicht
vorsätzlich zugefügt wurde, die Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit
eines etwaigen Rechtsirrtums und der Umstand, daß die Verhaltensweisen eines
Gemeinschaftsorgans möglicherweise dazu beigetragen haben, daß nationale
Maßnahmen oder Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise unterlassen,
eingeführt oder aufrechterhalten wurden. Jedenfalls ist ein Verstoß gegen
das Gemeinschaftsrecht offenkundig qualifiziert, wenn er trotz des Erlasses
eines Urteils, in dem die in ihm liegende Vertragsverletzung festgestellt
wird, oder eines Urteils im Vorabentscheidungsverfahren oder aber einer
gefestigten einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, aus denen sich
die Pflichtwidrigkeit des fraglichen Verhaltens ergibt, fortbestanden hat.
5. Der von den Mitgliedstaaten zu leistende Ersatz der Schäden, die sie dem
einzelnen durch Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht verursacht haben, muß
dem erlittenen Schaden angemessen sein. Soweit es auf diesem Gebiet keine
Gemeinschaftsvorschriften gibt, ist es Sache der nationalen Rechtsordnung
jedes Mitgliedstaats, die Kriterien festzulegen, anhand deren der Umfang der
Entschädigung bestimmt werden kann, wobei diese Kriterien nicht ungünstiger
sein dürfen als bei entsprechenden, auf nationales Recht gestützten
Ansprüchen; auch dürfen sie keinesfalls so ausgestaltet sein, daß die
Entschädigung praktisch unmöglich oder übermässig erschwert ist. Eine
nationale Regelung, die den ersatzfähigen Schaden generell auf die Schäden
beschränken würde, die an bestimmten, besonders geschützten individüllen
Rechtsgütern entstehen, wobei der entgangene Gewinn des einzelnen
ausgeschlossen wäre, ist unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht. Im übrigen
muß besonderer Schadensersatz wie der im englischen Recht vorgesehene
"exemplarische" Schadensersatz gewährt werden können, wenn er, gestützt auf
das Gemeinschaftsrecht ° gegebenenfalls auch in Form einer Klage ° geltend
gemacht wird, sofern ein solcher, auf nationales Recht gestützter
Schadensersatz zugesprochen würde.
6. Die Verpflichtung eines Mitgliedstaats zum Ersatz der Schäden, die dem
einzelnen durch diesem Staat zuzurechnende Verstösse gegen das
Gemeinschaftsrecht entstehen, kann nicht auf die Schäden beschränkt werden,
die nach Erlaß eines Urteils des Gerichtshofes eingetreten sind, in dem die
in diesen Verstössen liegende Vertragsverletzung festgestellt wird.
Da der Entschädigungsanspruch auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts
besteht, sobald die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann man
nämlich nicht zulassen, daß die Entschädigungspflicht des betreffenden
Mitgliedstaats auf die Schäden beschränkt werden könnte, die nach Erlaß
eines Urteils des Gerichtshofes, in dem der Verstoß festgestellt wird,
eingetreten sind, ohne daß der in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannte
Entschädigungsanspruch in Frage gestellt wäre. Würde ausserdem der
Schadensersatz davon abhängig gemacht, daß der Gerichtshof zuvor einen dem
betreffenden Mitgliedstaat zuzurechnenden Verstoß gegen das
Gemeinschaftsrecht feststellt, so stünde dies im Widerspruch zum Grundsatz
der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts, da dadurch jeder
Entschädigungsanspruch ausgeschlossen wäre, solange der mutmaßliche Verstoß
nicht Gegenstand einer Klage der Kommission nach Artikel 169 des Vertrages
und einer Verurteilung durch den Gerichtshof geworden ist. Die dem einzelnen
zustehenden Rechte aus den Gemeinschaftsvorschriften, die in der nationalen
Rechtsordnung der Mitgliedstaaten unmittelbare Wirkung haben, können aber
weder davon abhängen, daß die Kommission es für zweckmässig hält, gemäß
Artikel 169 des Vertrages gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, noch davon,
daß der Gerichtshof gegebenenfalls den Verstoß in einem Urteil feststellt.
Sachverhalt und Gründe
1 Der Bundesgerichtshof (Rechtssache C-46/93) und der High Court of Justice,
Queen' s Bench Division, Divisional Court (Rechtssache C-48/93), haben mit
Beschlüssen vom 28. Januar 1993 und 18. November 1992, beim Gerichtshof
eingegangen am 17. Februar 1993 und 18. Februar 1993, gemäß Artikel 177
EWG-Vertrag Fragen nach den Voraussetzungen für die Begründung der Haftung
eines Mitgliedstaats für Schäden, die dem einzelnen durch diesem Staat
zuzurechnende Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, zur
Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Fragen stellen sich in zwei Rechtsstreitigkeiten zwischen der
Brasserie du pêcheur und der Bundesrepublik Deutschland sowie zwischen der
Factortame Ltd u. a. (im folgenden: Factortame u. a.) und dem Vereinigten
Königreich Großbritannien und Nordirland.
Rechtssache C-46/93
3 Die Brasserie du pêcheur, eine französische Brauerei mit Sitz in
Schiltigheim (Elsaß), musste nach ihrem Vorbringen vor dem vorlegenden
Gericht ihre Ausfuhren von Bier nach Deutschland Ende 1981 einstellen, weil
das von ihr hergestellte Bier von den zuständigen deutschen Behörden mit der
Begründung beanstandet worden war, es entspreche nicht dem Reinheitsgebot
der §§ 9 und 10 des Biersteuergesetzes vom 14. März 1952 (BGBl. I S. 149) in
der Fassung vom 14. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3341, 3357; im folgenden:
BierStG).
4 Da die Kommission der Auffassung war, daß diese Vorschriften gegen Artikel
30 EWG-Vertrag verstießen, leitete sie ein Vertragsverletzungsverfahren
gegen die Bundesrepublik Deutschland ein, das sowohl das Verbot, in anderen
Mitgliedstaaten nach anderen Verfahren rechtmässig hergestelltes Bier unter
der Bezeichnung "Bier" in den Verkehr zu bringen, als auch das Verbot der
Einfuhr von Bier mit Zusatzstoffen betraf. Der Gerichtshof hat mit Urteil
vom 12. März 1987 in der Rechtssache 178/84 (Kommission/Deutschland, Slg.
1987, 1227) entschieden, daß das Verbot des Inverkehrbringens von aus
anderen Mitgliedstaaten eingeführtem Bier, das nicht den deutschen
Rechtsvorschriften entsprach, gegen Artikel 30 des Vertrages verstieß.
5 Die Brasserie du pêcheur verklagte daraufhin die Bundesrepublik
Deutschland auf Ersatz des ihr durch diese Einfuhrbeschränkung in den Jahren
1981 bis 1987 entstandenen Schadens in Höhe eines Teilbetrags von 1 800 000
DM.
6 Der Bundesgerichtshof verweist dazu auf § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) und auf Artikel 34 des Grundgesetzes (GG). § 839 Absatz 1 Satz 1 BGB
lautet: "Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem
Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen." Artikel 34 GG bestimmt: "Verletzt jemand
in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten
gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit
grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht."
7 Nach diesen beiden Vorschriften ist es für die Haftung des Staates
erforderlich, daß drittgerichtete Amtspflichten verletzt werden; dies
bedeutet, daß der Staat nur für die Verletzung der Verpflichtungen haftet,
die einem Dritten gegenüber bestehen. Wie der Bundesgerichtshof ausführt,
nimmt der nationale Gesetzgeber mit dem BierStG aber nur Aufgaben gegenüber
der Allgemeinheit wahr, ohne auf bestimmte Personen oder Personenkreise
abzustellen, die als "Dritte" im Sinne der genannten Vorschriften angesehen
werden könnten.
