Provisionsanspruch des Maklers nach § 652 BGB;
Erfordernis der Kongruenz des abgeschlossenen Vertrags
BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 - III
ZR 131/13 - OLG Hamm
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Zur wirtschaftlichen
Kongruenz des vom Makler nachgewiesenen zum abgeschlossenen
Grundstückskaufvertrag bei erheblichen Preisnachlässen (hier: mehr als 50
%).
Zentrale Probleme:
Eine interessante Entscheidung zum Maklerrecht, weil
sie eine grundlegende Frage behandelt, nämlich die Kausalität der
Maklertätigkeit für den Vertragsschluss. Bekanntlich hat der Makler nach der
gesetzlichen Ausgangslage keinen Anspruch auf ein erfolgsunabhängiges
Honorar. Nach § 652 BGB verdient er dieses erst, wenn aufgrund seiner
Vermittlung ein Vertrag zustandekommt. Dafür bedarf es nicht nur einer
äquivalenten Kausalität, sondern auch einer wirtschaftlichen Kongruenz: Der
zustandegekommene Vertrag muss wirtschaftlich demjenigen entsprechen, dessen
Abschluss der Makler vermittelt hat. Entscheidend ist danach, ob sich unter
Würdigung aller besonderen Umstände der abgeschlossene Vertrag als ein
wirtschaftlich anderer darstellt, als der nach dem Maklervertrag
nachzuweisende. Hier hatte der Käufer zwar über den von ihm beauftragten
Makler den Kontakt zum Verkäufer hergestellt, das Grundstück aber im Preis
erheblich billiger erworben. Der BGH verneint hier die Kongruenz. Dabei
stellt er vor allem darauf ab, dass der als Immobiliengeschäft geplante
Vertrag letztlich zu einem Vertrag über ein unbebautes Grundstück wurde.
Maßgeblich ist also nicht die Abweichung des Preises, sonder der Grund, der
dazu führte. Die Abbedingung des Kongruenzerfordernisses in den AGB des
Maklers war dabei nach § 307 I BGB als nichtig anzusehen, da § 652 BGB
insoweit Leitbildfunktion hat.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um die Zahlung
einer Maklercourtage.
2 Die Klägerin, eine Immobilienmaklerin, fragte Anfang Dezember 2010 per
E-Mail bei der Beklagten, einer expandierenden B. Unternehmensgruppe, unter
Hinweis auf eine Provisionspflicht in Höhe von 3 % zuzüglich Mehrwertsteuer
an, ob diese Interesse an der Benennung einer Gewerbeimmobilie im B. Süden
habe. Nachdem dies die Beklagte bejaht hatte, benannte die Klägerin der
Beklagten per Telefax vom 7. Dezember 2010 die Immobilie der Verkäuferin zu
einem Kaufpreis von 1,1 Mio. €. Zugleich übersandte sie ihre Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, in denen unter Nummer 10 ausgeführt war, dass der
Provisionsanspruch auch entstehe, wenn der Vertrag zu Bedingungen
abgeschlossen werde, die vom Angebot abwichen, oder wenn und soweit im
zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem ersten Vertrag
vertragliche Erweiterungen, Ergänzungen zustande kämen beziehungsweise ein
gleiches oder ähnliches Geschäft abgeschlossen werde.
3 Im Juli 2011 erwarb die Tochtergesellschaft der Beklagten, die G.
Bauelemente GmbH, die Immobilie zu einem Kaufpreis von 525.000 €. Am 30.
November 2011 stellte die Klägerin der Beklagten eine Käufercourtage von
18.742,50 € einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung. Die Beklagte ist
insbesondere der Auffassung, dass wegen der großen Preisabweichung die
wirtschaftliche Gleichwertigkeit des angebotenen und des zustande gekommenen
Kaufvertrags nicht mehr gegeben sei.
4 Die Klage ist vom Landgericht abgewiesen worden. Auf die von der Klägerin
eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht die Beklagte nach dem
Klageantrag verurteilt.
5 Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der
Beklagten.
Entscheidungsgründe
6 Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des
landgerichtlichen Urteils.
I.
