Qualifikation, Vorfrage und Substitution im Internationalen Privatrecht: Das Erbrecht des Adoptivkindes

OLG Düsseldorf, Urteil v. 05.06.1998 - 7 U 149/97


Fundstellen:

FamRZ 1998, 1627
IPRax 1999, 380
ZEV 1998, 487
MittRhNotK 1998, 427


Amtl. Leitsätze:

1. Ist eine Adoption mit Auslandsberührung aus deutscher Sicht wirksam vorgenommen worden oder als wirksam anzuerkennen, so erfüllt sie nicht zwingend das in den Sachnormen des Erbstatuts als Voraussetzung für eine Erbberechtigung formulierte Tatbestandsmerkmal "Adoption".
2. Erbrechtlich bedeutsam ist nur eine Adoption, deren Wirkungen denen des vom Erbstatut stillschweigend vorausgesetzten Adoptionstyps als "funktionell äquivalent" zu werten sind.
3. Ein verläßliches Anzeichen dafür, daß die durch die Adoption begründete Verwandtschaft hinreichend stark ist, ergibt sich dann, wenn man danach fragt, ob das für die Adoptionsfolgen maßgebende Recht das Adoptivkind am Nachlaß des Erblassers beteiligen würde, wenn dieser nach dem Adoptionsstatut beerbt würde.


Zum Sachverhalt:


Die Kl. wurde am 10. 4. 1955 als uneheliches Kind der deutschen Staatsangehörigen U. F., geborene J. in H. geboren. Die Vaterschaft erkannte ein deutscher Staatsangehöriger an.

Mit Vertrag v. 19. 10. 1955 nahm Herr B. T. die Kl. an Kindes Statt an. Diese Annahme wurde mit Vertrag v. 5. 2. 1960 aufgehoben. Durch Beschluß v. 11. 8. 1960 bestellte das AmtsG M. Frau Rechtsanwältin Dr. N. zum Vormund der Kl.

Am 27. 4. 1961 nahm der Notar R. aus M./Uruguay eine Urkunde über die Adoption der Kl. durch die Erblasserin auf. Darin heißt es u.a.:

"Fünftens: Frau A. A. T. gibt bekannt, daß sie schon jetzt die Gesetzgebung von Uruguay beachtet, jedoch zum Zwecke der Anerkennung in den Ländern, in welchen vorliegende Erklärung gültig werden soll, mit den Vormündern der Minderjährigen vereinbart hat, daß die adoptierte Tochter kein Erbrecht gegenüber der Adoptierenden hat, so daß das Erbrecht ihr gegenüber ausgeschlossen bleibt."

In einem Legitimationsvermerk v. 7. 9. 1961 ergänzte der Notar, daß die Erblasserin naturalisierte argentinische Staatsangehörige sei. Die Urkunde über die Adoption wurde am 22. 5. 1961 bei dem Hauptstandesamt M. für ihre Registrierung eingereicht und am 24. 5. 1961 im Adoptionsverzeichnis eingetragen.

Nachdem die Mutter der Kl. der Adoption mittels notarieller Urkunde v. 25. 7. 1962 zugestimmt hatte, wurde die Zustimmungserklärung des Vormunds Dr. N. durch Beschluß des AmtsG M. v. 23. 11. 1962 vormundschaftsgerichtlich genehmigt.

Bis Ende Juni 1974 lebte die Erblasserin in Buenos Aires. Danach siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland um. Zum Zeitpunkt des Erbfalls hinterließ die Erblasserin ein erhebliches Vermögen. Die Erblasserin hat zwei Söhne aus ihrer geschiedenen Ehe, die Bekl.

Mit Testament v. 31. 12. 1964 setzte die Erblasserin ihre beiden Söhne zu ihren alleinigen Erben ein.

In zwei 1975 beurkundeten Testamenten setzte die Erblasserin der als Adoptivtochter bezeichneten Kl. ein Vermächtnis von 1.000.000 DM aus.