8 In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof dem Gerichtshof folgende
Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Gilt der Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, daß die Mitgliedstaaten zum
Ersatz der Schäden verpflichtet sind, die den einzelnen durch Verstösse
gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, die diesen Staaten zuzurechnen sind,
auch dann, wenn ein solcher Verstoß darin besteht, daß ein formelles
innerstaatliches Parlamentsgesetz nicht an die höherrangigen Normen des
Gemeinschaftsrechts angepasst wird (hier: Nichtanpassung der §§ 9 und 10 des
deutschen Biersteuergesetzes an Artikel 30 EWG-Vertrag)?
2. Kann durch die nationale Rechtsordnung bestimmt werden, daß ein etwaiger
Entschädigungsanspruch den gleichen Beschränkungen unterliegt wie bei einem
Verstoß eines innerstaatlichen Gesetzes gegen höherrangiges innerstaatliches
Recht, beispielsweise einem Verstoß eines einfachen deutschen Bundesgesetzes
gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland?
3. Kann die nationale Rechtsordnung einen Entschädigungsanspruch davon
abhängig machen, daß die für die Nichtanpassung verantwortlichen staatlichen
Amtsträger ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft?
4. Falls die Frage 1 zu bejahen und die Frage 2 zu verneinen ist:
a) Kann die Entschädigungspflicht nach Maßgabe der nationalen Rechtsordnung
auf den Ersatz von Schäden an bestimmten individüllen Rechtsgütern,
beispielsweise dem Eigentum, beschränkt werden, oder gebietet sie einen
umfassenden Schadensausgleich für sämtliche Vermögenseinbussen,
einschließlich des entgangenen Gewinns?
b) Gebietet die Entschädigungspflicht auch die Wiedergutmachung von solchen
Schäden, die bereits entstanden waren, bevor durch das Urteil des
Europäischen Gerichtshofes vom 12. März 1987 (Rechtssache 178/84)
festgestellt worden war, daß § 10 des deutschen Biersteuergesetzes gegen
höherrangiges Gemeinschaftsrecht verstieß?
Rechtssache C-48/93
9 Am 16. Dezember 1988 erhoben Factortame u. a., bei denen es sich um
natürliche Personen und Gesellschaften, die dem britischen Recht
unterliegen, handelt, sowie deren Geschäftsführer und Anteilseigner Klage
beim High Court of Justice, Queen' s Bench Division, Divisional Court (im
folgenden: Divisional Court), mit der sie geltend machten, daß Teil II des
Merchant Shipping Act 1988 (Seehandelsgesetz von 1988) gegen das
Gemeinschaftsrecht, insbesondere Artikel 52 EWG-Vertrag, verstosse. Dieses
Gesetz war am 1. Dezember 1988 in Kraft getreten, unbeschadet einer
Übergangsfrist, die am 31. März 1989 ablief. Es sah die Errichtung eines
neuen Registers für die britischen Fischereifahrzeuge vor und unterwarf
fortan die Registrierung dieser Fahrzeuge einschließlich der bereits im
alten Register eingetragenen bestimmten Voraussetzungen in bezug auf
Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsort und Domizil der Eigentümer.
Fischereifahrzeugen, die nicht in das neue Register eingetragen werden
konnten, wurde die Berechtigung zu fischen entzogen.
10 Auf Fragen, die das angerufene nationale Gericht vorgelegt hatte, hat der
Gerichtshof mit Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-221/89
(Factortame II, Slg. 1991, I-3905) entschieden, daß Erfordernisse in bezug
auf Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsort und Domizil der Eigentümer und
Manager der Schiffe, wie sie nach dem vom Vereinigten Königreich
eingeführten Registrierungssystem vorgesehen waren, im Widerspruch zum
Gemeinschaftsrecht stehen, daß es dem Gemeinschaftsrecht dagegen nicht
zuwiderläuft, als Voraussetzung für die Registrierung zu verlangen, daß die
Schiffe vom Vereinigten Königreich aus operieren und ihr Einsatz von dort
aus geleitet und überwacht wird.
11 Am 4. August 1989 hatte die Kommission eine Vertragsverletzungsklage
gegen das Vereinigte Königreich eingereicht. Parallel dazu hatte sie
beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung die vorgenannten
Voraussetzungen bezueglich der Staatsangehörigkeit wegen Verstosses gegen
die Artikel 7, 52 und 221 EWG-Vertrag auszusetzen. Mit Beschluß vom 10.
Oktober 1989 in der Rechtssache 246/89 R (Kommission/Vereinigtes Königreich,
Slg. 1989, 3125) hat der Präsident des Gerichtshofes diesem
Aussetzungsantrag stattgegeben. Zur Durchführung des Beschlusses erließ das
Vereinigte Königreich mit Wirkung vom 2. November 1989 Vorschriften zur
Änderung der neuen Registerregelung. Mit Urteil vom 4. Oktober 1991 in der
Rechtssache C-246/89 (Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1991, I-4585)
hat der Gerichtshof bestätigt, daß die mit der Vertragsverletzungsklage
beanstandeten Registrierungsvoraussetzungen gegen das Gemeinschaftsrecht
verstießen.
12 Inzwischen, am 2. Oktober 1991, hatte der Divisional Court einen Beschluß
zur Durchführung des vorgenannten Urteils des Gerichtshofes vom 25. Juli
1991 erlassen und die Kläger gleichzeitig aufgefordert, ihren
Schadensersatzantrag zu präzisieren. Daraufhin legten die Kläger dem Gericht
eine detaillierte Aufstellung der verschiedenen Schadensposten vor, in der
die Unkosten und die Verluste aufgeführt waren, die ihnen vom Inkrafttreten
der Gesetzesnovelle am 1. April 1989 bis zu deren Aufhebung am 2. November
1989 entstanden waren.
13 Schließlich erlaubte der Divisional Court mit Beschluß vom 18. November
1992 der Rawlings (Trawling) Ltd, der Klägerin zu 37 des Ausgangsverfahrens
in der Rechtssache C-48/93, ihren Schadensersatzantrag um einen Antrag auf
"exemplarischen" Schadensersatz wegen verfassungswidrigen Verhaltens der
öffentlichen Stellen (exemplary damages for unconstitutional behaviour) zu
erweitern.
14 In diesem Zusammenhang hat der Divisional Court dem Gerichtshof folgende
Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Wenn
a) Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Voraussetzungen in bezug auf
Staatsangehörigkeit, Domizil und Aufenthaltsort der Eigentümer und Manager
von Fischereifahrzeugen sowie der Anteilseigner und Geschäftsführer von
Gesellschaften, die Eigentümer oder Manager dieser Fahrzeuge sind, enthalten
und
b) diese Voraussetzungen nach den Urteilen des Gerichtshofes in den
Rechtssachen C-221/89 und C-246/89 gegen die Artikel 5, 7, 52 und 221
EWG-Vertrag verstossen,
haben dann diese Personen, die Eigentümer oder Manager solcher Fahrzeuge
waren oder Geschäftsführer und/oder Anteilseigner von Gesellschaften, die
Eigentümer oder Manager dieser Fahrzeuge waren, unter den Umständen des
vorliegenden Falles einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf
Entschädigung durch diesen Mitgliedstaat für Verluste, die sie aufgrund
aller oder eines der genannten Verstösse gegen den EWG-Vertrag erlitten
haben?
