Entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag,
Abgrenzung zum Makler(dienst)vertrag) sowie zum Kommissionsvertrag;
Eröffnung der AGB-Kontrolle (§ 307 III S. 1 BGB) bei Preisnebenabreden
BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - III ZR 78/10
Fundstelle:
NJW 2011, 1726
Amtl. Leitsatz:
a) Beauftragt der Fahrzeugeigentümer einen
gewerblichen Autohändler gegen erfolgsabhängiges Entgelt (Provision) damit,
sein Fahrzeug auf dessen Firmengelände anzubieten und im Namen und für
Rechnung des Auftraggebers zu verkaufen (Vermittlungsvertrag), so ist das
damit verbundene Vertragsverhältnis regelmäßig als entgeltliche
Geschäftsbesorgung mit Dienstvertragscharakter einzuordnen.
b) Zur Frage der Unwirksamkeit der in einen solchen Vertrag aufgenommenen
Klausel über eine "Werbemittel- und Platzmietpauschale" nach § 307 Abs. 1
und 2 BGB.
Zentrale Probleme:
Ein lehrreicher Fall aus dem Bereich der
Geschäftsbesorgung. Neben der Qualifikation des Vertrages ist besonders die
Frage der Eröffnung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle von Interesse (s.
dazu Tz. 14 ff).
©sl 2011
Tatbestand:
1 Der Kläger ist Eigentümer eines PKW Opel Zafira und
verlangt von der Beklagten, die einen Autohandel betreibt und der er dieses
Fahrzeug zur Vermittlung des Verkaufs übergeben hatte, die Herausgabe seines
Autos. Die Parteien streiten darum, ob der Beklagten eine Gegenforderung auf
Zahlung einer Werbemittel- und Platzmietpauschale in Höhe von wöchentlich 40
€ zuzüglich Umsatzsteuer zusteht.
2 Am 15. August 2008 schlossen die Parteien einen von der Beklagten
vorformulierten "Vermittlungsvertrag", der unter anderem folgende Regelungen
enthält:
"1.) Der Händler wird ermächtigt und
beauftragt, im Namen und auf die Rechnung des Auftraggebers das diesem
gehörende nachfolgend beschriebene Fahrzeug unter Ausschluss jeglicher
Gewährleistung des Händlers zu verkaufen und zu übereignen.
2.) (...)
Abmelden: Ja. Gebühr: 20,- (€)
(.)
1. Der Verkaufspreis wird vom Auftraggeber auf 12.300,-€ (brutto) wie
besprochen festgesetzt. (...)
2. (.)
3. Bei erfolgreicher Vermittlung erhält der Auftragnehmer 10 % des
Verkaufspreises (...) als Provision. Als Werbemittel- und Platzmietpauschale
werden pro Woche € 40,00 zzgl. MwSt berechnet, die vom Verkaufspreis in
Abzug gebracht werden. Die Provision wird auf den unter Punkt 1 genannten
Betrag aufgeschlagen. Diese Werbe- und Platzmietepauschale ist auch dann zu
bezahlen, wenn es nicht zur Vermittlung des Fahrzeuges kommt.
(.)
11. Bei Abholung des Fahrzeuges sind die angefallenen Kosten in bar zu
entrichten.
(.)"
3 Das Fahrzeug des Klägers konnte
nicht verkauft werden und befindet sich weiterhin auf dem Verkaufsgelände
der Beklagten. Mit Schreiben vom 27. April und 4. Mai 2009 verlangte der
Kläger die Herausgabe des Autos. Hierzu erklärte sich die Beklagte nur gegen
Zahlung der nach Maßgabe der Nummer 2.3 des Vermittlungsvertrags errechneten
Pauschale bereit. Unter dem 22. Juli 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger
eine Rechnung über eine Summe von 2.352,40 €; hiervon entfallen 20 € auf
Abmeldegebühren und 2.332,40 € auf "Platzmiete und Werbungskosten" für 49
Wochen.
4 Der Kläger hat gemeint, die vertragliche Bestimmung über die Zahlung einer
wöchentlichen Werbemittel- und Platzmietpauschale von 40 € sei gemäß §§
305c, 307 ff BGB unwirksam. Die Beklagte hat diese Regelung hingegen für
wirksam gehalten und sich wegen ihrer Gegenforderung von 2.352,40 € auf ein
Zurückbehaltungsrecht berufen.
