Staatshaftung: Kein Rückgriffsprivileg nach Art. 34 S. 2 GG bei privaten
selbständigen Verwaltungshelfern (teleologische Reduktion von Art. 34 S. 2
GG); Begriff des "Beamten" im haftungsrechtlichen Sinn
BGH, Urteil
vom 14. Oktober 2004 - III ZR 169/04
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Die Rückgriffsbeschränkung in Art. 34 Satz
2 GG auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gilt nicht für als
Verwaltungshelfer herangezogene selbständige private Unternehmer.
Tatbestand:
Das klagende Land nimmt die Beklagte im Wege des Rückgriffs auf Freistellung
von Amtshaftungsforderungen Dritter in Anspruch. Dem liegt folgender
Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte ist Inhaberin einer vom Regierungspräsidium S. erteilten
Erlaubnis, Hirnstammproben von Rindern mittels eines "BSE-Schnelltests" auf
die Erreger der Bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) zu untersuchen.
Mit der Durchführung derartiger Prüfungen, die nach § 1 Abs. 1, § 22a
Fleischhygienegesetz i.V.m. § 1 der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen
Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE vom 1. Dezember 2000 (BGBl.
I S. 1659 - BSE-Untersuchungsverordnung - in der hier maßgeblichen Fassung
der Verordnung vom 23. Mai 2001, BGBl. I S. 982) gesetzlich dem amtlichen
Tierarzt obliegen, wurde die Beklagte von den Landratsämtern S. und S. -B.
-K. beauftragt. Nach der BSE-Untersuchungsverordnung müssen alle Rinder im
Alter von über 24 Monaten untersucht werden. Bis das Ergebnis eines
BSE-Schnelltests vorliegt, sind der Tierkörper, die Nebenprodukte der
Schlachtung, das Blut und die Haut vorläufig sicherzustellen. Bei einem
negativen Ergebnis des Tests ist die vorläufige Sicherstellung aufzuheben (§
1 Abs. 2 und 3 Nr. 1 der Verordnung).
Am 11. und 12. Februar 2002 kontrollierten Vertreter des Klägers bei der
Beklagten deren Testauswertungen. Den Prüfern erschienen eine Reihe von
dokumentierten Testergebnissen, die als Original-Rohbilddateien vorlagen, zu
hell und damit nicht auswertbar. Grund war, daß im EDV-System der Beklagten
der "Autoscale" nicht eingestellt war, eine abrufbare Software-Variante, die
automatisch die Helligkeit herunterregelt. Wegen der Unklarheiten wurde das
getestete Fleisch bei den Unternehmen sichergestellt. Nachdem sich in einer
erneuten Überprüfung herausgestellt hatte, daß die Testergebnisse der
Beklagten doch verwertbar waren und deren Beurteilung als "negativ" richtig
gewesen war, gab das klagende Land das sichergestellte Fleisch frei. Zu
einem Teil war es allerdings zwischenzeitlich verdorben. Dessen Eigentümer
machen darum Amtshaftungsansprüche in Höhe von 7.998,17 € und 1.217,33 €
gegen das Land geltend.
Mit der vorliegenden Klage begehrt das Bundesland seinerseits gegenüber der
Beklagten Freistellung von den erhobenen Ansprüchen sowie die Feststellung,
daß die Beklagte zum Ersatz aller weiteren Schäden verpflichtet sei, die ihm
oder den Landkreisen S. und S. -B. -K. - insoweit in gewillkürter
Prozeßstandschaft - infolge der vorübergehenden Nichtauswertbarkeit der
Testergebnisse entstanden sind oder noch entstehen werden.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom
Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die
Revision hat Erfolg.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet die Beklagte dem klagenden Land
entsprechend Art. 34 Satz 2 GG nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
Dieses Haftungsprivileg komme auch der Beklagten zugute, weil sie die
Untersuchungen als Beamter im haftungsrechtlichen Sinn (Verwaltungshelfer)
innerhalb hoheitlicher Tätigkeit übernommen und dabei Feststellungen ohne
ein Ermessen zu treffen gehabt habe. Für die Beschränkung des Rückgriffs
nach Art. 34 Satz 2 GG genüge es, die Voraussetzungen des Art. 34 Satz 1 GG
zu bejahen; einer zusätzlichen Begründung durch Normzweck und Interessenlage
bedürfe es nicht. Das erscheine auch aus der Sicht des Verwaltungshelfers
geboten, weil er nur so das übernommene Eigenrisiko sicher abschätzen könne.
