Erbstatut, Testamentsauslegung und "Handeln unter falschem Recht",
Substitution
LG München I, Beschluß v. 2. 6. 1997-16 T 3295/97 Fundstelle: IPRax 1998, 117 mit Anm. Jayme (Eigene) Leitsätze: 1. Zur Rechtskraftwirkung eines
anzuerkennenden ausländischen Urteils über die Wirksamkeit eines Testaments
im deutschen Erbscheinsverfahren. Gründe: II. 1. Die Beschwerde ist als einfache Beschwerde zulässig (§§ 19, 20, 21 FGG). Der Vorbescheid ist eine beschwerdefähige Entscheidung. Die Beteiligte zu 2 ist beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG). 2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Der Erbschein, dessen Erteilung das Amtsgericht München - Nachlaßgericht - mit Vorbescheid vom 27.12.1996/8.1.1997 angekündigt hat, ist richtig. a) Der Vorbescheid ist im Hinblick auf die widersprechenden Anträge der Beteiligten zulässig. b) Zutreffend hat das Amtsgericht München - Nachlaßgericht - angenommen, daß die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Erteilung eines (Eigenrechts-)Erbscheins nach dem Gleichlaufsgrundsatz (vgl. Palandt/Heldrich, BGB, 56. Auf., Art. 25 EGBGB Rdn. 18) hinsichtlich des gesamten Nachlaßvermögens mit Ausnahme des in Frankreich belegenen Immobiliarvermögens gegeben ist. Die Beerbung des Erblassers beurteilt sich nach deutschem Recht (Art. 25 Abs. 1 EGBGB) mit Ausnahme des in Frankreich belegenen Immobiliarvermögens, das sich nach französischem Recht vererbt (Art. 3 Abs. 3 EGBGB; Palandt/Heldrich, a.a.0. Art. 3 EGBGB Rdn. 14). Auf die Frage, ob der Gleichlaufsgrundsatz mit Art. 6 EGV unvereinbar ist, soweit die deutschen Nachlaßgerichte EG-Ausländern mit inländischem Aufenthalt nicht in gleichem Umfang wie Deutschen offenstehen (vgl. Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit, 1995, S. 683-698; Geimer, internationales Zivilprozeßrecht 3. Auf. Rdn. 246v), kommt es hier nicht an, da die Beteiligten sämtlich deutsche Staatsangehörige sind, ebenso wie es der Erblasser war, und die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte nach dem Gleichlaufsgrundsatz hinsichtlich des gesamten Nachlaßvermögens mit Ausnahme des in Frankreich belegenen Immobiliarvermögens gegeben ist. c) Das Urteil des Tribunal de Grande Instance de Grasse vom 3. 11. 1995 steht der Erteilung des angekündigten Erbscheins nicht entgegen. Allerdings ist dieses Urteil im Inland anzuerkennen, d. h. dessen Wirkungen sind auf das Inland zu erstrecken. Durch dieses Urteil sind jedoch im Verhältnis der Beteiligten keine Erbquoten rechtskräftig festgelegt, vielmehr wird das Testament vom 5. 11. 1991 für voll gültig erklärt; eine bestimmte Testamentsauslegung ist durch dieses Urteil nicht festgeschrieben. aa) Die Anerkennung des Urteils des Tribunal de Grande Instance de Grasse vom 3. 11. 1995 beurteilt sich nach den Grundsätzen der streitigen Zivilgerichtsbarkeit, nicht nach denen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, weil es sich bei dem französischen Verfahren aus der insoweit maßgeblichen deutschen Sicht (vgl. Zöller/Geimer ZPO 20. Aufl. § 328 Rdn. 90) um eine zivilprozessual-streitige Erbstreitigkeit, nicht um eine Nachlaßsache der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt. Die Anerkennung beurteilt sich nicht nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. 9. 