5 Das Landgericht hat die Beklagte uneingeschränkt zur Herausgabe des PKW
verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das
Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren, lediglich Zug um
Zug gegen Zahlung von 2.352,40 € zur Herausgabe verurteilt zu werden,
weiter.
Entscheidungsgründe
6 Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
I.
7 Das Berufungsgericht (DAR 2010, 468) hat zur Begründung seiner
Entscheidung ausgeführt:
8 Die Beklagte könne sich gegenüber dem nach §§ 667, 675 BGB und § 985 BGB
begründeten Herausgabeanspruch des Klägers nicht mit Erfolg auf ein
Zurückbehaltungsrecht berufen, da ihr kein Anspruch auf Zahlung der
verlangten Werbemittel- und Platzmietpauschale zustehe. Bei der Regelung in
Nummer 2. 3 des Vermittlungsvertrags handele es sich um eine
Nebenpreisabrede, die der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB zugänglich sei.
Die Hauptleistungspflicht der Beklagten bestehe in der Vermittlung des
Verkaufs des ihr übergebenen Fahrzeugs, und im Gegenzuge schulde der Kunde
die vereinbarte - erfolgsabhängige - Provision. Die Bewerbung und Vorführung
sowie die Bereitstellung, Sicherung und Pflege des PKW auf dem Gelände der
Beklagten dienten nicht unmittelbar dem Interesse des Kunden, sondern in
erster Linie dem eigenen Interesse der Beklagten, einen Verkauf zu
vermitteln, hierfür die verabredete Provision zu erlangen und sich gegen
etwaige Ersatzansprüche des Kunden zu sichern. Dementsprechend würden diese
Leistungen üblicherweise nicht gesondert berechnet, sondern mit der
vereinbarten Provision abgegolten. Die hiervon abweichende Regelung stelle
eine unangemessene Benachteiligung des Kunden nach § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 2
BGB dar. Bei längerer Standdauer könne die aufgelaufene Summe der
Werbemittel- und Platzmietpauschale den Betrag der vereinbarten Provision
übersteigen, so dass die Beklagte an einer alsbaldigen erfolgreichen
Verkaufsvermittlung wirtschaftlich kein Interesse habe und hierdurch der
eigentliche Vertragszweck gefährdet werde. Ob die Klausel darüber hinaus
auch als überraschend im Sinne von § 305c BGB anzusehen sei, könne
dahinstehen. Soweit die Beklagte 20 € für die Abmeldegebühren verlange, sei
ihre Gegenforderung berechtigt, doch könne die Beklagte aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit wegen einer solch geringen Forderung die Herausgabe des
Autos nicht verweigern.
II.
9 Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
10 1. Zutreffend und von der Revision auch nicht angegriffen hat das
Berufungsgericht den Herausgabeanspruch des Klägers sowohl aus § 985 BGB als
auch aus §§ 667, 675 Abs. 1 BGB hergeleitet.
11 Beauftragt - wie hier - der Fahrzeugeigentümer einen gewerblichen
Autohändler gegen Entgelt (Provision) damit, sein Fahrzeug auf dessen
Firmengelände anzubieten und im Namen und für Rechnung des Auftraggebers zu
verkaufen (Vermittlungsvertrag), so ist das damit verbundene
Vertragsverhältnis regelmäßig als entgeltliche Geschäftsbesorgung mit
Dienstvertragscharakter einzuordnen (s. BGH, Urteile vom 24.
