Haftung für
"existenzvernichtende Eingriffe" in das Gesellschaftsvermögen der GmbH aus §
826 BGB: Änderung des Haftungskonzepts auf eine Innenhaftung des
Eingreifenden
BGH, Urteil vom 16. Juli
2007 - II ZR 3/04
Fundstelle:
NJW 2007, 2689
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) An dem Erfordernis
einer als "Existenzvernichtungshaftung" bezeichneten Haftung des
Gesellschafters für missbräuchliche, zur Insolvenz der GmbH führende oder
diese vertiefende kompensationslose Eingriffe in das der Zweckbindung zur
vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienende
Gesellschaftsvermögen wird festgehalten.
b) Der Senat gibt das bisherige Konzept einer eigenständigen Haftungsfigur,
die an den Missbrauch der Rechtsform anknüpft und als Durchgriffs(außen)haftung
des Gesellschafters gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgestaltet, aber
mit einer Subsidiaritätsklausel im Verhältnis zu den §§ 30, 31 BGB versehen
ist, auf. Stattdessen knüpft er die Existenzvernichtungshaftung des
Gesellschafters an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse
zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens an und ordnet sie - in Gestalt einer
schadensersatzrechtlichen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft - allein
in § 826 BGB als eine besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen
Schädigung ein.
c) Schadensersatzansprüche aus Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB
sind gegenüber Erstattungsansprüchen aus §§ 31, 30 GmbHG nicht subsidiär;
vielmehr besteht zwischen ihnen - soweit sie sich überschneiden -
Anspruchsgrundlagenkonkurrenz.
Zentrale Probleme:
Der BGH stellt in einer umfangreichen Entscheidung seine
Rspr. zum "existenzvernichtenden Eingriff" auf eine neue Basis. Die Haftung
beruht auf § 826 BGB und ist nunmehr eine reine Innenhaftung des
Eingreifenden gegenüber der Gesellschaft, s, dazu sowie zu den praktischen
Konsequenzen (kein direkter Anspruch der Gläubiger gegen den Eingreifenden,
sondern "Umweg" über das Insolvenzverfahren bzw. Klage gegen die
Gesellschaft und Pfändung des Anspruchs) die fett markierten
Passagen.
©sl 2007
Tatbestand:
1 Der Kläger nimmt als Sonderinsolvenzverwalter über das Vermögen der A. mbH
(im Folgenden: Schuldnerin) den Beklagten u.a. wegen existenzvernichtenden
Eingriffs auf Zahlung in Höhe der zur Insolvenztabelle angemeldeten und
anerkannten Gläubigerforderungen von 713.996,51 € in Anspruch.
2 Die Schuldnerin, die im Jahre 1991 mit einem Stammkapital von 300.000,00
DM gegründet wurde, pachtete ab dem 1. September 1993 von dem Beklagten ein
mit dem Gastronomieobjekt TRIHOTEL in R. bebautes Grundstück und betrieb das
Hotel. Zu dieser Zeit hielten der Beklagte 52 % und seine Ehefrau I. W. 48 %
der Gesellschaftsanteile der Schuldnerin. Der Beklagte war bis August 1999
deren alleiniger, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter
Geschäftsführer und danach bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Mai
2000 ihr Prokurist; seine Ehefrau hatte ihm bereits 1996 Generalvollmacht
erteilt.
3 Im Jahre 1996 erwarb die Mutter des Beklagten, D. W. , sämtliche
Geschäftsanteile der als Vorratsgesellschaft gegründeten J. gesellschaft mbH
(nachfolgend: J. GmbH) und bestellte den Beklagten zum alleinigen, von den
Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer. Auf diese
Gesellschaft übertrug der Beklagte noch in demselben Jahr seine 52%-ige
Beteiligung an der Schuldnerin.
4 Laut einer Darlehensurkunde vom 20. Dezember 1997 gewährte die Mutter des
Beklagten der Schuldnerin ein Darlehen von 150.000,00 DM, das durch
Sicherungsübereignung von - im Einzelnen näher bezeichnetem - Hotelinventar
der Schuldnerin besichert wurde; zwischen den Parteien besteht Streit über
die Auszahlung des Darlehens und den Umfang der Sicherungsübereignung.
5 Durch Aufhebungsvertrag vom 20. März 1998 beendeten der Beklagte und die
Schuldnerin den an sich bis 31. August 1998 befristeten Pachtvertrag über
das mit dem TRIHOTEL bebaute Grundstück vorzeitig zum 31. März 1998. An
demselben Tag erwarben die J. GmbH 90 % und die Mutter des Beklagten 10 %
der Anteile an einer weiteren Vorratsgesellschaft, die sodann in W. -Hotel
GmbH umfirmierte; die Erwerber wurden dabei vom Beklagten aufgrund einer ihm
von seiner Mutter 1996 erteilten Generalvollmacht vertreten. Der Beklagte
war und ist derzeit noch der - von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite
- Geschäftsführer der W. -Hotel GmbH. Mit dieser Gesellschaft schloss der
Beklagte - zugleich als deren Vertreter - ebenfalls mit Wirkung ab 31. März
1998 einen neuen Pachtvertrag über das mit dem Hotel bebaute Grundstück. Am
31. März 1998 schlossen die W. -Hotel GmbH und die Schuldnerin, beide
vertreten durch den Beklagten, ferner einen Geschäftsbesorgungs- und
Managementvertrag dahingehend, dass die Schuldnerin die Management- und
Organisationsaufgaben des Hotelbetriebes zu erledigen hatte und hierfür als
Pauschalhonorar eine Umsatzbeteiligung i.H.v. 40 % der Hotelumsätze erhalten
sollte; zudem verpflichtete sich die Schuldnerin, das gesamte Hotelinventar
in den unmittelbaren Besitz der W. -Hotel GmbH zu übertragen und selbst nur
noch Besitzdienerin zu sein. In einem noch an demselben Tag abgeschlossenen
1. Nachtrag zu dem Geschäftsbesorgungs- und Managementvertrag verpflichtete
sich die Schuldnerin - angesichts des nur vorläufig geschätzten,
voraussichtlichen Geschäftsverlaufs - gegenüber der W. -Hotel GmbH, im
Januar des folgenden Jahres einer Herabsetzung des umsatzbezogenen
Pauschalhonorars zuzustimmen, sofern die vereinbarten 40 % der Hotelumsätze
überhöht und die der W. -Hotel GmbH verbleibenden Umsätze für diese nicht
auskömmlich seien. Durch Vertrag vom 24. August 1998 trat D. W. , vertreten
kraft Generalvollmacht durch den Beklagten, ihre sämtlichen Geschäftsanteile
an der J. GmbH an diesen ab.
6 Im Verlaufe des Jahres 1998 verschlechterte sich die wirtschaftliche
Situation der Schuldnerin. Nachdem bereits im vorangegangenen Geschäftsjahr
ein Fehlbetrag entstanden war, erwirtschaftete die Schuldnerin 1998 einen
weiteren Fehlbetrag i.H.v. ca. 250.000,00 DM, so dass sich - zusammen mit
dem Verlustvortrag des Vorjahres - ein Bilanzverlust von 299.588,15 DM
ergab. Mit Nachtrag vom 1. Januar 1999 wurde die Umsatzbeteiligung der
Schuldnerin auf 28 % herabgesetzt, weil diese - wie der Beklagte behauptet -
weniger und schlechter ausgebildetes Personal für den Hotelbetrieb
eingesetzt habe.
