Bereicherungsausgleich
bei einem nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrag; Wertersatz bei
rechtsgrundloser Dienstleistung; keine Bereicherung, wenn der
Geschäftsbesorger zur Leistung aufgrund eines anderen Rechtsverhältnisses
verpflichtet war
BGH, Beschluss vom 27.
April 2009 - II ZR 160/08
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Im Fall der Nichtigkeit eines
Geschäftsbesorgungsvertrags mit dem Aufsichtsratsmitglied oder einer mit ihm
verbundenen Gesellschaft wegen eines Verstoßes gegen §§ 113, 114 AktG kommt
ein Bereicherungsanspruch gegen die Aktiengesellschaft grundsätzlich nur für
Tätigkeiten in Betracht, die nicht bereits zum organschaftlichen
Pflichtenkreis eines Aufsichtsrats gehören.
Gründe:
1 Soweit die Revision zulässig ist, hat sie keine Aussicht auf Erfolg und
liegen die Voraussetzungen für ihre Zulassung nicht vor (§ 552 a ZPO).
2 I. Die Revision ist unzulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage auf
Wertersatz für die Einrichtung der Buchführung der Beklagten und ihrer
Tochtergesellschaften (23.723,95 €) und die Beratung betreffend die
Umsatzsteuerfreiheit der Gesundheitsbetriebe in Deutschland (5.380,00 €)
abgewiesen hat. Wenn - wie hier - mit einer Klage mehrere Ansprüche geltend
gemacht werden, muss sich die Revisionsbegründung auf alle Ansprüche
erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; andernfalls
ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig (§ 551 Abs. 3
Nr. 2 ZPO). Mit den genannten Ansprüchen befasst sich die
Revisionsbegründung nicht.
3 II. Ein Zulassungsgrund besteht nicht, und die Revision hat im Übrigen
auch keine Aussicht auf Erfolg.
4 1. Grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen stellen sich entgegen der nicht
näher begründeten Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts nicht.
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass dem
Aufsichtsratsmitglied, das aufgrund eines nach §§ 113, 114 AktG i.V.m. § 134
BGB unwirksamen Beratungsvertrages Leistungen an die Gesellschaft erbringt,
ein Bereicherungsanspruch bzw. ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus
Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 683, 670 BGB zustehen kann (Sen.Urt.
v. 2. April 2007 - II ZR 325/05, ZIP 2007, 1056 Tz. 20). Dem genannten
Senatsurteil lässt sich entnehmen, dass solche Ansprüche auch einer
Gesellschaft zustehen, durch die das Aufsichtsratsmitglied mittelbar
Dienstleistungen erbringen ließ und eine Vergütung erlangt hat. Die
Voraussetzungen eines Wertersatzanspruchs nach § 818 Abs. 2 BGB für aufgrund
eines nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrages rechtsgrundlos geleistete
Dienste sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenfalls geklärt
(vgl. BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - IX ZR 225/04, ZIP 2006, 1101; Urt. v.
17. Februar 2000 - IX ZR 50/98, WM 2000, 1342).
5 2. Die Revision hat auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Der
Klägerin steht kein Anspruch auf die verlangte Vergütung zu.
