Wirksamkeit eines Vertrags über den Einsatz "magischer Kräfte"
(Kartenlegen); objektive Unmöglichkeit (§ 275 I BGB); Schicksal des
Gegenleistungsanspruchs: Dispositiver Charakter von § 326 I BGB
BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - III ZR 87/10
Fundstelle:
NJW 2011, 756
BGHZ 188, 71
Amtl. Leitsatz:
Zur Frage der objektiven Unmöglichkeit einer
Leistung, die unter Einsatz übernatürlicher, magischer Kräfte und
Fähigkeiten erbracht werden soll (hier: Lebensberatung in Verbindung mit
Kartenlegen), und der Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch.
Zentrale Probleme (s. auch die
Pressemeldung des BGH):
Eine Entscheidung, die sicherlich in Zukunft zu den
"Klassikern" des Allgemeinen Schuldrechts gehören wird: Es geht um den
Vergütungsanspruch aus einem Vertrag über die Erbringung parapsychologischer
Leistungen. Im Zentrum stehen §§ 275, 326 I BGB. Der Senat unterscheidet
sehr genau, was hier geschuldet war: So kann ein Vertrag über "Kartenlegen"
durchaus auf eine mögliche Leistung gerichtet sein, wenn Inhalt des
Vertrages eben nur "Kartenlegen" nach den hierfür geltenden "Regeln" ist.
Auch ein Horoskop kann z.B. "lege artis" errichtet werden, weil eben nur das
Horoskop, und nicht dessen Eignung, tatsächlich die Zukunft vorauszusehen,
geschuldet ist. Hier geht aber nach der nachvollziehbaren Auslegung des
Vertrags dessen Inhalt darüber hinaus: Zwar lag ein Dienstvertrag vor, bei
dem kein Erfolg geschuldet wurde, jedoch war nach Auffassung des Senats die
geschuldete Tätigkeit eben nicht nur das schlichte Kartenlegen (das war
natürlich möglich), sondern eine Tätigkeit (u.a. bestimmte "Rituale"), die
tatsächlich grundsätzlich geeignet sein sollte die Lebenskrise des
Schuldners zu bewältigen. Diese Rituale waren eben nicht nur der Aufhänger
für eine anschließende (sicher mögliche) Beratung, sondern Gegenstand der
Dienstleistung selbst. Insofern nimmt der Senat zutreffend Unmöglichkeit an.
Dann wäre eigentlich der Vergütungsanspruch nach § 326 I BGB weggefallen.
Dann aber die (ein wenig überraschende) Wendung: § 326 I BGB ist dispositiv,
die Parteien können also vereinbaren, auch für unmögliche Leistungen
Gegenleistungen zu erbringen, wenn dem Vertrag keine anderen
Wirksamkeitshindernisse (so wie die hier einmal kurz erwähnte Frage der
Geschäftsfähigkeit ...) entgegenstehen. Hier kam § 138 I BGB in Betracht
(Sittenwidrigkeit), weshalb der Senat zurückverweist. Letztlich kommt es
also gar nicht darauf an, ob man § 275 I BGB bejaht oder nicht: die
Vertragsfreiheit gestattet es jedenfalls, auch für Esoterik zu bezahlen. Ob
man das Ergebnis bei § 275 BGB ansiedelt und schon Unmöglichkeit verneint,
oder bei § 326 I BGB, indem man eine Abbedingung von § 326 I BGB annimmt,
ist in Bezug auf die Gegenleistung letztlich irrelevant. Sie bleibt
relevant für die Leistung (was hier keine Rolle spielte): Diese ist, wenn
man § 275 I BGB bejaht, auch nicht einklagbar, d.h. der Bekl. hätte hier,
wenn die Klägerin die (wirksam vereinbarte, aber wegen § 275 I BGB eben als
solche nicht geschuldete) "Leistung" nicht erbracht hätte, nicht auf
Erfüllung klagen können (s. dazu Tz. 9). Der Sache nach geht es um Privatautonomie, und
deshalb ist der Entscheidung uneingeschränkt zuzustimmen. Freiheit bedeutet
eben immer auch Freiheit zur Unvernunft: "Stat pro ratione voluntas" (Flume,
AT, Bd. II: das Rechtsgeschäft, 3. Aufl. 1979, § 14).