2. Für den Fall, daß Frage 1 bejaht wird, welche Erwägungen hat das
nationale Gericht nach Gemeinschaftsrecht bei der Entscheidung über folgende
Schadensersatzansprüche anzustellen:
a) Ausgaben und/oder Gewinneinbussen und/oder Einkommensverluste im Zeitraum
nach dem Inkrafttreten der genannten Voraussetzungen, in dem die Schiffe
stillgelegt werden, andere Möglichkeiten zum Fischen finden und/oder sich
andernorts um Registrierung bemühen mussten;
b) Verluste aufgrund des Verkaufs der Schiffe oder von Anteilen daran oder
von Anteilen an Gesellschaften, denen Schiffe gehörten, unter Wert;
c) Verluste aufgrund des Erfordernisses, wegen angeblicher Verstösse im
Zusammenhang mit dem Ausschluß der Schiffe aus dem nationalen Register
Kautionen, Bußgelder sowie Anwalts- und Gerichtskosten zu erbringen;
d) Verluste, weil es den Anspruchstellern unmöglich war, weitere Schiffe zu
besitzen und zu betreiben;
e) Verlust von Verwaltungsgebühren;
f) beim Versuch der Minderung der genannten Verluste entstandene Ausgaben;
g) exemplarischer Schadensersatz in der geltend gemachten Form?
15 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts der Ausgangsverfahren, des
Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird
auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur
insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies
erfordert.
Zur Haftung des Staates wegen der gegen das Gemeinschaftsrecht verstossenden
Handlungen und Unterlassungen des nationalen Gesetzgebers (erste Frage in
den Rechtssachen C-46/93 und C-48/93)
16 Mit ihrer ersten Frage möchten die beiden vorlegenden Gerichte im
wesentlichen wissen, ob der Grundsatz, daß die Mitgliedstaaten zum Ersatz
der Schäden verpflichtet sind, die dem einzelnen durch diesen Staaten
zuzurechnende Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, auch dann
anwendbar ist, wenn der zur Last gelegte Verstoß dem nationalen Gesetzgeber
zuzuschreiben ist.
17 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß, wie der Gerichtshof bereits im
Urteil vom 19. November 1991 in den Rechtssachen C-6/90 und C-9/90
(Francovich u. a., Slg. 1991, I-5357, Randnr. 37) festgestellt hat, es ein
Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, daß die Mitgliedstaaten zum Ersatz
der Schäden verpflichtet sind, die dem einzelnen durch Verstösse gegen das
Gemeinschaftsrecht entstehen, die diesen Staaten zuzurechnen sind.
18 Nach Ansicht der deutschen, der irischen und der niederländischen
Regierung besteht die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum Ersatz der dem
einzelnen entstandenen Schäden nur im Fall des Verstosses gegen nicht
unmittelbar anwendbare Vorschriften. In dem erwähnten Urteil Francovich u.
a. habe der Gerichtshof nur eine Lücke im System des Rechtsschutzes für den
einzelnen schließen wollen. Soweit dem einzelnen im nationalen Recht ein
Klagerecht für die Geltendmachung der Ansprüche zuerkannt sei, die er aus
unmittelbar anwendbaren gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften herleite,
bestehe keinerlei Notwendigkeit, ihm im Fall der Verletzung derartiger
Vorschriften ausserdem einen unmittelbar auf das Gemeinschaftsrecht
gestützten Entschädigungsanspruch zu gewähren.
19 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
20 Nach ständiger Rechtsprechung stellt die dem einzelnen eingeräumte
Möglichkeit, sich vor den nationalen Gerichten auf unmittelbar anwendbare
Vertragsvorschriften zu berufen, nur eine Mindestgarantie dar und reicht für
sich allein nicht aus, um die uneingeschränkte Anwendung des Vertrages zu
gewährleisten (vgl. u. a. Urteile vom 15. Oktober 1986 in der Rechtssache
168/85, Kommission/Italien, Slg. 1986, 2945, Randnr. 11, vom 26. Februar
1991 in der Rechtssache C-120/88, Kommission/Italien, Slg. 1991, I-621,
Randnr. 10, und vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-119/89,
Kommission/Spanien, Slg. 1991, I-641, Randnr. 9). Diese Möglichkeit, die der
Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften den Vorrang gegenüber
nationalen Vorschriften verschaffen soll, ist nicht in allen Fällen
geeignet, dem einzelnen die Inanspruchnahme der Rechte zu sichern, die ihm
das Gemeinschaftsrecht verleiht, und insbesondere zu verhindern, daß er
aufgrund eines einem Mitgliedstaat zuzurechnenden Verstosses gegen das
Gemeinschaftsrecht einen Schaden erleidet. Wie sich aus dem Urteil
Francovich u. a. (a. a. O., Randnr. 33) ergibt, wäre die volle Wirksamkeit
des Gemeinschaftsrechts aber in Frage gestellt, wenn der einzelne nicht die
Möglichkeit hätte, für den Fall, daß seine Rechte durch einen Verstoß gegen
das Gemeinschaftsrecht verletzt worden sind, eine Entschädigung zu erlangen.
21 Dies gilt dann, wenn ein einzelner, der Opfer der Nichtumsetzung einer
Richtlinie geworden ist und der sich vor dem nationalen Gericht nicht
unmittelbar auf bestimmte Vorschriften dieser Richtlinie berufen kann, weil
sie nicht hinreichend genau und unbedingt sind, gegen den säumigen Staat
eine Haftungsklage wegen Verstosses gegen Artikel 189 Absatz 3 des Vertrages
erhebt. Unter solchen Umständen, wie sie auch in den Rechtssachen Francovich
u. a. vorlagen, soll die Entschädigung die nachteiligen Folgen beseitigen,
die sich für die von einer Richtlinie begünstigten Personen aus der
Nichtumsetzung der Richtlinie durch einen Mitgliedstaat ergeben.
22 Dies gilt auch im Fall der Verletzung eines unmittelbar durch eine
Gemeinschaftsnorm verliehenen Rechts, auf das sich der einzelne vor den
nationalen Gerichten berufen kann. In diesem Fall stellt der
Entschädigungsanspruch die notwendige Ergänzung der unmittelbaren Wirkung
dar, die den Gemeinschaftsvorschriften zukommt, auf deren Verletzung der
entstandene Schaden beruht.
23 Vorliegend steht fest, daß die betreffenden Gemeinschaftsvorschriften,
nämlich Artikel 30 des Vertrages in der Rechtssache C-46/93 und Artikel 52
in der Rechtssache C-48/93, unmittelbare Wirkung in dem Sinne haben, daß sie
dem einzelnen Rechte verleihen, die er unmittelbar vor den nationalen
Gerichten geltend machen kann. Die Verletzung derartiger Vorschriften kann
zu einer Entschädigung führen.
24 Die deutsche Regierung trägt ausserdem vor, ein allgemeiner
Entschädigungsanspruch des einzelnen könne nur im Wege der Gesetzgebung
eingeführt werden und die Anerkennung eines solchen Anspruchs durch
Richterrecht wäre mit der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Organen der
Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten sowie mit dem nach dem Vertrag
vorgesehenen institutionellen Gleichgewicht unvereinbar.
25 Dazu ist zu bemerken, daß die Frage des Bestehens und des Umfangs der
Haftung eines Staates für Schäden, die sich aus einem Verstoß gegen seine
gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen ergeben, die Auslegung des
Vertrages betrifft, die als solche in die Zuständigkeit des Gerichtshofes
fällt.
26 Vorliegend ist ebenso wie in den erwähnten Rechtssachen Francovich u. a.
diese Auslegungsfrage dem Gerichtshof von nationalen Gerichten gemäß Artikel
177 des Vertrages vorgelegt worden.
