IPR: Anknüpfung der
Rechtsscheinhaftung; Rechtsscheinhaftung des für eine Gesellschaft
auftretenden Vertreters bei Weglassung des GmbH-Formzusatzes (Verstoß gegen
§ 4 GmbHG) analog § 179 I BGB bei ausländischer GmbH (hier: niederländische
B.V.) - Substitution
BGH, Urteil vom 5. Februar
2007 - II ZR 84/05
Fundstelle:
NJW 2007,1529 mit Rezensionsaufsatz Kindler NJW 2007, 1785
Amtl. Leitsatz:
a) Die
Rechtsscheinhaftung wegen Fortlassung des nach § 4 GmbHG vorgeschriebenen
Formzusatzes trifft ausschließlich den für die Gesellschaft auftretenden
Vertreter (Bestätigung des Sen.Urt. v. 8. Juli 1996 - II ZR 258/95, NJW
1996, 2645).
b) Dies gilt entsprechend bei Weglassung des Rechtsformzusatzes "BV" einer
niederländischen Besloten Vennootschap, wenn der durch den für sie
auftretenden Vertreter verursachte Rechtsschein in Deutschland entstanden
ist und sich dort ausgewirkt hat.
Zentrale Probleme:
Es geht um das Problem der Haftung desjenigen, der für
eine GmbH rechtsgeschäftlich handelt, dabei aber nicht deutlich macht, daß
der Vertretene eine GmbH ist, d.h. keine natürliche Person für die
Verpflichtung aus dem Vertrag haftet. Bei einem solchen Verstoß gegen § 4
GmbHG haftet der Vertreter nach der Rspr. des BGH analog § 179 I BGB auf
Schadensersatz. Hier ging es um ein Handeln für eine niederländische B.V.
Der Senat knüpft die Haftung international-privatrechtlich zutreffend an den
Handlungsort an, weil dort der Rechtsschein, eine natürliche Person hafte,
entstanden ist. Zu Recht wird darin - anders als wohl noch in BGH NJW 2005,
1648 - kein europarechtliches Problem der Niederlassungsfreiheit gesehen,
weil einerseits die Haftung nicht an die Verletzung bestimmter
gesellschaftsrechtlicher Organpflichten, sondern an das Handeln eines
Vertreters anknüpft und andererseits auch das niederländische Recht die
Führung des Namenszusatzes "B.V." wie § 4 GmbH vorschreibt (genau genommen
ist das international-privatrechtliche ein Fall der Substitution: Im Rahmen
der analogen Anwendung von § 179 BGB wird § 4 GmbHG durch die entsprechende
Regelung des niederländischen Rechts ersetzt).
Der Anspruch richtet sich aber gegen den Handelnden Vertreter selbst und
nicht gegen den gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft, wenn dieser nicht
selbst gehandelt hat. Daher war hier der Anspruch nicht gegen den Bekl.
(Geschäftsführer der B.V.), sondern allenfalls gegen den von diesem
bevollmächtigten, allein handelnden Stellvertreter gegeben. Der Kläger hatte
hier also die falsche Person verklagt. Der Literaturansicht, nach welcher
eine Rechtsscheinhaftung auch auf den im Hintergrund bleibenden mittelbaren
Veranlasser wegen Verletzung sonstiger Verhaltenspflichten zu erstrecken
oder gar ausschließlich auf diesen zu beschränken ist, schließt sich der
Senat nicht an, läßt aber offen, ob "in einem extremen Ausnahmefall - z.B.
bei planmäßigem Vorschieben eines indolosen Bevollmächtigten durch einen
Geschäftsführer zur Vermeidung einer Eigenhaftung" auf deliktsrechtlichem
Wege (§ 826 BGB) eine Haftung des Geschäftsführers selbst in Betracht
kommt..
©sl 2007
Tatbestand:
1 Die Kläger schlossen am 17. November 2000 einen Generalunternehmervertrag
über die Herstellung eines schlüsselfertigen Einfamilienhauses auf ihrem in
St. A. gelegenen Grundstück. Auf Seiten der Auftragnehmerin unterzeichnete
die für sie bei Vertragsschluss in Vollmacht auftretende Zeugin B. die
Vertragsurkunde mit dem Zusatz "i. A.". Die Auftragnehmerin war im Rubrum
des Vertrages wie folgt bezeichnet:
"O. L.