7 Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten auf einen
Maklerlohnanspruch gemäß § 652 Abs. 1 BGB gegründet. Die Beklagte
könne sich nicht auf eine fehlende Kongruenz des nachgewiesenen Vertrags mit
dem letztlich durch die Tochterfirma der Beklagten abgeschlossenen Vertrag
berufen, weil sie das Kaufobjekt zu einem deutlich günstigeren Kaufpreis
erworben habe. Allerdings könne sich die Klägerin insoweit
nicht auf die Regelung in Nummer 10 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen
stützen, da diese unwirksam sei. Eine Identität des beabsichtigten
mit dem tatsächlich zustande gekommenen Kaufvertrag sei vorliegend aufgrund
dessen, dass der tatsächliche Kaufpreis 43 % des von der Klägerin benannten
betrage, nicht gegeben.
8 Die fehlende Kongruenz beider Verträge hindere jedoch gleichwohl
vorliegend einen Maklerlohnanspruch der Klägerin nicht. Entgegen der
Auffassung einiger anderer Oberlandesgerichte und des überwiegenden Teils
des Schrifttums habe der Makler seinen Lohn stets dann verdient, wenn der
Maklerkunde das Objekt zu einem niedrigeren Kaufpreis, als er Gegenstand des
Nachweises gewesen sei, und damit jedenfalls nicht zu drückenderen
wirtschaftlichen Bedingungen erworben habe. In einem solchen Fall liege eine
wirtschaftliche Gleichwertigkeit des angestrebten mit dem abgeschlossenen
Geschäft vor, aufgrund derer eine Kongruenz beider Verträge ausnahmsweise
entbehrlich sei. Weiche der zustande gekommene Hauptvertrag bei
Preisdifferenzen zugunsten des Maklerkunden von dem vom Makler
nachgewiesenen ab, erziele der Kunde regelmäßig den mit dem Maklervertrag
angestrebten wirtschaftlichen Erfolg. Ohne Hinzutreten besonderer Umstände
erscheine es als treuwidrig, wenn sich der Maklerkunde dann auf diese
Abweichung berufe und eine Zahlung des Maklerlohns deshalb verweigere. Auch
im vorliegenden Fall sehe der Senat die Berufung der Beklagten auf die für
sie günstige Preisdifferenz als mit den Grundsätzen von Treu und Glauben
nicht vereinbar an. Hier trete hinzu, dass nach den Angaben des
Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem
Berufungsgericht im gewerblichen Bereich der zunächst vom Käufer genannten
Preisvorstellung häufig schon keine übermäßige Aussagekraft zukomme, da
zumindest in diesen Fällen ein Kaufinteressent stets zunächst eine
sogenannte Due-diligence-Prüfung vornehme und regelmäßig sodann der Preis
nachverhandelt werde. Zudem werde gerade im gewerblichen Bereich der Preis
maßgeblich durch die konkrete Verwendungsabsicht des Käufers bestimmt. Dies
sei auch vorliegend der Fall gewesen. So ergebe sich aus der Aussage des
Zeugen K. , dass die Beklagte ihr Preisangebot anhand des Grundstückswerts
abzüglich der Abbruchkosten für die aufstehenden Gebäude kalkuliert habe.
Bei einer solchen Interessenlage, bei der die nicht nur geringe Reduzierung
des zunächst vom Makler benannten Kaufpreises allein darauf beruhe, dass
aufstehende und zum Verkauf mit angebotene Immobilien für den Käufer nicht
von Interesse seien, sei die spätere Berufung des als Käufer aufgetretenen
Maklerkunden auf eine fehlende Kongruenz des nachgewiesenen mit dem zustande
gekommenen Hauptvertrag mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht
vereinbar. Auch die weiteren Voraussetzungen des Maklerlohnanspruchs seien
gegeben.
II.
9 Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision nicht stand.
10 Nach § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB steht dem Makler eine Vergütung nur
zu, wenn der beabsichtigte Vertrag tatsächlich zustande kommt. Führt die
Tätigkeit des Maklers zum Abschluss eines Vertrags mit anderem Inhalt, so
entsteht kein Anspruch auf Maklerlohn. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz
kommt aber dann in Betracht, wenn der Kunde mit dem tatsächlich
abgeschlossenen Vertrag wirtschaftlich denselben Erfolg erzielt.
