Auskunft-,
Rechenschafts- und Herausgabepflicht im Geschäftsbesorgungsvertrag gem. §§
675 I, 666, 667 BGB
BGH, Urteil vom 8. Februar
2007 - III ZR 148/06
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Zur Frage, inwieweit ein
Geschäftsbesorger, der es übernommen hat, eine Ferienwohnung im Namen und
für Rechnung des Eigentümers an Feriengäste zu vermieten, sich auf ein
eigenes Geheimhaltungsinteresse und auf datenschutzrechtliche Belange der
Mieter berufen kann, wenn der Eigentümer Namen und Anschriften der Mieter
erfahren möchte.
Tatbestand:
1 Der Kläger ist Eigentümer einer Ferienwohnung auf der Insel U.
Er schloss am 4. September 1995 mit der Beklagten einen
"Vermietungs-Vermittlungsvertrag", in dem sich die Beklagte verpflichtete,
als Vermittler "im Namen und für Rechnung des Vermieters" Zeitmietverträge
mit Feriengästen abzuschließen. Nach dem Vertrag erhält die Beklagte ein
Honorar von 20 v.H. der Bruttomiete, das sie von den an sie gezahlten Mieten
einbehalten darf. Sie ist nach dem Vertrag zu regelmäßigen Abrechnungen
verpflichtet.
2 Im Jahr 2003 verlangte der Kläger von der Beklagten für den Zeitraum von
2000 bis 2003 Mitteilung der Namen und Anschriften der Mieter sowie Vorlage
der entsprechenden Mietverträge. Die Beklagte übersandte ihm daraufhin
Kopien der Mietverträge, in denen die Anschriften der Mieter unkenntlich
gemacht waren.
3 Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger sein Begehren erstinstanzlich auf
das Jahr 2004 erstreckt. Die Beklagte hat ihre Auskunfts- und
Herausgabepflicht für das Jahr 2004 in Bezug auf die Namen der Mieter
anerkannt. Hierüber hat das Amtsgericht durch Teilanerkenntnisurteil
entschieden; in seinem Schlussurteil hat es einen Anspruch des Klägers auf
Bekanntgabe der Mieteranschriften und Herausgabe der Originalmietverträge
verneint. Auf die Berufung hat das Landgericht der Klage entsprochen. Mit
ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die
Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
4 Die Revision ist nicht begründet.
5 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger nach
§ 666 BGB die begehrte Auskunft und nach § 667 BGB die Herausgabe der
Mietverträge auf der Grundlage des mit der Beklagten geschlossenen
Vermietungs-Vermittlungsvertrags verlangen kann. Dieser Vertrag ist - wie
auch die Revision nicht in Abrede stellt - als entgeltlicher
Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 Abs. 1 BGB anzusehen, auf den
die genannten auftragsrechtlichen Vorschriften entsprechende Anwendung
finden.
6 2. a) Das gilt zum einen für die Pflicht des
Geschäftsbesorgers/Beauftragten, dem Geschäftsherrn/Auftraggeber die
erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des
Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags
Rechenschaft abzulegen. Diese weit gefassten Informationspflichten des
Beauftragten, die damit zu erklären sind, dass er seine Tätigkeit im
Interesse des Auftraggebers ausübt, schließen bei einem Vertrag, der darauf
gerichtet ist, dass der Beauftragte im Namen des Auftraggebers und für
dessen Rechnung Zeitmietverträge mit Feriengästen abschließt, auch die
Pflicht ein, den Auftraggeber im Sinne der zweiten Variante des § 666 BGB
Namen und Anschriften der Gäste mitzuteilen. Dabei genügt das allgemeine
Interesse des Klägers, die Tätigkeit der Beklagten, gegebenenfalls durch
Nachfrage bei den Mietern, zu kontrollieren und gegenüber den Finanzbehörden
belegen zu können, dass nach § 14 UStG ordnungsgemäße Rechnungen, die unter
anderem den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des
leistenden Unternehmens und des Leistungsempfängers enthalten müssen,
erteilt worden sind. In Abschnitt 183 Abs. 3 Satz 7 UStR 2005 ist
nunmehr ausdrücklich geregelt, dass der Unternehmer - wie hier der Kläger -
sicherzustellen hat, dass der von ihm eingeschaltete Dritte die
Rechnungsstellung unter Beachtung der formalen Voraussetzungen des § 14 UStG
vornimmt. Der Kläger muss sich insoweit für sein eigenes
Besteuerungsverfahren nicht darauf verweisen lassen, dass die Finanzbehörden
die erforderlichen Auskünfte von Dritten nach § 93 AO einholen könnten, hier
der Beklagten, die im Übrigen auch insoweit nur unter der Bedingung zu
Auskünften bereit ist, dass die Finanzbehörden sie dem Kläger vorenthalten.
Die Auskunftspflicht der Beklagten setzt nicht voraus, dass der Kläger
die begehrte Information zur Vorbereitung weiterer Ansprüche benötigt
(vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2001 - XI ZR 183/00 - NJW 2001, 1486).