1968 (EuGVÜ, abgedruckt bei Jayme/Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht B. Aufl. S. 222 ff.), weil dieses Übereinkommen in allen seinen Fassungen auf das Gebiet des Erbrechts nicht anzuwenden ist (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 EuGVÜ). Mangels einschlägiger staatsvertraglicher Regelungen beurteilt sich die Anerkennung des genannten Urteils nach § 328 ZPO (vgl. Staudinger/Dörner, BGB 13. Bearbeitung Art. 25 EGBGB Rdn. 782-788; RGRK-BGB/Wengler 12. Aufl. Band VI 1. Teilband S. 701). bb) Die Anerkennungsvoraussetzungen des § 328 ZPO sind erfüllt. Die internationale Anerkennungszuständigkeit der französischen Gerichte ist nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 i.Vm. §§ 12, 13 ZPO gegeben, weil die Beklagte des französischen Verfahrens, die Beteiligte zu 2, ihren Wohnsitz in Frankreich hatte und hat. Ein Verstoß gegen § 328 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 oder Nr. 4 (ordre public) ist nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht. Die Gegenseitigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) zu Frankreich ist verbürgt; ein deutsches Urteil entsprechenden Inhalts wäre in Frankreich anzuerkennen (vgl. BGHZ 53, 332, 334; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 55. Aufl. Anh. § 328 Rdn. 6). Das Jurisdiktionsprivileg der Art. 14, 15 Code Civil für französische Staatsangehörige (in deutscher Übersetzung abgedruckt bei Bergmann/Ferid/Rieck/Cieslar, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Band III, Länderteil Frankreich, S. 54) steht der Verbürgung der Gegenseitigkeit hier nicht entgegen, da alle Beteiligten deutsche Staatsangehörige sind. cc) Die Anerkennung des Urteils des Tribunal de Grande Instance de Grasse vom 3. 11. 1995 steht der Erteilung des angekündigten Erbscheins nicht entgegen. Anerkennung bedeutet Erstreckung der Wirkungen des ausländischen Urteils nach dem Recht des Urteilsstaates auf das Inland (vgl. Zöller/Geimer a.a.0. § 328 Rdn. 18). Durch das genannte Urteil sind keine Erbquoten zwischen den Beteiligten rechtskräftig festgelegt, vielmehr wird das Testament des Erblassers vom 5. 11. 1991 für voll gültig erklärt; eine bestimmte Testamentsauslegung ist durch dieses Urteil nicht festgeschrieben. d) Das Testament vom 5. 11. 1991 ist formgültig. Die Formgültigkeit beurteilt sich nach dem Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwendbare Recht vom 5. 10. 1961 (BGBl. 1965 II S. 1145). Danach ist alternativ französisches Formrecht als Recht des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat, berufen (Art. 1 Abs. 1 a) des genannten Übereinkommens). Von der Formgültigkeit des Testaments vom 5. 11. 1991 nach französischem Recht im Verhältnis zwischen den Beteiligten ist hier bereits aufgrund der Anerkennung des Urteils des Tribunal de Grande Instance de Grasse vom 3. 11. 1995 auszugehen, weil sich der Ausspruch, mit dem das Testament vom 5. 11. 1991 für voll gültig erklärt wird, auch auf dessen Formgültigkeit nach französischem Recht bezieht. Außerdem ergibt sich aus den Ausführungen in dem genannten Urteil, daß die Formvorschriften des französischen Rechts eingehalten sind. Dies wird von der Beteiligten zu 1 nunmehr auch nicht mehr in Frage gestellt. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß das Testament vom 5. 11. 1991 auch nach Art. 1 Abs. 1 b des genannten Übereinkommens i.V.m. § 2231 Nr. 1 BGB formgültig ist, weil der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war und weil die hier vorgenommene Errichtung eines notariellen Testaments derjenigen nach § 2231 Nr. 1 BGB sowohl hinsichtlich der Urkundsperson des Notars als auch hinsichtlich des Beurkundungsvorgangs gleichwertig ist (vgl. Palandt/Heldrich a.a.0. Art. 11 EGBGB Rdn. 7; sogenannte Substitution). e) Der Erblasser war bei der Errichtung des Testaments vom 5. 