Auch in formaler Hinsicht erscheine es naheliegend, daß eine vom Grundgesetz
gewährte Rechtsposition nicht durch einfache Auslegung verkürzt werden
könne, sondern daß es dazu einer gesetzlichen Regelung bedürfe.
Die Beklagte habe den Schaden jedenfalls nicht grob fahrlässig verursacht.
Außerdem habe es sich bei der Überprüfung der Testergebnisse nicht um eine
von der Beklagten geschuldete, sondern um eine dem Kläger selbst obliegende
Tätigkeit gehandelt. Der damit befaßte Angestellte der Beklagten habe bei
der Vorführung deshalb nicht als deren Erfüllungsgehilfe gehandelt.
II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Für die schuldhafte Verletzung von Pflichten in dem zwischen den Parteien
bestehenden Vertragsverhältnis haftet die Beklagte dem Kläger grundsätzlich
nach den Regeln über die Leistungsstörungen auf Schadensersatz, ohne
Rücksicht darauf, ob dieser Vertrag als Dienst- oder Werkvertrag anzusehen
ist oder ob er, wie das Landgericht gemeint hat, dem öffentlichen Recht
angehört. Weder ein Verstoß gegen vertragliche Nebenpflichten noch ein
Verschulden auf seiten der Beklagten läßt sich nach dem für die
Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Klagevorbringen verneinen;
gegenteilige tatsächliche Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht
getroffen. Die Revision rügt mit Recht, daß es schon auf der Grundlage des
Erlaubnisbescheids vom 21. Dezember 2001 zu den vertraglichen Pflichten der
Beklagten zählte, das Ergebnis der von ihr durchgeführten Untersuchungen zu
dokumentieren und Nachweis hierüber zu führen. Infolgedessen gehörte es auch
zum Kreis der ihr obliegenden Aufgaben und war nicht etwa, wie das
Berufungsgericht meint, Sache des Klägers, die gewonnenen Testergebnisse bei
behördlichen Kontrollen überprüfbar darzustellen.
Der Kläger hat behauptet, die von der Beklagten am 11. und 12. Februar 2002
den Prüfern präsentierten Bilder seien infolge von Bedienungsfehlern nicht
aussagekräftig gewesen. Davon muß der Senat ausgehen.
2. Auch auf das Haftungsprivileg des Art. 34 Satz 2 GG kann sich die
Beklagte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht berufen.
a) Mit Recht hat das Oberlandesgericht allerdings die Beklagte bei der
Durchführung und Auswertung der BSE-Schnelltests als Amtsträger und
"Beamten" im Sinne des § 839 BGB und des Art. 34 Satz 1 GG angesehen.
Haftungsrechtlich ist hiernach Beamter jeder, den der Bund, ein Land oder
eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft mit öffentlicher Gewalt
ausgestattet hat, ohne Rücksicht darauf, ob ihm staatsrechtliche
Beamteneigenschaft zukommt. Beamte in diesem Sinne können deshalb auch
Private oder private Unternehmer sein, wenn sie von einem Verwaltungsträger
im Wege der Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben betraut worden sind, im
Einzelfall aber auch bei bloßen Hilfstätigkeiten im Rahmen öffentlicher
Verwaltung (Verwaltungshelfer) (vgl. zum Ganzen Ossenbühl,
Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 13 ff.). Soweit Verwaltungshelfer von der
öffentlichen Hand durch freie Dienst- oder Werkverträge oder ähnliche
Vertragsverhältnisse herangezogen werden, ist darauf abzustellen, wer
Vertragspartner des Verwaltungsträgers ist. Insofern kommen auch juristische
Personen des Privatrechts haftungsrechtlich als "Beamte" in Betracht (a.A.
Heintzen, VVDStRL 62 [2003], 220, 254 m. Fn. 173).
