Aufschiebend bedingte Nacherbeneinsetzung: Befugnis des Vorerben, die
Nacherbeneinsetzung aufzuheben kein Verstoß gegen § 2065 BGB (materielle
Höchstpersönlichkeit)
OLG Oldenburg
06.11.1990 - 5 U 50/90
Fundstelle:
FamRZ 1991, 862
Leitsatz:
1. Dem Vorerben kann die Befugnis
eingeräumt werden, anderweitig über den Nachlaß letztwillig zu verfügen.
2. Die Anordnung einer bedingten Nacherbschaft muß nicht das Fehlen der
erforderlichen Entscheidungsfähigkeit bzw. Entscheidung des Erblassers
selbst bedeuten.
3. Solange der als Vorerbe Berufene sich im Rahmen der ihm eingeräumten
Rechtsposition hält, kann er auf den Bestand der Nacherbenstellung Einfluß
nehmen.
Zum Sachverhalt:
Die Parteien, zwei von drei
Schwestern, streiten über ein aus dem Nachlaß ihres 1957 verstorbenen Vaters
stammendes Grundstück.
Durch notarielles Testament v. 11. 5. 1935 des Notars M. setzte der
Erblasser unter Ziffer 1 seine Ehefrau als befreite Vorerbin und unter
Ziffer 2 seine drei Töchter als Nacherben zu gleichen Teilen ein. In dem
privatschriftlichen Anschlußtestament v. 15. 6. 1954 änderte er die
vorgenannte Verteilungsregelung für seine Kinder wie folgt:
"2. Zu Nacherben meiner Frau
bestimme ich meine drei Kinder
a) K.
b) A.
c) E.
Da eine gleichmäßige Aufteilung des Nachlasses ungerecht sein kann,
bestimme ich, daß das Kind oder die Kinder, denen meine Frau und ich
infolge etwa eintretender Beschwerden oder aus anderen Gründen zur Last
fallen, entsprechend ihrer Fürsorge besser bedacht werden sollen. In
jedem Falle soll unter Berücksichtigung dieser Bedingung eine gerechte
Verteilung des Nachlasses an meine drei Kinder erfolgen."
Es folgen Anordnungen über die
Aufteilung durch die drei Töchter, sofern nach seinem Ableben von seiner
Ehefrau eine Aufteilung des Nachlasses nicht erfolgt sein sollte.
Anschließend heißt es:
"Sollte nach meinem Ableben
sich herausstellen, daß vom Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine andere
Aufteilung des Nachlasses notwendig ist, dann soll diese von meiner Frau
vorgenommen werden."
Durch notarielles Testament v.
21. 5. 1980 des Notars L. bestimmte die Witwe des Erblassers u. a., daß die
drei zu Nacherben eingesetzten Töchter Nacherben zu gleichen Teilen sein
sollen und die anderweitige Regelung in dem Anschlußtestament entfallen
solle. In einer notariellen Nachfuge zu diesem Testament des Notars Dr. F.
änderte sie die Verteilung unter den Nacherben wie folgt:
"Mein Ehemann hat in seinem
Anschlußtestament v. 15. 6. 1954 bestimmt, daß ich die Aufteilung des
Nacherbrechts unter unseren 3 Töchtern vornehmen kann derart, daß eine
gerechte Teilung der Nacherbschaft unter unseren Kindern erfolgt, jedoch
unter Berücksichtigung des Umstandes, ob die Fürsorge in alten Tagen für
mich übernommen wird.
In Verfolg dieses letzten Willens meines verstorbenen Ehemanns ändere
bzw. ergänze ich mein Testament v. 21. 5. 1980 dahin, daß unsere 3
Töchter nicht zu gleichen Teilen Nacherben sein sollen, sondern daß:
1. unsere Tochter E. F. geb. G. sich anrechnen lassen muß, daß sie
bereits zu Eigentum erhalten hat das Grundstück C. zur Größe von 6,26 a
und das Grundstück B. zur Größe von 5,92 a,
2. unsere Tochter K. S. geb. G. aus dem Jahre 1962 sich anrechnen lassen
muß einen Vorempfang von 10 000,- DM (in Worten: zehntausend Deutsche
Mark),
3. daß unsere Tochter Frau A. G., verwitwete M. geb. G. seit Frühjahr
1984 meine Pflege übernehmen mußte, weil ich nur noch eine Sehstärke von
30 % habe und demgemäß meine Tochter A. nicht nur meinen Haushalt führen
muß, sondern mich auch persönlich betreuen und pflegen muß.