November 1980 - VIII ZR 339/79, NJW 1981, 388, 389 und vom 14. Juli 1982 -
VIII ZR 161/81, BGHZ 85, 11, 13; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl.,
Rn. 1234; für den isolierten Vermittlungsauftrag wohl a.A. OLG Stuttgart,
NJW-RR 1988, 891, 892), wobei eine Nähe sowohl zum
Maklerdienstvertrag als auch zum Kommissionsgeschäft nicht von der Hand zu
weisen ist. Vom Maklerdienstvertrag unterscheidet sich der
Vermittlungsvertrag indes insbesondere durch Art und Reichweite der dem
beauftragten Autohändler obliegenden Pflichten; dieser ist neben
einem Tätigwerden im Sinne eines aktiven Bemühens um den erfolgreichen
Verkauf des Fahrzeugs (vergleichbar dem Maklerdienstvertrag) auch gehalten,
das Auto auf seinem Firmengelände für Interessenten bereit zu stellen und
vorzuführen, es sicher aufzubewahren und zu pflegen (s. dazu etwa
OLG Hamm, NJW-RR 1999, 777; Reinking/Eggert aaO Rn. 1237, 1240 m.w.N.)
und gegebenenfalls auch zu versichern (s. dazu BGH, Urteil
vom 8. Januar 1986 - VIII ZR 8/85, NJW 1986, 1099 f; OLG Celle, NZV 1992,
404; Reinking/Eggert aaO Rn. 1240 m.w.N.; abweichend: OLG Hamm aaO S. 777
f). Vom Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff HGB) unterscheidet sich der
Vermittlungsauftrag vor allem darin, dass der Verkauf im Namen und für
Rechnung des Auftraggebers erfolgt und der Beauftragte hierbei nicht - als
mittelbarer Stellvertreter - im eigenen Namen handelt (s. etwa OLG
Hamm aaO S. 777).
12 Maßgeblich abzustellen ist mithin in erster Linie auf die in §
675 Abs. 1 BGB in Bezug genommenen Vorschriften des Auftragsrechts (§§ 662
ff BGB) sowie auf die Regelungen des Dienstvertragsrechts (§§ 611 ff BGB).
13 2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht ein
Zurückbehaltungsrecht der Beklagten wegen der von ihr geltend gemachten
Werbemittel- und Platzmietpauschale verneint. Die diesbezügliche
formularvertragliche Bestimmung in Nummer 2.3 des Vermittlungsvertrags
ist gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam, so dass der Beklagten
kein hierauf gestützter Zahlungsanspruch zusteht.
14 a) Nach zutreffender Ansicht des
Berufungsgerichts unterliegt diese Klausel der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307
bis 309 BGB.
15 aa) Ausgenommen von der Inhaltskontrolle sind nach § 307
Abs. 3 Satz 1 BGB, der an die Stelle des früheren § 8 AGBG getreten ist,
freilich solche Bestimmungen, die Art und Umfang der vertraglichen
Hauptleistungspflicht und die hierfür zu zahlende Vergütung unmittelbar
regeln (Leistungsbeschreibungen und Preisvereinbarungen); nach dem
im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie ist es den
Vertragsparteien im Allgemeinen freigestellt, Leistung und Gegenleistung zu
bestimmen, und mangels gesetzlicher Vorgaben fehlt es insoweit
regelmäßig auch an einem Kontrollmaßstab (s. etwa Senatsurteile vom
24. November 1988 - III ZR 188/87, BGHZ 106, 42, 46; vom 8. Oktober 1998 -
III ZR 278/97, NJW-RR 1999, 125, 126; vom 18. April 2002 - III ZR 199/01,
NJW 2002, 2386 und vom 23. September 2010 - III ZR 21/10, NJW 2010, 3568,
3569 Rn. 9; BGH, Urteile vom 6. Februar 1985 - VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358,
360 f m.w.N.; vom 7. Mai 1991 - XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330, 333; vom 19.
November 1991 - X ZR 63/90, BGHZ 116, 117, 119; vom 30. November 1993 - XI
ZR 80/93, BGHZ 124, 254, 256; vom 15. Juli 1997 - XI ZR 269/96, BGHZ 136,
261, 264; vom 14. Oktober 1997 - XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27, 29; vom 18. Mai
1999 - XI ZR 219/98, BGHZ 141, 380, 383; vom 10. Juni 1999 - VII ZR 365/98,
BGHZ 142, 46, 48 f; vom 16. November 1999 - KZR 12/97, BGHZ 143, 128, 138 f;
vom 26. Januar 2001 - V ZR 452/99, BGHZ 146, 331, 338; vom 12. Juni 2001 -
XI ZR 274/00, BGHZ 148, 74, 78; vom 30. November 2004 - XI ZR 200/03, BGHZ
161, 189, 190 f; vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257, 264 Rn.