Nach diesen Maßstäben war die Beklagte - anders als der amtlich anerkannte
Sachverständige für den Kraftfahrzeugverkehr (BGHZ 49, 108), der mit der
Vorprüfung einer überwachungsbedürftigen Anlage betraute TÜV-Sachverständige
(Senatsurteil BGHZ 122, 85) oder ein Prüfer bei der Nachprüfung der
Lufttüchtigkeit eines Luftfahrtgeräts (Senatsurteil BGHZ 147, 169) - zwar
nicht Beliehene, da alle zur Durchführung der BSE-Untersuchungsverordnung
erforderlichen Verwaltungsakte in der Zuständigkeit des amtlichen Tierarztes
verblieben und die Beklagte gerade in den kritischen Fällen (bei positiven
oder nicht eindeutig negativen Befunden) das weitere Vorgehen den
staatlichen Behörden zu überlassen hatte, ihr darum kein eigener
Entscheidungsraum verblieb. Die Beklagte war jedoch in dem oben
beschriebenen Sinne (selbständiger) Verwaltungshelfer. Davon gehen auch
die Parteien aus. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich die
öffentliche Hand jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung, wie hier,
der Amtshaftung für fehlerhaftes Verhalten ihrer Bediensteten grundsätzlich
nicht dadurch entziehen, daß sie die Durchführung einer von ihr angeordneten
Maßnahme durch privatrechtlichen Vertrag auf einen privaten Unternehmer
überträgt. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den
Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen den übertragenen
Tätigkeiten und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und
je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers ist, desto näher
liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen (BGHZ
121, 161, 165 f. - Abschleppunternehmer; s. auch - abgrenzend - Senatsurteil
BGHZ 125, 19, 24 f. - planender Ingenieur; BGH, Urteil vom 26. Juni 2001 - X
ZR 231/99 - NJW 2001, 3115, 3117 zur Sonderprüfung eines Kreditinstituts
durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft). Diese Voraussetzungen sind auch
bei einem mit der Durchführung von BSE-Tests betrauten privaten Labor
gegeben. Dessen Prüfungen enthalten einen unverzichtbaren Teil der dem Staat
obliegenden Überwachung nach dem Fleischhygienegesetz und der ausführenden
BSE-Untersuchungsverordnung und sind von dieser nicht zu trennen. Wenn die
Beklagte auch selbst keine Verwaltungsakte erläßt und, wie der Kläger in
anderem Zusammenhang vorgetragen hat, zu den Adressaten der Verwaltungsakte
weder unmittelbar noch mittelbar in Rechtsbeziehungen tritt, so ist doch bei
einem negativen Testergebnis, wie regelmäßig, die Entscheidung praktisch
gefallen. Infolgedessen erscheint die Tätigkeit des privaten Labors als
Bestandteil der staatlichen Verwaltung.
b) Nach Art. 34 Satz 2 GG bleibt der anstelle des an sich verantwortlichen
Beamten in die Haftung eintretenden öffentlich-rechtlichen Körperschaft
(Art. 34 Satz 1 GG) - nur - bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der
Rückgriff vorbehalten. Wortlaut und systematischer Zusammenhang dieser
aufeinander bezogenen Regelungen legen es allerdings nahe, die
Haftungsbegrenzung mit den Vorinstanzen auf alle Amtsträger im Sinne des
Satzes 1 zu beziehen. Dem stehen jedoch die Entstehungsgeschichte und vor
allem Sinn und Zweck der Bestimmung entgegen. Der Senat hält deswegen für
den Fall, daß der Staat durch freie Dienst- oder Werkverträge oder ähnliche
Vertragsgestaltungen selbständigen Privatunternehmern in beschränktem Umfang
die Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben überträgt, eine
einschränkende Auslegung oder eine teleologische Reduktion für geboten.
Daß es sich um eine Verfassungsnorm handelt, bedeutet entgegen der Ansicht
des Berufungsgerichts kein Hindernis. Für selbständige private
Unternehmer gilt daher die Rückgriffsbeschränkung auf Vorsatz und grobe
Fahrlässigkeit nicht (ebenso U. Stelkens, JZ 2004, 656, 660 f.; ähnlich
Quantz, VersR 2004, 1244, 1248; undifferenziert hingegen für Anwendung des
Art. 34 Satz 2 auf alle Verwaltungshelfer beispielsweise Ossenbühl aaO S.