27 Soweit der Vertrag keine Vorschriften enthält, die die Folgen von
Verstössen der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht ausdrücklich und
genau regeln, hat der Gerichtshof in Erfüllung der ihm durch Artikel 164 des
Vertrages übertragenen Aufgabe, die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und
Anwendung des Vertrages zu sichern, über eine solche Frage nach den
allgemein anerkannten Auslegungsmethoden zu entscheiden, insbesondere indem
er auf die Grundprinzipien der Gemeinschaftsrechtsordnung und gegebenenfalls
auf allgemeine Grundsätze, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten
gemeinsam sind, zurückgreift.
28 Auf die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die den Rechtsordnungen der
Mitgliedstaaten gemeinsam sind, verweist auch Artikel 215 Absatz 2 des
Vertrages im Bereich der ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft für
den durch deren Organe oder Bedienstete in Ausübung ihrer Amtstätigkeit
verursachten Schaden.
29 Dieser in Artikel 215 des Vertrages ausdrücklich aufgestellte Grundsatz
der ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft ist nur eine Ausprägung des
in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten geltenden allgemeinen
Grundsatzes, daß eine rechtswidrige Handlung oder Unterlassung die
Verpflichtung zum Ersatz des verursachten Schadens nach sich zieht. Dieser
Vorschrift ist ausserdem die Verpflichtung der öffentlichen Stellen zu
entnehmen, den in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden zu
ersetzen.
30 Ferner ist darauf hinzuweisen, daß in einer grossen Anzahl von nationalen
Rechtsordnungen das Staatshaftungsrecht entscheidend im Wege der
Rechtsprechung entwickelt worden ist.
31 Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen hat der Gerichtshof
bereits im Urteil Francovich u. a. (a. a. O., Randnr. 35) ausgeführt, daß
der Grundsatz der Haftung des Staates für Schäden, die dem einzelnen durch
dem Staat zuzurechnende Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen,
aus dem Wesen der mit dem Vertrag geschaffenen Rechtsordnung folgt.
32 Daraus ergibt sich, daß der Grundsatz für jeden Fall des Verstosses eines
Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht unabhängig davon gilt, welches
mitgliedstaatliche Organ durch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß
begangen hat.
33 Im übrigen kann in Anbetracht des Grunderfordernisses der
Gemeinschaftsrechtsordnung, das die einheitliche Anwendung des
Gemeinschaftsrechts darstellt (vgl. insbesondere Urteil vom 21. Februar 1991
in den Rechtssachen C-143/88 und C-92/89, Zuckerfabrik Süderdithmarschen und
Zuckerfabrik Söst, Slg. 1991, I-415, Randnr. 26), die Verpflichtung zum
Ersatz der dem einzelnen durch Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht
entstandenen Schäden nicht von den internen Vorschriften über die Verteilung
der Zuständigkeiten auf die Verfassungsorgane abhängen.
34 Wie der Generalanwalt in Nummer 38 seiner Schlussanträge ausgeführt hat,
wird im Völkerrecht der Staat, dessen Haftung wegen Verstosses gegen eine
völkerrechtliche Verpflichtung ausgelöst wird, ebenfalls als Einheit
betrachtet, ohne daß danach unterschieden wird, ob der schadensverursachende
Verstoß der Legislative, der Judikative oder der Exekutive zuzurechnen ist.
Dies gilt um so mehr in der Gemeinschaftsrechtsordnung, als alle staatlichen
Instanzen einschließlich der Legislative bei der Erfüllung ihrer Aufgaben
die vom Gemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Normen, die die Situation des
einzelnen unmittelbar regeln können, zu beachten haben.
35 Der Umstand, daß der zur Last gelegte Verstoß nach den internen
Vorschriften dem nationalen Gesetzgeber zuzurechnen ist, ist daher nicht
geeignet, die mit dem Schutz der Rechte des einzelnen, der sich auf das
Gemeinschaftsrecht beruft, verbundenen Erfordernisse und vorliegend das
Recht, vor den nationalen Gerichten Ersatz des durch diesen Verstoß
entstandenen Schadens zu erlangen, in Frage zu stellen.
36 Folglich ist den vorlegenden Gerichten zu antworten, daß der Grundsatz,
daß die Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden verpflichtet sind, die dem
einzelnen durch diesen Staaten zuzurechnende Verstösse gegen das
Gemeinschaftsrecht entstehen, auch dann anwendbar ist, wenn der zur Last
gelegte Verstoß dem nationalen Gesetzgeber zuzuschreiben ist.
Zu den Voraussetzungen für die Begründung der Haftung des Staates wegen der
gegen das Gemeinschaftsrecht verstossenden Handlungen und Unterlassungen des
nationalen Gesetzgebers (zweite Frage in der Rechtssache C-46/93 und erste
Frage in der Rechtssache C-48/93)
37 Mit diesen Fragen ersuchen die vorlegenden Gerichte den Gerichtshof, die
Voraussetzungen näher zu bestimmen, unter denen ein Anspruch auf Ersatz der
Schäden, die dem einzelnen durch einem Mitgliedstaat zuzurechnende Verstösse
gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, im Hinblick auf die Umstände des
Einzelfalls gemeinschaftsrechtlich gewährleistet ist.
38 Insoweit ist daran zu erinnern, daß zwar die Haftung des Staates nach dem
Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben ist, daß aber die Voraussetzungen, unter
denen sie einen Entschädigungsanspruch eröffnet, von der Art des Verstosses
gegen das Gemeinschaftsrecht abhängen, der dem entstandenen Schaden zugrunde
liegt (vgl. Urteil Francovich u. a., a. a. O., Randnr. 38).
39 Bei der Bestimmung dieser Voraussetzungen sind zunächst die Grundsätze
der Gemeinschaftsrechtsordnung zu berücksichtigen, die die Grundlage der
Staatshaftung bilden, nämlich zum einen die volle Wirksamkeit der
Gemeinschaftsnormen und der effektive Schutz der durch sie verliehenen
Rechte und zum anderen die den Mitgliedstaaten nach Artikel 5 des Vertrages
obliegende Mitwirkungspflicht (vgl. Urteil Francovich u. a., a. a. O.,
Randnrn. 31 bis 36)
.
40 Sodann ist, wie die Kommission und die verschiedenen Regierungen, die
Erklärungen eingereicht haben, ausgeführt haben, die Rechtsprechung des
Gerichtshofes zur ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft
heranzuziehen.
41 Denn zum einen verweist Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages im Bereich der
ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft auf die den Rechtsordnungen der
Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätze, von denen sich der
Gerichtshof bei Fehlen schriftlicher Normen auch in anderen Bereichen des
Gemeinschaftsrechts leiten lässt.
42 Zum anderen dürfen sich die Voraussetzungen für die Begründung der
Haftung des Staates für Schäden, die dem einzelnen wegen Verstosses gegen
das Gemeinschaftsrecht entstehen, nicht ohne besonderen Grund von den
Voraussetzungen unterscheiden, die für die Haftung der Gemeinschaft unter
vergleichbaren Umständen gelten. Der Schutz der Rechte, die der einzelne aus
dem Gemeinschaftsrecht herleitet, kann nämlich nicht unterschiedlich sein,
je nachdem, ob die Stelle, die den Schaden verursacht hat, nationalen oder
Gemeinschaftscharakter hat.
43 Das System, das der Gerichtshof gemäß Artikel 215 des Vertrages speziell
zur Haftung wegen Rechtsetzungsakten entwickelt hat, trägt u. a. der
Komplexität der zu regelnden Sachverhalte, den Schwierigkeiten bei der
Anwendung oder Auslegung der Vorschriften und insbesondere dem
Ermessensspielraum, über den der Urheber des betreffenden Aktes verfügt,
Rechnung.
