IZPR: Anerkennungshindernis widersprechender
Entscheidungen nach Art. 34 Nr. 4 EuGVO auch bei Entscheidungen aus
demselben Mitgliedstaat? Vorlagebeschluss an den EuGH
BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX
ZB 144/10
Fundstelle:
NJW 2012, 1472 (nur
Leitsatz)
Amtl. Leitsatz:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur
Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3
des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende
Frage vorgelegt:
Erfasst Art 34. Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.
Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und
Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Abl. EG 2001
Nr. L 12/01 S. 1) (EuGVVO) auch den Fall unvereinbarer
Entscheidungen aus demselben Mitgliedstaat?
Zentrale Probleme:
Es geht um die internationale
Urteilsanerkennung im Rahmen der EuGVVO
(auch: EuGVO oder "Brüssel I-VO"). Nach Art. 33 EuGVO werden Entscheidungen
eines mitgliedstaatlichen Gerichts grundsätzlich ohne weiteres anerkannt.
Art. 34 EuGVO regelt demgegenüber Anerkennungshindernisse. Nach Art. 34 Nr.
4 EuGVO wird eine Entscheidung u.a. dann nicht anerkannt, wenn sie mit einer
früheren Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien wegen
desselben Anspruchs in einem Mitgliedstaat oder einem Drittstaat ergangen
ist und im Anerkennungsstaat anerkannt ist. Es geht hier also um den Schutz
der (formellen) Rechtskraft. Der BGH legt dem EuGH jetzt die Frage vor, ob
das auch für widersprechende Entscheidungen aus demselben Staat gilt, dessen
Gerichte also offenbar selbst widersprechende Entscheidungen erlassen haben.
Der Senat neigt m.E. zu recht dazu, diese Frage zu verneinen, muss sie aber
als letztinstanzliches Gericht nach Art. 267 AEUV dem EuGH vorlegen. Die
Frage des Schutzes der Rechtskraft bei Entscheidungen aus demselben Staat
ist m.E. allein dem Recht dieses Staates überlassen. Wenn hier nach
rumänischem Recht die spätere Entscheidung aus prozessualen Gründen gilt
(der Beklagte hatte es offenbar versäumt, sich gegen diese Klage
ordnungsgemäß zu verteidigen), so liegt es nicht mehr in der ratio von Art.
34 Nr. 4 EuGVO, hier einzugreifen. Diese Norm will eben nur das Verhältnis
von Entscheidungen aus unterschiedlichen Staaten klären, hat aber nicht in
das Prozessrecht eines einzelnen Mitgliedstaates einzugreifen (s. bei
Tz. 15). Anders wäre das nur zu entscheiden, wenn der
zweiten Entscheidung ein anderes Anerkennungshindernis (wie etwa ein Verstoß
gegen den ordre public nach Art. 34 Nr. 1 EuGVO) entgegenstünde. Das aber
verneint der Senat im konkreten Fall. (s. bei Tz. 16 ff).
©sl 2012
Gründe:
I.
1 Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die nach Art. 38 ff EuGVVO in
Deutschland durchgeführte Vollstreckbarerklärung eines rumänischen Urteils
vom 6. März 2008, mit welchem sie zur Zahlung von 188.330 € an die
Antragstellerin verurteilt worden ist.
2 Die in Rumänien ansässige Antragstellerin lieferte einem in Deutschland
ansässigen Unternehmen aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarungen
Stahlprodukte. Wegen behaupteter Restforderungen aus dem Vertragsverhältnis
reichte die Antragstellerin eine Zahlungsklage in Rumänien ein. Die Klage
richtete sie jedoch nicht gegen ihre eigentliche Vertragspartnerin, die S.
M. Stahlhandel GmbH (vormals S. Stahlhandel GmbH), sondern gegen die
Antragsgegnerin. Hierauf wies die Antragsgegnerin vor dem rumänischen
Gericht hin, welches daraufhin die Klage mit Urteil vom 31. Januar
2008 abwies. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.