16; vom 12. Mai 2010 - I ZR 37/09, BeckRS 2010, 27053 Rn. 11 und vom 20. Mai
2010 - Xa ZR 68/09, NJW 2010, 2719, 2720 Rn. 26). Kontrollfrei sind
sonach auch Regelungen über Preise für Nebenleistungen oder einzelne
Leistungsteile (s. Senatsurteile vom 8. Oktober 1998 aaO S. 127 und
vom 18. April 2002 aaO; BGH, Urteil vom 19. November 1991 aaO S. 120)
und über die Vergütung zusätzlich angebotener Sonderleistungen, wenn
hierfür keine rechtlichen Regelungen bestehen (s. Senatsurteile vom
8. Oktober 1998 aaO m.w.N. und vom 18. April 2002 aaO; BGH, Urteile vom 14.
Oktober 1997 aaO S. 30; vom 10. Juni 1999 aaO S. 49 f; vom 30. November 2004
aaO S. 191; vom 21. April 2009 aaO m.w.N.; vom 12. Mai 2010 aaO und vom 20.
Mai 2010 aaO S. 2721 Rn. 40).
16 Demgegenüber unterliegen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der
Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB solche
(Preisneben-)Abreden, die sich zwar mittelbar auf Preis und Leistung
auswirken, diese aber nicht ausschließlich festlegen, und bestehende
Rechtsvorschriften, insbesondere Regelungen des dispositiven Gesetzesrechts,
ergänzen oder von diesen abweichen (s. Senatsurteile vom 24.
November 1988 aaO; vom 8. Oktober 1998 aaO S. 126 und vom 18. April 2002 aaO;
BGH, Urteile vom 6. Februar 1985 aaO S. 361; vom 19. November 1991 aaO S.
119; vom 30. November 1993 aaO; vom 15. Juli 1997 aaO; vom 14. Oktober 1997
aaO S. 29; vom 18. Mai 1999 aaO; vom 10. Juni 1999 aaO S. 49; vom 16.
November 1999 aaO S. 139; vom 26. Januar 2001 aaO und vom 12. Mai 2010 aaO).
Unter Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB fallen
nicht nur Gesetzesvorschriften, sondern auch allgemein anerkannte
Rechtsgrundsätze sowie die Gesamtheit der wesentlichen Rechte und Pflichten,
die sich aus der Natur des Vertrags ergeben (arg. § 307 Abs. 2 Nr.
2 BGB, § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBGB: s. Senatsurteil vom 8. Oktober 1998 aaO; BGH,
Urteile vom 6. Februar 1985 aaO S. 362 f; vom 15. Juli 1997 aaO und vom 14.
Oktober 1997 aaO S. 29 f).
17 § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB verlangt seinem klaren Wortlaut nach eine
Prüfung, ob die betroffene Vertragsklausel lediglich deklaratorische Wirkung
hat oder ob sie Rechtsvorschriften ergänzt oder von ihnen abweicht, indem
sie etwa ein Entgelt festlegt, obwohl eine echte (Gegen-)Leistung für den
Vertragspartner nicht erbracht wird; der Begriff der Leistung steht nicht
zur Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (s.
Senatsurteile vom 8. Oktober 1998 aaO S. 127 und vom 18. April 2002 aaO;
BGH, Urteile vom 15. Juli 1997 aaO S. 264 f; vom 21. Oktober 1997 - XI ZR
5/97, BGHZ 137, 43, 46 und vom 18. Mai 1999 aaO).
18 Dementsprechend hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
formularmäßige Entgeltregelungen als kontrollfähig angesehen, die
Aufwendungen für die Erfüllung eigener (gesetzlicher oder
nebenvertraglicher) Pflichten des Verwenders oder für sonstige Tätigkeiten
im eigenen Interesse des Verwenders auf den Kunden abwälzen (s.