7 b) Die Revision ist der Auffassung, die Beklagte habe ein legitimes
Geheimhaltungsinteresse, die begehrten Informationen zurückzuhalten. Denn
die Parteien könnten sehr leicht und sehr schnell in ein unmittelbares oder
mittelbares Wettbewerbsverhältnis geraten, wenn der Kläger nach
Vertragskündigung seine Ferienwohnung selbst vermiete oder die Anschriften
einem anderen Unternehmen, etwa einer früheren Mitarbeiterin der Beklagten,
überlasse.
8 Dem ist nicht zu folgen. Zwar ist im Grundsatz anerkannt, dass der
Anspruch auf Rechenschaftslegung nach § 259 BGB durch
Geheimhaltungsinteressen des Schuldners oder Dritter eingeschränkt sein
kann, was insbesondere in Betracht kommt, wenn Schuldner und Gläubiger in
einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen (vgl. Krüger, in:
MünchKomm-BGB, 4. Aufl. 2003, § 259 Rn. 29 bis 31 m. Nachw. aus der Rspr.).
Auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben können sich Schranken der
Auskunftspflicht ergeben. Entscheidend ist jedoch, dass Inhalt und
Grenzen der Auskunftspflicht auf das zwischen den Parteien bestehende
Rechtsverhältnis bezogen werden. Insoweit lässt der
Vermietungs-Vermittlungsvertrag für das Interesse der Beklagten, dem Kläger
die begehrten Informationen vorzuenthalten, keinen Raum. Im Gegenteil: Der
Vertrag sieht ausdrücklich vor, dass die Vermietung durch den Vermittler im
Namen und für Rechnung des Vermieters erfolgt. Hält sich die Beklagte an
diese vertragliche Regelung, dann entstehen vertragliche Beziehungen des
Klägers als Vermieters zu den Feriengästen als Mieter. Deutlicher kann
nicht zum Ausdruck kommen, dass der Kläger "Herr des Geschäfts" ist. Daran
ändert sich nichts dadurch, dass die Beklagte weitgehend mit der Abwicklung
der Verträge beauftragt und der Kläger in diesem Umfang der Pflicht enthoben
ist, sich um die Pflege und Verfügbarkeit seiner Eigentumswohnung zum Zwecke
der Vermietung an Feriengäste zu kümmern. Dass sich die Beklagte - im
Interesse beider Vertragsparteien - auch dazu verpflichtet hat, durch
Werbemaßnahmen die Vermietung zu fördern, berechtigt sie nicht, dem Kläger
als dem nach dem Vermietungs-Vermittlungsvertrag vorgesehenen
Vertragspartner Informationen über die Identität der Feriengäste
vorzuenthalten. Da es sich nicht um ihre eigene Wohnung handelt, auch nicht
um eine an sie zur Weitervermietung über-lassene Wohnung, wie sie im
Verfahren vor dem unzuständigen Amtsgericht Wolgast vorgetragen hat, steht
ihr kein Recht zu, aus der für den Kläger vorzunehmenden Geschäftsbesorgung
ein eigenes Geschäft zu machen. Wäre es daher für sie wichtig gewesen, die
Namen und Anschriften der Feriengäste für sich zu behalten, hätte sie dies
mit dem Kläger vereinbaren müssen.
9 c) Es bestehen auch keine datenschutzrechtlichen Gründe, dem Kläger die
begehrten Auskünfte wegen eines Interesses der Mieter zu verweigern.
10 aa) Das Berufungsgericht hat insoweit offen gelassen, ob die Mietverträge
- wie nach dem Vermietungs-Vermittlungsvertrag vorgesehen - zwischen dem
Kläger und den Feriengästen oder, wie die Beklagte hauptsächlich geltend
gemacht hat, zwischen ihr und den Feriengästen zustande gekommen sind. Für
den ersten Fall hat das Berufungsgericht die Weitergabe der Daten an den
Kläger für bedenkenfrei gehalten. Habe sich die Beklagte demgegenüber
vertragsuntreu verhalten, wäre es unbillig, wenn sie sich hierauf gegenüber
dem Kläger berufen dürfe. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.
11 bb) Geht man davon aus, die Mietverträge seien zwischen dem Kläger und
den Mietern zustande gekommen, weil die Beklagte ihre Rolle als Vertreter
offen gelegt hätte, dürfte der Kläger nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG die
Namen und Anschriften der Mieter als Mittel für die Erfüllung eigener
Geschäftszwecke erheben und speichern, weil es der Zweckbestimmung dieser
Vertragsbeziehung zu den Mietern dienen würde. Ob dies anders zu sehen ist,
weil die Beklagte als verantwortliche Stelle im Sinne des § 3 Abs. 7 BDSG
die hier in Rede stehenden personenbezogenen Daten im Rahmen ihrer
Vertragsbeziehung zum Kläger erhebt, kann offen bleiben. Selbst wenn hier §
28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG nicht anwendbar sein sollte, wäre die Erhebung
und Übermittlung der Daten jedenfalls nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG
unbedenklich. Denn sie ist objektiv zur Wahrung ihrer berechtigten
Interessen, die in der Vermietung der Ferienwohnung und der Abwicklung der
einzelnen Mietverhältnisse sowie in der Erfüllung der Auskunfts- und
Rechenschaftspflichten gegenüber dem Kläger bestehen, erforderlich; darüber
hinaus besteht, was hinzukommen muss, kein Grund zu der Annahme, dass das
schutzwürdige Interesse des Mieters an einem Unterbleiben der angeführten
Erhebung und Übermittlung von Daten an den Kläger als seinen Vertragspartner
überwiegt.