Lesen!
©sl 2011
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um die Zahlung einer Vergütung für
Lebensberatung in Verbindung mit Kartenlegen.
2 Die Klägerin ist als Selbständige mit Gewerbeanmeldung tätig und bietet
Lebensberatung ("Life Coaching") insbesondere durch Kartenlegen an. In einer
durch Beziehungsprobleme ausgelösten Lebenskrise stieß der Beklagte im
September 2007 im Internet auf die Klägerin. In der Folgezeit legte die
Klägerin dem Beklagten am Telefon in vielen Fällen zu verschiedenen -
privaten und beruflichen - Lebensfragen die Karten und erteilte Ratschläge.
Hierfür zahlte der Beklagte im Jahr 2008 mehr als 35.000 €. Für im Januar
2009 erbrachte Leistungen verlangt die Klägerin mit ihrer Klage Zahlung von
6.723,50 €.
3 Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen
gerichtete Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
4 Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils
und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
5 Das Berufungsgericht (BeckRS 2010, 13190) hat zur Begründung seiner
Entscheidung ausgeführt:
6 Zwischen den Parteien sei ein Vertragsverhältnis zu Stande gekommen, das
als Dienstvertrag zu qualifizieren sei. Nach der vertraglichen Abrede sei
die Klägerin verpflichtet gewesen, den Beklagten gestützt auf Erkenntnisse
über die Zukunft, die sie beim Kartenlegen gewinnt, in Lebensfragen zu
beraten und ihm durch ihre (übernatürlichen, "magischen") Kräfte zu helfen.
Da das Leistungsversprechen der Klägerin - anders als eine bloße
Lebensberatung - auf die Wirkung magischer Kräfte gestützt und somit auf
eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet sei, stehe ihr gemäß § 326 Abs.
1, § 275 Abs. 1 BGB keine Vergütung zu. Eine Abgrenzung von bloßen
Beratungsleistungen ohne Bezug zu den versprochenen magischen Kräften könne
nicht vorgenommen werden, zumal die Beratung des Beklagten durch die
Klägerin eine durchgängige Verknüpfung mit dem Kartenlegen aufgewiesen habe.
Ob der Vertrag zwischen den Parteien gemäß § 138 BGB nichtig sei, bedürfe
hiernach keiner Entscheidung.
II.
7 Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden
Punkt nicht stand.
8 1. Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, zwischen den Parteien
sei ein Vertragsverhältnis zustande gekommen, das als Dienstvertrag (§ 611
BGB) einzuordnen sei, weil die Klägerin sich nur zu einer Tätigkeit, nicht
aber zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs verpflichtet habe, erheben
die Parteien im Revisionsrechtszug keine Einwände; hiergegen bestehen in
rechtlicher Hinsicht auch keine Bedenken.
9 2. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht angenommen, dass die
von der Klägerin versprochene Leistung objektiv unmöglich ist.
Ginge es im vorliegenden Rechtsstreit also nur um die Frage, ob der Beklagte
die von der Klägerin versprochene Leistung verlangen könnte, wäre ein
entsprechender Anspruch zu verneinen. Denn nach § 275 Abs. 1 BGB ist der
Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder
für jedermann unmöglich ist.