Senatsurteil vom 18. April 2002 aaO S. 2386 f; BGH, Urteile vom 7. Mai 1991
aaO S. 333 ff; vom 30. November 1993 aaO S. 256 ff; vom 15. Juli 1997 aaO;
vom 14. Oktober 1997 aaO S. 30 ff; vom 21. Oktober 1997 aaO S. 45 ff; vom
18. Mai 1999 aaO S. 385 ff; vom 30. November 2004 aaO S. 191; vom 21. April
2009 aaO S. 261 ff Rn. 10 ff, S. 264 ff Rn. 16 ff und vom 20. Mai 2010 aaO
S. 2721 Rn. 40).
19 bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Regelung über die
Werbemittel-und Platzmietpauschale in Nummer 2.3 des Vermittlungsvertrags -
entgegen der Ansicht der Revision - der Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309
BGB unterworfen. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine von
Rechtsvorschriften abweichende Nebenabrede über ein zusätzliches
Entgelt ohne echte Gegenleistung des Verwenders. Hierdurch will sich die
Beklagte eine Tätigkeit vergüten lassen, die sie nach Maßgabe der Gesamtheit
der wesentlichen Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur und dem Zweck
des Vermittlungsvertrags ergeben, vornehmlich im eigenen Interesse
entfaltet.
20 Als vertragliche Hauptleistungspflichten stehen sich
einerseits die Pflicht des beauftragten Autohändlers, sachgerechte
Bemühungen zum auftragsgemäßen Verkauf des ihm überlassenen Fahrzeugs zu
entfalten, und andererseits die Pflicht des Auftraggebers
(Fahrzeugeigentümers) zur Zahlung einer erfolgsabhängigen Provision
gegenüber. Mit der Provisionszahlung, deren Höhe sich am erzielten
Verkaufspreis orientiert, ist nach den revisionsrechtlich nicht zu
beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts aus dem Blickwinkel der
Verkehrserwartung - insofern nicht wesentlich anders als beim Mak-ler(dienst-)vertrag
- das vom Auftraggeber geschuldete Entgelt vollständig erbracht und die
Leistung des Beauftragten insgesamt abgegolten. Hiernach zählt der Aufwand,
der für die Erfolg versprechende Präsentation des Fahrzeugs auf dem
Firmengelände des Beauftragten anfällt, zu dessen Gemeinkosten, die nicht
selbständig erstattungsfähig und üblicherweise bei der Provision mit
eingerechnet sind (s. auch LG München I, DAR 1998, 394, 395; Reinking/Eggert
aaO Rn. 1261). Da die Pauschale nach den Formularbedingungen der Beklagten
auch im Erfolgsfalle zu entrichten ist, kann dies dazu führen, dass
eine nach der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses bereits vollständig
abgegoltene Leistung im Gewande einer "Werbemittel- und Platzmietpauschale"
nochmals ("doppelt") zu bezahlen ist.
21 Hinzu kommt Folgendes: Ungeachtet des Umstands, dass der
beauftragte Autohändler vertraglich verpflichtet ist, sich um den Verkauf
des Fahrzeugs zu bemühen, so ist es doch im Wesentlichen seine Sache,
darüber zu befinden, welchen Aufwand er für die Bereitstellung und Bewerbung
des Fahrzeugs auf seinem Firmengelände im Einzelnen erbringen will. Diesen
Aufwand betreibt er nach der vertraglich vorausgesetzten Interessenlage
vornehmlich im eigenen Interesse an alsbaldiger Erzielung einer möglichst
hohen Provision; er wäre daher nach dem Zweck des Vermittlungsvertrags und
den gesetzlichen Regelungen von ihm selbst und nicht von seinem Auftraggeber
zu tragen.
22 Schließlich ergibt sich aus dem dispositiven Gesetzesrecht für
die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung eines Entgelts, wie es ihr durch die
Werbemittel- und Platzmietpauschale verschafft werden soll. Der vertraglich
festgelegte Dienstlohn (§§ 611, 612 i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB) besteht, wie
oben dargelegt, ausschließlich in der vereinbarten Provision. § 670 BGB
(i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB) gewährt keinen Anspruch auf (zusätzliche)
Vergütung für eine Tätigkeit, sondern auf Ersatz von freiwilligen
Vermögensopfern, die der Beauftragte für seinen Auftraggeber auf sich nimmt
(s. dazu etwa Senatsurteil vom 18. April 2002 aaO S. 2387; BGH,
Urteile vom 7. Mai 1991 aaO S. 335; vom 21. Oktober 1997 aaO S. 47 und vom
18. Mai 1999 aaO S. 384). Konkrete Aufwendungen für Werbemittel und die
Bereitstellung des Standplatzes stehen hier aber nicht in Rede.