3 Kurz darauf leitete die Antragstellerin erneut beim selben Gericht einen
Rechtsstreit gegen die Antragsgegnerin wegen desselben Streitgegenstandes
ein. Die Klageschrift wurde an den vormaligen rumänischen
Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, Rechtsanwalt O. , zugestellt,
dessen Vollmacht jedoch nach Behauptung der Antragsgegnerin auf die
Vertretung im erstgenannten Verfahren beschränkt war. Für die
Antragsgegnerin erschien zu dem vom rumänischen Gericht anberaumten
Verhandlungstermin niemand und es erging das verfahrensgegenständliche
Urteil vom 6. März 2008.
4 Hiergegen richtete sich ein Aufhebungsantrag der Antragsgegnerin mit der
Begründung, dass sie im Laufe des vorangegangenen Verfahrens nicht nach den
gesetzlichen Bestimmungen vorgeladen worden sei. Der Rechtsbehelf wurde mit
Entscheidung vom 8. Mai 2008 zurückgewiesen, weil die Antragsgegnerin es
versäumt habe, die erforderlichen Gebührenmarken zu hinterlegen.
5 Das Urteil des rumänischen Gerichts vom 6. März 2008 wurde mit
Beschluss vom 21. November 2008 in Deutschland für vollstreckbar erklärt.
Hiergegen erhob die Antragsgegnerin Beschwerde.
6 Gleichzeitig legte die Antragsgegnerin Ende des Jahres 2008 in Rumänien
zum einen eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil vom 6. März 2008 ein
und rügte wiederum die unterbliebene Ladung zum Termin; dieser Antrag wurde
durch Urteil vom 19. Februar 2009 als unzulässig zurückgewiesen. Zum anderen
stellte die Antragsgegnerin einen erneuten Aufhebungsantrag wegen der
entgegenstehenden Rechtskraft des divergierenden früheren Urteils vom 31.
Januar 2008. Das rumänische Berufungsgericht wies diesen Antrag mit Urteil
vom 8. Mai 2009 als verspätet zurück: Die Klage sei zwar zutreffend auf Art.
322 Abs. 1 Nr. 7 der rumänischen Zivilprozessordnung wegen widersprüchlicher
Entscheidungen gestützt, allerdings sei die für die Klage nach Art. 324 Abs.
1 der rumänischen Zivilprozessordnung bestimmte Monatsfrist ab Zustellung
des endgültigen Urteils nicht gewahrt. Diese Auffassung wurde vom Obersten
Gerichtshof mit Urteil vom 13. November 2009 bestätigt.
7 Nachdem die Rechtsbehelfsmöglichkeiten in Rumänien nunmehr
ausgeschöpft waren, wurde das in Deutschland in der Beschwerdeinstanz
vorläufig ausgesetzte Vollstreckbarerklärungsverfahren wieder aufgenommen.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin wurde mit Beschluss vom 28. Juni 2010 als
unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin form-
und fristgerecht die Rechtsbeschwerde eingelegt und begründet.
II.
8 Der Erfolg der Rechtsbeschwerde hängt von der Auslegung des
Versagungsgrundes nach Art. 34 Nr. 4 EuGVVO ab, welcher gemäß Art. 45 Abs. 1
Satz 1 EuGVVO auf das Vollstreckbarerklärungsverfahren anzuwenden ist.
Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist deshalb
das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 AEUV
eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen.
9 1. Der Streitfall wirft die Frage auf, ob der Tatbestand des Art.
34 Nr. 4 EuGVVO auch dann erfüllt ist, wenn die anzuerkennende oder für
vollstreckbar zu erklärende Entscheidung mit einer Entscheidung aus
demselben Mitgliedstaat kollidiert.