10 a) Eine Leistung ist objektiv unmöglich und kann deshalb nicht verlangt
oder gar erzwungen werden (§ 275 Abs. 1 BGB), wenn sie nach den
Naturgesetzen oder nach dem Stand der Erkenntnis von Wissenschaft und
Technik schlechthin nicht erbracht werden kann. So liegt es beim
Versprechen des Einsatzes übernatürlicher, "magischer" oder
parapsychologischer Kräfte und Fähigkeiten (s. OLG Düsseldorf, NJW
2009, 789, 791; LG Augsburg, NJW-RR 2004, 272; AG Grevenbroich, NJW-RR 1999,
133; LG Mannheim, NJW 1993, 1488, 1489; LG Kassel, NJW-RR 1988, 1517 und NJW
1985, 1642; Palandt/ Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 275 Rn. 14;
Bamberger/Roth/Unberath, BGB, 2. Aufl., § 275 Rn. 22 mit dortiger Fn. 14;
differenzierend danach, ob die Leistung als solche oder ein
erhoffter Erfolg geschuldet wird: Erman/Westermann, BGB, 12. Aufl.,
§ 275 Rn. 5). Es ist für den Bereich des Rechts allgemein anerkannt
und offenkundig, dass die Existenz magischer oder parapsychologischer Kräfte
und Fähigkeiten nicht beweisbar ist, sondern lediglich dem Glauben oder
Aberglauben, der Vorstellung oder dem Wahn angehört; diese Kräfte und
Fähigkeiten können, als nicht in der wissenschaftlichen Erkenntnis und
Erfahrung des Lebens begründet, vom Richter nicht als Quelle realer
Wirkungen anerkannt werden, sondern sind in rechtlicher Beziehung nicht als
Mittel zur Herbeiführung irgendwelcher Veränderung in der Welt des
Tatsächlichen anzusehen (s. schon RGSt 33, 321, 322 f und im
Anschluss hieran: BGH, Beschluss vom 21. Februar 1978 - 1 StR 624/77, NJW
1978, 1207; AG Grevenbroich aaO; LG Mannheim aaO; LG Kassel, NJW 1985,
1642). Unter das Versprechen einer Leistung durch Gebrauch
übernatürlicher, magischer Kräfte und Fähigkeiten fällt auch das Kartenlegen
im Sinne einer Wahrsagepraktik, aus Spielkarten Auskunft über verborgene
oder zukünftige Dinge sowie Ratschläge zu erhalten (vgl. OLG
Düsseldorf aaO S. 789 und 791).
11 Hiervon abzugrenzen sind Fälle, in denen es allein um die
Erbringung allgemeiner Lebensberatung geht oder tatsächlich nicht der
Einsatz magischer Kräfte und Fähigkeiten, sondern nur eine jahrmarktähnliche
Unterhaltung erwartet und geschuldet wird (s. dazu LG Ingolstadt,
NStZ-RR 2005, 313, 314; LG Mannheim aaO). Maßgeblich ist insofern -
ebenso wie für die Frage, ob die Verpflichtung zur Erstellung eines
Horoskops auf die Erbringung einer objektiv unmöglichen Leistung gerichtet
ist oder nicht (s. dazu einerseits OLG Düsseldorf, NJW 1953, 1553;
AG Grevenbroich aaO; andererseits LG Ingolstadt aaO) - die Auslegung
der Vereinbarung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls,
insbesondere auch der Höhe der verabredeten Vergütung, und wie sich hiernach
der jeweilige konkrete Inhalt der versprochenen Leistung darstellt (§§ 133,
157 BGB).
12 b) Gemessen an diesen Maßstäben ist das Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei von einer Leistung ausgegangen, die objektiv unmöglich ist.
13 Es hat festgestellt, dass sich die Klägerin dazu verpflichtet
habe, den Beklagten gestützt auf Erkenntnisse über die Zukunft, die sie beim
Kartenlegen gewinnt, in Lebensfragen privater oder beruflicher Art zu
beraten und ihm durch Einsatz magischer Kräfte zu helfen.