120; Erman/J. Hecker, BGB, 11. Aufl., § 839 Rn. 95; Soergel/Vinke, BGB, 12.
Aufl., § 839 Rn. 262).
aa) Mit Art. 34 GG folgt das Grundgesetz dem Vorbild des Art. 131 der
Weimarer Reichsverfassung. Art. 131 Abs. 1 Satz 2 WRV enthielt für den
Rückgriff gegen den Beamten freilich noch keine Einschränkungen. Die
Weimarer Verfassung überließ vielmehr auch insoweit die näheren Regelungen
der zuständigen Gesetzgebung (Art. 131 Abs. 2). Eine gesetzliche
Beschränkung des staatlichen Regresses auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
findet sich reichsweit erstmals in § 23 des Deutschen Beamtengesetzes vom
26. Januar 1937 (RGBl. I S. 39), und zwar in Absatz 2 für die
staatsrechtlichen Beamten und in Absatz 4, wenn "eine Person, die nicht
Beamter im Sinne dieses Gesetzes ist, in Ausübung der ihr anvertrauten
öffentlichen Gewalt ihre Amtspflicht verletzt hat". Mit dieser Ausdehnung
auf andere Amtsträger sollten indes nach dem damaligen Verständnis lediglich
die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes in die
Haftungsprivilegierung einbezogen werden (vgl. Brand, Das deutsche
Beamtengesetz, 4. Aufl. 1942, § 23 Anm. 1), zumal auch das Reichsgericht nur
Organmitglieder oder abhängig Beschäftigte als Amtsträger im Sinne des § 839
BGB und des Art. 131 WRV anerkannt hatte (RGZ 104, 257 - Arbeiter- und
Soldatenräte; 105, 334 - Unterwachtmeister der Sicherheitswehr; 118, 241 -
Kanzleiangestellter; 142, 190 und 158, 95 - Feld-und Forsthüter; 159, 235 -
Nachtwächter; 164, 1 - Soldat). Auch der Parlamentarische Rat hatte
ausweislich der Materialien bei der Regelung des Rückgriffs nach Art. 34
Satz 2 GG allein die Beamten und die ihnen gleichzustellenden Angestellten
des öffentlichen Dienstes vor Augen (JöR 1 n.F. S. 329; hierzu U. Stelkens,
JZ 2004, 656, 661; Quantz, VersR 2004, 1244, 1245).
bb) Die verfassungsrechtliche Limitierung der Innenhaftung bei
haftungsrechtlichen Beamten nach Art. 34 Satz 2 GG beruht zum einen auf dem
Gedanken, deren Entschlußfähigkeit und Entschlußfreudigkeit, insbesondere
bei Eilmaßnahmen, zu fördern (Abgeordneter Dr. Schmid, JöR 1 n.F. S. 328
f.; Amtliche Begründung zum Deutschen Beamtengesetz, abgedruckt bei H.
Daniels, Deutsches Beamtengesetz vom 26. Januar 1937, S. 19), und zum
anderen auf dem Gebot der Fürsorge gegenüber den öffentlichen Bediensteten
(vgl. Bonner Kommentar/Dagtoglou, GG, Art. 34 Rn. 349 f.; v. Danwitz in v.
Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 34 Rn. 125); in dem letztgenannten
Punkt besteht eine Parallele zu den arbeitsrechtlichen
Haftungserleichterungen für Arbeitnehmer (vgl. BAG NJW 1995, 210; BAGE 101,
107; BGH, Urteil vom 11. März 1996 - II ZR 230/94 - NJW 1996, 1532).