Zweigniederlassung Deutschland Bo. Ar. & S. J.
E. , Le. weg 1
Tel.: 0. ".
2 Die O. L. B.V. ist eine im Handelsregister der Handelskammer Süd-L.
(Niederlande) eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung
niederländischen Rechts, die eine seit dem 14. Dezember 1998 im
Handelsregister des Amtsgerichts Be. (HRB-Nr.: 3 ) unter der Firma "O. L.
B.V. Zweigniederlassung Deutschland" eingetragene Zweigniederlassung mit
Sitz in E. unterhält; Geschäftsführer der Gesellschaft ist Bo. Ar. J.
(Beklagter zu 1), dessen Sohn S. J. (früherer Beklagter zu 2) ist Prokurist.
Nach der Abnahme des errichteten Einfamilienhauses unter "Mängelvorbehalt"
und erfolglosem Mängelbeseitigungsbegehren führten die Kläger ein
selbständiges Beweisverfahren durch, in dem der Sachverständige die
voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten auf ca. 70.000,00 € bezifferte.
3 Mit der Klage machen die Kläger, die bislang den in der Schlussrechnung
ausgewiesenen Restvergütungsanspruch in Höhe von 93.674,40 € einbehalten
haben, Minderungs- und Kostenvorschussansprüche in Höhe von insgesamt
84.262,80 € gegen die Beklagten als Gesamtschuldner geltend, weil nach ihrer
Ansicht diese - mangels eines Hinweises auf eine beschränkt haftende
Gesellschaft - selbst Vertragspartei geworden sind. Das Landgericht hat die
Klage mit der Begründung abgewiesen, der Vertrag sei nach den Grundsätzen
des unternehmensbezogenen Geschäfts mit der O. L. B.V. zustande gekommen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger, soweit sie gegen den
Beklagten zu 2 gerichtet war, zurückgewiesen. Demgegenüber hat es der Klage
gegen den Beklagten zu 1 dem Grunde nach stattgegeben und die Sache insoweit
zur Durchführung des Höheverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit
der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte zu
1 sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision des Beklagten zu 1 ist begründet und führt in diesem Umfang
zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur (vollständigen) Wiederherstellung
des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils.
5 I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
6 Der Bauvertrag vom 17. November 2000 sei zwar nach den Grundsätzen des
unternehmensbezogenen Geschäfts zwischen den Klägern und der O. L. B.V.
zustande gekommen. Jedoch habe neben der Gesellschaft auch der Beklagte zu 1
als deren Geschäftsführer aus dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung -
die auch auf Vertreter von Gesellschaften ausländischen Rechts mit
beschränkter Haftung anwendbar sei - wegen Weglassens des analog § 4 GmbHG
(früher: § 4 Abs. 2 a.F. GmbHG) vorgeschriebenen Firmenzusatzes "B.V." im
Zusammenhang mit dem schriftlichen Vertragsabschluss durch die Zeugin B. für
die Erfüllung der von den Klägern erhobenen Gewährleistungsansprüche
einzustehen. Der Beklagte habe zwar nicht selbst unmittelbar beim Abschluss
des Generalunternehmervertrages mit den Klägern mitgewirkt; jedoch hafte er
nach der insoweit einschlägigen älteren Senatsrechtsprechung (BGHZ 71, 354,
358) auch dafür, dass er - unter Verletzung der ihm als Geschäftsführer
obliegenden Instruktions- und Überwachungspflichten - nicht durch geeignete
Vorkehrungen sichergestellt habe, dass die bevollmächtigte Zeugin B. bei
Abschluss des schriftlichen Vertrages für die vorgeschriebene Firmierung der
O. mit dem haftungsbeschränkenden B.V.-Zusatz gesorgt und dadurch bei den
Klägern das Vertrauen in eine unbeschränkte Haftung ihres Vertragspartners
erweckt habe. Die abweichende neuere Senatsentscheidung vom 8. Juli 1996 (II
ZR 258/95, NJW 1996, 2645), nach der die Rechtsscheinhaftung wegen
Fortlassung des nach § 4 GmbHG vorgeschriebenen Formzusatzes ausschließlich
den für die Gesellschaft auftretenden Vertreter treffe, sei im vorliegenden
Fall nicht einschlägig, da sie nur die Bevollmächtigung eines Angestellten
durch den Prokuristen, nicht jedoch - wie hier - durch den Geschäftsführer
einer GmbH betreffe.