10 Die Unvereinbarkeit des klageabweisenden Urteils vom 31. Januar 2008 und
des klagestattgebenden Urteils vom 6. März 2008 ist im Streitfall zu
bejahen. Die frühere rumänische Entscheidung ist im Inland
anerkennungsfähig. Die Anerkennungsregelungen der EuGVVO sind in Rumänien am
1. Januar 2007 in Kraft getreten (vgl. Art. 2 der Beitrittsakte, ABl. EU
2005 Nr. L 157/11). Erst anschließend kann das erste Verfahren in Rumänien
eingeleitet worden sein, weil die zugrunde liegenden Rechnungen im Jahre
2007 ausgestellt wurden. Nach Art. 66 Abs. 1 EuGVVO finden daher die
Vorschriften der Verordnung auch auf die ältere Entscheidung vom 31. Januar
2008 Anwendung und es ist nicht ersichtlich, dass insoweit Versagungsgründe
nach Art. 34, 35 EuGVVO eingreifen könnten.
11 Demnach wäre der jüngeren Entscheidung vom 6. März 2008 nach Art.
34 Nr. 4 EuGVVO die Vollstreckbarerklärung zu versagen, wenn die Vorschrift
auch auf die Konstellation unvereinbarer Entscheidungen aus demselben
Mitgliedstaat anzuwenden wäre.
12 a) Die Vorschrift wird in der Literatur unterschiedlich ausgelegt.
Der Senat neigt in Übereinstimmung mit dem Beschwerdegericht dazu,
die Anwendbarkeit des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO bei kollidierenden Entscheidungen
aus demselben Mitgliedstaat zu verneinen. Der Gerichtshof der
Europäischen Union hat diese nicht zweifelsfrei zu beantwortende Frage
bislang - soweit ersichtlich -noch nicht entschieden.
13 Nach einer Meinung ergänzt die Vorschrift des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO den
Versagungsgrund nach Nr. 3 und meint die Fälle, in denen nicht lediglich
zwei Staaten - der Urteilsstaat und der Anerkennungsstaat - betroffen seien,
sondern ein "Dreistaatenverhältnis" vorliege, bei welchem der
Anerkennungsstaat mit zwei in derselben Sache ergangenen unvereinbaren
Entscheidungen aus zwei anderen Staaten konfrontiert wird
(Kropholler/v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 34 EuGVO
Rn. 56; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 34-36 EuGVVO Rn. 26;
MünchKomm-ZPO/Gottwald, 2. Aufl., Art. 34 EuGVVO Rn. 42). Für diese
Auffassung spricht insbesondere der Wortlaut der Vorschrift, die von einer
Entscheidung aus einem "anderen" Mitgliedstaat spricht, was einen vom
Ursprungmitgliedstaat abweichenden Mitgliedstaat bezeichnen könnte.
14 Nach anderer Auffassung soll der Versagungsgrund indes
auch eingreifen, wenn zwei unvereinbare Entscheidungen im selben
Ursprungsstaat erlassen wurden und eine von ihnen nunmehr im
Anerkennungsstaat für vollstreckbar erklärt werden soll (Rauscher/Leible,
EuZPR/EulPR, Art. 34 Brüssel I-VO Rn. 49a; Hk-ZPO/Dörner, 4. Aufl., Art. 34
Rn. 25; Prütting/Gehrlein/ Schinkels, ZPO, 3. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rn. 12;
Müller, IPRax 2009, 484, 486). Die Vorschrift sei zumindest analog
auf diese Fälle anzuwenden (Müller, aaO S. 487). Diese Auffassung
stützt sich in erster Linie auf die Systematik und die Zielsetzung der Norm
(vgl. Müller, aaO S. 486): Während unter Art. 34 Nr. 3 EuGVVO nur die Fälle
fallen, in denen die anzuerkennende Entscheidung mit einer Entscheidung des
Anerkennungsstaates kollidiere, erfasse Art. 34 Nr. 4 EuGVVO die
verbleibenden Kollisionsfälle von Entscheidungen aus anderen
Mitgliedstaaten. Bei einer anderen Auslegung verbliebe eine unbeabsichtigte
Regelungslücke. Der Wortlaut "in einem anderen Mitgliedstaat" könne auch als
Abgrenzung zu dem in Nr. 3 genannten Anerkennungsstaat verstanden werden.