11. 1991 testierfähig. Dessen Testierfähigkeit beurteilt sich nach deutschem Recht, wobei hier dahinstehen kann, ob dies aus Art. 25 Abs. 1 EGBGB oder aus Art. 7 Abs. 1 EGBGB (vgl. Palandt/Heldrich a.a.O. Art. 25 EGBGB Rdn. 16) folgt. Von der Testierfähigkeit des Erblassers im Verhältnis zwischen den Beteiligten ist hier bereits aufgrund der Anerkennung des Urteils des Tribunal de Grande Instance de Grasse vom 3. 11. 1995 auszugehen, weil sich der Ausspruch, mit dem das Testament vorn 5. 11. 1991 für voll gültig erklärt wird, auch auf die Testierfähigkeit erstreckt. Daß das Tribunal de Grande Instance de Grasse insoweit möglicherweise ein anderes Recht angewandt hat als aus deutscher Sicht maßgeblich ist, hindert die Anerkennung des Urteils vom 3.11.1995 nicht; eine kollisionsrechtliche Kontrolle des Ersturteils findet bei der Anerkennung gemäß § 328 ZPO nicht statt (vgl. Zöller/Geimer a.a.O. § 328 Rdn. 163). Außerdem ist den Ausführungen des Tribunal de Grande Instance de Grasse im Urteil vom 3. 11. 1995 zur Testierfähigkeit des Erblassers auch bei Anwendung deutschen Rechts (§ 2229 Abs. 4 BGB) beizutreten. Das Pflegschaftsverfahren für den Erblasser war vom Amtsgericht München mit Beschluß vom 1. 9. 1989 aufgehoben worden, weil der Anordnungsgrund entfallen war und ein Pflegschaftsbedürfnis nicht mehr bestand. Nach dem Nervenärztlichen Gutachten des Nervenarztes Dr. Dr. R. vom 7. B. 1989 konnte zum damaligen Zeitpunkt beim Erblasser weder von einem körperlichen noch von einem geistigen Gebrechen mehr gesprochen werden, der Erblasser konnte nach diesem Gutachten seine Angelegenheiten wieder regeln und war seinerzeit nicht mehr geschäftsunfähig. Konkrete Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Testierfähigkeit in der Folgezeit haben sich nicht ergeben. Die Tatsache, daß der Erblasser das Testament vom 5. 11. 1991 wenige Tage vor seinem Tod errichtet hat, begründet für sich keinen Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers, nach den Ausführungen von Notar Le. im Testament vom 5. 11. 1991 schien der Erblasser im vollen Besitz seiner geistigen Fähigkeiten zu sein. Die Testierfähigkeit des Erblassers bei der Errichtung des Testaments vom 5. 11. 1991 wird von der Beteiligten zu 1 nunmehr auch nicht mehr in Frage gestellt. Bei dieser Sachlage bedarf es auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsprinzips (§ 12 FGG) nicht der Einholung eines Testierfähigkeitsgutachtens eines Sachverständigen, der als Nervenarzt oder Psychiater ausgewiesen ist. f) Die vom Amtsgericht München - Nachlaßgericht - vorgenommene Auslegung des Testaments vom 5. 11. 1991 ist nicht zu beanstanden. Die Auslegung dieses Testaments ergibt, daß der Erblasser die Beteiligte zu 2 als Erbin mit einer Erbquote von 1/3 eingesetzt und hinsichtlich des verbleibenden Nachlasses keine Erbeinsetzung getroffen hat, weshalb insoweit gesetzliche Erbfolge eingreift. Der Beteiligten zu 2 steht mithin eine Erbquote von 2/3 zu, nämlich 1/3 kraft testamentarischer Erbfolge und 1/3 kraft gesetzlicher Erbfolge. Der Beteiligten zu 1 steht eine Erbquote von 1/3 kraft gesetzlicher Erbfolge zu. Das Testament vom 5. 11. 