Wandel der guten Sitten
(§ 138 I BGB) am Beispiel der Wettbewerbswidrigkeit der Werbung für
Prostitution (Abkehr von BGHZ 118, 182)
BGH, Urt. v. 13. Juli 2006
- I ZR 241/03
Fundstelle:
NJW 2006, 3490
BGHZ 168, 314
Amtl. Leitsatz:
a) Zwischen
Prostituierten und dem Betreiber einer Bar, in denen Prostituierten und
deren Kunden sexuelle Kontakte ermöglicht werden, besteht ein unmittelbares
Wettbewerbsverhältnis.
b) Das Verbot der Werbung für Prostitution nach § 119 Abs. 1, § 120 Abs. 1
Nr. 2 OWiG ist auch dazu bestimmt, im Interesse von Marktteilnehmern das
Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG).
c) Ein Werbeverbot nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG setzt die konkrete Eignung
der Werbung voraus, den Schutz der Allgemeinheit, vor allem von Kindern und
Jugendlichen, vor den mit der Prostitution generell verbundenen Gefahren und
Belästigungen zu beeinträchtigen.
Tatbestand:
1
Die Kläger betreiben in L. eine Bar, in der Prostituierten und deren Kunden
sexuelle Kontakte ermöglicht werden. 2
Die Beklagte ist Herausgeberin der Zeitung "N. ", die auch in
L. verbreitet wird. In dieser Zeitung erscheinen unter der Rubrik "Kontakte"
Kleinanzeigen, in denen schwerpunktmäßig sexuelle Kontakte angeboten werden.
In der Ausgabe der "N. " vom 15. Januar 2003 veröffentlichte die Beklagte
folgende Anzeigen (Anlage K 1):
Die Kläger haben geltend gemacht, zwischen ihnen und den in
den Anzeigen werbenden Prostituierten bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Die
in Rede stehenden Anzeigen seien wettbewerbsrechtlich unlauter. Die Werbung
für entgeltliche sexuelle Handlungen sei eine Ordnungswidrigkeit. Die
Anzeigen seien zudem irreführend. Es werde der unzutreffende Eindruck
erweckt, es handele sich um private Kontaktanzeigen von Prostituierten.
Tatsächlich sei es Werbung gewerblicher Anbieter.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,
1. im geschäftlichen Verkehr in ihren Druckwerken
Anzeigen zu veröffentlichen, in denen für entgeltliche sexuelle Handlungen
geworben wird, insbesondere wenn dies unter Verschweigen des gewerblichen
Charakters der Anzeige geschieht, insbesondere wie aus der Anlage K 1
ersichtlich;
2. hilfsweise
im geschäftlichen Verkehr in ihren Druckwerken Anzeigen zu
veröffentlichen, in denen für entgeltliche sexuelle Handlungen geworben
wird, insbesondere wenn dies wie in den Anzeigen geschieht, die in der
Anlage K 1 zur Klageschrift vom 5. Februar 2003 wiedergegeben sind.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das
Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.
7
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgen die Kläger ihre
Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
8
I. Das Berufungsgericht hat die Klagebefugnis der Kläger verneint. Hierzu
hat es ausgeführt:
9
Die Kläger könnten ihre Prozessführungsbefugnis und materielle
Anspruchsberechtigung nicht aus §§ 1, 3 UWG (a.F.) ableiten. Sie seien nicht
unmittelbar Verletzte im Sinne dieser Vorschriften. Die Beklagte fördere
durch die beanstandeten Anzeigen den Wettbewerb der Prostituierten, die als
Werbende in den Anzeigen aufträten und entgeltliche sexuelle Kontakte
anböten. Dagegen vermieteten die Kläger Zimmer an Kunden von Prostituierten
und verkauften Getränke. Sie böten auch nicht mittelbar sexuelle Handlungen
an. Die Tätigkeiten der Kläger und diejenigen der Prostituierten seien aus
Rechtsgründen streng zu trennen. Auch wenn sich die Leistungen
wirtschaftlich berührten, seien sie nicht gleichartig und begründeten kein
Wettbewerbsverhältnis.
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An diesem Ergebnis ändere sich nichts, wenn die Anzeigen von
Bordellbetrieben geschaltet worden sein sollten. Auch in diesem Fall wäre
nicht der Bordellbetrieb beworben, sondern das Angebot sexueller Handlungen
durch die dort tätigen Prostituierten.