7 Infolge eines neuerlichen Jahresfehlbetrags von ca. 670.000,00 DM wuchs im
Jahre 1999 der Gesamtbilanzverlust auf 967.834,28 DM an. Am 31. Januar 2000
hoben die Schuldnerin und die W. -Hotel GmbH den am 31. März 1998
geschlossenen Geschäftsbesorgungs- und Managementvertrag auf, wobei die W.
-Hotel GmbH durch den Beklagten und die Schuldnerin durch dessen Ehefrau als
Prokuristin vertreten wurde. Der Aufhebungsvertrag sah vor, dass die
Schuldnerin der W. -Hotel GmbH weiterhin die Nutzung des Hotelinventars
überlassen und diese als Gegenleistung hierfür das gesamte Personal der
Schuldnerin übernehmen sollte. Zwischenzeitlich hat die W. -Hotel GmbH alle
Arbeitnehmer der Schuldnerin übernommen und führt den Hotelbetrieb allein
weiter. Auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 25. April 2000 wurde am 15. Mai
2000 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Die
verfügbare Insolvenzmasse belief sich auf den Kassenbestand von 108,07 DM.
8 Das Landgericht hat der auf Zahlung im Umfang der zur Insolvenztabelle
angemeldeten und anerkannten Forderungen von 713.996,51 € gerichteten Klage
stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des
Beklagten zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen -
Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
9 Im Verlauf des Revisionsverfahrens hat die W. -Hotel GmbH nach Angaben des
Beklagten die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen entweder
erworben oder erfüllt. Der Beklagte ist der Ansicht, dass sich der
Rechtsstreit dadurch erledigt habe. Dem hat der Kläger unter Hinweis darauf
widersprochen, dass weder die alten Insolvenzgläubiger noch deren
potentielle Rechtsnachfolgerin ihm gegenüber irgendeine Erklärung abgegeben
hätten und dass sie jedenfalls die Rechtsstellung des den vorliegenden
Rechtsstreit finanzierenden Prozessfinanzierers beachten müssten; zumindest
dauere das Insolvenzverfahren derzeit noch an.
Entscheidungsgründe:
10 Die Revision des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen
Senat des Berufungsgerichts (§ 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
11 I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
12 Der Beklagte habe als mittelbarer Gesellschafter aus dem Gesichtspunkt
der Existenzvernichtungshaftung für den Forderungsausfall der Gläubiger im
Umfang der Anmeldung zur Insolvenztabelle einzustehen. Ein
existenzvernichtender Eingriff habe in mehrfacher Hinsicht vorgelegen. So
habe bereits die Sicherungsübereignung des Hotelinventars an die Mutter des
Beklagten ohne greifbare Gegenleistung die Fähigkeit der Schuldnerin zur
Erhaltung ihrer Liquidität durch Kreditaufnahme gegen Sicherheit faktisch
beseitigt. Auch die vorzeitige Aufhebung des Pachtvertrages sei
unternehmerisch nicht mehr vertretbar gewesen; stattdessen habe der Beklagte
das Liquidationsverfahren einleiten müssen. Ferner habe der
Geschäftsbesorgungs- und Managementvertrag vom 31. März 1998 nebst den dazu
vereinbarten Nachträgen die W. -Hotel GmbH in unvertretbarer Weise auf
Kosten der Schuldnerin begünstigt.
13 II. Diese Beurteilung hält in wesentlichen Punkten der
revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14 Schon nach den bisherigen, vom Senat im Wege der Rechtsfortbildung
entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen über die Haftung des Gesellschafters
wegen existenzvernichtenden Eingriffs, die bislang als eigenständiges
Haftungsinstitut in Form einer subsidiären Außenhaftung ausgestaltet wurde
(seit BGHZ 151, 181 - KBV; vgl. zuletzt: Sen.Urteile v. 13. Dezember
2004 - II ZR 206/02, ZIP 2005, 117 - Autovertragshändler - sowie II ZR
256/02, ZIP 2005, 250 - Handelsvertreter), kommt zwar der Beklagte als
möglicher Haftungsadressat in Betracht; jedoch sind bereits weder die
Sicherungsübereignung des Hotelinventars noch die vorzeitige Aufhebung des
Pachtvertrages am 20. März 1998 als haftungsrelevante "Eingriffe" anzusehen,
während bezüglich der Ausgestaltung des Geschäftsbesorgungs- und
Managementvertrages vom 31. März 1998 nebst Nachträgen die Feststellungen
des Berufungsgerichts auf einer verfahrensfehlerhaften Übergehung
erheblichen Sachvortrags des Beklagten beruhen (§ 286 ZPO).
15 Das angefochtene Urteil hat aber gleichermaßen auch unter
Zugrundelegung des im Rahmen der vorliegenden Entscheidung geänderten
Haftungskonzepts der Existenzvernichtungshaftung, die der Senat nunmehr
(ausschließlich) als besondere Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen
Schädigung in § 826 BGB einordnet und in diesem Rahmen als Innenhaftung
gegenüber der Gesellschaft ausgestaltet (dazu nachfolgend unter 1 ff.),
keinen Bestand.
16 1. Der Senat hält zwar weiterhin - zur Vermeidung einer durch das
Haftungssystem der §§ 30, 31 GmbHG offen gelassenen Schutzlücke (dazu
grundlegend: Röhricht, Festschrift 50 Jahre BGH, Bd. I, 83, 92 ff.; ders.,
ZIP 2005, 505, 514; vgl. auch: Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG 18.
Aufl. § 13 Rdn. 18; Zöllner, Festschrift Konzen, 1, 13 f.; Dauner-Lieb, DStR
2006, 2034, 2037) - an der begrifflich auch künftig als
"Existenzvernichtungshaftung" bezeichneten Haftung des Gesellschafters für
missbräuchliche, zur Insolvenz der Gesellschaft führende oder diese
vertiefende "kompensationslose" Eingriffe in deren der Zweckbindung zur
vorrangigen Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger dienendes
Gesellschaftsvermögen (vgl. nur BGHZ 151, 181) und den diesen
Eingriffstatbestand nach dem bisherigen Entwicklungsstand der
Senatsrechtsprechung kennzeichnenden sowie näher eingrenzenden Merkmalen
(vgl. zuletzt: Sen.Urteile v. 13. Dezember 2004 aaO) fest.
17 Der Senat gibt jedoch das bisherige Konzept
einer eigenständigen Haftungsfigur, die an den Missbrauch der Rechtsform
anknüpft und als Durchgriffs(außen)haftung des Gesellschafters gegenüber den
Gesellschaftsgläubigern ausgestaltet, aber mit einer Subsidiaritätsklausel
im Verhältnis zu den §§ 30, 31 BGB versehen ist, auf. Stattdessen knüpft er
die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters an die missbräuchliche
Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens
an und ordnet sie - in Gestalt einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung
gegenüber der Gesellschaft - allein in § 826 BGB als eine besondere
Fallgruppe der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung ein.
