Vertragsinhaltsfreiheit, Auslegung eines "selbständigen" Provisionsversprechens; Abgrenzung zur Schenkung


BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - III ZR 331/04


Fundstelle:

noch nicht bekannt


Amtl. Leitsatz:

Zur Auslegung eines "selbständigen" Provisionsversprechens.


Zentrale Probleme:

Es geht um grundsätzliche Fragen des Vertragsrecht, nämlich um die Vertragsinhalts bzw. -typenfreiheit. Ein sog. selbständiges Provisionsversprechen (einem Makler wird entgegen § 652 I BGB eine Provision versprochen, auch wenn der Vertrag ohne seine Mitwirkung zustande kommt) ist dabei nicht ohne weiteres einer Schenkung gleichzusetzen, wenn damit etwa bisher geleistete Dienste abgegolten werden sollen, selbst wenn diese nicht provisionspflichtig gewesen wären.
S. auch
BGH v. 28.5.2009 - Xa ZR 9/08

©sl 2006


Tatbestand:

Die Beklagte betraute im Jahr 2000 die Klägerin, eine Maklerin, mit dem Verkauf eines Hauses in M. -H. . Die Klägerin fertigte ein Exposé und inserierte das Objekt.

Im Oktober 2000 fand die Beklagte selbst die Kaufinteressentin S. S. . Ohne dass die Klägerin an den Verhandlungen mitgewirkt hätte, kam es am 17. November 2000 zum Abschluss des notariellen Kaufvertrages.

Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Maklerprovision mit der Behauptung, diese habe ihr vor dem Abschluss des Kaufvertrages zugesichert, sie zahle ihr bei dem Verkauf des Hauses auf jeden Fall eine Maklerprovision. Die Beklagte macht geltend, es sei nur vereinbart gewesen, dass der Käufer eine Provision zahlen müsse.

Mit der Klage fordert die Klägerin Zahlung von 30.070,10 € (= 3 % des Kaufpreises in Höhe von 1.690.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer) nebst Zinsen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Schon allein aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich, dass ein Provisionsanspruch gegen die Beklagte nicht entstanden sei. Die Verkaufsbemühungen der Klägerin seien für den Vertragsschluss nicht ursächlich gewesen, so dass sie keinen Maklerlohnanspruch gemäß § 652 Abs. 1 BGB erworben habe.

Das nachträgliche Versprechen einer Provisionszahlung, ohne dass hierfür eine weitere Maklerleistung erbracht worden sei, stelle ein schenkweises Leistungsversprechen dar. Dieses sei aber formnichtig, weil die gemäß § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB vorgeschriebene notarielle Beurkundung fehle.

II.
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Nach dem für die rechtliche Prüfung maßgeblichen Sachverhalt kommt in Betracht, dass die Klägerin die Provision (nebst Zinsen) losgelöst von den Voraussetzungen des § 652 BGB beanspruchen kann.

1. Wegen des im Schuldrecht geltenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit kann die Verpflichtung zur Zahlung einer Provision auch unabhängig von dem Vorliegen einer echten Maklerleistung begründet werden (vgl. BGHZ 112, 240, 242; Senatsurteile vom 5. Oktober 2000 - III ZR 240/99 - NJW 2000, 3781 f und vom 6. Februar 2003 - III ZR 287/02 - NJW 2003, 1249, 1250). Die von einer Tätigkeit des Versprechensempfängers als Makler unabhängige Provisionsvereinbarung ist kein selbständiger Vertragstyp; es muss vielmehr jeweils im Einzelfall geprüft werden, welchen rechtlichen Charakter ihr die Parteien beilegen wollten. Es kann sich bei der Provision um einen verschleierten Teil des Kaufpreises handeln; das "selbständige" Provisionsversprechen kann gegeben werden, um die Veräußerungsbereitschaft des an einer Maklerleistung verhinderten Versprechensempfängers zu fördern; die Provision kann Vergütung für gewisse, nicht unter § 652 BGB fallende Dienstleistungen sein; nur wenn es an jeder Gegenleistung fehlt, kann die Provisionszusage als Schenkungsversprechen (§ 518 Abs. 1 BGB) aufgefasst werden (vgl. BGHZ aaO; Senatsurteile vom 5. Oktober 2000 aaO 3782 und vom 6. Februar 2003 aaO; BGH, Urteil vom 15. April 1987 - IVa ZR 53/86 - NJW-RR 1987, 1075).

2. Das Berufungsgericht hat den zuletzt genannten, im geschäftlichen Verkehr allerdings von vornherein fern liegenden (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2000 aaO) Fall eines Schenkungsversprechens angenommen. Es hat dabei den Begriff der - ein Schenkungsversprechen ausschließenden - Gegenleistung zu sehr verengt. "Zuvor geleistete(n) Verkaufsbemühungen" der Klägerin waren nach seiner Auffassung schon deshalb unerheblich, weil sie dafür gemäß § 652 Abs. 1 BGB keine Provision habe beanspruchen können.

Dieser Erwägung ist nicht beizupflichten. Nach der vorzitierten Rechtsprechung kann das "selbständige" Provisionsversprechen vielmehr gerade zum Ziel haben, nach § 652 Abs. 1 BGB nicht provisionspflichtige - schon geleistete oder noch zu leistende - Dienste des Maklers zu entgelten. Eine entsprechende Zielrichtung wäre hier auch für das von der Klägerin behauptete Versprechen der Beklagten, sie zahle ihr bei dem Verkauf des Hauses auf jeden Fall eine Maklerprovision, anzunehmen. Die Klägerin hatte nach der Beauftragung durch die Beklagte unstreitig Verkaufsbemühungen entfaltet. Sie hatte ein Exposé gefertigt und das Objekt inseriert. Es liegt nahe, dass die Beklagte solche Dienste entgelten wollte, als sie im Zusammenhang mit dem "Auftauchen" der Kaufinteressentin Schmitt - so die Feststellung des Landgerichts - erklärte, die Klägerin erhalte in jedem Fall eine Provision.

III.
Der Senat ist gehindert, selbst zu entscheiden. Denn das Berufungsgericht hat zu der von der Klägerin behaupteten Zusage der Beklagten, die Provision in jedem Fall selbst zahlen zu wollen, Feststellungen nicht getroffen.