15 b) Bei der Auslegung der Norm wird zu
berücksichtigen sein, dass die Formulierung des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO weiter
als die Vorgängervorschrift des Art. 27 Nr. 5 EuGVÜ/LugÜ gefasst ist und
sich nicht nur auf kollidierende Entscheidungen aus Nichtvertragsstaaten
bezieht, sondern auch auf solche aus anderen Mitgliedstaaten. Das
Ziel dieser Ergänzung des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO war es, frühere Lücken zu
schließen (s. Kommissionsentwurf KOM (1999) 348 endg., S. 25).
Dennoch kann hieraus nicht zweifelsfrei geschlossen werden, dass der
Verordnungsgeber damit auch unvereinbare Entscheidungen aus demselben
Mitgliedstaat erfassen wollte. Denn es ist auch ein erklärtes Ziel der
Verordnung, Entscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten ein besonderes
Vertrauen entgegen zu bringen und die Versagung ihrer Anerkennung oder
Vollstreckbarerklärung auf Ausnahmefälle zu beschränken (vgl.
Erwägungsgründe 16f
zur EuGVVO). Dazu gehört auch das Vertrauen,
schon die nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten träfen Regelungen,
in welcher Weise und unter welchen Voraussetzungen gegen dort ergangene
unvereinbare Entscheidungen vorgegangen werden kann. Der Streitfall zeigt,
dass es in Rumänien eine entsprechende Rechtsbehelfsmöglichkeit gibt, die
allerdings aufgrund der Versäumung der hierfür vorgesehenen Monatsfrist
durch die Antragsgegnerin erfolglos geblieben ist. Eine
vergleichbare Regelung existiert in Deutschland gemäß § 580 Nr. 7 Buchst.
a), § 586 Abs. 1 der deutschen Zivilprozessordnung. Die Vorschrift
des Art. 34 Nr. 4 EuGVVO könnte daher bewusst auf Entscheidungen aus einem
"anderen" Mitgliedstaat im Sinne eines dritten Mitgliedstaates beschränkt
worden sein, um den Umgang mit kollidierenden Entscheidungen aus demselben
Mitgliedstaat der nationalen Rechtsordnung dieses Staates zu überlassen. Im
Falle einer solchen engen Auslegung der Vorschrift würde der Versagungsgrund
bei kollidierenden Entscheidungen aus demselben Mitgliedstaat ausscheiden.
16 2. Der Streitfall bietet keinen Anlass, der
rumänischen Entscheidung vom 6. März 2008 aus anderen Gründen als nach Art.
34 Nr. 4 EuGVVO die Vollstreckbarerklärung zu versagen, weshalb es für den
Erfolg der Rechtsbeschwerde entscheidend auf die Beantwortung der
Auslegungsfrage durch den Gerichtshof der Europäischen Union ankommt.
17 a) Der allgemeine Einwand eines Verstoßes gegen den ordre-public
nach Art. 34 Nr. 1 EuGVVO greift nach dem weiteren Vorbringen der
Antragsgegnerin nicht durch. Der Versagungsgrund des Art. 34 Nr. 1 EuGVVO
kann zwar im Falle eines Prozessbetrugs der Gläubigerin eingreifen
(vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 1986 - IX ZB 27/86, IPRax 1987, 236, 237;
vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1393). Hierfür trägt die
Antragsgegnerin jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, was ihr
aufgrund des in Deutschland geltenden Beibringungsgrundsatzes obläge (vgl.
BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 240/05, NJW-RR 2008, 586 Rn.
22 ff; vom 3. August 2011 - XII ZB 187/10, NJW 2011, 3103 Rn. 24 zVb. in
BGHZ; Schlosser, aaO Art. 34-36 EuGVVO Rn. 34; Geimer in Geimer/Schütze,
Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., A. 1 Art. 34 Rn. 57 mwN).