18 2. a) Nach dem vom Senat in seiner bisherigen neueren Rechtsprechung -
unter Aufgabe der Haftung im sog. qualifiziert faktischen Konzern (vgl.
dazu: BGHZ 122, 123, 130 - TBB) - entwickelten Haftungstatbestand der
Existenzvernichtungshaftung (seit: BGHZ 149, 10 - Bremer Vulkan) hat der
Gesellschafter einer GmbH für die Gesellschaftsschulden persönlich
einzustehen, wenn er auf die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens keine
Rücksicht nimmt und der Gesellschaft ohne angemessenen Ausgleich - offen
oder verdeckt - Vermögenswerte entzieht, die sie zur Erfüllung ihrer
Verbindlichkeiten benötigt. Greift er in das der Gesellschaft überlassene
und als Haftungsfonds erforderliche Vermögen gleichwohl ein und bringt
dadurch die Gesellschaft in die Lage, ihre Verbindlichkeiten nicht mehr oder
nur noch in geringerem Maße erfüllen zu können, so missbraucht er nach dem
bisherigen Senatskonzept die Rechtsform der GmbH. Damit soll er zugleich
grundsätzlich die Berechtigung verlieren, sich auf die Haftungsbeschränkung
des § 13 Abs. 2 GmbHG zu berufen, soweit die der Gesellschaft durch den
Eingriff insgesamt zugefügten Nachteile nicht bereits durch etwa bestehende
Ansprüche nach §§ 30, 31 GmbHG ausgeglichen werden können; abwenden kann der
Gesellschafter die unbeschränkte Außenhaftung nur, wenn er nachweist, dass
der Gesellschaft im Vergleich zu der Vermögenslage bei redlichem Verhalten
nur ein begrenzter - und dann in diesem Umfang auszugleichender - Nachteil
entstanden ist (vgl. dazu die Entwicklung der Senatsrechtsprechung seit
BGHZ 149, 10 - Bremer Vulkan; BGHZ 150, 61; BGHZ 151, 181 - KBV; zuletzt
Sen.Urt. v. 13. Dezember 2004 aaO - je m.w.Nachw.).
19 b) Bei kritischer Analyse und Bewertung des derzeit erreichten
Entwicklungsstandes dieses Rechtsprechungsmodells (vgl. insoweit
exemplarisch aus dem umfangreichen Schrifttum: Altmeppen, ZIP 2001, 1837;
Dauner-Lieb aaO S. 2034; Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne
Einflussnahme im Recht der GmbH, 183 ff.; Liebscher, GmbH-Konzernrecht Rdn.
437 ff.; Lutter/Banerjea, ZGR 2003, 402; Matschernus, Die Durchgriffshaftung
wegen Existenzvernichtung in der GmbH, 64 ff.; Priester, ZGR 1993, 512; K.
Schmidt, NJW 2001, 3577; Ulmer, ZIP 2001, 2021; Wiedemann, ZGR 2003, 283;
Zöllner aaO S. 3 ff.; zuletzt: Weller, DStR 2007, 1166; Ihrig, DStR 2007,
1170) ist festzustellen, dass zum Schutze des zur Befriedigung der
Gesellschaftsgläubiger erforderlichen Gesellschaftsvermögens gegen
existenzvernichtende, d.h. zur Insolvenz der Gesellschaft führende oder eine
solche vertiefende Eingriffe des Gesellschafters eine Haftungssanktion gegen
diesen unzweifelhaft erforderlich ist, soweit das gesetzliche System der §§
30, 31 GmbHG versagt bzw. wegen seiner begrenzten Reichweite die gebotene
Schutzfunktion von vornherein nicht erfüllen kann.
20 aa) Während über Anlass und Notwendigkeit einer Haftungssanktionierung
der rechtsmissbräuchlichen "Ausplünderung" des Gesellschaftsvermögens durch
den Gesellschafter auf der "Tatbestandsebene" keine Zweifel bestehen, gilt
dies nicht gleichermaßen für die Verwirklichung dieses Schutzes des
Haftungsfonds durch die Art und Weise der Lückenschließung auf der
"Rechtsfolgenseite". Das vom Senat bisher zum existenzvernichtenden
Eingriff entwickelte Haftungsmodell ist auf der Rechtsfolgenebene von einer
gewissen Inhomogenität und dogmatischen Unschärfe gekennzeichnet, die - so
auch im vorliegenden Fall - ersichtlich zu Unsicherheiten in der praktischen
Anwendung durch die betroffenen Parteien wie auch die Instanzgerichte
geführt haben.
21 Das derzeitige Haftungskonzept setzt aufgrund der von dem Vorgängermodell
der Haftung im sog. qualifiziert faktischen Konzern übernommenen
Sub-sidiaritätsklausel (vgl. dazu die Leitentscheidung BGHZ 122, 123, 131 -
TBB) mit einer Innenhaftung nach den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§
30, 31 GmbHG an. Versagen diese Grundregeln des Kapitalschutzes der GmbH,
weil die eingriffsbedingte Schädigung des Gesellschaftsvermögens durch jene
Primäransprüche nicht ausgeglichen werden kann, sondern deren negative
Folgen darüber hinausreichen (insbesondere: sog. Kollateralschäden) oder
bilanziell nicht angemessen abgebildet werden, so kommt erst dann eine
durchgriffsrechtlich strukturierte, grundsätzlich unbeschränkte Außenhaftung
wegen Verlustes des Haftungsprivilegs des § 13 Abs. 2 GmbHG zum Zuge. Diese
zunächst unbegrenzte Durchgriffshaftung kann aber schließlich in eine
verschuldensabhängige Schadensersatzhaftung einmünden, weil - zur
Abmilderung des zunächst unbegrenzten Durchgriffs und zur Vermeidung von
Überreaktionen der Rechtsordnung (vgl. Röhricht, ZIP aaO S. 514) - dem
Gesellschafter die Möglichkeit eröffnet wird, den Nachweis zu führen, dass
bei ordnungsgemäßem Vorgehen ein geringerer Schaden entstanden wäre, der
dann nur in diesem Umfang auszugleichen ist.
22 bb) Neben dieser als selbständige Anspruchsgrundlage konzipierten
Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs hat der Senat auch stets - wie
schon bei dem Vorgängermodell der Haftung im qualifiziert faktischen Konzern
-eine konkurrierende Haftung des Gesellschafters aus dem Gesichtspunkt der
sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§ 826 BGB) in Betracht gezogen.
Sämtliche der vom Senat im Rahmen der Entwicklung der
Existenzvernichtungshaftung entschiedenen Fälle betrafen - auch -
Konstellationen, die eine derartige potentiell konkurrierende Haftung aus §
826 BGB nach sich ziehen konnten: Das gilt insbesondere für die - die
Existenzvernichtungshaftung nur am Rande der in Rede stehenden Ansprüche
gegen Manager behandelnden -Ausgangsentscheidung "Bremer Vulkan" (BGHZ 149,
10), für die weitere Leitentscheidung "KBV" (BGHZ 151, 181) und wird
besonders deutlich an der Entscheidung "Rheumaklinik" (Sen.Urt. v. 20.
September 2004 - II ZR 302/02, ZIP 2004, 2138). In diesen Fällen hat der
Senat eine Haftung aus § 826 BGB dem Grunde nach mit denselben begrifflichen
Merkmalen wie bei dem Haftungsinstitut des existenzvernichtenden Eingriffs
gekennzeichnet und bejaht, indem er den planmäßigen Entzug von
Gesellschaftsvermögen im Sinne der Verringerung der Zugriffsmasse zu Lasten
der Gläubiger und zum eigenen Vorteil des Gesellschafters als dem
Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widersprechend und damit
sittenwidrig eingestuft hat (vgl. z.B. BGHZ 151, 181, 185 - KBV; Sen.Urt. v.