Durch Testament v. 9. 4. 1987 widerrief die Erblasserin die beiden 1975 errichteten öffentlichen Testamente. Dieser Widerruf bezog sich insbesondere auf die in den vorbenannten Testamenten getroffene Anordnungen eines Vermächtnisses i.H. von 1.000.000 DM zugunsten der als Adoptivtochter bezeichneten Kl. In dem Testament v. 9. 4. 1987 heißt es unter § II.3.:

"Ich möchte schließlich klarstellen, daß Gegenstand des am 22. Mai 1961 vor dem Notar R. in M. geschlossenen Adoptionsvertrages mit den damaligen Vormündern meiner Adoptivtochter eine sogenannte einfache (schwache) Adoption war, die meiner Adoptivtochter nicht die Stellung eines ehelichen Kindes und damit auch kein Erbrecht verschafft hat. Soweit dieser Adoptionsvertrag überhaupt rechtswirksam zustande gekommen sein sollte, nehme ich hinsichtlich seiner Wirkungen ausdrücklich auf meine diesbezügliche Erklärung unter Ziffer 5 des Vertrages bezug."

In ihrem Testament ordnete die Erblasserin u.a. weiter an, daß für ihr gesamtes in Deutschland belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Erbrecht gelten soll.

Das AmtsG M. als NachlG erteilte am 10. 11. 1990 einen Erbschein nach § 2352 BGB, der die beiden Bekl. als Miterben zu je 1/2 ausweist.

Die Kl. nimmt die Bekl. im Wege der Stufenklage auf ihren Pflichtteil in Anspruch.

Das LG hat ein Rechtsgutachten darüber eingeholt, ob es sich bei der Adoption der Kl. durch die Erblasserin i.J. 1961 um eine Dekretadoption handelt und diese nach uruguayischem Recht wirksam ist.

Gestützt auf das Rechtsgutachten von Prof. Dr. L. hat das LG die Stufenklage in ihrer Gesamtheit abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Kl. mit ihrer Berufung.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist sachlich nicht gerechtfertigt.

Das LG ist, gestützt auf das überzeugende Rechtsgutachten des Sachverständigen [SV] Dr. L., mit zutreffender Begründung zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kl. ein Pflichtteilsanspruch gegen die Bekl. als Alleinerben der Erblasserin nicht zusteht und deshalb die Stufenklage als ganzes abzuweisen ist. Die mit der Berufung verfolgten Angriffe gegen die landgerichtliche Entscheidung geben zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß.

I.

Bei einer Adoption mit Auslandsberührung kann die Kl. nur zu den gesetzlichen Erben der Erblasserin gehören, wenn ihr das über Art. 25 S. 1 EGBGB zu ermittelnde Erbstatut eine solche Beteiligung am Nachlaß zuspricht. Es ist bereits zweifelhaft, ob dies zugunsten der Kl. angenommen werden kann.

1. Die Erbfolge nach der am 20. 8. 1990 verstorbenen argentinischen Erblasserin mit letztem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland richtet sich gemäß Art. 25 I EGBGB nach dem argentinischen Heimatrecht der Erblasserin, das seinerseits hinsichtlich des in Deutschland und des im sonstigen nichtargentinischen Ausland belegenen Nachlasses gemäß Art. 3283 code de civile auf das Domizilrecht der Erblasserin und damit auf deutsches Recht zurückverweist (Art. 4 I EGBGB).

Desweiteren wird in Art. 25 II EGBGB dem Erblasser eine partielle Rechtswahl ermöglicht. Er kann für in der Bundesrepublik Deutschland belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Recht wählen. Dafür ist die Form einer Verfügung von Todes wegen notwendig. Hier hat die Erblasserin mit notariellem Testament v. 9. 4. 1987 unter Bezugnahme auf Art. 25 II EGBGB für ihr gesamtes in der Bundesrepublik belegenes unbewegliches Vermögen deutsches Recht gewählt. Für das im Inland (BRD) belegene unbewegliche Vermögen der Erblasserin findet mithin ohnehin deutsches Recht für die Erbfolge Anwendung.