14 Diese Würdigung, die vom Revisionsgericht lediglich darauf hin zu
überprüfen ist, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln,
Verfahrensvorschriften oder anerkannte Denkgesetze und Erfahrungssätze
vorliegen und sich der Tatrichter mit dem Verfahrensstoff umfassend und
widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, hält den Angriffen der Revision
stand. Dass es den Parteien nicht lediglich um eine allgemeine
Lebensberatung, sondern um den Einsatz übernatürlicher, magischer Kräfte und
Fähigkeiten, vor allem durch das Kartenlegen, ging, hat das Berufungsgericht
aus den unstreitigen, gerade auch von der Klägerin selbst so vorgetragenen,
Umständen der Entstehung und des Verlaufs der Geschäftsbeziehung der
Parteien hergeleitet. Danach wandte sich der Beklagte, nachdem er in
eine schwere Lebenskrise geraten war und Dienste von Schamanen und
Wahrsagern in Anspruch genommen hatte, an die Klägerin in der Erwartung,
auch von ihr unter Einsatz übernatürlicher, magischer Kräfte und Fähigkeiten
Hilfe und Unterstützung zu erlangen. Die Klägerin erklärte ihm, dass sie
davon gehört habe, dass Dinge, die sie vorhersagt, auch eintreffen. Die von
der Klägerin geleistete Tätigkeit, für die der Beklagte im Jahr 2008 mehr
als 35.000 € Entgelt entrichtete, bestand zu mindestens 85 % aus
Kartenlegen, wobei nach Angaben der Klägerin aus den Karten bestimmte
"(Richtungs-)Tendenzen" gesehen werden könnten und insgesamt eine
„esoterische Dienstleistung" erbracht werden sollte. Unter
diesen Umständen kam dem Kartenlegen entgegen dem Vorbringen der Revision
nicht nur die Funktion eines "Aufhängers" für die nachfolgenden
Beratungsgespräche zu. Vielmehr stellte dies nach der nicht zu
beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts eine wesentliche Grundlage
für die Ratschläge der Klägerin an den Beklagten dar. Darüber hinaus
versprach die Klägerin den Einsatz ihrer „Energie", um den Beklagten bei
seiner Partnersuche zu unterstützen; auch ein "Code" beziehungsweise ein
"Ritual" mit Kerzen sollten die Situation des Beklagten beeinflussen. Dieses
über eine bloß beratende Hilfestellung deutlich hinausgehende Leistungsbild
findet seine Entsprechung in der hohen Vergütung, die der Beklagte an die
Klägerin zahlte.
15 3. Aus dem Umstand, dass ein Anspruch auf die versprochene
Leistung wegen objektiver Unmöglichkeit ausgeschlossen wäre (§ 275 Abs. 1
BGB), folgt jedoch nicht zwingend, dass der Vergütungsanspruch der Klägerin
für die von ihr vorgenommene Tätigkeit nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB
entfällt.
16 a) Anders als nach § 306 BGB a.F. ist ein Vertrag, der auf eine
objektiv unmögliche Leistung gerichtet ist, zivilrechtlich nicht allein aus
diesem Grund nichtig. Zutreffend macht die Revision weiter darauf
aufmerksam, dass § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB durch Individualvereinbarung
abbedungen werden kann (s. Palandt/Grüneberg aaO § 326 Rn. 6;
Bamberger/Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 326 Rn. 12; MünchKommBGB/Ernst, 5.
Aufl., § 326 Rn. 111 ff). So verhält es sich im Ergebnis - mit der
Folge der Anwendbarkeit von § 326 Abs. 2 BGB -auch, wenn der Gläubiger nach
der vertraglichen Risikoverteilung ausdrücklich oder stillschweigend die
Gefahr für ein bestimmtes Leistungshindernis übernommen hat und sich dieses
Leistungshindernis verwirklicht (vgl. dazu
Senatsurteil vom 18. Oktober 2001 -
III ZR 265/00, NJW 2002, 595; BGH,
Urteil vom 26. Oktober 1979 - V ZR 58/76, NJW 1980, 700; Palandt/Grüneberg
aaO § 326 Rn. 9; Grothe aaO § 326 Rn. 14; Ernst aaO § 326 Rn. 63;
Erman/Westermann aaO § 326 Rn. 13).
17 Danach können Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsfreiheit und
in Anerkennung ihrer Selbstverantwortung wirksam vereinbaren, dass eine
Partei sich - gegen Entgelt - dazu verpflichtet, Leistungen zu erbringen,
deren Grundlagen und Wirkungen nach den Erkenntnissen der Wissenschaft und
Technik nicht erweislich sind, sondern nur einer inneren Überzeugung, einem
dahingehenden Glauben oder einer irrationalen, für Dritte nicht
nachvollziehbaren Haltung entsprechen. Dies gilt im Hinblick auf § 611 Abs.
2 BGB insbesondere für dienstvertragliche Leistungen, und zwar auch für
solche, mit denen eine wie auch immer geartete Lebensberatung verbunden ist.