20. September 2004, ZIP aaO S. 2139 - Rheumaklinik). Dabei hat der Senat
auch diese Deliktshaftung bislang als eine Außenhaftung des Gesellschafters
unmittelbar gegenüber den Gläubigern angesehen und dafür ausreichen lassen,
dass die Gesellschaftsgläubiger "infolge der Eingriffe in das
Gesellschaftsvermögen geschädigt worden sind"; er hat angenommen, der
Schaden bestehe in einer Masseverkürzung und betreffe damit sämtliche
Gläubiger (Sen.Urt. v. 20. September 2004, ZIP aaO S. 2140 - Rheumaklinik).
23 3. Der Senat lässt nunmehr das bisherige, im Wege der
Rechtsfortbildung entwickelte Modell der Existenzvernichtungshaftung als
selbständiges Rechtsinstitut im Sinne einer eigenen Anspruchsgrundlage mit
der beschriebenen eigenständigen Rechtsfolgenseite fallen und ordnet den
existenzvernichtenden Eingriff - freilich ebenfalls durch richterrechtlichen
Gestaltungsakt - jetzt dogmatisch allein als besondere Fallgruppe im Rahmen
der allgemeinen deliktischen Anspruchsnorm des § 826 BGB ein, und zwar - im
Gleichlauf mit den gesellschaftsrechtlichen Schutznormen der §§ 30, 31 GmbHG
- als Innenhaftung des Gesellschafters gegenüber der
Gesellschaft selbst.
24 a) Ausgangspunkt für das Erfordernis einer Verantwortlichkeit des
Gesellschafters im Falle kompensationsloser, zur Insolvenz führender - oder
diese vertiefender - Eingriffe in das auch als Haftungsfonds für die
Gläubiger dienende Gesellschaftsvermögen ist - wie schon erwähnt - eine
Lücke im Kapitalschutzrecht der GmbH in Bezug auf derartige Eingriffe des
Gesellschafters, die nicht oder nicht in vollem Umfang durch die §§ 30, 31
GmbHG ausgeglichen werden können. Dabei handelt es sich namentlich um solche
Eingriffe des Gesellschafters, die als solche oder deren Folgen in der für §
30 GmbHG maßgeblichen Stichtagsbilanz zu fortgeführten Buchwerten nicht oder
nur ungenügend abgebildet werden, so dass die Schutzfunktion der
Kapitalerhaltungsvorschriften von vornherein versagt; ferner geht es um
solche Eingriffe, bei denen eine Rückgewähr nach § 31 GmbHG allein die
Insolvenz nicht mehr zu beseitigen vermag (vgl. dazu: Röhricht, Festschrift
aaO, S. 93 f.; ders., ZIP aaO S. 514; vgl. auch: Hueck/Fastrich aaO § 13
Rdn. 18; Dauner-Lieb aaO S. 2037 f.).
25 Bei der Bestimmung der Rechtsgrundlage und der sachgerechten Grenzen der
Verantwortlichkeit des Gesellschafters für Eingriffe in den im
Gläubigerinteresse zweckgebundenen Haftungsfonds, mit denen die Solvenz der
Gesellschaft beeinträchtigt wird, geht es allein darum, dieses Vermögen der
Gesellschaft unter Schließung der von §§ 30, 31 GmbHG offen gelassenen
Schutzlücke auch jenseits der Stammkapitalziffer, soweit es zur
Gläubigerbefriedigung benötigt wird, vor derartigen Eingriffen des
Gesellschafters zu schützen (Röhricht, ZIP aaO S. 514). Der
existenzvernichtende Eingriff in das Gesellschaftsvermögen stellt - wie der
Senat schon bislang geurteilt hat - einen Verstoß gegen die Pflicht zur
Respektierung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen
Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger während der Lebensdauer der GmbH
dar; dabei ist die dem Gesellschafter solchermaßen als Verhaltenspflicht
auferlegte Rücksichtnahmepflicht als das systemimmanente normative Korrelat
der Instrumentalisierung der GmbH als haftungsbegrenzende Institution zu
verstehen (Zöllner aaO S. 23).
26 Das Schutzmodell zur Lückenschließung hat an dem durch den Verstoß gegen
diese Rücksichtnahmepflicht verletzten Schutzobjekt, d.h. an dem namentlich
im Gläubigerinteresse gebundenen Gesellschaftsvermögen selbst - und nicht
etwa bei den "mittelbar", d.h. reflexartig durch den Haftungsfonds
geschützten Forderungen des einzelnen bzw. der Vielzahl der Gläubiger -
anzusetzen.
27 Anders als der Senat bislang angenommen hat, besteht allerdings kein
Bedürfnis, einen solchen missbräuchlichen Eingriff in das
Gesellschaftsvermögen mit einem Verlust des Haftungsprivilegs gegenüber den
Gesellschaftsgläubigern und damit mit einer "Durchgriffshaftung wegen
Missbrauchs der Rechtsform der GmbH" (BGHZ 151, 181) zu sanktionieren.
Rechtsfolge wäre nämlich - im Sinne einer zumindest dogmatisch konsequent zu
Ende gedachten Haftungskonstruktion - eine grundsätzlich unbeschränkte
Durchgriffs-Außenhaftung gegenüber den Gläubigern nach dem Vorbild einer
Analogie zu § 128 HGB - wie sie der Senat im Übrigen weiterhin für die Fälle
der Vermögensvermischung bejaht, ohne diese freilich in die Fallgruppe des
existenzvernichtenden Eingriffs einzuordnen (so jüngst Sen.Urt. v. 14.
November 2005 - II ZR 178/03, ZIP 2006, 467 im Anschluss an BGHZ 125, 366).
Diesen Weg hat der Senat aber - wie die Korrekturen des Modells über die
Subsidiarität und den Einwand des gebotenen Alternativverhaltens zeigen - im
Ergebnis zu Recht nicht beschritten, weil eine derartige uneingeschränkte
Erfolgshaftung Gefahr liefe, in einer Vielzahl von Fällen weit über das Ziel
hinauszuschießen und der Gesellschaftsform der GmbH - entgegen den Zielen
des Gesetzgebers - den Boden zu entziehen.
28 b) Der missbräuchliche Eingriff in das Gesellschaftsvermögen unter
Verstoß gegen die Verpflichtung zur Respektierung seiner Zweckbindung zur
vorrangigen Gläubigerbefriedigung ist freilich schon begrifflich und auch
funktionell kein Missbrauch der Rechtsform, der als solcher an den
Fehlgebrauch der Rechtsform selbst anknüpft und nur bei ihrer Schaffung oder
beim Gebrauchmachen von ihr, also beim Abschluss von Geschäften denkbar ist
(so zutreffend Zöllner aaO S. 11). Deshalb kommt als gebotener Ausgleich für
den kompensationslosen, durch missbräuchlichen Eingriff verursachten Entzug
des Gesellschaftsvermögens entsprechend dem grundsätzlich geltenden
präventiven "Basisschutzkonzept" der §§ 30, 31 GmbHG nur eine Ersatzhaftung
gegenüber der Gesellschaft selbst als Trägerin des geschädigten
Gesellschaftsvermögens und damit eine Innenhaftung in Betracht. Dadurch wird
die im Hinblick auf den engen Anwendungsbereich der §§ 30, 31 GmbHG
entstehende Schutzlücke für das Gesellschaftsvermögen auch jenseits der
Stammkapitalziffer, soweit es zur Gläubigerbefriedigung benötigt wird,
systemkonform geschlossen: Die Existenzvernichtungshaftung soll wie eine
das gesetzliche Kapitalerhaltungssystem ergänzende, aber deutlich darüber
hinausgehende "Entnahmesperre" wirken, indem sie die sittenwidrige, weil
insolvenzverursachende oder -vertiefende "Selbstbedienung" des
Gesellschafters vor den Gläubigern der Gesellschaft durch die repressive
Anordnung der Schadensersatzpflicht in Bezug auf das beeinträchtigte
Gesellschaftsvermögen ausgleicht.