Beide normativen Zielsetzungen erstrecken sich unmittelbar nur auf die
staatsrechtlichen Beamten, die Richter, Soldaten und Zivildienstleistenden
sowie auf die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes; das
findet seinen Niederschlag einfachrechtlich in den entsprechenden
gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen (§ 46 Abs. 1 Satz 1
BRRG, § 78 Abs. 1 Satz 1 BBG, § 24 Abs. 1 Satz 1 SoldG, § 34 Abs. 1 Satz ZDG,
§ 14 BAT). Die Zweckrichtung der Norm bezieht in ihren Anwendungsbereich
darüber hinaus indes auch unselbständige Verwaltungshelfer ein, soweit ihnen
gegenüber eine ähnliche Fürsorgepflicht besteht, wie etwa beim
Turnunterricht hilfeleistende Schüler (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli
1958 - III ZR 88/57 - VersR 1958, 705) oder Schülerlotsen (OLG Köln
NJW 1968, 655); in solchen Fällen kann der Innenregreß allerdings auch schon
einfachrechtlich ausgeschlossen sein (vgl. § 106 SGB VII). Der Senat hat
außerdem aus ähnlichen Überlegungen die Innenhaftung einer privatrechtlich
organisierten Beschäftigungsstelle des Zivildienstes bei dem Unfall eines
Zivildienstleistenden gleichfalls auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit
beschränkt (BGHZ 135, 341, 347 f.), während auf der anderen Seite § 10 Abs.
4 des Kraft-fahrsachverständigengesetzes vom 22. Dezember 1971 (BGBl. I S.
2086) dem Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr eine vollständige
Haftungsfreistellung des Bundeslandes abverlangt (s. auch Senatsurteil BGHZ
122, 85, 88 f.).
Über derartige Sachverhalte ist hier nicht zu entscheiden. Im Streitfall
besteht keine Rechtfertigung für eine entsprechende Haftungserleichterung.
Deren Zweck, die Entschlußfreudigkeit und Schlagkraft der öffentlichen
Verwaltung zu stärken, spielt bei einem als Verwaltungshelfer herangezogenen
privaten Unternehmer von vornherein keine Rolle, weil eine solche
Qualifizierung grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn ihm allenfalls
geringe Entscheidungsmöglichkeiten eingeräumt sind (ebenso U. Stelkens
aaO; a.A. Wür-tenberger, JZ 1993, 1003, 1005 für einen
Abschleppunternehmer). Vor allem aber ist für den Fürsorgegedanken unter
solchen Umständen kein Raum. Anders als ein abhängig Beschäftigter kann der
gewerbliche Unternehmer über Art und Umfang seines Einsatzes selbst
bestimmen; es steht ihm frei, die - jedenfalls im Regelfall auch
versicherbaren (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Juli 1978 - VI ZR 138/76 - NJW
1978, 2502, 2503 zur Haftung des Abschleppunternehmers) - Haftungsrisiken
einzugehen und deren Kosten in das von ihm geforderte Entgelt
einzukalkulieren oder von der Übernahme der Tätigkeit abzusehen, wenn ihm
das Risiko zu groß erscheint. Insofern besteht zwischen einer Mitwirkung
des Unternehmers an hoheitlichen Aufgaben und der Ausführung von Dienst-
oder Werkleistungen im fiskalischen Bereich, bei denen er nach den
allgemeinen Regeln für jedes Verschulden haftet, kein wesentlicher
Unterschied. Es fehlt deswegen an einem inneren rechtfertigenden Grund, den
Unternehmer im Rahmen hoheitlicher Verwaltungsaufgaben von seiner
vertraglichen Haftung auch nur teilweise freizustellen. Soweit der Wortlaut
des Art. 34 Satz 2 GG auch eine solche Fallgestaltung abdeckt, ist die Norm
darum nach ihrem Sinn und Zweck entsprechend einzuschränken. Die Verwaltung
mag hierdurch die Möglichkeit erhalten, eigene Haftungsrisiken durch eine
"Flucht in die Privatisierung" zu vermeiden, was die Revisionserwiderung für
bedenklich hält; sie erkauft dies jedoch durch eine in der Gegenleistung
kalkulatorisch enthaltene Versicherungsprämie.
III. Das klageabweisende Berufungsurteil kann nach alledem nicht
bestehenbleiben. Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung nicht in
der Lage. Der Rechtsstreit ist deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils
zur weiteren Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). |