23 b) Die Klausel ist gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam, weil
sie den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen
benachteiligt.
24 Eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne
von § 307 BGB ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige
Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines
Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen
Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich
zuzugestehen (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteile vom 17. Januar 2008
- III ZR 74/07, BGHZ 175, 102, 107 Rn. 19; vom 12. Februar 2009 - III ZR
179/08, NJW 2009, 1334, 1337 Rn. 29; vom 17. September 2009 - III ZR 207/08,
NJW 2010, 57, 58 Rn. 18; vom 18. März 2010 - III ZR 254/09, NJW 2010, 3222,
3224 Rn. 23 und vom 23. September 2010 aaO Rn. 12).
25 So liegt es auch hier.
26 aa) Wie ausgeführt, verschafft sich die Beklagte mit der Regelung über
die Werbemittel- und Platzmietpauschale für eine Tätigkeit, die sie (als
Verwender) entsprechend der Natur des Vermittlungsvertrags vornehmlich im
eigenen (Provisions-)Interesse entfaltet, in einer der Natur des
Vertragsverhältnisses widersprechenden Weise eine zusätzliche Vergütung. Dem
Kunden wird dieses Zusatzentgelt abverlangt, ohne dass er dafür eine
Gegenleistung oder sonst einen nennenswerten Vorteil erhält. Nach der
Eigenart des Vermittlungsvertrags ist die Bewerbung und Bereitstellung des
Fahrzeugs auf dem Firmengelände des Händlers mit den von ihm geschuldeten
Verkaufsbemühungen untrennbar verbunden; beides wird nach der
Verkehrserwartung durch die versprochene Provision abgegolten. Die auch im
Falle der erfolgreichen Vermittlung neben der Provision zu entrichtende und
daher insgesamt als zusätzliches Entgelt zu wertende „Werbemittel- und
Platzmietpauschale" ist hiernach mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung unvereinbar und daher gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
unwirksam.
27 bb) Des Weiteren sprechen für eine unangemessene Benachteiligung des
Kunden noch folgende Erwägungen:
28 Typischerweise kann der Kunde die aktuelle Marktlage, die
Erfolgsaussichten der Verkaufsbemühungen und das Risiko längerer Standzeiten
weit weniger gut einschätzen als der von ihm beauftragte Autohändler, dem
die Präsentation des Fahrzeugs überlassen wird und der die
Verkaufsanstrengungen in seinen Händen hält. Der Händler hat in aller Regel
weit mehr Überblick und Einfluss auf die Verkaufschancen und -risiken als
sein Auftraggeber. Dieser vertraut auf die Verkaufserfahrung und -kompetenz
des Händlers und rechnet von vornherein nicht mit längeren Standzeiten. Soll
für Standzeiten eine periodische Pauschale nicht geringen Umfangs und zudem
noch ohne jede zeitliche Begrenzung geschuldet sein, so liegt darin für den
Kunden ein Risiko, das er im Allgemeinen nicht zuverlässig einschätzen kann.
29 Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass es dem Kunden frei stehe, den
Auftrag nach einer gewissen Standzeit von sich aus zu beenden, und dass der
Händler infolge der ihm entstehenden Kosten ein bleibendes Interesse daran
habe, das Fahrzeug so schnell wie möglich zu veräußern. Der Kunde vertraut
typischerweise auf die Erfahrung und Kompetenz des Händlers und geht davon
aus, dass dieser ihm mitteilen werde, wenn und sobald er keine (weiteren)
Chancen für einen Verkauf des Fahrzeugs zu dem angestrebten Preis sieht.