2. Nach dem heute geltenden Adoptionsrecht (§ 1754 II BGB) erlangt das angenommene Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden. Danach ist die Kl. als Erbin erster Ordnung erbberechtigt. Ist ein solcher Abkömmling durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Allerdings wäre die Kl. zum Zeitpunkt der Vornahme der Adoption 1961 nach dem Erbstatut gar nicht erbberechtigt gewesen. Denn § 1759 BGB a.F. sah für das Adoptivkind ein Erbrecht nach dem Annehmenden nicht vor. Dies hat sich erst geändert durch das mit Wirkung v. 1. 1. 1977 in Kraft getretene Adoptivrecht, das dieses auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt hat. Nach Art. 12 § 1 I Adoptionsgesetz 1976 werden in Fällen, in denen der nach dem früheren Recht an Kindes statt Angenommene im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Adoptionsgesetzes volljährig ist, auf das Annahmeverhältnis die Vorschriften des neuen Rechts über die Annahme Volljähriger (§§1770, 1771 BGB n.F.) angewandt (vgl. BayObLG, FamRZ 1994, 853; OLG Frankfurt, FamRZ 1995, 1987). Diese Vorschrift findet grundsätzlich auch im vorliegenden Fall Anwendung. Denn die Kl. war im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Adoptionsgesetzes am 1. 1. 1977 bereits volljährig (geboren am 10. 4. 1955). Nach den geltenden Vorschriften über die Volljährigenadoption steht dem Angenommenen nach dem Annehmenden ein gesetzliches Erbrecht wie einem ehelichen Kind zu. Nach Art. 12 § 1 V Adoptionsgesetz bleibt aber ein in dem Annahmevertrag vereinbarter Ausschluß des Erbrechts des Kindes dem Annehmenden gegenüber unberührt; in diesem Fall hat auch der Annehmende kein Erbrecht. Diese Übergangsvorschrift nimmt auf § 1767 BGB a.F. Bezug. Danach konnte in dem Aufnahmevertrag das Erbrecht des Adoptivkindes dem Annehmenden gegenüber ausgeschlossen werden, während im übrigen die Wirkungen der Annahme an Kindes Statt nicht zur Disposition der Parteien standen. Einen solchen vertraglichen Ausschluß des Erbrechts i.S. von § 1767 I BGB hat die Erblasserin in Ziffer 5 des Adoptionsvertrages v. 27. 4. 1961 vorgenommen.

Damit stellt sich die Frage, ob die in einer uruguayischen Adoptionsurkunde - aus streitigen Gründen - enthaltene Erbausschlußklausel in den Anwendungsbereich von Art. 12 § 1 AdoptG fällt. Der gerichtlich bestellte SV ist auf diese Problematik - offensichtlich aufgrund der ihm vorgegebenen Themenstellung - nicht eingegangen. Auch der Senat braucht hierüber letztlich nicht zu entscheiden, weil der Kl. selbst bei Bejahung eines Erbrechts nach dem Erbstatut ein Pflichtteilsanspruch gegen die Bekl. nicht zusteht.

II.

Eine erbrechtliche Beteiligung des Adoptivkindes am Nachlaß seiner Adoptivverwandten setzt grundsätzlich voraus, daß die Adoption wirksam vorgenommen wurde. Der SV Dr. L. ist in seinem Gutachten v. 26. 9. 1996 überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, daß allenfalls eine wirksame Adoption nach uruguayischem Recht gegeben sein kann. Die Annahme der Wirksamkeit der Adoption von 1961 - unabhängig, ob man zu diesem Ergebnis nach den Grundsätzen der Dekret- oder Vertragsadoption gelangt - ist die für die Kl. günstigste Feststellung.

III.

Selbst wenn man zugunsten der Kl. die Wirksamkeit der 1961 in Uruguay vorgenommenen Adoption unterstellt, folgt daraus kein Erbrecht, weil es sich lediglich um eine sogenannte schwache Adoption handelte, die in ihren Wirkungen einer Adoption, wie sie das Erbstatut voraussetzt, nicht gleichgestellt werden kann.