29 c) Anknüpfend an die Qualifizierung des existenzvernichtenden Eingriffs
als Verstoß gegen die Schutzpflicht der Respektierung der Zweckbindung des
Gesellschaftsvermögens bedarf es zur Sanktionierung des Verstoßes nicht
zwingend eines selbständigen, im Wege der Rechtsfortbildung zu schaffenden
gesellschaftsrechtlich fundierten Haftungsinstituts zur Erfüllung der durch
die §§ 30, 31 GmbHG offen gelassenen Schutzlücke; vielmehr ist es
ausreichend, diese Schutzfunktion im Bereich der ohnehin bereits seit jeher
hierfür herangezogenen gesetzlichen, deliktischen Schadensersatznorm des §
826 BGB anzusiedeln, und zwar wiederum in Form einer Innenhaftung gegenüber
der Gesellschaft.
30 d) Die Einordnung der Existenzvernichtungshaftung als besondere
Fallgruppe des § 826 BGB bietet sich schon deshalb an, weil bereits nach der
bisherigen Senatsrechtsprechung die Fälle der Existenzvernichtungshaftung
sich - wie gezeigt - im Grundsatz zwanglos unter diese Norm subsumieren
ließen. § 826 BGB verbietet vorsätzliche Schädigungen des
Gesellschaftsvermögens, die gegen die guten Sitten verstoßen. Dass dies bei
einer planmäßigen "Entziehung" von - der Zweckbindung zur vorrangigen
Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger unterliegendem - Vermögen der
Gesellschaft mit der Folge der Beseitigung ihrer Solvenz der Fall ist, kann,
wenn dies zudem - wie regelmäßig - zum unmittelbaren oder mittelbaren
Vorteil des Gesellschafters oder eines Dritten geschieht, nicht bezweifelt
werden (vgl. schon BGHZ 151, 181, 185). Dem Vorsatzerfordernis ist genügt,
wenn dem handelnden Gesellschafter bewusst ist, dass durch von ihm selbst
oder mit seiner Zustimmung veranlasste Maßnahmen das Gesellschaftsvermögen
sittenwidrig geschädigt wird; dafür reicht es aus, dass ihm die Tatsachen
bewusst sind, die den Eingriff sittenwidrig machen, während ein Bewusstsein
der Sittenwidrigkeit nicht erforderlich ist. Eine derartige
Sittenwidrigkeit betrifft nicht nur die Fälle, in denen die
Vermögensentziehung geschieht, um den Zugriff der Gläubiger auf dieses
Vermögen zu verhindern, sondern ist auch dann anzunehmen, wenn die faktische
dauerhafte Beeinträchtigung der Erfüllung der Verbindlichkeiten die
voraussehbare Folge des Eingriffs ist und der Gesellschafter diese
Rechtsfolge in Erkenntnis ihres möglichen Eintritts billigend in Kauf
genommen hat (Eventualdolus).
31 Die Bestimmung der Grenzen einer Existenzvernichtungshaftung durch ihre
Einordnung allein in den Anwendungsbereich der Deliktsnorm des § 826 BGB
erscheint dem Senat auch deshalb angemessen, weil eine reine erfolgsbezogene
Verursachungshaftung - wie bereits erwähnt - über das Ziel der angemessenen
Lückenschließung hinausginge und eine verschuldensunabhängige Erfolgshaftung
auch nicht die korrekte Sanktionsreaktion auf den existenzvernichtenden
Eingriff als schuldhafter Verletzung einer Verhaltenspflicht, d.h. der
Rücksichtnahmepflicht des Gesellschafters in Bezug auf das der Zweckbindung
der vorrangigen Gläubigerbefriedigung unterliegenden Gesellschaftsvermögen,
wäre. Die Begrenzung der Schadensersatzpflicht nach § 826 BGB auf mindestens
eventualvorsätzliches Handeln ist die folgerichtige Beschränkung der Haftung
entsprechend dem objektiven Haftungstatbestand des existenzvernichtenden
Eingriffs, der einen gezielten, betriebsfremden Zwecken dienenden Entzug von
Vermögenswerten voraussetzt, die die Gesellschaft zur Begleichung ihrer
Verbindlichkeiten benötigt (vgl. nur Sen.Urt. v. 13. Dezember 2004 - II ZR
256/02, ZIP aaO S. 252 - Handelsvertreter).
32 e) Die Ausgestaltung dieser Haftung als (deliktische)
Schadensersatzhaftung ist auch insoweit folgerichtig, als es im Rahmen der
gebotenen Schutzlückenschließung darum geht, die von den §§ 30, 31 GmbHG
nicht erfassten bzw. erfassbaren "weitergehenden" Kollateralschäden zu
decken, soweit dies zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist. Die
Einordnung der Existenzvernichtungshaftung in den Rahmen eines in § 826 BGB
integrierten (Innen-) Haftungskonzepts vermeidet von vornherein die
Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten, die sich aus dem bisherigen
mehrgleisigen Schutzsystem mit einer primären Innenhaftung nach §§ 30, 31
GmbHG, einer dieser nachfolgenden, im Ansatz unbegrenzten
Durchgriffs-Außenhaftung im Sinne einer reinen Erfolgshaftung und der sich
wiederum daran anschließenden partiellen Umkehr in eine
verschuldensabhängige Schadensersatzhaftung zur Begrenzung auf die
tatsächlichen Kollateralschäden ergeben.
33 f) Da die Schadensersatzhaftung nach § 826 BGB eine Ersatzhaftung im
Sinne des Einstehenmüssens für die durch den Entzug von
Gesellschaftsvermögen herbeigeführte Insolvenzreife der Gesellschaft oder
die Vertiefung ihrer Insolvenz darstellt, also Eingriffsausgleich ist,
erscheint es als selbstverständlich, dass diese Haftung eine reine
Innenhaftung ist, bei der die Gesellschaft als unmittelbar an ihrem -
freilich zweckgebundenen Vermögen - Geschädigte die Gläubigerin des
Anspruchs ist; demgegenüber ist dem Gesellschaftsgläubiger als nur
"mittelbar" von der Eingriffsfolge Betroffenem - zumindest grundsätzlich -
nicht der direkte, etwa mit dem Anspruch der Gesellschaft konkurrierende,
gleichartige Deliktsanspruch gegen den Gesellschafter zu gewähren. Die
Ausgestaltung der Existenzvernichtungshaftung gemäß § 826 BGB als
Innenhaftung, die auf der vorrangigen Anknüpfung an die sittenwidrige
Schädigung des Vermögens der Gesellschaft beruht, stellt in Ausfüllung ihrer
Funktion als Instrument der Schließung einer durch das
Kapitalerhaltungsrecht des GmbHG offen gelassenen Schutzlücke die gebotene
folgerichtige "Verlängerung" jenes Schutzsystems der §§ 30, 31 GmbHG auf der
Ebene des Deliktsrechts dar. Ein Direktanspruch der Gläubiger stünde im
Widerspruch zu dem in den Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG
verwirklichten - bei der Existenzvernichtungshaftung zu beachtenden -
Grundsatz, dass der Gläubigerschutz durch die Gesellschaft mediatisiert bzw.
die gläubigerschützende Haftung zugunsten der Gesellschaft "kanalisiert"
wird. Ob dies in besonders gelagerten Ausnahmefällen - etwa wenn das
Restvermögen der Gesellschaft gezielt zum Zwecke der Schädigung eines
einzigen verbliebenen Gesellschaftsgläubigers "beiseitegeschafft" wird -
anders zu beurteilen sein könnte, bedarf aus Anlass der Entwicklung der
Grundstruktur des neuen Modells keiner Erörterung.