7 II. Diese Beurteilung hält im entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
8 1. Noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon
ausgegangen, dass für die Frage der von ihm angenommenen Rechtsscheinhaftung
des Beklagten zu 1 als Geschäftsführer der O. B.V., einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung niederländischen Rechts, das deutsche materielle Recht
anwendbar ist.
9 Bei der Haftung wegen fehlenden Firmenzusatzes handelt es sich nach
ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung um eine Rechtsscheinhaftung
entsprechend § 179 BGB (Sen.Urt. v. 8. Juli 1996 - II ZR 258/95, ZIP
1996, 1511 f.; Sen.Urt. v. 24. Juni 1991 - II ZR 293/90, ZIP 1991, 1004 f. -
jeweils m.w.Nachw.). Maßgeblich für die internationalprivatrechtliche
Anknüpfung ist bei der Rechtsscheinhaftung der Ort, an dem der Rechtsschein
entstanden ist und sich ausgewirkt hat (BGHZ 43, 21, 27 -
Anscheinsvollmacht; h.M.: vgl. nur Kindler in MünchKommBGB 4. Aufl. IntGesR
Rdn. 630; Rehberg in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften im
deutschen Recht § 5 Rdn. 102 ff.; Eidenmüller in Eidenmüller aaO § 4 Rdn. 29
ff.; Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl. § 164 Rdn. 3 - jeweils m.w.Nachw.).
10 Die durch Verletzung der Pflicht zur Führung des Firmenzusatzes
begründete Rechtsscheinhaftung knüpft nicht an die Verletzung spezifischer
Organpflichten an und untersteht schon aus diesem Grund nicht dem
Gesellschaftsstatut; daher ist auch die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43,
48 EGV insoweit nicht berührt (zutr. Kindler aaO Rdn. 630, 413 ff.).
11 Die Niederlassungsfreiheit wird aber auch nicht etwa dadurch
unzulässig tangiert, dass eine bei Weglassung des Firmenzusatzes drohende
Rechtsscheinhaftung die O. L. B.V. indirekt zur Beachtung deutschen
Firmenrechts zwingen könnte; denn ein dem deutschen Recht entsprechender,
auf die Haftungsbeschränkung hinweisender Firmenzusatz ("GmbH") ist - in
Übereinstimmung mit den Vorgaben des Art. 4 der Publizitätsrichtlinie
(Erste Richtlinie des Rates v. 9. Mai 1968 - ABl. Nr. L 65/8 -, zuletzt
geändert durch Beitrittsvertrag v. 16. April 2003 - ABl. Nr. L 236/33) -
auch nach niederländischem Recht gemäß Art. 177 Buergerlijk Wetboek (BW) für
das Handeln der Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung (Besloten
Vennootschap) im Rechtsverkehr in vergleichbarer Form ("B.V.") zwingend
vorgeschrieben (vgl. auch Art. 186 BW).
12 2. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht ebenfalls noch
zutreffend eine vertragliche Gewährleistungshaftung des Beklagten zu 1
gegenüber den Klägern verneint, weil deren Vertragspartner aufgrund des von
der Zeugin B. als Vertreterin der "O. L. Niederlassung Deutschland" ohne den
entsprechend § 4 GmbHG erforderlichen B.V.-Zusatz unterzeichneten Vertrages
nicht der Beklagte zu 1, sondern - nach den Grundsätzen des
unternehmensbezogenen Vertreterhandelns (st.Rspr.: vgl. Sen.Urt. v. 8. Juli
1996 - II ZR 258/95 aaO S. 1512; Sen.Urt. v. 24. Juni 1991 - II ZR 293/90
aaO S. 1005; Sen.Urt. v. 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, NJW 1990, 2678) -
die O. L. B.V. geworden ist.