Ist eine Adoption nämlich aus der Sicht des deutschen Rechts wirksam vorgenommen worden oder als wirksam anzuerkennen (Vorfrage), so bedeutet dies noch nicht zwingend, daß sie damit geeignet wäre, das in den Sachnormen des Erbstatuts als Voraussetzung für eine Erbberechtigung formulierte Tatbestandsmerkmal "Adoption" auszufüllen. Das Rechtsinstitut der Adoption ist im internationalen Vergleich sehr unterschiedlich ausgestaltet. Neben "starken" oder "Voll"-Adoptionen, die ein Kind aus der Herkunftsfamilie vollständig herauslösen und vorbehaltslos in die Adoptionsfamilie integrieren (vgl. § 1754 BGB), treten Adoptionen minderer Wirkungen (sogenannte "Schwach"-Adoptionen), welche die Beziehungen zur Herkunftsfamilie nicht vollständig beenden, sondern zwischen Kind und Annehmendem nur partiell die Rechtswirkungen eines Eltern-Kind-Verhältnisses entstehen lassen. Erbrechtlich bedeutsam kann daher nur eine Adoption werden, deren Wirkungen denen des vom Erbstatut stillschweigend vorausgesetzten Adoptionstyps mindestens entsprechen, d.h. als "funktionell äquivalent" zu werten sind (vgl. hierzu nur Beitzke, IPRax 1990, 38, 40, m.w.N.). Ist eine Adoption im Ausland vorgenommen worden und anzuerkennen, so ist für die Adoptionswirkungen auf das Recht abzustellen, welches auf die Adoption tatsächlich angewandt wurde, nicht dagegen auf die Wirkungen des Rechts, das aus deutscher Sicht hätte angewandt werden müssen. Vorfrage und Substitution sind mithin nacheinander zu erörtern. Während die Vorfragenanknüpfung letztlich zur Beantwortung der Frage führt, ob eine wirksame Adoption vorliegt oder nicht, entscheiden bei unterschiedlichem Erb- und Adoptionsstatut die Substitutionsregeln, ob eine nach dem Adoptionsstatut wirksame Adoption die im Erbstatut vorausgesetzten Kriterien einer Adoption zu erfüllen vermag. Dieser herrschenden Auffassung in der Literatur (vgl. zum Streitstand nur Klaus Müller, NJW 1985, 2056 ff.) hat sich im Ergebnis auch der BGH in seiner grundsätzlichen Entscheidung v. 14. 12. 1988 (FamRZ 1989, 379 = IPRax 1990, 55 ff.) angeschlossen.

In Anwendung der vom BGH aufgestellten Grundsätze, denen der Senat sich anschließt, gilt vorliegend folgendes:

Nach uruguayischem Recht werden die Wirkungen dieser Adoption auf die Rechtsfolgen beschränkt, die Art. 167 CdN ausdrücklich nennt; das sind:

1. Die Verpflichtung des Adoptierten, den Adoptanten zu respektieren und zu ehren.

2. Die gegenseitige Verpflichtung zum Unterhalt. Die Aszendenten und Deszendenten des Adoptierten sind jedoch nicht verpflichtet, diesen Unterhalt zu gewähren, solange er ihn von dem Adoptanten erhalten hat.

3. Ein gesetzliches Erbrecht in den Fällen und mit der Maßgabe, wie dies in dem Titel über die Intestaterbfolge im Zivilgesetzbuch [CC] beschrieben ist.