34 g) Bei Insolvenzreife ist im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
der - originär der Gesellschaft zustehende - Anspruch wegen
Existenzvernichtung aus § 826 BGB vom Insolvenzverwalter geltend zu machen,
ohne dass es - anders als nach dem früheren Außenhaftungsmodell (vgl. dazu:
Sen.Urt. v. 20. September 2004, ZIP aaO S. 2140 - Rheumaklinik; Sen.Urt. v.
25. Juli 2005 - II ZR 390/03, ZIP 2005, 1734, 1738) - zur Begründung der
Zuständigkeit des Insolvenzverwalters einer Analogie zu § 93 InsO bedarf.
35 Damit besteht insoweit auch ein Gleichlauf mit den "Basisansprüchen" aus
§§ 30, 31 GmbHG, bei denen es sich ebenfalls um genuine
Innenhaftungs-ansprüche handelt, die im Insolvenzverfahren vom
Insolvenzverwalter geltend zu machen sind.
36 Freilich hat diese Innenhaftung sowohl bezüglich der Ansprüche aus §§ 30,
31 GmbHG also auch hinsichtlich derjenigen wegen Existenzvernichtung aus §
826 BGB zur Folge, dass den Gesellschaftsgläubigern, da es um den Ausgleich
des unmittelbaren Entzugs des Vermögens der Gesellschaft durch ihren
Gesellschafter geht, hinsichtlich beider Anspruchsnormen eine eigene
Forderungszuständigkeit fehlt, so dass sie im Fall der Nichteröffnung des
Insolvenzverfahrens - insbesondere bei masseloser Insolvenz - den
Gesellschafter nicht ohne weiteres unmittelbar selbst in Anspruch nehmen
können. Dies ist indessen eine Folge des gerade auch in der Insolvenz der
Gesellschaft wirksam werdenden Trennungsprinzips (§ 13 Abs. 2 GmbHG), das
grundsätzlich nicht dadurch durchbrochen werden darf, dass dem
Gesellschaftsgläubiger der unmittelbare Zugriff auf den Gesellschafter
gestattet wird. Das ist im Bereich der §§ 30, 31 GmbHG unumstritten,
gilt aber auch für die darüber hinausgehenden Ansprüche der Gesellschaft
wegen Existenzvernichtung aus § 826 BGB. Außerhalb des
Insolvenzverfahrens sind daher die Gläubiger auf den "Umweg" verwiesen, erst
aufgrund eines Titels gegen die Gesellschaft nach der Pfändung und
Überweisung der Gesellschaftsansprüche gegen den Gesellschafter vorgehen zu
können (vgl. auch Sen.Urt. v. 24. Oktober 2005 - II ZR 129/04, ZIP 2005,
2257 - zur Unterbilanzhaftung als Innenhaftung).
37 In der Praxis wird diese - innenhaftungsbedingte - Erschwernis für die
Gesellschaftsgläubiger ohnehin eine geringere Rolle spielen, als in der
Literatur hervorgehoben wird, weil im Regelfall bei Insolvenzreife der
Gesellschaft der Insolvenzverwalter erfolgversprechende Ansprüche aus
Existenzvernichtungshaftung im Insolvenzstatus aktivieren und dann auch
gegen den Gesellschafter verfolgen wird. Ist hingegen ein
existenzvernichtender Eingriff eher unwahrscheinlich oder schwer belegbar,
so dass der Insolvenzverwalter von der Rechtsverfolgung Abstand nimmt und
die Insolvenz "masselos" bleibt, so ist es für den Gesellschaftsgläubiger
nicht unzumutbar, wenn er bei dem - von dem Insolvenzverwalter als dem
berufenen Vertreter der Verfolgung der Gläubigerinteressen ohnehin als wenig
erfolgversprechend eingestuften - Versuch einer Realisierung seiner
Forderung auf den beschriebenen prozessualen Umweg angewiesen ist.
38 h) Anders als nach dem bisherigen Haftungsmodell eines selbständigen
Existenzvernichtungsanspruchs besteht für die Annahme einer Subsidiarität
des Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB im Verhältnis zu den Ansprüchen
aus §§ 30, 31 GmbHG keine Notwendigkeit.
39 Zwar dient die Existenzvernichtungshaftung als solche und ihre Einordnung
nunmehr in § 826 BGB der Schließung einer Schutzlücke für die durch den
Eingriff veranlassten Schäden "jenseits der Stammkapitalziffer", also
insbesondere die weitergehenden sog. Kollateralschäden als Folge des
Eingriffs. Eine Ausgestaltung des neuen Haftungsmodells dahingehend, die
Schadensersatzhaftung auch nur jenseits der Grenze der §§ 30, 31 GmbHG
beginnen zu lassen, ist jedoch schon deswegen nicht zwingend geboten, weil
die Haftung an dem einheitlichen, zur Insolvenz der Gesellschaft führenden
Eingriff in das Gesellschaftsvermögen anknüpft. Auf der Rechtsfolgenseite
umfasst der zu ersetzende Schaden den nach §§ 30, 31 GmbHG bestehenden
Erstattungsanspruch gegen den Gesellschafter auf Rückgewähr der empfangenen
verbotenen Leistungen. Zudem steht die Schutzfunktion der deliktsrechtlichen
Norm des § 826 BGB einer Schadensersatzbegrenzung entgegen.
40 Nach dem neuen Haftungskonzept des Senats besteht daher zwischen beiden
Ansprüchen, soweit sich diese überschneiden, Anspruchsgrundlagenkonkurrenz.
Dadurch wird im Übrigen der Gesellschaft bzw. dem Insolvenzverwalter die
Rechtsverfolgung in zulässiger Weise erleichtert, weil auch dann, wenn etwa
der Nachweis eines existenzvernichtenden Eingriffs i.S. des § 826 BGB nicht
gelingt, die Rechtsverfolgung - ohne Änderung des prozessualen
Streitverhältnisses - immer noch wenigstens im Umfang des Vorliegens
verbotener Auszahlungen i.S. der §§ 30, 31 GmbHG erfolgreich sein kann.
41 i) Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt im Rahmen von § 826
BGB grundsätzlich, dass die Gesellschaft als Gläubigerin die Darlegungs- und
Beweislast für alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des
Delikts trägt (st.Rspr.: vgl. nur BGHZ 30, 226; 160, 134, 145; h.M.: vgl.
nur Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. vor § 284 Rdn. 20 m.w.Nachw.), mithin
insbesondere in diesem Rahmen auch den vollen Kausalitätsnachweis zu
erbringen hat.