44 Die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur ausservertraglichen Haftung der
Gemeinschaft ist unter Berücksichtigung des weiten Ermessens, über das die
Organe bei der Durchführung der Gemeinschaftspolitiken verfügen,
insbesondere im Hinblick auf Rechtsetzungsakte, die wirtschaftspolitische
Entscheidungen erfordern, entwickelt worden.
45 Die enge Konzeption der Haftung der Gemeinschaft wegen der Wahrnehmung
ihrer Rechtsetzungstätigkeit erklärt sich nämlich durch die Erwägung, daß
die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit selbst dann, wenn die
Rechtmässigkeit der Rechtsakte gerichtlicher Kontrolle unterliegt, nicht
jedesmal durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden
darf, wenn das allgemeine Interesse der Gemeinschaft den Erlaß normativer
Maßnahmen gebietet, die die Interessen des einzelnen beeinträchtigen können,
und daß auf einem Rechtsetzungsgebiet, das durch ein für die Durchführung
einer Gemeinschaftspolitik unerläßliches weites Ermessen gekennzeichnet ist,
die Haftung der Gemeinschaft nur dann ausgelöst werden kann, wenn das
betreffende Organ die Grenzen seiner Befugnisse offenkundig und erheblich
überschritten hat (vgl. Urteil vom 25. Mai 1978 in den Rechtssachen 83/76,
94/76, 4/77, 15/77 und 40/77, HNL u. a./Rat und Kommission, Slg. 1978, 1209,
Randnrn. 5 und 6).
46 Hiernach ist festzustellen, daß der nationale Gesetzgeber, wie auch die
Gemeinschaftsorgane, nicht systematisch über ein weites Ermessen verfügt,
wenn er auf einem gemeinschaftsrechtlich geregelten Gebiet handelt. Das
Gemeinschaftsrecht kann ihm Ergebnispflichten oder Verhaltens- oder
Unterlassungspflichten auferlegen, die seinen Ermessensspielraum zuweilen
beträchtlich einschränken. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn der
Mitgliedstaat, wie es unter den im Urteil Francovich u. a. genannten
Umständen der Fall war, gemäß Artikel 189 des Vertrages verpflichtet ist,
innerhalb einer bestimmten Frist alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen,
um das von einer Richtlinie vorgeschriebene Ergebnis zu erreichen. In diesem
Fall ist es für die Begründung der Haftung des Mitgliedstaats wegen
Nichtumsetzung der Richtlinie irrelevant, daß die zu ergreifenden Maßnahmen
dem nationalen Gesetzgeber obliegen.
47 Handelt ein Mitgliedstaat dagegen auf einem Gebiet, auf dem er über ein
weites Ermessen verfügt, das mit dem vergleichbar ist, das die
Gemeinschaftsorgane bei der Durchführung der Gemeinschaftspolitiken
besitzen, so müssen die Voraussetzungen, unter denen seine Haftung ausgelöst
werden kann, grundsätzlich die gleichen sein wie die, von denen die Haftung
der Gemeinschaft in einer vergleichbaren Situation abhängt.
48 In dem der Rechtssache C-46/93 zugrunde liegenden Ausgangsfall hatte der
deutsche Gesetzgeber auf dem Gebiet der Lebensmittel, speziell dem des
Bieres, Rechtsvorschriften erlassen. In Ermangelung einer
gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung verfügte der nationale Gesetzgeber
auf diesem Gebiet über ein weites Ermessen für den Erlaß einer Regelung über
die Qualität des in den Verkehr gebrachten Bieres.
49 Was den Sachverhalt der Rechtssache C-48/93 angeht, so verfügte der
Gesetzgeber des Vereinigten Königreichs ebenfalls über ein weites Ermessen.
Denn die streitigen Rechtsvorschriften betrafen zum einen die Registrierung
von Schiffen, also ein Gebiet, das in Anbetracht des Entwicklungsstands des
Gemeinschaftsrechts in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, und zum
anderen die Regelung der Fischereitätigkeiten und damit einen Sektor, in dem
die Durchführung der gemeinsamen Politik den Mitgliedstaaten einen
bestimmten Ermessensspielraum belässt.
50 In diesen beiden Fällen waren also der deutsche Gesetzgeber und der
Gesetzgeber des Vereinigten Königreichs mit Situationen konfrontiert, die
Entscheidungen mit sich brachten, die mit denen vergleichbar sind, die die
Gemeinschaftsorgane beim Erlaß von Rechtsetzungsakten im Rahmen einer
Gemeinschaftspolitik treffen.
51 Unter derartigen Umständen erkennt das Gemeinschaftsrecht einen
Entschädigungsanspruch an, sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich
daß die Rechtsnorm, gegen die verstossen worden ist, bezweckt, dem einzelnen
Rechte zu verleihen, daß der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und
schließlich daß zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende
Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein
unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht.
52 Diese Voraussetzungen genügen in der Tat erstens den Erfordernissen der
vollen Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen und des effektiven Schutzes der
von diesen Normen anerkannten Rechte.
53 Zweitens entsprechen diese Voraussetzungen im wesentlichen denen, die der
Gerichtshof im Rahmen von Artikel 215 in seiner Rechtsprechung zur Haftung
der Gemeinschaft für Schäden entwickelt hat, die dem einzelnen durch
rechtswidrige Rechtsetzungsakte der Gemeinschaftsorgane entstehen.
54 Die erste Voraussetzung ist bei Artikel 30 des Vertrages, um den es in
der Rechtssache C-46/93, wie auch bei Artikel 52 des Vertrages, um den es in
der Rechtssache C-48/93 geht, offensichtlich erfüllt. Denn Artikel 30 erlegt
zwar den Mitgliedstaaten ein Verbot auf, er begründet aber auch für den
einzelnen Rechte, die die nationalen Gerichte zu wahren haben (vgl. Urteil
vom 22. März 1977 in der Rechtssache 74/76, Iannelli & Volpi, Slg. 1977,
557, Randnr. 13). Ebenso verleiht Artikel 52 des Vertrages seinem Wesen nach
dem einzelnen Rechte (vgl. Urteil vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74,
Reyners, Slg. 1974, 631, Randnr. 25).
55 Bei der zweiten Voraussetzung besteht sowohl für die Haftung der
Gemeinschaft nach Artikel 215 als auch für die der Mitgliedstaaten wegen
Verstosses gegen das Gemeinschaftsrecht das entscheidende Kriterium für die
Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht als
hinreichend qualifiziert anzusehen ist, darin, daß ein Mitgliedstaat oder
ein Gemeinschaftsorgan die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind,
offenkundig und erheblich überschritten hat.
56 Insoweit gehören zu den Gesichtspunkten, die das zuständige Gericht
gegebenenfalls zu berücksichtigen hat, das Maß an Klarheit und Genauigkeit
der verletzten Vorschrift, der Umfang des Ermessensspielraums, den die
verletzte Vorschrift den nationalen oder Gemeinschaftsbehörden belässt, die
Frage, ob der Verstoß vorsätzlich oder nicht vorsätzlich begangen oder der
Schaden vorsätzlich oder nicht vorsätzlich zugefügt wurde, die
Entschuldbarkeit oder Unentschuldbarkeit eines etwaigen Rechtsirrtums und
der Umstand, daß die Verhaltensweisen eines Gemeinschaftsorgans
möglicherweise dazu beigetragen haben, daß nationale Maßnahmen oder
Praktiken in gemeinschaftsrechtswidriger Weise unterlassen, eingeführt oder
aufrechterhalten wurden.
57 Jedenfalls ist ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht offenkundig
qualifiziert, wenn er trotz des Erlasses eines Urteils, in dem der zur Last
gelegte Verstoß festgestellt wird, oder eines Urteils im
Vorabentscheidungsverfahren oder aber einer gefestigten einschlägigen
Rechtsprechung des Gerichtshofes, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit des
fraglichen Verhaltens ergibt, fortbestanden hat.