18 Auch der Umstand, dass es zu kollidierenden Entscheidungen in einem
Mitgliedstaat gekommen ist, reicht für sich allein nicht für eine Versagung
der Vollstreckbarerklärung nach Art. 34 Nr. 1 EuGVVO aus. Die Gefahr
widersprüchlicher Entscheidungen besteht auch in Deutschland. Es
gibt zwar ebenso wie in Rumänien die Möglichkeit, mit einer
Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7 Buchst. a) der deutschen
Zivilprozessordnung gegen die widersprechende jüngere Entscheidung
vorzugehen. Dennoch kann es etwa aufgrund einer verspäteten Klageerhebung
(vgl. § 586 Abs. 1 der deutschen Zivilprozessordnung) bei widersprüchlichen
Entscheidungen im Inland bleiben. Entsprechende Kollisionen von
Entscheidungen können daher für sich genommen nicht als offensichtlich
untragbar erscheinender Verstoß gegen wesentliche Rechtsgrundsätze des
inländischen Rechts angesehen werden (vgl. EuGH, Urteil vom 28. März 2000 -
C-7/98, Krombach/Bamberski, Slg. 2000, I-01935 Rn. 37; BGH, Beschluss vom
26. September 1979 - VIII ZB 10/79, BGHZ 75, 167, 171). Dies muss zumindest
gelten, solange nicht besondere Umstände hinzutreten, welche die Situation
als unerträglich erscheinen lassen, etwa eine unangemessen kurze Frist zur
Erhebung der Restitutionsklage, wovon im Streitfall nicht auszugehen ist.
19 b) Der Versagungsgrund des Art. 34 Nr. 2 EuGVVO scheitert daran, dass die
Antragsgegnerin bei einer Gehörsverletzung im verfahrenseinleitenden Stadium
die Möglichkeit hatte, gegen die Entscheidung vom 6. März 2008 einen
Rechtsbehelf einzulegen. Diese Möglichkeit hat sie jedoch nicht hinreichend
genutzt. Die rechtzeitige Kenntnis der Antragsgegnerin vom Inhalt der
Entscheidung (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 - C-283/05, ASML/
SEMIS, EWS 2007, 37 Rn. 39 ff; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2007, aaO Rn.
35) kann unterstellt werden; denn sie hat mit der Aufhebungsklage reagiert.
Auf den Aufhebungsantrag hin hätte der Verfahrensfehler korrigiert werden
können. Da die Antragsgegnerin jedoch die angeforderten Gebührenmarken ohne
ersichtlichen Grund bei Gericht nicht hinterlegte, wurde ihr Antrag
annulliert. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin rechtzeitig einen
Rechtsbehelf gegen die möglicherweise verfahrensfehlerhaft ergangene
Entscheidung eingelegt hat, zeigt, dass sie durch die in ihrer Abwesenheit
ergangene Entscheidung nicht derart in ihren Verteidigungsrechten beschränkt
wurde, dass der Entscheidung die Vollstreckbarerklärung nach Art. 34 Nr. 2
EuGVVO versagt werden müsste (vgl. EuGH, Urteil vom 28. April 2009,
C-420/07, Apostolides, Slg. 2009, I - 03571 Rn. 78; OLG Köln, IPRspr. 2006
Nr. 174; Kropholler/ v. Hein, aaO Art. 34 EuGVVO Rn. 44; Rauscher/Leible,
aaO Art. 34 Rn. 39a).
20 c) Es gibt schließlich keine Anhaltspunkte für das Eingreifen der übrigen
in Art. 34, 35 EuGVVO genannten Versagungsgründe. Da mithin eine Versagung
der Vollstreckbarerklärung der rumänischen Entscheidung allein nach Art. 34
Nr. 4 EuGVVO wegen der kollidierenden rumänischen Entscheidungen in Betracht
kommt, ist es erforderlich, dem Gerichtshof der Europäischen Union die
hierzu gestellte Frage zur Auslegung vorzulegen.
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