13 3. Unzutreffend ist jedoch die weitere Annahme des Berufungsgerichts,
der Beklagte zu 1 hafte den Klägern - obwohl persönlich diesen gegenüber
beim Vertragsschluss nicht aufgetreten - aus dem Gesichtspunkt der
Rechtsscheinhaftung, weil er wegen Verletzung ihm obliegender Instruktions-
und Überwachungspflichten für die Fortlassung des nach § 4 GmbHG
vorgeschriebenen Formzusatzes "B.V." durch die Zeugin B. und den dadurch
erzeugten Anschein einer persönlichen Haftung des "Inhabers" des
Unternehmens mitverantwortlich sei.
14 Nach gefestigter Senatsrechtsprechung haftet der für eine Gesellschaft
mit beschränkter Haftung im Geschäftsverkehr Auftretende - gleichgültig, ob
dies der Geschäftsführer selbst oder ein anderer Vertreter ist - wegen
Verstoßes gegen § 4 GmbHG aus dem Gesichtspunkt einer Rechtsscheinhaftung
analog § 179 BGB dann, wenn er durch sein Zeichnen der Firma ohne Formzusatz
das berechtigte Vertrauen des Geschäftsgegners auf die Haftung mindestens
einer natürlichen Person hervorgerufen hat (Sen.Urt. v. 8. Juli 1996 -
II ZR 258/95 aaO S. 1512; Sen.Urt. v. 24. Juni 1991 - II ZR 293/90 aaO S.
1005 -jeweils m.w.Nachw.). Diese Rechtsscheinhaftung wegen Fortlassung
des nach § 4 GmbHG vorgeschriebenen Formzusatzes trifft - wie der Senat in
dem Urteil vom 8. Juli 1996 (aaO) (nochmals) ausdrücklich und, anders als
das Berufungsgericht meint, allgemeingültig klargestellt hat -
"ausschließlich" den für die Gesellschaft auftretenden Vertreter selbst.
15 Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war dies im vorliegenden
Fall - wie die Revision zutreffend geltend macht - nicht der Beklagte zu 1,
sondern allein die von diesem wirksam bevollmächtigte Zeugin B. , die den
schriftlichen Generalunternehmervertrag mit den Klägern namens der "O. L. "
abgeschlossen und dabei durch Weglassung des B.V.-Zusatzes den Anschein
erweckt hat, deren Inhaber (wer immer dies sei) hafte den Klägern
unbeschränkt.
16 Die Beschränkung der Rechtsscheinhaftung auf den "zeichnenden"
Vertreter gilt - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unabhängig von
der Person des Handelnden und seiner rechtlichen Qualifikation und
unabhängig auch von der Person des etwaigen Vollmachtgebers (Sen.Urt. v.
24. Juni 1991 - II ZR 293/90 aaO S. 1005). Eine (Mit-)Haftung des nicht
unmittelbar handelnden, gleichsam im Hintergrund bleibenden
Gesellschaftsorgans wegen einer bloßen Mitverursachung des von dem
unmittelbar Handelnden gesetzten Rechtsscheins durch Verletzung sonstiger
Handlungs-, Überwachungs- oder Instruktionspflichten kommt nicht in
Betracht.
17 Wie der Senat mehrfach betont hat, beruht die Haftung des ("zeichnenden")
Vertreters auf einer entsprechenden Heranziehung des Rechtsgedankens des §
179 BGB (Sen.Urt. v. 24. Juni 1991 - II ZR 293/90 aaO S. 2628; so schon
Sen.Urt. v. 1. Juni 1981 - II ZR 1/81, ZIP 1981, 983, 984). § 179 BGB
begründet insoweit keine allgemeine, verhaltenspflichtenorientierte
Rechtsscheinhaftung, sondern eine schuldunabhängige Garantiehaftung, die
allein auf dem Umstand basiert, dass die unmittelbar auftretende Person
durch die dem Vertragspartner gegenüber abgegebene sachlich unzutreffende
Erklärung den Vertrauenstatbestand geschaffen hat, ihm hafte zumindest eine
(natürliche) Person unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen; dieses spezielle
Vertrauen kann der irregeleitete Vertragspartner gegenüber einem im
Hintergrund bleibenden "Dritten" (Vollmachtgeber) nicht beanspruchen, so
dass die Haftung wegen des fehlenden Firmenzusatzes auf den im konkreten
Fall für die Gesellschaft auftretenden Vertreter zu beschränken ist, der die
falsche Erklärung abgegeben hat.