Solange dies nicht der Fall ist, hofft der Kunde auf eine baldige
Veräußerung. Eine Beendigung des Vermittlungsvertrags wird er üblicherweise
erst dann erwägen, wenn bereits eine längere Standzeit verstrichen ist und
mithin schon größere Verbindlichkeiten aus der verlangten Werbemittel- und
Platzmietpauschale angefallen sind. Demgegenüber entsteht dem Händler für
die Bewerbung des Fahrzeugs und die Inanspruchnahme eines Stellplatzes auf
seinem Firmengelände im Vergleich zum Gesamtumfang seiner Werbemaßnahmen und
Stellplätze zumeist kein für sein Geschäft ins Gewicht fallender Aufwand.
Bei der Hereinnahme eines Fahrzeugs zur Verkaufsvermittlung achtet der
Händler zudem typischerweise darauf, ob und dass er sein Gesamtangebot
hierdurch attraktiv(er) gestalten und hieraus für sein Geschäft weitere
Vorteile ziehen kann. Er erbringt hiernach insgesamt kein "Opfer" für den
Auftraggeber, welches bei der gebotenen Interessenabwägung zu seinen Gunsten
zu berücksichtigen wäre. Entgegen der Ansicht der Revision geht es nach dem
Vermittlungsvertrag - jedenfalls: im Kern - nicht um die (für sich genommen:
gegebenenfalls vergütungsfähige) "Aufbewahrung" des Fahrzeugs, sondern um
dessen alsbaldige auftragsgemäße Veräußerung.
30 cc) Nach dem Gesagten kann dahinstehen, ob, wie das Berufungsgericht
gemeint hat, die beanstandete Vergütungsklausel wegen Gefährdung des
Vertragszwecks unwirksam ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Eine derartige
Vertragszweckgefährdung läge, was das Berufungsgericht letztlich nicht
anders sieht, dann nahe, wenn es für den Beauftragten wirtschaftlich
rentabel sein könnte, ein zur Vermittlung hereingenommenes Fahrzeug längere
Zeit nicht zu veräußern, um ein möglichst hohes "Standgeld" zu vereinnahmen.
Diese Situation könnte vor allem dann eintreten, wenn diese besondere Form
der Vergütung nur im Misserfolgsfalle anfiele: In diesem Falle könnte es für
einen Autohändler wirtschaftlich sinnvoll sein, zu einem bestimmten
Zeitpunkt die Verkaufsbemühungen einzustellen und sich mit dem angefallenen
"Standgeld" zu begnügen (vgl. Reinking/Eggert aaO Rn. 1236). In Fällen, in
denen - wie hier die formularmäßig vereinbarte Werbemittel- und
Platzmietpauschale - das "Standgeld" auch im Erfolgsfalle zusätzlich zur
Provision anfällt, ist diese Gefahr allerdings deutlich geringer. Freilich
erscheint auch bei dieser Konstellation eine Vertragszweckgefährdung nicht
ausgeschlossen, wenn - was im untersten Gebrauchtwagenpreissegment durchaus
möglich erscheint - die Höhe der Unterstellkosten den Wert des PKW selbst
erreichen kann (vgl. dazu AG Lübeck, DAR 1982, 72).
31 c) Ergibt sich die Unwirksamkeit der Klausel gemäß den vorgenannten
Erwägungen aus § 307 Abs. 1 und 2 BGB, so bedarf es keiner Entscheidung, ob
eine Nichtigkeit der Vertragsbestimmung darüber hinaus auch gemäß § 305c
Abs. 1 BGB (überraschende Klausel; s. dazu LG München I aaO; AG Lübeck aaO;
Reinking/Eggert aaO Rn. 1236) oder wegen Verstoßes gegen das
Transparenzgebot (unter dem Aspekt der Verschleierung der Entgeltbelastung
des Kunden, § 307 Abs. 1 BGB; s. dazu etwa Senatsurteil vom 24. November
1988 aaO S. 49; BGH, Urteile vom 14. Oktober 1997 aaO S. 33 und vom 12. Juni
2001 aaO S. 79 m.w.N.) zu bejahen wäre.
32 3. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der - begründete - Anspruch der
Beklagten auf Zahlung beziehungsweise Erstattung der Abmeldegebühr von 20 €
berechtige die Beklagte nicht zur Geltendmachung eines
Zurückbehaltungsrechts, wird von der Revision nicht angegriffen.
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