42 4. Auch nach diesen neuen Maßstäben hält das angefochtene Urteil den
Revisionsangriffen in zentralen Punkten nicht stand.
43 a) Allerdings kommt der Beklagte - entgegen der Ansicht der Revision -als
möglicher Adressat einer Existenzvernichtungshaftung in Betracht.
44 Nach den insoweit auch im Rahmen von § 826 BGB fortgeltenden - vom
Berufungsgericht noch zutreffend zugrunde gelegten - Grundsätzen der
bisherigen Senatsrechtsprechung ist Adressat einer Haftung wegen
existenzvernichtenden Eingriffs auch derjenige, der zwar nicht an der
geschädigten GmbH, wohl aber an einer Gesellschaft beteiligt ist, die
ihrerseits Gesellschafterin der GmbH ist (Gesellschafter-Gesellschafter);
dies gilt jedenfalls dann, wenn er einen beherrschenden Einfluss auf die
(geschädigte) Gesellschaft ausüben kann (Sen.Urt. v. 13. Dezember 2004 - II
ZR 206/02, ZIP 2005, 117, 118 - Autovertragshändler). In dieser Lage ist
nicht auf die formaljuristische Konstruktion, sondern auf die tatsächliche
Einflussmöglichkeit abzustellen. Es wäre unbillig, wenn sich derjenige, in
dessen Händen die Entscheidungsstränge der verschiedenen Gesellschaften
zusammenlaufen, mit dem Hinweis auf seinen nur mittelbaren Anteilsbesitz der
Verantwortung entziehen und die Gläubiger auf eine Inanspruchnahme der
zwischengeschalteten Gesellschaft verweisen könnte. Wer in einer solchen
Konstellation wie ein Gesellschafter handelt, muss sich auch wie ein solcher
behandeln lassen.
45 Der Beklagte ist dementsprechend bei der gebotenen Gesamtbetrachtung auch
für den Zeitraum ab Übertragung seiner Mehrheitsanteile an der Schuldnerin
auf die damals im Alleinbesitz seiner Mutter stehende J. GmbH im Jahr 1996
bis zur (Wieder-)Erlangung der - nunmehr mittelbaren - Mehrheitsmacht an der
Schuldnerin infolge des Erwerbs aller Anteile an der J. GmbH von seiner
Mutter im August 1998 als unmittelbarer ("faktischer") Gesellschafter der
Schuldnerin zu behandeln. Während der gesamten Zeit der werbenden Tätigkeit
der Schuldnerin war es der Beklagte, der ihre Geschicke, wenn auch mittels
unterschiedlicher rechtlicher Konstruktionen unter Einbeziehung seiner
Ehefrau und seiner Mutter, maßgeblich bestimmte. So war er bis August 1999
deren alleiniger Geschäftsführer und danach Prokurist. Bereits in der Zeit,
in der er zunächst Mehrheitsgesellschafter der Schuldnerin war, hatte ihm
die einzige Mitgesellschafterin, seine Ehefrau, schon 1996 Generalvollmacht
erteilt. Nachdem er seine Anteile an der Schuldnerin zunächst auf die J.
GmbH übertragen hatte, war er deren alleiniger Geschäftsführer sowie
Generalbevollmächtigter seiner Mutter als damaliger Alleingesellschafterin
der J. GmbH. Später wurde er selbst Alleingesellschafter der J. GmbH und
damit wieder - nunmehr mittelbarer - Mehrheitsgesellschafter der
Schuldnerin. Darüber hinaus war er alleiniger Geschäftsführer der W. -Hotel
GmbH, deren Anteile ihrerseits zu 90 % von der J. GmbH und im Übrigen von
der Mutter des Beklagten gehalten wurden. In sämtlichen Positionen als
Geschäftsführer war er von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Bei
dieser Sachlage kann dahinstehen, dass er die formale
Gesellschafter-Gesellschafterposition erst nach dem Zustandekommen der
Mehrzahl der potentiell existenzvernichtenden Vertragsabschlüsse und
-gestaltungen erlangt hat. Zumindest hat er sich die ihm vorgeworfenen
fortwirkenden andauernden Beeinträchtigungen als Folge der angeblich für die
Schuldnerin nicht auskömmlichen Umsatzbeteiligung "zu eigen gemacht"; zur
Zeit der weiteren Herabsetzung der Vergütung war er im Übrigen bereits deren
mittelbarer Gesellschafter.
46 Darauf, dass im Rahmen des neuen Haftungskonzepts nach § 826 BGB ohnehin
für eine Haftungszurechnung an den Beklagten eine Beteiligung i.S. von § 830
BGB ausreichen würde und eine solche in der vorliegenden Konstellation
während der Zwischenzeit der "Verlagerung" seiner Mehrheitsbeteiligung an
der Schuldnerin auf seine Mutter zumindest nahe liegt, kommt es danach nicht
mehr an; Gleiches gilt für eine - parallel mögliche - Verantwortlichkeit des
Beklagten als Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG in diesem Zeitraum.
47 b) Rechtsfehlerhaft ist indessen die Annahme des Berufungsgerichts, die
Sicherungsübereignung des Hotelinventars stelle sich als
existenzvernichtender Eingriff dar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob -
worüber die Parteien streiten - insoweit ein wirksames Rechtsgeschäft
vorliegt. Wäre die Sicherungsübereignung - ebenso wie der zugrunde liegende
Darlehensvertrag - ein Scheingeschäft, weil - wie das Berufungsgericht in
Art. 103 Abs. 1 GG verletzender Weise angenommen hat - überhaupt kein
Darlehen gewährt werden sollte und auch nicht wurde, wäre sie gemäß § 117
BGB nichtig. Schon deshalb kommt es nicht auf die Ansicht des
Berufungsgerichts an, es fehle für eine Sicherungsübereignung an einer
verifizierbaren Gegenleistung.
48 Im Übrigen waren in jedem Fall die übliche Weiterbenutzung des
Sicherungsgutes seitens des Sicherungsgebers und damit insoweit auch die
Betriebsfortführung sichergestellt. Soweit das Berufungsgericht gemeint hat,
die Sicherungsübereignung habe eine empfindliche Beeinträchtigung der
Kreditfähigkeit der Schuldnerin nach sich gezogen, fehlt dafür jeglicher
konkrete - für die Auslösung einer Haftung wegen Existenzvernichtung oder
aus § 43 Abs. 2 GmbHG erforderliche - Anhalt; nach den Feststellungen ist
schon nicht ersichtlich, inwiefern tatsächlich ein Bedürfnis zur
Kreditaufnahme bestanden hätte, dem gerade wegen der Sicherungsübereignung
nicht hätte entsprochen werden können. Tatsächlich sind Kredite aufgenommen
worden, die durch Gesellschafterbürgschaften abgedeckt wurden.