Unter Berücksichtigung vorbenannter Umstände bestimme ich, daß unsere
Töchter K. und E. sich vorgenannte Vorempfänge bei Eintreten der
Nacherbschaft anrechnen lassen müssen und daß unsere Tochter A. zum
Alleineigentum erhält das Hausgrundstück E., eingetragen im Grundbuch
von W.
Unsere Tochter E. ist demgemäß verpflichtet, das für sie in Abt. I des
Grundbuchs eingetragene Nacherbrecht löschen zu lassen.
Bei dieser Nachfuge zu meinem Testament habe ich berücksichtigt, daß
unsere Tochter A. sich mir gegenüber verpflichtet hat, bis zu meinem
Ableben meinen Haushalt zu rühren sowie mich zu pflegen und zu betreuen,
so daß ich nicht in ein Altersheim zu gehen brauche."
In dem gemeinschaftlichen
Erbschein des AmtsG W. v. 19. 4. 1989 sind die Parteien mit dem infolge des
Todes ihrer Mutter am 3. 1. 1989 eingetretenen Nacherbfall zu je 1/2 als
Erben nach ihrem Vater aufgeführt. Die dritte Tochter hatte bereits am 26.
7. 1962 gegenüber dem Nachlaßgericht die Nacherbfolge ausgeschlagen.
Zu dem Nachlaß gehörte verschiedener Grundbesitz. Ein Grundstück veräußerte
die Vorerbin mit Zustimmung der Parteien an die Gemeinde E. Mit notariellem
Vertrag v. 16. 4. 1964 schenkte die Vorerbin der Bekl. den Grundbesitz E.,
der die in der Nachfuge der Vorerbin für die Bekl. anzurechnenden
Grundstücke umfaßt. Diesem Schenkungsvertrag stimmte die Kl. durch Erklärung
v. 4. 8. 1964 zu.
Die Kl. begehrt von der Bekl. Auflassung und Einwilligung zu der
entsprechenden Grundstücksübertragung des in der Nachfuge ihr zugewandten
Hausgrundstückes. Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob die Kl.
das Grundstück überhaupt für sich beanspruchen kann, inwieweit sie
gegebenenfalls zu Ausgleichsleistungen verpflichtet ist und in welchem
Umfang die Kl. bis zum Tode der Mutter Betreuungsleistungen erbracht hat.
Dazu hat die Kl. vorgetragen:
Bei der letztwilligen Zuwendung dieses Grundstückes handele es sich
jedenfalls um die Anordnung eines Vorausvermächtnisses, wenn nicht sogar
einer Erbeinsetzung zum Ausgleich der von ihr seit 1977 für ihre damals
schon 78 Jahre alte Mutter aus gesundheitlichen Gründen erbrachten
Betreuungsleistungen, die überschlägig mit einem Umfang von 318 000 DM zu
bewerten seien. Bereits seit 1984 habe die Sehfähigkeit ihrer Mutter rechts
0,3 und links nur noch 0,1 betragen. Seitdem habe sie ganztägiger Hilfe
bedurft.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Vorerbin habe der
Kl. in der Nachfuge ein wirksames Vermächtnis ausgesetzt, das den erbrachten
Fürsorgeleistungen gerecht werde.
Mit der dagegen gerichteten Berufung verfolgt die Bekl. ihr
Klagabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Kl. kann von der Bekl. gemäß §§ 2174, 2150 BGB Auflassung des
Hausgrundstückes und die entsprechende Einwilligung zur Umschreibung im
Grundbuch aus dem Vorausvermächtnis verlangen, das ihr die Erblasserin über
den aus dem Nachlaß ihres vorverstorbenen Ehemannes stammenden Grundbesitz
ausgesetzt hat, ohne daß der Bekl. demgegenüber ein Ausgleichsanspruch
zusteht.