1991 ist auslegungsbedürftig. Die Formulierung „Ich hinterlasse meiner Tochter Di.... Meinen frei verfügbaren Teil meines beweglichen und unbeweglichen Vermögens" ist nicht eindeutig. Über die Auslegung eines Testaments entscheidet das objektiv gemäß Art. 25 EGBGB maßgebende Erbstatut auch dann, wenn der Erblasser seine Verfügungen nach einem Recht ausgerichtet hat, das nach Art. 25 EGBGB nicht anwendbar ist (vgl. Staudinger/Dörner, BGB, 13. Bearb. Art. 25 EGBGB Rdn. 261; von Bar, Internationales Privatrecht, Erster Band Rdn. 222). Bei der Ermittlung des Erblasserwillens in derartigen Fällen können allerdings auch die Regeln des in Bezug genommenen erbstatutsfremden Rechts Bedeutung gewinnen; der Sinngehalt des betreffenden Rechts ist zu berücksichtigen (vgl. Staudinger/Dörner BGB 13. Bearb. Art. 25 EGBGB Rdn. 261, 255; Münzer, Handeln unter falschem Recht, 1992, S. 129 - 130; BayObLGZ 1980, 42, 51). Eine ergänzende Testamentsauslegung ist vorzunehmen, wenn das Testament eine Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit enthält (vgl. Münzer a.a.O. S. 132). Nach diesen Grundsätzen ist die vom Amtsgericht München - Nachlaßgericht - vorgenommene Testamentsauslegung nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Amtsgericht München - Nachlaßgericht - gewürdigt, daß das Testament vom 5. 11. 1991 vom französischen Recht inspiriert ist. aa) Die Zuwendung des frei verfügbaren Nachlaßteils an die Beteiligte zu 2 ist als Erbeinsetzung auszulegen. Eine derartige Zuwendung, die der Zuwendung eines Erbvermächtnisses nach französischem Recht entspricht (vgl. Ferid/Firsching, Internationales Erbrecht, Band VI, Länderteil Frankreich Grdz. Rdn. 176-181), ist bei Anwendbarkeit deutschen Erbrechts als Erbeinsetzung auszulegen (vgl. Mezger NJW 1967, bb) Der Begriff des frei verfügbaren Teils bezieht sich auf Art. 913 Code civil (abgedruckt mit deutscher Übersetzung bei Ferid/Firsching, Band 11, Länderteil Frankreich Texte S. 76). Das französische Recht kennt im Gegensatz zum deutschen Recht ein unabdingbares materielles Vorbehaltserbrecht der Kinder des Erblassers, der frei verfügbare Teil des Nachlasses beträgt nach Art. 913 Code civil bei zwei Kindern wie hier ein Drittel (vgl. Ferid/Firsching a.a.O. Grdz. Rdn. 207, 210). Das deutsche Recht kennt dagegen nur einen obligatorischen Pflichtteilsanspruch der Kinder, der auf Geldzahlung geht und sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beläuft (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB), der Erblasser kann seine Kinder nach deutschem Recht vollständig enterben (§§ 1937, 1938 BGB). Hier ist der Erblasser davon ausgegangen, daß er insgesamt nach französischem Recht beerbt wird, das ihm bei zwei Töchtern eine verfugbare Quote von 1/3 einräumt. Denn er hat den Begriff des frei verfüggaren Teils, der dem französischen Recht entstammt, in einem in französischer Sprache vor einem französischen Notar errichteten Testament an seinem französischen Wohnsitz gleichermaßen für sein bewegliches und unbewegliches Vermögen verwandt. Außerdem hat er bei der Beteiligten zu 2 ausdrücklich zwischen einem frei verfügbaren Teil und einem übrigen Teil unterschieden (vgl. Testament vom 5. 11. 1991, Seite 2, Absatz 4). Die vorstehende Testamentsauslegung ist auch vor dem nachfolgend dargestellten Hintergrund stimmig. Die im Testament vom 5. 11. 1991 zum Ausdruck gekommene Annahme des Erblassers, allein nach französischem Recht beerbt zu werden, ist aus der Sicht des französischen Internationalen Privatrechts, das für Rechtsanwender in Frankreich wie französische Notare maßgeblich ist, zutreffend. Nach französischem Internationalen Privatrecht unterliegt der Nachlaß beweglicher Güter dem Recht des Domizils des Erblassers und der Nachlaß von Immobilien dem Recht des Lageorts (vgl. Stellungnahme von CRIDON vom 21. 