"Erkauft" sich jemand derartige (Dienst-)Leistungen im Bewusstsein darüber,
dass die Geeignetheit und Tauglichkeit dieser Leistungen zur Erreichung des
von ihm gewünschten Erfolgs rational nicht erklärbar ist, so würde es Inhalt
und Zweck des Vertrags sowie den Motiven und Vorstellungen der Parteien
widersprechen, den Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten mit der
Begründung zu verneinen, der Dienstverpflichtete sei nicht in der Lage
nachzuweisen, tatsächlich mittels Einsatzes magischer oder übersinnlicher
Kräfte bestimmte Voraussagen machen oder auf die Willensbildung Dritter
Einfluss nehmen zu können.
18 b) Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist
vorliegend von Folgendem auszugehen: Auch wenn die -
geschäftsfähigen - Parteien darauf vertrauten, dass magische Kräfte
existieren und über die Klägerin für den Beklagten nutzbar gemacht werden
konnten, so war ihnen doch bewusst, dass sie mit dem Abschluss des Vertrags
den Boden wissenschaftlich gesicherter Erfahrungen verließen und sich auf
die Ebene eines vernunftmäßig nicht mehr begründbaren und verifizierbaren
Vertrauens in übersinnliche Erkenntnis-und Beeinflussungsmöglichkeiten
begaben; die Klägerin sollte mit dem vereinbarten Einsatz magischer
Fähigkeiten eine Leistung erbringen, die nach dem Stand der Wissenschaft und
Technik schlechthin nicht erbracht werden konnte. Wenn sich der Beklagte bei
dieser Sachlage gleichwohl entschloss, der Klägerin für das Kartenlegen ein
Entgelt zu versprechen - und diese Leistungen über einen längeren Zeitraum
auch tatsächlich in Anspruch genommen und vergütet hat -, so liegt die
Annahme nicht fern, dass die Klägerin nach dem Willen der Parteien die
vereinbarte Vergütung ungeachtet des Umstands beanspruchen konnte, dass die
"Tauglichkeit" der erbrachten Leistung rational nicht nachweisbar ist.
19 Dabei ist zu beachten, dass die Annahme einer wirksamen
Vergütungsvereinbarung nicht voraussetzt, dass sich die Parteien
darüber im Klaren waren, dass der Klägerin nach den Maßstäben des § 326 Abs.
1 Satz 1 und des § 275 Abs. 1 BGB von Rechts wegen keine Vergütung zustand.
Eine Willenserklärung ist zwar eine Äußerung, die auf die Herbeiführung
eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist. Ein solcher
Rechtsfolgewille setzt aber nicht voraus, dass der Erklärende eine ins
Einzelne gehende Vorstellung über die rechtstechnische Herbeiführung des
angestrebten wirtschaftlichen Erfolgs hat. Es genügt vielmehr, dass dieser
als rechtlich gesichert und anerkannt gewollt ist (BGH, Urteil vom
24. Mai 1993 - II ZR 73/92, NJW 1993, 2100).
20 4. Da sich das Berufungsgericht mit der Möglichkeit einer
Vergütungspflicht trotz Vorliegens einer nach wissenschaftlichen
Erkenntnissen unmöglichen Leistung nicht befasst hat, ist das angefochtene
Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen,
um die notwendigen Feststellungen zu treffen.
21 Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls auch die von ihm angesprochene,
aber - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - offen gelassene Frage
zu beantworten haben, ob die Vereinbarung der Parteien nach § 138
BGB nichtig ist. In diesem Zusammenhang darf nicht verkannt werden,
dass sich viele der Dienstberechtigten, die einen Vertrag mit dem
vorliegenden oder einem ähnlichen Inhalt abschließen, in einer schwierigen
Lebenssituation befinden oder es sich bei ihnen um leichtgläubige,
unerfahrene oder psychisch labile Personen handelt.
Daher dürfen in solchen Fällen keine
allzu hohen Anforderungen an einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne
des § 138 Abs. 1 BGB gestellt werden (vgl. Gesetzentwurf der Fraktionen der
SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Modernisierung des Schuldrechts,
BT-Drucks.
14/6040 S. 164).
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