Nach Maßgabe des Anschlußtestamentes von 1954 hatte der Erblasser seine
bereits mit Testament von 1935 als befreite Vorerbin eingesetzte Ehefrau
dazu ermächtigt, letztwillig anders zu verfügen.
Davon hat diese zunächst in ihrem Testament von 1980 und danach in der
Nachfuge von 1984 Gebrauch gemacht. Die von der Berufung dagegen erhobenen
Bedenken greifen im Ergebnis nicht durch. Zu Recht weist sie allerdings
daraufhin, daß Ausgangspunkt bei der Prüfung von Umfang und
Rechtswirksamkeit dieser Ermächtigung und der darauf beruhenden Verfügung
das Anschlußtestament von 1954 ist.
Es ist in der höchstrichterlichen, vom RG begründeten und später vom BGH
fortgeführten Rspr. anerkannt, daß dem Vorerben die Befugnis eingeräumt
werden kann, anderweitig über den Nachlaß letztwillig zu verfügen (vgl.
nur RG, HRR 1942, 838 f.; BGHZ 2. 35; BGH, LM, BGB § 2065 Nr. 6; BGHZ 59,
220; offengelassen in BGH, FamRZ 1981, 349 = NJW 1981, 2051 f.; KG, DNotZ
1956, 195; OLG Hamm, Rpfleger 1972, 445; Raupe, AcP 140, 223; Hermann, AcP
155, 434; Staudinger/Otte, BGB, 12. Aufl., § 2065 Rz. 19 ff.: Palandt/Edenhofer,
BGB, 49. Aufl., § 2065 Anm. 4; Hermann/Hense, BGB, 7. Aufl., § 2065 Rz. 3
ff.: Soergel/Damrau, BGB, 11. Aufl., § 2065 Rz. 12 ff.; teilweise
abweichend: BGB-RGRK/Johannsen, 12. Aufl., § 2065 Rz. 11, 16 a. E., OLG
Hamm, DNotZ 1967, 315, MünchKomm/Leipold, BGB, 2. Aufl., § 2065 Rz. 10,
jeweils m. w. N.).
In einem solchen Fall soll der Vorerbe nicht etwa - was rechtlich nicht
möglich wäre - über den Nachlaß des Erblassers an seiner Stelle verfügen und
so die Erbfolge nach ihm neu regeln können. Vielmehr steht die Anordnung der
Nacherbschaft unter der auflösenden Potestativbedingung, daß der Vorerbe
nicht anderweitig verfügt und dadurch die Nacherbschaft beseitigt, so daß er
nunmehr über sein eigenes, insoweit aus dem Nachlaß des Erblassers
herrührendes Vermögen verfügt. Ob der Erblasser eine solche Bedingung den
Vorerben an die Hand geben sollte, ist im Auslegungswege (§ 133 BGB)
festzustellen.
Die dagegen erhobenen, im wesentlichen begrifflich begründeten Bedenken, es
handele sich dabei lediglich um eine Konstruktion, die dazu diene, an § 2065
BGB vorbeizukommen, der aber für die Bestimmungen von Vor- und Nacherbschaft
keine Ausnahme enthalte (so ausdrücklich: MünchKomm/Leipold, a.a.O.),
vermögen den Senat nicht zu überzeugen. Die Zulässigkeit auflösender
Bedingungen, von der der Bestand einer letztwilligen Verfügung auch im Falle
der Vor- und Nacherbschaft abhängig gemacht werden kann, ergibt sich aus dem
Gesetz, §§ 2074, 2075, 2108 BGB. § 2065 BGB enthält den Grundsatz der
materiellen Höchstpersönlichkeit der Testamentserrichtung. Die Entscheidung
über Geltung und/oder Inhalt der Verfügung darf nicht einem Dritten
übertragen werden. Damit soll sichergestellt werden, daß der
Vermögensinhaber selbst auch die Verantwortung dafür übernimmt, was mit
seinem Vermögen geschieht, wenn er von der gesetzlichen Erbfolge abweichen
will (vgl. Staudinger/Otte, a.a.O., Rz. 1). Testamentsbestand,
Zuwendungsempfänger und Zuwendungsgegenstand dürfen nur vom Testator selbst
abhängen, nicht dagegen von Dritten. In diesem Sinne regelt § 2065 BGB den
Entzug der Testierfähigkeit gegenüber einem insoweit unentschlossenen
Erblasser. Dieser kann einem Dritten nicht das Recht einräumen, seine
Entscheidung zu korrigieren. Dies bedeutete eine unzulässige Vertretung in
seinem Willen.