Dabei sind stets die Besonderheiten des Einzelfalls maßgebend. Ob sie
vorliegen, ist in erster Linie eine Frage tatrichterlicher Beurteilung
(ständige Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt Urteil vom 13. Dezember 2007 -
III ZR 163/07, NJW 2008, 651 Rn. 16 mwN).
11 1. Die Annahme des Berufungsgerichts, bei Preisabweichungen zugunsten des
Maklerkunden, also zu für ihn günstigeren Bedingungen, werde stets der
wirtschaftliche Erfolg des nachgewiesenen Maklergeschäfts erreicht und es
verstoße daher gegen Treu und Glauben, wenn der Maklerkunde sich auf eine
fehlende Kongruenz berufe, steht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen kein Grund ersichtlich ist.
Der Bundesgerichtshof hat zur wirtschaftlichen Gleichwertigkeit des
abgeschlossenen Vertrags im Verhältnis zu dem im Maklervertrag zugrunde
gelegten ausgeführt, dass es bei Grundstücksgeschäften häufig vorkomme, dass
Vertragsschließende ihre Vorstellungen nicht voll verwirklichen könnten, die
sie bei Beginn der Vertragsverhandlungen und bei Beauftragung des Maklers
gehabt hätten; das erforderliche (gegenseitige) Nachgeben, um den
Vertragsschluss herbeizuführen, könne sich dabei nicht nur auf die Höhe des
Kaufpreises und die Nebenbestimmungen, sondern auch auf den Umfang der
Sachleistung beziehen. Soweit sich die Abweichungen im Rahmen dessen
hielten, womit der Maklerkunde bei der Beauftragung des Maklers gerechnet
habe, könnten sie den Provisionsanspruch nicht ausschließen (vgl.
BGH, Urteil vom 28. Januar 1987 - IVa ZR 45/85, NJW 1987, 1628 zum
Vermittlungsmaklervertrag; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September 1979 - IV
ZR 92/78, NJW 1980, 123, 124). Dementsprechend hat sich der Senat in seinem
Urteil vom 13. Dezember 2007 die Frage gestellt, ob wegen der
Kaufpreisreduzierung die notwendige (wirtschaftliche) Kongruenz des
abgeschlossenen Vertrags mit der nachgewiesenen Gelegenheit fehle, diese
jedoch im konkreten Fall wegen des geringen Umfangs des gewährten
Preisnachlasses (circa 15 %) verneint (III ZR 163/07, NJW 2008, 651 Rn. 26).
In einem weiteren Fall hat der Senat die Abweichung des Kaufpreises zwischen
nachgewiesenem und tatsächlich abgeschlossenem Vertrag unter dem Blickpunkt
der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit geprüft, diese freilich deshalb für
gegeben erachtet, weil der niedrigere Kaufpreis unter Berücksichtigung von
(zu übernehmenden) Verbindlichkeiten zustande gekommen war (vgl.
Senatsurteil vom 7. Mai 1998 - III ZR 18/97, NJW 1998, 2277, 2278 f zum
Nachweismakler).
12 2. Entscheidend ist danach, ob sich unter Würdigung aller
besonderen Umstände der abgeschlossene Vertrag als ein wirtschaftlich
anderer darstellt, als der nach dem Maklervertrag nachzuweisende.
Dabei ist bei für den Maklerkunden günstigen Preisabweichungen besonders in
den Blick zu nehmen, ob diese sich noch in einem erwartbaren Rahmen bewegen,
oder ob letztlich die abweichende Preisgestaltung auf Umständen
beruht, die die wirtschaftliche Identität des nachgewiesenen zum
abgeschlossenen Geschäft in Frage stellen. Dabei ist kein allzu
strenger Maßstab anzulegen, da sich insbesondere bei Grundstücken, die
längere Zeit angeboten werden, der Preis typischerweise nach unten bewegt
(vgl. Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Aufl., Rn. 438 ff). Preisnachlässe
von bis zu 15 % stellen die wirtschaftliche Kongruenz im Allgemeinen nicht
in Frage (s. Senatsurteil vom 13. Dezember 2007 aaO), bei Preisnachlässen -
wie hier - von mehr als 50 % ist sie regelmäßig zu verneinen.