58 Vorliegend kann der Gerichtshof die Beurteilung durch die nationalen
Gerichte, die allein für die Feststellung des Sachverhalts der
Ausgangsverfahren und die Qualifizierung der betreffenden Verstösse gegen
das Gemeinschaftsrecht zuständig sind, nicht durch seine eigene Beurteilung
ersetzen. Er hält es jedoch für zweckmässig, auf bestimmte Umstände
hinzuweisen, die die vorlegenden Gerichte in Betracht ziehen können.
59 So ist in der Rechtssache C-46/93 die Frage der Aufrechterhaltung der
Bestimmungen des BierStG über die Reinheit von Bier durch den deutschen
Gesetzgeber, nach denen das Inverkehrbringen von aus anderen Mitgliedstaaten
eingeführten, nach anderen Vorschriften rechtmässig hergestellten Bieren
unter der Bezeichnung "Bier" verboten war, von der Frage der
Aufrechterhaltung der Bestimmungen desselben Gesetzes, nach denen die
Einfuhr von Bieren mit Zusatzstoffen verboten war, zu unterscheiden. Der
Verstoß gegen Artikel 30 des Vertrages durch die deutsche Gesetzgebung
könnte nämlich bezueglich der Bestimmungen über die Bezeichnung des auf den
Markt gebrachten Erzeugnisses schwerlich als entschuldbarer Irrtum angesehen
werden, da die Unvereinbarkeit einer derartigen Regelung mit Artikel 30 des
Vertrages im Lichte der früheren Rechtsprechung des Gerichtshofes,
insbesondere der Urteile vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78
(Rewe, "Cassis de Dijon", Slg. 1979, 649) und vom 9. Dezember 1981 in der
Rechtssache 193/80 (Kommission/Italien, Slg. 1981, 3019), offenkundig
erschien. Dagegen erschienen die Anhaltspunkte, über die der nationale
Gesetzgeber in Anbetracht der einschlägigen Rechtsprechung für die
Beurteilung der Frage verfügte, ob das Verbot der Verwendung von
Zusatzstoffen gegen das Gemeinschaftsrecht verstieß, bis zum Urteil vom 12.
März 1987 (Kommission/Deutschland, a. a. O.), mit dem der Gerichtshof dieses
Verbot für unvereinbar mit Artikel 30 erklärt hat, erheblich weniger
zwingend.
60 Zu der nationalen Regelung in der Rechtssache C-48/93 ist folgendes zu
bemerken:
61 Die Entscheidung des Gesetzgebers des Vereinigten Königreichs, in den
Merchant Shipping Act 1988 Bestimmungen über die Voraussetzungen für die
Registrierung der Fischereifahrzeuge aufzunehmen, ist unterschiedlich zu
beurteilen, je nachdem, ob es sich um Bestimmungen handelt, die die
Registrierung von einem Staatsangehörigkeitserfordernis abhängig machen und
eine offenkundig gegen das Gemeinschaftsrecht verstossende unmittelbare
Diskriminierung darstellen, oder um Bestimmungen, die Voraussetzungen in
bezug auf Aufenthaltsort und Domizil der Eigentümer und Manager der
Fahrzeuge aufstellen.
62 Die Einführung dieser letztgenannten Voraussetzungen erscheint ohne
weiteres insbesondere mit Artikel 52 des Vertrages unvereinbar; das
Vereinigte Königreich wollte sie jedoch auf der Grundlage der Ziele der
gemeinsamen Fischereipolitik rechtfertigen. Im erwähnten Urteil Factortame
II hat der Gerichtshof diese Rechtfertigung zurückgewiesen.
63 Für die Beurteilung der Frage, ob der damit vom Gesetzgeber des
Vereinigten Königreichs begangene Verstoß gegen Artikel 52 hinreichend
qualifiziert war, kann das vorlegende Gericht u. a. folgendes in Betracht
ziehen: die rechtlichen Kontroversen im Zusammenhang mit den Besonderheiten
der gemeinsamen Fischereipolitik, die Haltung der Kommission, die dem
Vereinigten Königreich rechtzeitig ihren Standpunkt mitgeteilt hatte, und
die Beurteilungen, zu denen die nationalen Gerichte in der Frage, wieweit
die Auslegung des Gemeinschaftsrechts bereits geklärt war, im Rahmen der
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gelangt waren, die von durch die
Anwendung des Merchant Shipping Act betroffenen einzelnen angestrengt worden
waren.
64 Schließlich ist auch die Behauptung der Rawlings (Trawling) Ltd, der
Klägerin zu 37 in der Rechtssache C-48/93, zu berücksichtigen, das
Vereinigte Königreich habe nicht unverzueglich die für die Durchführung des
Beschlusses des Präsidenten des Gerichtshofes vom 10. Oktober 1989
(Kommission/Vereinigtes Königreich, a. a. O.) erforderlichen Maßnahmen
erlassen, was die ihr entstandenen Schäden unnötigerweise erhöht habe.
Sollte sich dieser Umstand, der allerdings von der Regierung des Vereinigten
Königreichs in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestritten worden
ist, als richtig erweisen, müsste er vom vorlegenden Gericht schon als
solcher als offenkundiger und damit hinreichend qualifizierter Verstoß gegen
das Gemeinschaftsrecht angesehen werden.
65 Hinsichtlich der dritten Voraussetzung haben die vorlegenden Gerichte zu
prüfen, ob zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung
und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer
Kausalzusammenhang besteht.
66 Die drei vorgenannten Voraussetzungen sind erforderlich und ausreichend,
um für den einzelnen einen Entschädigungsanspruch zu begründen, ohne daß es
deswegen ausgeschlossen wäre, daß die Haftung des Staates auf der Grundlage
des nationalen Rechts unter weniger einschränkenden Voraussetzungen
ausgelöst werden kann.
67 Wie sich aus dem Urteil Francovich u. a. (a. a. O., Randnrn. 41 bis 43)
ergibt, hat der Staat vorbehaltlich des Entschädigungsanspruchs, der, sofern
die in der vorstehenden Randnummer genannten Voraussetzungen erfüllt sind,
seine Grundlage unmittelbar im Gemeinschaftsrecht findet, die Folgen des
verursachten Schadens im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben,
wobei die dort festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen
als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen; auch dürfen diese
Voraussetzungen nicht so ausgestaltet sein, daß die Erlangung der
Entschädigung praktisch unmöglich oder übermässig erschwert ist (vgl. auch
Urteil vom 9. November 1983 in der Rechtssache 199/82, San Giorgio, Slg.
1983, 3595).
68 Beschränkungen, die im Bereich der ausservertraglichen Haftung der
öffentlichen Gewalt wegen der Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit in den
nationalen Rechtsordnungen enthalten sind, können geeignet sein, dem
einzelnen die Geltendmachung des ihm gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten
Entschädigungsanspruchs für Schäden aus einem Verstoß gegen das
Gemeinschaftsrecht praktisch unmöglich zu machen oder übermässig zu
erschweren
.
69 In der Rechtssache C-46/93 fragt sich das vorlegende Gericht
insbesondere, ob durch das nationale Recht bestimmt werden kann, daß ein
etwaiger Entschädigungsanspruch den gleichen Beschränkungen unterliegt wie
bei einem Verstoß eines innerstaatlichen Gesetzes gegen höherrangiges
innerstaatliches Recht, beispielsweise einem Verstoß eines einfachen
Bundesgesetzes gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland.