49 c) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts stellt auch die
Vereinbarung vom 20. März 1998 über die vorfristige Aufhebung des
Pachtvertrages bezüglich des Betriebsgrundstücks zum 31. März 1998 auf der
Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen keinen
existenvernichtenden Eingriff dar. Abgesehen davon, dass der Pachtvertrag
ohnehin fünf Monate später ausgelaufen wäre, befand sich die Schuldnerin im
Zeitpunkt der Aufhebung mit erheblichen Pachtzahlungen im Rückstand, so dass
eine fristlose Kündigung gerechtfertigt gewesen wäre. Unabhängig von der
Frage, ob etwa die Pachtüberlassung bereits eigenkapitalersetzend geworden
war, bedeutete die Kündigung zum einen, dass die Schuldnerin für die Zukunft
keinen Pachtzins mehr zahlen musste; zum anderen hat der Beklagte unter
Beweisantritt vorgetragen, er habe der Schuldnerin alle etwa noch
rückständigen Pachtzahlungen mit Ablauf des 31. März 1998 vollständig
erlassen. Die Aufhebung des Pachtvertrages mit der Schuldnerin und ein
Neuabschluss mit der W. -Hotel GmbH entzog der Schuldnerin auch nicht ihre
Existenzgrundlage. Denn der gleichzeitig abgeschlossene Management- und
Geschäftsbesorgungsvertrag sah vor, dass die Schuldnerin das Hotel - ohne
für den Pachtzins aufkommen zu müssen - weiterhin in wesentlichem Umfang
gegen Umsatzbeteiligung betreiben konnte.
50 d) War somit durch den Management- und Geschäftsbesorgungsvertrag an sich
die Grundlage für ein weiteres selbständiges Wirtschaften der Schuldnerin
gegeben, so kann hierin ein existenzvernichtender Eingriff i.S. der
sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung gemäß § 826 BGB allenfalls dann
liegen, wenn die in dem Vertrag vorgesehene Umsatzbeteiligung von zunächst
40 % derart unvertretbar niedrig war, dass eine Insolvenz der Schuldnerin
als Folge einer solchen Unangemessenheit bereits zu jenem Zeitpunkt
praktisch unausweichlich war. Dies hat das Berufungsgericht zwar im Ergebnis
offenbar angenommen, jedoch insoweit - wie die Revision mit Recht rügt -
keine verfahrensrechtlich einwandfreien Feststellungen getroffen. Hierzu
hätte es die von der Schuldnerin insbesondere durch die Bereitstellung des
Personals und des Inventars erbrachte Leistung zu derjenigen der W. -Hotel
GmbH, die den Pachtzins und die sonstigen Sachkosten zu tragen hatte, in
Beziehung setzen und mit Hilfe eines - nicht nur von dem insoweit
beweispflichtigen Kläger, sondern gegenbeweislich auch vom Beklagten
beantragten - Sachverständigengutachtens die zwischen den Parteien
umstrittene Frage der Branchenüblichkeit oder -unüblichkeit des Management-
und Geschäftsbesorgungsvertrages klären müssen.
51 e) Ähnliches gilt für die auf Verlangen der W. -Hotel GmbH durch Nachtrag
vom 1. Januar 1999 vereinbarte, erhebliche Herabsetzung der
Umsatzbeteiligung der Schuldnerin auf 28 %. Der Beklagte hat dies zum einen
mit einer - auch vom Kläger nicht in Abrede gestellten - geringeren
Auslastung des Hotels und zum anderen damit begründet, dass die Schuldnerin
weniger und schlechter ausgebildetes Personal für den Hotelbetrieb
eingesetzt habe. Auch hiermit hat sich das Berufungsgericht nicht
auseinandergesetzt, obwohl unstreitig ist, dass in dem betreffendem Zeitraum
zehn Fachkräfte von der Schuldnerin entlassen wurden, so dass jedenfalls ein
stark reduzierter Einsatz von Personal vorgelegen hat. Zwar könnte das
Argument des Umsatzrückganges durch geringere Gästezahlen allein die
Reduzierung der Vergütung nicht ohne weiteres rechtfertigen, weil mit dem
Absinken des Umsatzes automatisch auch die Vergütung der Schuldnerin
zurückging, so dass eine zusätzliche Reduktion der Beteiligungsquote die
Schuldnerin zugunsten der W. -Hotel GmbH "doppelt" treffen musste.
Gleichwohl greift auch in diesem Zusammenhang die Revisionsrüge des
Beklagten durch, dass die streitige Frage einer Unausgewogenheit der
Vergütung infolge der zusätzlichen Reduzierung des umsatzabhängigen
Pauschalhonorars und einer daraus etwa resultierenden "Existenzvernichtung"
der Schuldnerin verfahrensrechtlich einwandfrei nur nach Einholung eines -
auch insoweit beantragten - Sachverständigengutachtens hätte beantwortet
werden können.
52 III. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das
Berufungsurteil der Aufhebung; mangels Endentscheidungsreife ist die Sache
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO), damit es
auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des Senats zum
existenzvernichtenden Eingriff - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der
Parteien auch zu mindestens hilfsweise in Betracht kommenden Ansprüchen aus
§§ 30, 31 GmbHG, eventuell auch aus § 43 Abs. 2 GmbHG - die noch
erforderlichen Feststellungen treffen kann.
53 Im Einzelnen weist der Senat noch auf Folgendes hin:
54 1. Das Berufungsgericht wird im Wesentlichen der Frage der vom Kläger
behaupteten Unausgewogenheit der vereinbarten Umsatzbeteiligung von zunächst
40 % und später 28 % nachzugehen und den diesbezüglich angebotenen
Sachverständigenbeweis zu erheben haben. Sollte die Umsatzbeteiligung der
Schuldnerin von nur 40 % bzw. deren Herabsetzung auf sogar 28 % sich als
grob unangemessen und damit unternehmerisch unvertretbar erweisen und im
Zeitpunkt der jeweiligen Vereinbarung - für den Beklagten erkennbar (vgl.
zum Vorsatz: BGH, Urt. v. 11. November 2003 - VI ZR 371/02, NJW 2004, 446,
448) - zwangsläufig auf die Insolvenz der Schuldnerin hinausgelaufen sein
(Kausalitätsfrage), so wäre in einem weiteren Schritt im Rahmen der
Schadensberechnung zu klären, wie hoch der dadurch bei der Schuldnerin
entstandene Gewinnausfall im Verhältnis zu einer angemessenen Beteiligung
ist.
55 Dieser Differenzgewinnausfall ist dann vom Beklagten nach § 826 BGB zu
ersetzen, soweit er für die Fähigkeit der Gesellschaft, ihre Schulden zu
bezahlen, notwendig ist.
56 2. Soweit die W. -Hotel GmbH die angemeldeten Insolvenzforderungen
erfüllt oder erworben hat und sich nunmehr in der Rolle als
Insolvenzgläubigerin selbst nicht mehr als durch den Beklagten "geschädigt"
ansieht und es infolgedessen zu einer Einstellung des Insolvenzverfahrens
kommen sollte, würde freilich i.S. des § 826 BGB ein Schaden bzw. auch i.S.
der §§ 30, 31 GmbHG das Erfordernis der "Rückleistung" an den Kläger
entfallen, weil der Betrag zur Befriedigung von Gläubigern nicht mehr
benötigt wird.
57 Zu dem vom Beklagten jedenfalls zu ersetzenden Schadensersatz gehören
auch die Kosten des vorläufigen Insolvenzverfahrens und des
Insolvenzverfahrens, soweit die Schuldnerin ohne den schädigenden Eingriff
nicht insolvenzreif geworden wäre. Unter Umständen wird das Berufungsgericht
in diesem Zusammenhang auch zu prüfen haben, ob die Kosten des
Prozessfinanzierers berücksichtigungsfähig sind, was nur anhand des -
bislang nicht vorgetragenen - Vertrages beantwortet werden könnte.
|