13 Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher
Würdigung die Kongruenz des abgeschlossenen zum nachgewiesenen Vertrag
verneint. Diese tatrichterliche Würdigung nimmt die Revision als ihr günstig
hin.
14 Soweit das Berufungsgericht meint, die Beklagte verstoße gegen Treu und
Glauben, wenn sie sich auf diese Inkongruenz berufe, weil sie mit
niedrigerem Mitteleinsatz den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg erreicht
habe, hält dies den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht
hat den von ihm selbst festgestellten tatsächlichen Umständen für die
Kaufpreisreduzierung nicht die Bedeutung beigemessen, die ihnen zukommen.
15 Das Berufungsgericht stellt fest, dass die Kaufpreisreduzierung darauf
beruhte, dass nur der Grundstückswert abzüglich der Abbruchkosten für die
aufstehenden Gebäude Maßstab für die Kaufpreiskalkulation der
Kaufvertragsparteien war. Bei Gewerbeimmobilienkäufen sei stets die
Verwendungsabsicht maßgebend für die Kaufpreiskalkulierung und deshalb sei
diesem Umstand, dass der Kaufpreis nur auf der Basis des reinen
Grundstückswerts berechnet worden sei, keine besondere Bedeutung
beizumessen. Dabei übersieht das Berufungsgericht, dass ein bebautes
Grundstück nachgewiesen worden ist. Die Kaufpreisangabe im Nachweis beruhte
ersichtlich darauf, dass der Wert der Immobilie ganz wesentlich durch den
Wert der auf dem Grundstück befindlichen Gebäude begründet wurde.
Wirtschaftlich gesehen ist aber nur ein Grundstück ohne die aufstehenden und
wesentlich wertbildenden Gebäude verkauft worden. Sogar die Abbruchkosten
hatte wirtschaftlich der Verkäufer zu tragen, da diese vom Grundstückswert
abgezogen worden waren. Wenn jedoch ein Grundstück mit wesentlich
wertbildender Bebauung angeboten wird und der Kaufvertrag sich
wirtschaftlich gesehen nur auf ein unbebautes Grundstück bezieht und deshalb
der Kaufpreis wie im vorliegenden Fall weniger als 50 % des vom Makler
erbrachten Nachweises beträgt, kann der abgeschlossene Kaufvertrag nicht
mehr als wirtschaftlich gleichwertig zu dem vom Makler nachgewiesenen
möglichen Grundstücksgeschäft angesehen werden.
16 Somit wird durch die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen
letztlich nur die von ihm zuvor bejahte Inkongruenz unterstrichen. Da
in einem solchen Fall der zustande gekommene Hauptvertrag bei wertender
Betrachtung nicht dem Vertrag entspricht, auf den sich die Maklerleistung
bezogen hat, ist es nur folgerichtig, dass der Makler keine Vergütung
erhält; die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angestellten
Erwägungen zu Treu und Glauben vermögen über die fehlende wirtschaftliche
Kongruenz nicht hinwegzuhelfen (so im Ergebnis auch OLG Bamberg,
NJW-RR 1998, 565 f; OLG Brandenburg, NJW-RR 2000, 1505 f; OLG Celle, OLGR
2007, 713; OLG Koblenz, OLGR 2001, 194 f; OLG München, MDR 2010, 615 f).
17 Mangels Kongruenz zwischen dem abgeschlossenen und dem nachgewiesenen
Kaufvertrag steht der Klägerin kein Maklerlohnanspruch zu. Ein
solcher ergibt sich auch nicht aus Nummer 10 ihrer Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, weil diese Regelung - wie das Berufungsgericht
zutreffend ausgeführt hat und von der Revisionsbeklagten auch nicht
angegriffen worden ist - nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist.
18 3. Das Urteil des Berufungsgerichts ist deshalb aufzuheben. Der Senat
kann die Sache selbst entscheiden, da diese entscheidungsreif ist (§ 562
Abs. 1, § 563 Abs. 3 BGB).
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