12 cc) Hat die Beklagte mit den Feriengästen Mietverträge abgeschlossen,
ohne ihre Vertreterstellung offen zu legen, ist es zu keinen vertraglichen
Beziehungen der Feriengäste mit dem Kläger gekommen. Hierauf deuten etwa die
mit Schriftsatz vom 21. Juni 2004 vorgelegten Buchungsbestätigungen der
Beklagten hin, die von den Mietern gegengezeichnet worden sind und keinen
Hinweis auf eine dritte Person als Vertragspartner enthalten. In einer
solchen Konstellation ist die Erhebung der Mieterdaten durch die Beklagte
als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke zulässig, weil es der
Zweckbestimmung der mit den Feriengästen geschlossenen Mietverträge dient (§
28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG). Aber auch in dieser Konstellation ist die
Übermittlung, wenn sie nicht bereits durch diese Vorschrift gedeckt sein
sollte, jedenfalls im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG zur Wahrung
der berechtigten Interessen der Beklagten erforderlich. Denn sie ist
vertraglich mit dem Kläger verbunden, und die Revision stellt nicht in
Abrede, dass die Beklagte die Daten auch deshalb erhebt, um ihren
vertraglichen Verpflichtungen aus dem Vermietungs-Vermittlungsvertrag
nachzukommen. Insoweit sind von ihr die Zwecke, für die Daten verarbeitet
oder genutzt werden sollen, bei der Erhebung konkret festgelegt, wie dies
von § 28 Abs. 1 Satz 2 BDSG gefordert wird. Nach Auffassung des Senats
überwiegt auch in dieser Konstellation nicht das Interesse des Mieters, dass
eine Übermittlung seiner Daten an den Kläger unterbleibt. Zwar könnte man
einwenden, der Mieter habe grundsätzlich kein Interesse daran, dass ein
Dritter, mit dem er vertraglich nicht verbunden sei, seinen Namen und seine
Anschrift erfahre. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch dann, wenn
der Mietvertrag keinen Hinweis auf einen Eigentümer enthält, sich bei einer
Ferienwohnanlage der Umstand aufdrängt, dass die Interessen der Eigentümer
bei der Nutzung der Ferienwohnungen berührt sind. Es kommt für die
erforderliche Abwägung hinzu, dass es hier lediglich um ein Minimum von
Daten geht, das erforderlich ist, um die Person des jeweiligen Mieters zu
identifizieren.
13 3. Die Beklagte ist auch nach § 667 i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB zur
Herausgabe der entsprechenden Mietverträge verpflichtet. Zu den nach § 667
BGB herauszugebenden Unterlagen, die der Beauftragte aus der
Geschäftsbesorgung erlangt hat, gehört der gesamte drittgerichtete
Schriftverkehr, den dieser für seinen Auftraggeber erhalten und geführt hat
(vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1988 - IVa ZR 262/86 - NJW 1988, 2607;
Senatsurteil BGHZ 109, 260, 264 f; Urteil vom 11. März 2004 - IX ZR 178/03 -
NJW-RR 2004, 1290). Dass hierzu gerade die mit den Feriengästen
abgeschlossenen Mietverträge gehören, wird auch von der Revision, die
lediglich eine Auskunftspflicht der Beklagten in Frage gestellt hat, nicht
bezweifelt. Gründe, die der Herausgabepflicht entgegenstehen, sind
angesichts des Bestehens der Auskunftspflicht auch nicht ersichtlich.
14 4. Soweit das Berufungsgericht der Beklagten auch die Kosten für den Teil
des Streitstoffs auferlegt hat, der durch das Teilanerkenntnisurteil
erledigt worden ist, ist das Berufungsurteil einer Anfechtung entzogen. Denn
gegen die im Berufungsverfahren ergangene Entscheidung des Landgerichts ist
weder die sofortige Beschwerde zulässig (§ 567 Abs. 1 ZPO) noch die
Rechtsbeschwerde zugelassen worden. Insoweit gilt für die Anfechtung einer
Kostenentscheidung nach § 93 ZPO nichts anderes als in den Fällen, in denen
mit der - auch uneingeschränkt zugelassenen - Revision neben der
Entscheidung zur Hauptsache eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zur
Überprüfung gestellt wird (vgl. insoweit BGHZ 107, 315, 317 f.; BGH, Urteil
vom 7. März 2001 - X ZR 176/99 -GRUR 2001, 770, 771).
15 Die Kostenentscheidung hat der Senat allerdings mit Rücksicht auf § 281
Abs. 3 Satz 2 ZPO korrigiert.
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