1. 1997, Seite 2); der Erblasser hatte sein Domizil zum Todeszeitpunkt in Frankreich bei der Beteiligten zu 2, das Hausgrundstück in Au. liegt ebenfalls in Frankreich. Anhaltspunkte dafür, daß dem Erblasser bei der Abfassung des Testaments vom 5. 11. 1991 bewußt gewesen wäre, daß sich seine Beerbung aus der Sicht des hier maßgebenden deutschen Internationalen Privatrechts teilweise, nämlich hinsichtlich des gesamten Nachlaßvermögens mit Ausnahme des in Frankreich belegenen Immobiliarvermögens, nach einem anderen Recht, nämlich dem deutschen Recht, beurteilt als aus der Sicht des französischen Internationalen Privatrechts, das insgesamt französisches Erbrecht beruft, bestehen nicht. Die vorstehende Testamentsauslegung wird ferner dadurch bestätigt, daß der Erblasser der Beteiligten zu 2 seine Manuskripte und Autorenrechte sowie seine gesammelte Literatur zugewandt hat. Hätte der Erblasser den Begriff des frei verfügbaren Teils im Sinne des deutschen Rechts verstanden, das die Alleinerbeneinsetzung eines Kindes und die vollständige Enterbung eines anderen Kindes zuläßt, so wäre die Verfügung bezüglich der Manuskripte und Autorenrechte nicht erforderlich gewesen, weil der frei zugunsten der Beteiligten zu 2 verfügbare Nachlaßteil des Erblassers aus der Sicht des deutschen Rechts 100 % des Mobiliarvermögens beträgt. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob das maschinenschriftliche Testament vom 5. 4. 1963 vom Erblasser stammt und ob ihm der Inhalt dieses Testaments, in dem unter anderem eine Ausschließung der seinerzeitigen Ehefrau des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge enthalten ist, bei der Abfassung des Testaraents vom 5. 11. 1991 gegenwärtig war. Für eine ergänzende Testamentsauslegung hinsichtlich der Frage, wie der Erblasser testiert hätte, wenn ihm bewußt gewesen wäre, daß sich die Vererbung seines Nachlaßvermögens mit Ausnahme des in Frankreich belegenen Immobiliarvermögens aus der Sicht des deutschen Internationalen Privatrechts (Art. 25 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 EGBGB) nach deutschem Recht beurteilt, das die Alleinerbeneinsetzung eines Kindes und die vollständige Enterbung eines anderen Kindes zuläßt, ist kein Raum. Denn das Testament vom 5. 11. 1991 enthält keine Lücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. An den vorstehenden Ausführungen ändert nichts, daß der Erblasser die Beteiligte zu 2 nach den ausdrücklichen Ausführungen im Testament vom 5. 11. 1991 bewußt gegenüber der Beteiligten zu 1 bevorzugt hat, um ihr und ihrem Ehemann für geleistete Dienste und Hausrenovierung zu danken, während er der Beteiligten zu 1 aufgegeben hat, eine Summe von etwa 80.000 DM in den Nachlaß zurückzuführen. Die Stellungnahme von CRIDON (Centre de Recherche d'Informations et de Documentation Notariales) vom 21. 1. 1997 ändert an der vorstehenden Beurteilung nichts. In dieser Stellungnahme werden abstrakt und zutreffend Grundsätze des deutschen Erb- und Pflichtteilsrechts dargestellt; die konkrete Frage, was der Erblasser mit der Formulierung „Ich hinterlasse meiner Tochter Di.... Meinen frei verfügbaren Teil an meinem beweglichen und unbeweglichen Vermögen" gewollt hat, wird indes nicht beantwortet ... .
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