70 Dazu ist zu bemerken, daß die Anordnung solcher Beschränkungen zwar mit
dem Erfordernis in Einklang erscheint, keine Voraussetzungen festzulegen,
die ungünstiger sind als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen, daß
aber ausserdem zu prüfen ist, ob solche Beschränkungen nicht geeignet sind,
die Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich zu machen oder
übermässig zu erschweren.
71 Die nach deutschem Recht im Fall des Verstosses eines Gesetzes gegen
höherrangiges innerstaatliches Recht geltende Voraussetzung, die die
Entschädigung davon abhängig macht, daß sich die Handlung oder Unterlassung
des Gesetzgebers auf eine individülle Situation bezieht, würde den
tatsächlichen Ersatz der sich aus einem Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht
ergebenden Schäden praktisch unmöglich machen oder übermässig erschweren, da
die dem nationalen Gesetzgeber obliegenden Aufgaben grundsätzlich im
Allgemeininteresse liegen und nicht auf bestimmte Personen oder
Personenkreise abstellen.
72 Da eine derartige Voraussetzung der Verpflichtung der nationalen Gerichte
entgegensteht, die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu sichern und
einen effektiven Schutz der Rechte des einzelnen zu gewährleisten, muß sie
im Fall eines dem nationalen Gesetzgeber zuzurechnenden Verstosses gegen das
Gemeinschaftsrecht ausser Betracht bleiben.
73 Ebenso ist die im englischen Recht für die Begründung der Haftung der
öffentlichen Gewalt gegebenenfalls aufgestellte Voraussetzung, daß
grundsätzlich ein Amtsmißbrauch in Ausübung einer hoheitlichen Befugnis
(misfeasance in public office) nachgewiesen werden muß, der beim Gesetzgeber
nicht vorstellbar ist, geeignet, die Erlangung des Ersatzes der sich aus
einem Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ergebenden Schäden praktisch
unmöglich zu machen, wenn dieser Verstoß dem nationalen Gesetzgeber
zuzurechnen ist.
74 Daher ist auf die Fragen der vorlegenden Gerichte zu antworten, daß, wenn
ein Verstoß eines Mitgliedstaats gegen das Gemeinschaftsrecht dem nationalen
Gesetzgeber zuzurechnen ist, der auf einem Gebiet tätig wird, auf dem er im
Hinblick auf normative Entscheidungen über einen weiten Ermessensspielraum
verfügt, der Geschädigte einen Entschädigungsanspruch hat, sofern die
verletzte gemeinschaftsrechtliche Vorschrift bezweckt, ihm Rechte zu
verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem
Verstoß und dem dem einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer
Kausalzusammenhang besteht. Unter diesem Vorbehalt hat der Staat die Folgen
des durch den ihm zuzurechnenden Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht
entstandenen Schadens im Rahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben,
wobei die im anwendbaren nationalen Recht festgelegten Voraussetzungen nicht
ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen;
auch dürfen diese Voraussetzungen nicht so ausgestaltet sein, daß die
Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich oder übermässig erschwert
ist.
Zur Möglichkeit, die Entschädigung vom Vorliegen eines Verschuldens abhängig
zu machen (dritte Frage in der Rechtssache C-46/93)
75 Mit seiner dritten Frage möchte der Bundesgerichtshof im wesentlichen
wissen, ob das nationale Gericht im Rahmen des von ihm angewandten
nationalen Rechts den Ersatz des Schadens davon abhängig machen kann, daß
den staatlichen Amtsträger, dem der Verstoß zuzurechnen ist, ein Verschulden
(Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft.
76 Den Akten ist zu entnehmen, daß der Begriff des Verschuldens in den
verschiedenen Rechtsordnungen nicht den gleichen Inhalt hat.
77 Wie sich ausserdem aus den Ausführungen zur vorhergehenden Frage ergibt,
ist bei einem Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht, der einem Mitgliedstaat
zuzurechnen ist, der auf einem Gebiet tätig wird, auf dem er im Hinblick auf
normative Entscheidungen über ein weites Ermessen verfügt, die Zuerkennung
eines Entschädigungsanspruchs auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts u.
a. von der Voraussetzung abhängig, daß der Verstoß hinreichend qualifiziert
ist.
78 Demnach sind bestimmte objektive und subjektive Gesichtspunkte, die im
Rahmen einer nationalen Rechtsordnung mit dem Begriff des Verschuldens in
Verbindung gebracht werden können, für die Beurteilung der Frage von
Bedeutung, ob ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht qualifiziert ist
(siehe die oben in Randnrn. 56 und 57 erwähnten Gesichtspunkte).
79 Daraus folgt, daß die Verpflichtung zum Ersatz der dem einzelnen
entstandenen Schäden nicht von einer an den Verschuldensbegriff geknüpften
Voraussetzung abhängig gemacht werden kann, die über den hinreichend
qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinausgeht. Denn die
Aufstellung einer solchen zusätzlichen Voraussetzung würde darauf
hinauslaufen, daß der Entschädigungsanspruch, der seine Grundlage in der
Gemeinschaftsrechtsordnung findet, in Frage gestellt wäre.
80 Demzufolge ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, daß es im Rahmen des
von ihm angewandten nationalen Rechts den Ersatz des Schadens nicht davon
abhängig machen kann, daß den staatlichen Amtsträger, dem der Verstoß
zuzurechnen ist, ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft, das
über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht
hinausgeht.
Zum materiellen Umfang der Entschädigung (vierte Frage Buchstabe a in der
Rechtssache C-46/93 und zweite Frage in der Rechtssache C-48/93)
81 Mit diesen Fragen ersuchen die vorlegenden Gerichte den Gerichtshof im
wesentlichen um Angabe der Kriterien, anhand deren der Umfang der
Entschädigung bestimmt werden kann, die der Mitgliedstaat, dem der Verstoß
zuzurechnen ist, zu leisten hat.
82 Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß der Ersatz der Schäden, die dem
einzelnen durch Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, dem
erlittenen Schaden angemessen sein muß, so daß ein effektiver Schutz der
Rechte des einzelnen gewährleistet ist.
83 Soweit es auf diesem Gebiet keine Gemeinschaftsvorschriften gibt, ist es
Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Kriterien
festzulegen, anhand deren der Umfang der Entschädigung bestimmt werden kann,
wobei diese Kriterien nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden
Ansprüchen, die auf nationales Recht gestützt sind; auch dürfen sie
keinesfalls so ausgestaltet sein, daß die Entschädigung praktisch unmöglich
oder übermässig erschwert ist.
84 Insbesondere ist klarzustellen, daß das nationale Gericht bei der
Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen kann, ob sich der Geschädigte
in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die
Begrenzung des Schadensumfangs bemüht hat und ob er insbesondere rechtzeitig
von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch
gemacht hat.
85 Nach einem allgemeinen, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten
gemeinsamen Grundsatz muß sich nämlich der Geschädigte in angemessener Form
um die Begrenzung des Schadensumfangs bemühen, wenn er nicht Gefahr laufen
will, den Schaden selbst tragen zu müssen (vgl. Urteil vom 19. Mai 1992 in
den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg.
1992, I-3061, Randnr. 33).
86 Der Bundesgerichtshof fragt, ob eine nationale Regelung die
Entschädigungspflicht generell auf die Schäden beschränken kann, die an
bestimmten, besonders geschützten individüllen Rechtsgütern wie dem Eigentum
entstanden sind, oder ob sie auch den entgangenen Gewinn der Kläger abdecken
muß. Er führt aus, daß die Chancen, Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten
zu vermarkten, von der deutschen Rechtsordnung nicht dem geschützten Bestand
des Unternehmens zugeordnet würden.