Zu den sich hieraus ergebenden erbrechtlichen Folgen führt der SV in seinem Gutachten aus, daß Erbrechtsfolgen im Verhältnis zum Annehmenden nicht grundsätzlich ausgeschlossen sind. Allerdings wird nach den Ausführungen des SV das (einfach) adoptierte Kind einem leiblichen Kind nicht allgemein gleichgestellt, sondern es treten nur die Rechtsfolgen ein, die der codigo civile gerade einem "Adoptivkind" zuordnet. Verwiesen werde in Art. 167 Nr. 3 CdN auf die Regelungen der Intestaterbfolge des CC. Dazu bestimme Art. 1027 CC: Bei Fehlen der im vorangegangenen Artikel genannten Personen beerben den Verstorbenen seine ehelichen Geschwister und seine Adoptivkinder. Die Erbschaft teilt sich in zwei Teile: Einen für die ehelichen Geschwister und einen anderen für die Adoptivkinder; fehlt eine dieser Gruppen, erhält die andere die gesamte Erbschaft. Im vorangegangenen Art. 1026 CC genannte Personen sind nach den Ausführungen des SV: Verwandte in auf- und absteigender Linie, der Ehegatte und natürliche Kinder. Sei eine dieser Klassen vorhanden, werde das Erbrecht der in Art.1027 genannten Gruppen ausgeschlossen. Waren im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin leibliche Kinder vorhanden, sei hier ein gesetzliches Erbrecht der Adoptivtochter selbst bei Wirksamkeit der Adoption ausgeschlossen. Desweiteren weist der SV darauf hin, daß dem Adoptivkind vom uruguayischen Recht auch ein Pflichtteil nicht zugebilligt wird. Aufgrund dieser Ausgestaltung des Erbrechts des Adoptivkindes kommt der SV zu dem Ergebnis, daß durch die vorliegende Adoption eine Grundlage für die Anwendung von Pflichtteilsregeln unter deutschem Erbstatut nicht geschaffen worden sei. Diese Auffassung ist zutreffend und entspricht den Grundsätzen der dargestellten BGH-Rechtsprechung.

Nach den vom SV getroffenen Feststellungen zum Erbrecht des Adoptivkindes nach uruguayischem Recht, die von den Parteien nicht angegriffen werden, wird das adoptierte Kind erbrechtlich hinter entsprechenden Blutsverwandten zurückgesetzt. Ein gesetzliches Erbrecht steht ihm nur in Ausnahmefällen zu, wenn weder ein Ehegatte noch Verwandte in auf- und absteigender Linie vorhanden sind. Erst wenn weder eine Ehefrau des Erblassers noch ein Blutsverwandter in direkter Linie beim Erbfall vorhanden sind, kommt das Adoptivkind zum Zuge, und dies auch nur zusammen mit den ehelichen Geschwistern des Erblassers. Dies bedeutet, daß das Adoptivkind als Erbe zweiter Ordnung angesehen und erbrechtlich wie ein Mitglied der Seitenlinie behandelt wird. Bereits diese Regelung im uruguayischen Recht bezüglich der erbrechtlichen Stellung des adoptierten Kindes spricht dafür, die familienrechtliche Beziehung in dem für die Erbfolge maßgebenden Erbrecht nicht als hinreichend starke Verwandtschaft anzusehen. Hinzu kommt noch, daß nach uruguayischem Recht die erbrechtliche Stellung des adoptierten Kindes völlig disponibel ist; ein Pflichtteilsrecht steht dem adoptierten Kind nicht zu. Ein solches Recht steht nur den Erben erster Ordnung zu, zu denen das Adoptivkind nicht gehört. Auch dies verdeutlicht die unterschiedliche erbrechtliche Stellung des Adoptivkindes zu den Blutsverwandten des Erblassers.

Darüber hinaus hat das LG in der angegriffenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, daß nach Art. 166 des uruguayischen Kindergesetzes die Verwandtschaftsbeziehungen des Adoptierten zu seiner früheren Familie bestehen bleiben. Der Adoptierte gehört weiterhin zu seiner natürlichen Familie und behält alle seine Rechte. Der Vater, welcher der Adoption zugestimmt hat, verliert die elterliche Gewalt. Diese geht auf den Adoptanten über. Das so ausgestaltete Verwandtschaftsverhältnis spricht damit als weiteres gewichtiges Indiz dagegen, daß es zwischen dem Erblasser und dem Adoptivkind hier zu einer so starken rechtlichen Beziehung kommen sollte, wie sie das für die Erbfolge maßgebende deutsche Recht für eine Beteiligung an der gesetzlichen Erbfolge voraussetzt. Denn die Bestimmung des § 1924 BGB geht stillschweigend davon aus, daß es sich um eine Volladoption handelt, das Kind also zumindest die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden erlangt und die Rechtsbeziehungen zur Herkunftsfamilie erloschen sind. Gerade dies ist bei den hier vorliegenden schwachen Adoptionen nach uruguayischem Recht gerade nicht der Fall.