Die Anordnung einer bedingten Nacherbschaft, in der zur dogmatischen
Erklärung gleichzeitig eine bedingte Vollerbschaft gesehen werden mag
(Staudinger/Otte, a.a.O., Rz. 20; Soergel/Damrau, a.a.O., Rz. 14), muß
aber nicht das Fehlen der erforderlichen Entscheidungsfähigkeit bzw.
Entscheidung des Erblassers selbst bedeuten. Der Erblasser kann, wie auch
die zu beurteilende Fallgestaltung zeigt, ganz exakte Vorstellungen über das
Schicksal des Nachlasses niedergelegt haben. Daß der Nachlaß im Fall des
Eintritts einer aufgestellten Bedingung einem anderen zufällt als ohne den
Bedingungseintritt, bedeutet keinen mangelnden Entscheidungswillen. Vielmehr
nutzt der Erblasser eine der Vor- und Nacherbenanordnung eigentümliche
Schwäche aus, die aus der Zulässigkeit von Potestativbedingungen bei
letztwilligen Verfügungen folgt. Es fehlt in diesen Fällen der feste
unbedingte Wille zur Nacherbschaft (so bereits Raape, AcP 140, 239). Das
ist nach der gesetzlichen Ausgestaltung zulässig und hinzunehmen. Es
bedarf also nicht etwa der gesetzlichen Ausnahmeregel für die Zulässigkeit
der bedingten Vor- und Nacherbschaft in § 2065 BGB - wie die Kritiker der
herrschenden Meinung meinen -, sondern das Fehlen entsprechender Regelungen
zeigt, daß eine bedingte Vor- und Nacherbschaft auch in Ansehung des § 2065
BGB zulässig ist. Für solche letztwillige Verfügungen kann im Einzelfall ein
durchaus anerkennenswertes Interesse bestehen, da oft nur so der Erblasser
seinen wahren Willen unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklung
umzusetzen vermag.
Nach dem Anschlußtestament wollte der Erblasser hier seiner Ehefrau die
Befugnis einräumen, durch eigene letztwillige Verfügung dafür zu sorgen, daß
das von ihm stammende Vermögen nach ihrem Tod gerecht auf die Kinder
verteilt wird. Damit hat er die genaue eigene Verteilungsregel in seinem
Anschlußtestament, die er nach den für ihn erkennbaren Umständen für gerecht
hielt, von einem Willensentschluß der Vorerbin zu anderweiter letztwilliger
Verfügung abhängig gemacht. Entgegen der Berufung enthält diese Anordnung
nicht zwei voneinander unterschiedliche Regelungen, die die Ehefrau des
Erblassers je nachdem, ob die Neuverteilung aus Gründen der Fürsorge für
ihre Person erfolgt oder nicht, unterschiedlich freistellte. Vielmehr
handelt es sich um die Einräumung einer Rechtsposition insgesamt, die ihr
uneingeschränkt das Recht zur Neuverteilung geben sollte, wobei der
Erblasser ihr den Gerechtigkeitsmaßstab unter Berücksichtigung der
eingetretenen Änderungen bei den tatsächlichen Umständen als Leitschnur an
die Hand gegeben und diesen im Falle von Fürsorgeleistungen besonders
herausgestellt hat. Darüber, ob in diesem Sinne eine andere Verteilung
erforderlich sein sollte, hatte seine Ehefrau allein und frei zu
entscheiden. Davon hat sie vor allem infolge der veränderten Situation beim
Bestand des Grundbesitzes zunächst im Testament von 1980 Gebrauch gemacht
und die - überholten - Aufteilungsanweisungen für die drei Töchter
aufgehoben. Diese Verfügung ist dann durch die Nachfuge 1984 geändert
worden. Damit hat sie die Bedingung eintreten lassen, von der der Erblasser
den Bestand der Nacherbschaft abhängig gemacht hat. Denn auch die Einsetzung
von Vermächtnissen beinhaltet eine anderweitige Verfügung, die diese
Rechtsfolgen eintreten lassen (RG, HRR 1942, 838 f.; KG, DNotZ 1956, 195).
