(Domain)Namensschutz des
Vornamens ("raule.de")
BGH, Urt. v. 23. Oktober
2008 - I ZR 11/06
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Als Namensträger, der -
wenn er seinen Namen als Internetadresse hat registrieren lassen - einem
anderen Namensträger nicht weichen muss, kommt auch der Träger eines
ausgefallenen und daher kennzeichnungskräftigen Vornamens (hier: Raule) in
Betracht.
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten um den Domainnamen "raule.de".
2 Der Beklagte betreibt ein Atelier für Grafik, Design und MarketingDienste.
Er unterhält unter der Internetadresse "raule.de" eine Internetseite. Auf
dieser ist der Internetauftritt von Raule H. , einer Tänzerin, Choreographin
und Tanztherapeutin in B. , zu sehen, die den standesamtlich eingetragenen
ersten Vornamen Raule trägt.
3 Der Kläger heißt mit bürgerlichem (Nach-)Namen Raule. Er sieht in dem
Verhalten des Beklagten einen unbefugten Gebrauch seines Namens. Er hat
beantragt, den Beklagten zu verurteilen, durch schriftliche Erklärung die
InternetDomain "www.raule.de" gegenüber der zuständigen Vergabestelle, der
DENIC e.G., freizugeben.
4 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist
ohne Erfolg geblieben (OLG Celle MMR 2006, 558 = CR 2006, 697).
5 Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung
der Kläger beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung
weiter.
Entscheidungsgründe:
6 I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus § 12 BGB bejaht
und hierzu ausgeführt:
7 Schon in der Registrierung der Internetadresse "raule.de" durch den
Beklagten liege ein Gebrauch des Namens Raule. Der Gebrauch sei unbefugt,
weil der Beklagte keine eigenen Rechte an dem Namen Raule habe und sich auch
nicht mit Erfolg darauf berufen könne, dass er den Domainnamen seiner
Freundin Raule H. geschenkt habe und daher davon auszugehen sei, dass sie
ihm die Benutzung ihres Vornamens für die Registrierung der Internetadresse
durch schlüssiges Verhalten nachträglich gestattet habe; denn eine solche
Gestattung könne nicht dazu führen, dass dem Beklagten im Verhältnis zum
Kläger eine Priorität im Hinblick auf den Domainnamen "raule.de" zustehe.
Der analogen Anwendung des Rechtsgedankens des § 986 Abs. 1 BGB stehe
entgegen, dass Frau H. die Internetadresse nicht im eigenen Namen bei der
DENIC habe registrieren lassen und damit keine Rechtsposition besessen habe,
aus der der Beklagte eine bessere Berechtigung herleiten könnte als der
Kläger. Internetbenutzer, die für einen Dritten einen Internetauftritt
realisieren wollten, hätten auch schon im Jahr 1999 den Domainnamen bei der
DENIC im Namen und im Auftrag des jeweiligen Dritten registrieren lassen
können.
8 II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten führt
zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen,
dass der Beklagte sich zu seiner Verteidigung allein auf ein ihm in eigener
Person zustehendes Namensrecht stützen konnte (unten unter II 1). Der
Vorname Raule begründete auch eine eigenständige namensrechtliche
Berechtigung, auf die sich Frau H. und mit ihrer Zustimmung der Beklagte
berufen konnten (unten unter II 2).
9 1. Wie der Senat - zeitlich nach Erlass des vorliegend zu beurteilenden
Berufungsurteils - entschieden hat, kommt in Fällen, in denen ein Domainname
aufgrund des Auftrags eines Namensträgers auf den Namen eines Treuhänders
registriert worden ist, dieser Registrierung im Verhältnis zu Gleichnamigen
die Priorität zu, wenn für alle Gleichnamigen eine einfache und zuverlässige
Möglichkeit besteht zu überprüfen, ob die Registrierung des Namens als
Domainname im Auftrag eines Namensträgers erfolgt ist (BGHZ 171, 104 Tz.
18 - grundke.de). Dabei kann, wenn schon zu dem Zeitpunkt, zu dem ein
gleichnamiger Prätendent erstmals Ansprüche auf den Domainnamen anmeldet,
unter diesem Domainnamen ein Internetauftritt des Namensträgers besteht,
ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Registrierung des
Domainnamens im Auftrag des Namensträgers erfolgt ist (BGHZ 171, 104 Tz. 19
- grundke.de). Dasselbe gilt auch dann, wenn der Namensträger bei im Übrigen
gleichen Voraussetzungen zwar ursprünglich keinen Auftrag zur Eintragung des
Domainnamens erteilt, die Eintragung aber nachträglich genehmigt hat, bevor
der gleichnamige Prätendent den Domainnamen beansprucht.
10 Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen waren diese
Voraussetzungen im Streitfall erfüllt. Aufgrund dieser Feststellungen und im
Hinblick auf das Parteivorbringen, auf das sich diese Feststellungen
beziehen, ist davon auszugehen, dass der Internetauftritt von Frau Raule H.
im zeitlichen Zusammenhang mit der Registrierung des Domainnamens im Jahre
1999 eingerichtet worden ist. Der Kläger hat selbst vorgetragen, erst am 4.
Oktober 2001 auf die Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens
aufmerksam gemacht worden zu sein. Das Berufungsgericht ist auch - von der
Revisionserwiderung unbeanstandet - davon ausgegangen, dass Frau H. dem
Beklagten die Benutzung ihres Vornamens für die Registrierung des
Domainnamens "raule.de" durch schlüssiges Verhalten nachträglich gestattet
hatte.
11 2. Die Verwendung des Vornamens Raule durch Frau Raule H. begründete in
deren Person eine dem Klageanspruch entgegenzuhaltende eigenständige
namensrechtliche Berechtigung.
12 Die Revisionserwiderung weist allerdings mit Recht darauf hin, dass
die für einen eigenständigen Schutz des Vornamens erforderliche
Individualisierung entweder eine überragende Bekanntheit der betreffenden
Person oder aber eine erhebliche Kennzeichnungskraft des Vornamens
voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.1983 - I ZR 160/80, GRUR 1983, 262,
263 = WRP 1983, 339 - Uwe; MünchKomm.BGB/Bayreuther, 5. Aufl., § 12 Rdn. 23
und 156 m.w.N.; vgl. zu § 22 KUG BGHZ 143, 214, 231 - Marlene Dietrich).
Jedenfalls das Letztere trifft im Streitfall zu. Es kann dabei
dahinstehen, ob Frau H. - wie der Beklagte behauptet und unter Beweis
gestellt hat - tatsächlich die einzige Person in Deutschland ist, die den
standesamtlich eingetragenen ersten Vornamen Raule trägt. Zumindest ist
dieser Vorname derart ausgefallen, dass er die bei fehlender überragender
Bekanntheit der betreffenden Person für einen ausnahmsweise möglichen
namensrechtlichen Schutz des Vornamens erforderliche erhebliche
Kennzeichnungskraft aufweist.
13 III. Danach ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Klage
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen. Die
Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. |