18 Das vom Berufungsgericht zur Rechtfertigung seiner gegenteiligen Ansicht
herangezogene Senatsurteil vom 8. Mai 1978 (II ZR 97/77, BGHZ 71, 354, 358)
betraf den Sonderfall der Umwandlung einer Zweimann-OHG in eine GmbH & Co.
KG, in dem das Unternehmen von den beiden Gesellschaftern - nunmehr als
Kommanditisten und Geschäftsführern der KomplementärGmbH - unter der
bisherigen Firma weitergeführt wurde und in dem der zugrunde liegende
Auftrag die maschinenschriftliche Unterschrift beider Gesellschafter,
verbunden mit dem handschriftlichen Namenszug nur des einen Beklagten, trug.
Soweit der Senat in jenem Urteil auch den "nichthandelnden"
Gesellschafter-Geschäftsführer im Hinblick auf die Unterlassung der
Anmeldung der Eintragung des neuen Rechtsformzusatzes zum Handelsregister
und die gemeinsame Weiterführung des Unternehmens unter der irreführenden
alten Firma der früheren OHG einer Rechtsscheinhaftung unterworfen hat, weil
er "deshalb den Abschluss von Verträgen unter dieser Firma mit zu
verantworten" habe, handelt es sich um eine - nicht verallgemeinerungsfähige
- Einzelfallentscheidung; sie trug den Besonderheiten der konkreten
Situation Rechnung, dass beide Gesellschafter-Geschäftsführer ständig bei
Vertragsabschlüssen durch die maschinengeschriebenen Unterschriften den
Eindruck einer persönlichen Haftung als Gesellschafter einer OHG erweckten,
während die handschriftliche Beifügung des Namenszuges nur eines von ihnen
mehr oder minder zufällig war und daher bei der Erzeugung des konkreten
Rechtsscheins für den irregeführten Geschäftspartner nicht im Vordergrund
stand. Wollte man der Entscheidung gleichwohl eine weitergehende Bedeutung
beimessen, so wäre sie - zumal sie in der weiteren Senatsrechtsprechung
insoweit nicht bestätigt worden ist - durch das Senatsurteil vom 8. Juli
1996 (II ZR 258/95 aaO S. 1512) als überholt anzusehen.
19 Soweit im Schrifttum abweichend von der Senatsrechtsprechung die
Meinung vertreten wird, eine Rechtsscheinhaftung sei auch auf den im
Hintergrund bleibenden mittelbaren Veranlasser wegen Verletzung sonstiger
Verhaltenspflichten zu erstrecken oder gar ausschließlich auf diesen zu
beschränken (vgl. nur Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 35
Rdn. 30), vermag der Senat dem aus den dargelegten Gründen nicht zu
folgen; ob etwa in einem extremen Ausnahmefall - z.B. bei planmäßigem
Vorschieben eines indolosen Bevollmächtigten durch einen Geschäftsführer zur
Vermeidung einer Eigenhaftung - in Anwendung des insoweit allein in Betracht
kommenden Deliktsrechts im Ergebnis etwas anderes gelten könnte, ist hier
nicht zu entscheiden, da ersichtlich ein solcher Ausnahmefall nicht
vorliegt.
20 III. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das Berufungsurteil
im Hinblick auf die Verurteilung des Beklagten zu 1 der Aufhebung (§ 562
ZPO). Da weitere rechtlich erhebliche tatrichterliche Feststellungen nicht
in Betracht kommen und damit der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist,
hat der Senat in der Sache selbst durch Wiederherstellung des die Klage auch
in Bezug auf den Beklagten zu 1 abweisenden landgerichtlichen Urteils zu
entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
|