6 a) Die Beklagte hat die Leistungen der Klägerin nur zu vergüten, soweit
diese sie außerhalb der Aufsichtsratstätigkeit ihres
Gesellschafter-Geschäftsführers erbracht hat. Ein Bereicherungsanspruch oder
ein Anspruch wegen Geschäftsführung ohne Auftrag eines
Aufsichtsratsmitglieds bzw. einer mit ihm verbundenen Gesellschaft gegen die
AG kommt nur für solche Dienstleistungen in Betracht, die außerhalb des
Tätigkeitsbereichs des Aufsichtsratsmitglieds im Aufsichtsrat liegen (§ 114
Abs. 1 AktG). Im Fall der Nichtigkeit eines Geschäftsbesorgungsvertrages
wegen eines Verstoßes gegen §§ 113, 114 AktG ist der Wert der rechtsgrundlos
erlangten Dienstleistungen zu ersetzen (§§ 812, 818 Abs. 2 BGB). Die
aufgrund eines nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrages empfangene
Dienstleistung ist nicht wertlos, wenn der Leistungsempfänger eine andere
Person beauftragt hätte und dieser eine entsprechende Vergütung hätte
bezahlen müssen (BGHZ 70, 12, 17; Urt. v. 26. Januar 2006 - IX ZR
225/04, ZIP 2006, 1101; Urt. v. 17. Februar 2000 - IX ZR 50/98, WM 2000,
1342). Wenn ein Aufsichtsratsmitglied oder eine mit ihm verbundene
Gesellschaft Beratungsleistungen erbringt, die zur Erfüllung der
organschaftlichen Pflichten des Aufsichtsrats gehören, erspart die
Gesellschaft keine Aufwendungen, weil sie keinen Dritten beauftragt hätte.
Das Aufsichtsratsmitglied ist verpflichtet, diese Leistungen im Rahmen
seiner Organstellung zu erbringen, auch soweit sie aufwändig sind oder
spezielle Kenntnisse voraussetzen. Eine Vergütung kann es dafür nur
verlangen, soweit Satzung oder Hauptversammlung eine Vergütung vorgesehen
haben (§ 113 AktG). Auch Sondervergütungen müssen von der
Hauptversammlung gebilligt werden. Auf ihre Gewährung besteht kein Anspruch.
Das Risiko, dass sich die bewilligte "normale" Vergütung als unzulänglich
erweist, trägt der Aufsichtsrat (Roth in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 113 Rdn.
102; MünchKommAktG/Habersack 3. Aufl. § 114 Rdn. 23).
7 b) Die Klägerin hat - bis auf die Teilnahme an der steuerlichen
Außenprüfung - keine Beratungsleistungen erbracht, die außerhalb der
Tätigkeiten liegen, die bereits zur Beratungs- und Überwachungsaufgabe des
Aufsichtsrats gehören. Die "mitwirkende Beratung" am Jahresabschluss, auch
soweit Konzerntöchter betroffen sind, ist grundsätzlich Teil der
Prüfungsaufgabe des Aufsichtsrats nach § 171 Abs. 1 AktG. Der Rat an den
Vorstand, eine ausländische Vermarktungsgesellschaft zu gründen, gehört als
Beratung beim Abschluss von Unternehmens- und Beteiligungskaufverträgen zur
Organtätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds (vgl. BGHZ 170, 60 Tz. 14). Die
Konsultation zur „Bearbeitung der Bemessungsgrundlage“ im Zusammenhang mit
staatlichen Investitionszuschüssen zählt als allgemeine Beratungsleistung
betriebswirtschaftlicher Art zu den Pflichten eines Aufsichtsratsmitglieds
(vgl. BGHZ aaO Tz. 14). Dem Vortrag der Klägerin lässt sich eine Tätigkeit,
die über diese allgemeine Beratungsleistung hinausgeht, nicht entnehmen. Das
gilt auch für Verhandlungen mit Banken und Börsen anlässlich der
Börseneinführung. Die weiteren geltend gemachten Leistungen wie die
Erstellung eines Gutachtens zum Wert der Beklagten und die Tätigkeit beim
Erwerb der A. GmbH sind nicht zu berücksichtigen, weil die vorrangig geltend
gemachten Ansprüche mit insgesamt 4.190.166,37 € (entsprechend der in der
Berufungsbegründung erläuterten Reihenfolge) bereits die mit der Teilklage
verlangten 1.651.398,02 € überschreiten.
8 Auch für die Anwesenheit bei steuerlichen Außenprüfungen kann die Klägerin
keinen Wertersatz verlangen. Die Teilnahme der Klägerin bzw. ihres
Geschäftsführers war zur steuerlichen Beratung der Beklagten überflüssig und
ersparte ihr keine Aufwendungen. Bei den Außenprüfungen waren bereits die
Steuerberater der Beklagten anwesend. |