87 Dazu ist zu bemerken, daß es nicht zulässig sein kann, den entgangenen
Gewinn bei einem Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht vollständig vom
ersatzfähigen Schaden auszuschließen. Insbesondere bei Rechtsstreitigkeiten
wirtschaftlicher oder kommerzieller Natur ist nämlich ein solcher
vollständiger Ausschluß des entgangenen Gewinns geeignet, den Ersatz des
Schadens tatsächlich unmöglich zu machen.
88 Für die verschiedenen, in der zweiten Frage des Divisional Court
genannten Schadensposten stellt das Gemeinschaftsrecht keine besonderen
Kriterien auf. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, über diese
Schadensposten nach dem von ihm angewandten nationalen Recht vorbehaltlich
der oben in Randnummer 83 erwähnten Erfordernisse zu entscheiden.
89 Insbesondere zum "exemplarischen" Schadensersatz (exemplary damages) ist
zu bemerken, daß diese Art der Entschädigung, wie das vorlegende Gericht
ausgeführt hat, im nationalen Recht auf der Feststellung beruht, daß die
betreffenden öffentlichen Stellen in unbilliger, willkürlicher oder
verfassungswidriger Weise gehandelt haben. Da diese Verhaltensweisen einen
Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht begründen oder verstärken können, kann
die Gewährung eines "exemplarischen" Schadensersatzes nicht ausgeschlossen
werden, wenn er, gestützt auf das Gemeinschaftsrecht ° gegebenenfalls auch
in Form einer Klage ° geltend gemacht wird, sofern ein solcher, auf
nationales Recht gestützter Schadensersatz zugesprochen würde.
90 Somit ist den vorlegenden Gerichten zu antworten, daß der von den
Mitgliedstaaten zu leistende Ersatz der Schäden, die sie dem einzelnen durch
Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht verursacht haben, dem erlittenen
Schaden angemessen sein muß. Soweit es auf diesem Gebiet keine
Gemeinschaftsvorschriften gibt, ist es Sache der nationalen Rechtsordnung
jedes Mitgliedstaats, die Kriterien festzulegen, anhand deren der Umfang der
Entschädigung bestimmt werden kann, wobei diese Kriterien nicht ungünstiger
sein dürfen als bei entsprechenden, auf nationales Recht gestützten
Ansprüchen; auch dürfen sie keinesfalls so ausgestaltet sein, daß die
Entschädigung praktisch unmöglich oder übermässig erschwert ist. Eine
nationale Regelung, die den ersatzfähigen Schaden generell auf die Schäden
beschränken würde, die an bestimmten, besonders geschützten individüllen
Rechtsgütern entstehen, wobei der entgangene Gewinn des einzelnen
ausgeschlossen wäre, ist unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht. Im übrigen
muß besonderer Schadensersatz wie der im englischen Recht vorgesehene
"exemplarische" Schadensersatz gewährt werden können, wenn er, gestützt auf
das Gemeinschaftsrecht ° gegebenenfalls auch in Form einer Klage ° geltend
gemacht wird, sofern ein solcher, auf nationales Recht gestützter
Schadensersatz zugesprochen würde.
Zu dem von der Entschädigung abgedeckten Zeitraum (vierte Frage Buchstabe b
in der Rechtssache C-46/93)
91 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der
ersatzfähige Schaden die Schäden umfasst, die vor Erlaß eines Urteils des
Gerichtshofes entstanden sind, in dem das Vorliegen eines Verstosses
festgestellt wird.
92 Wie sich aus der Antwort auf die zweite Frage ergibt, besteht der
Entschädigungsanspruch auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts, sobald die
oben in Randnummer 51 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
93 Eine dieser Voraussetzungen ist die, daß der Verstoß gegen das
Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert ist. Ein Urteil des
Gerichtshofes, in dem der Verstoß zuvor festgestellt wurde, ist zwar ein
entscheidendes, sein Vorliegen aber kein unbedingt notwendiges Kriterium
dafür, daß diese Voraussetzung erfüllt ist (siehe Randnrn. 55 bis 57 des
vorliegenden Urteils).
94 Würde man zulassen, daß die Entschädigungspflicht des betreffenden
Mitgliedstaats auf die Schäden beschränkt werden könnte, die nach Erlaß
eines Urteils des Gerichtshofes, in dem der fragliche Verstoß festgestellt
wird, eingetreten sind, so würde dies darauf hinauslaufen, daß der in der
Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannte Entschädigungsanspruch in Frage
gestellt wäre.
95 Würde ausserdem der Schadensersatz davon abhängig gemacht, daß der
Gerichtshof zuvor einen einem Mitgliedstaat zuzurechnenden Verstoß gegen das
Gemeinschaftsrecht feststellt, so stünde dies im Widerspruch zum Grundsatz
der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts, da dadurch jeder
Entschädigungsanspruch ausgeschlossen wäre, solange der mutmaßliche Verstoß
nicht Gegenstand einer Klage der Kommission nach Artikel 169 des Vertrages
und einer Verurteilung durch den Gerichtshof geworden ist. Die dem einzelnen
zustehenden Rechte aus den Gemeinschaftsvorschriften, die in der nationalen
Rechtsordnung der Mitgliedstaaten unmittelbare Wirkung haben, können aber
weder davon abhängen, daß die Kommission es für zweckmässig hält, gemäß
Artikel 169 des Vertrages gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, noch davon,
daß der Gerichtshof gegebenenfalls den Verstoß in einem Urteil feststellt
(vgl. Urteil vom 14. Dezember 1982 in den Rechtssachen 314/81, 315/81,
316/81 und 83/82, Waterkeyn u. a., Slg. 1982, 4337, Randnr. 16).
96 Somit ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, daß die Verpflichtung
der Mitgliedstaaten zum Ersatz der Schäden, die dem einzelnen durch diesen
Staaten zuzurechnende Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen,
nicht auf die Schäden beschränkt werden kann, die nach Erlaß eines Urteils
des Gerichtshofes, in dem der zur Last gelegte Verstoß festgestellt wird,
eingetreten sind.
Zum Antrag auf zeitliche Beschränkung der Wirkungen des Urteils
97 Die deutsche Regierung ersucht den Gerichtshof, den von der
Bundesrepublik Deutschland eventüll zu ersetzenden Schaden auf die Schäden
zu beschränken, die nach Erlaß des Urteils in den vorliegenden Rechtssachen
eintreten, sofern die Geschädigten nicht vorher Klage erhoben oder einen
gleichwertigen Rechtsbehelf eingelegt haben. Eine solche zeitliche
Beschränkung der Wirkungen des Urteils sei wegen der Bedeutung der
finanziellen Folgen des Urteils für die Bundesrepublik erforderlich.
98 Für den Fall, daß das vorlegende Gericht feststellen sollte, daß die
Voraussetzungen für die Begründung der Haftung der Bundesrepublik
Deutschland im vorliegenden Fall erfüllt sind, ist daran zu erinnern, daß
der Staat die Folgen des entstandenen Schadens im Rahmen des nationalen
Haftungsrechts zu beheben hat. Die im Schadensersatzrecht der einzelnen
Mitgliedstaaten festgelegten materiellen und formellen Voraussetzungen
können den Erfordernissen des Grundsatzes der Rechtssicherheit Rechnung
tragen.
99 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß diese Voraussetzungen nicht
ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen;
auch dürfen sie nicht so ausgestaltet sein, daß die Erlangung der
Entschädigung praktisch unmöglich oder übermässig erschwert ist (vgl. Urteil
Francovich u. a., a. a. O., Randnr. 43).
100 Hiernach besteht für den Gerichtshof kein Anlaß, die Wirkungen des
vorliegenden Urteils zeitlich zu beschränken.
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