Daß die Erblasserin sich insoweit im Rahmen des sogenannten
Gerechtigkeitsmaßstabes zu halten hat, ändert daran nichts. Auch eine
wesentlich engere Grenzziehung durch den Erblasser bei dem Recht, die
Nacherbschaft zu beseitigen, nimmt dieser Rechtsposition nicht ihre Wirkung,
sondern läßt ihren Bestand - so wie sie inhaltlich ausgebildet ist -
unangetastet. Für die alleinige Zulässigkeit einer auflösenden Bedingung im
Falle der beliebigen Verfügbarkeit über diese Vermögenswerte besteht eine
durchgreifende Begründung nicht. Solange der zunächst als Vorerbe Berufene
sich im Rahmen der ihm eingeräumten Rechtsposition hält, kann er auf den
Bestand der Nacherbenstellung wie ausgeführt Einfluß nehmen (vgl. OLG Hamm,
Rpfleger 1972, 445; a. A.: OLG Hamm, DNotZ 1967, 315 f., unter Berufung auf
BGB-RGRK/Johannsen, 11. Aufl., § 2065 Anm. 12).
Die von der Erblasserin getroffenen Anordnungen - Aussetzung des
Vermächtnisses bezüglich des Hausgrundstückes für die Kl. und Anordnung der
Anrechnung des schenkweise vorempfangenen Grundbesitzes bei der Bekl. -
verlassen den ihr durch das Anschlußtestament gesetzten rechtlichen Rahmen
nicht. Mit der nachträglichen Anrechnungsbestimmung hat die Erblasserin von
der Möglichkeit Gebrauch gemacht, im Wege der letztwilligen Verfügung
zugunsten einer Miterbin ein entsprechendes Vorausvermächtnis zuzuwenden
(vgl. Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 2050 Anm. 1 b und 3 d). Entgegen der
Auffassung der Bekl. können hier auch die gesetzlichen Ausgleichsregelungen
der §§ 2057 a, 2055 II BGB für die gesetzliche Erbfolge nicht zum Tragen
kommen, da der Erblasser bzw. die Erblasserin die Art und Weise der
Berücksichtigung von Ausgleichspflichten selbst festgelegt hat. Der
Erblasserwille geht der gesetzlichen Regelung insoweit aber stets vor.
Die Erblasserin ist mit ihren Anordnungen von der Vergleichbarkeit des von
der jeweiligen Partei erhaltenen Grund und Bodens im Zeitpunkt des Erbfalles
ausgegangen. Damit hat sie entgegen § 2055 II BGB in zulässiger Weise für
die Bekl. nicht auf den Zuwendungszeitpunkt abgestellt. Daß diese
Betrachtung den durch das Anschlußtestament von ihrem Ehemann geforderten
Gerechtigkeitsrahmen verlassen hatte, ist nicht ersichtlich. Nach dem
Vortrag der Kl. decken sich die Grundstückswerte mit ca. 150 000 DM bzw. 160
000 DM in etwa. Nach dem Vorbringen der Bekl. hat die Kl. einen Wert von ca.
40 000 DM mehr erhalten, weil das Hausgrundstück mit 200 000 DM zu
veranschlagen sei. Diese Differenz wird i. S. einer zu beachtenden gerechten
Aufteilung aber in jedem Fall durch die von der Kl. unstreitig erbrachten
Fürsorgeleistungen ausgeglichen. Insoweit bedarf es weder einer weiteren
Aufklärung über das streitige Vorbringen zum Umfang der Pflegebedürftigkeit
und der darauf beruhenden Pflegetätigkeit noch über den wahren Wert des der
Kl. zugewandten Grundstückes.
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