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Eine Klagebefugnis der Kläger nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG (a.F.) sei
ebenfalls nicht gegeben. Das entgeltliche Anbieten sexueller Handlungen sei
verglichen mit dem Vermieten von Zimmern zur Vornahme solcher Handlungen und
dem Verkauf von Getränken eine derart andere Leistung, dass die angebotenen
Leistungen nicht als verwandt anzusehen seien. Möglich sei zwar, dass hinter
der beanstandeten Werbung Bordellbetriebe stünden. Um ein Verbot der Werbung
der Bordellbetriebe, die Zimmer vermieteten oder Getränke anböten, gehe es
vorliegend aber nicht. Die Kläger hätten mit den beanstandeten Anzeigen
Werbung für entgeltliche sexuelle Handlungen durch Prostituierte und nicht
zugleich eine darin enthaltene verdeckte Werbung der konkurrierenden
Bordellbetriebe angegriffen.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im
Ergebnis keinen Erfolg.
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1. Die Annahme des Berufungsgerichts, den Klägern stehe bereits die
Klagebefugnis nicht zu, hält allerdings sowohl nach altem als auch nach
neuem Recht (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Anspruchsberechtigung des unmittelbar Verletzten, die unter Geltung des
§ 13 Abs. 2 UWG (a.F.) aus der verletzten Rechtsnorm folgte, ergibt sich
nunmehr aus § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
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Zwischen den Klägern und den Anzeigenkunden der Beklagten besteht ein
konkretes Wettbewerbsverhältnis, weil sie versuchen, gleichartige
Dienstleistungen innerhalb desselben Abnehmerkreises abzusetzen mit der
Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten die Kläger
beeinträchtigen kann, d.h. in ihrem Absatz behindern oder stören kann (vgl.
BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 214/99, GRUR 2002, 985, 986 = WRP 2002, 952 -
WISO; Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 903 = WRP 2002, 1050
- Vanity-Nummer).
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a) Nach dem Vortrag der Kläger, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung
zugrunde gelegt hat, geht die beanstandete Werbung teilweise von
Bordellbetrieben aus, deren Dienstleistungsangebot demjenigen der Kläger
(Zimmervermietung, Verkauf von Getränken) entspricht oder dieses umfasst,
weshalb insoweit ohne weiteres von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis
auszugehen ist.
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b) Aber auch soweit die Anzeigen nicht von Bordellbetrieben, sondern von
Prostituierten aufgegeben worden sind, besteht ein konkretes
Wettbewerbsverhältnis der Kläger zu diesen Anzeigenkunden. Im Interesse
eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes sind an das
Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu
stellen; insbesondere ist keine Branchengleichheit erforderlich (BGHZ 93,
96, 97 - DIMPLE; BGH, Urt. v. 24.6.2004 - I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 878 =
WRP 2004, 1272 - Werbe-blocker). Vielmehr reicht es aus, dass die
Dienstleistungen der Prostituierten vielfach auch die Zurverfügungstellung
von Räumlichkeiten zur Durchführung der sexuellen Kontakte umfassen und
insoweit mit derjenigen der Kläger gleichartig sind. Das
Wettbewerbsverhalten dieser Anzeigenkunden der Beklagten, die die
Möglichkeit zu sexuellen Kontakten bewerben, ist daher ebenfalls geeignet,
das Unternehmen der Kläger zu beeinträchtigen.
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2. Den Klägern steht gegen die Beklagte jedoch kein Unterlassungsanspruch
nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 119 Abs. 1, § 120 Abs.
1 Nr. 2 OWiG zu.
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a) Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter i.S. des § 3 UWG, wer einer
gesetzlichen Bestimmung zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im
Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den
Vorschriften, die im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten von
Unternehmen bestimmen, gehören auch § 119 Abs. 1 und § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG.
Die Vorschriften sanktionieren als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße
unter bestimmten Voraussetzungen das öffentliche Anbieten, Anpreisen und
Ankündigen der Gelegenheit zu sexuellen Handlungen. Sie enthalten
Werbebeschränkungen und haben damit einen auch unmittelbar das
Marktverhalten von Unternehmen regelnden Charakter. Denn durch sie ist jede
Werbung, die die Voraussetzungen der §§ 119, 120 OWiG erfüllt, untersagt und
mit einer Geldbuße belegt.
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b) Die von der Beklagten veröffentlichten Anzeigen verstoßen jedoch nicht
gegen § 119 Abs. 1 und § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG.
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aa) Nach § 119 Abs. 1 OWiG handelt ordnungswidrig, wer öffentlich in einer
Weise, die geeignet ist, andere zu belästigen oder in grob anstößiger Weise
durch Verbreitung von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Abbildungen oder
Darstellungen oder durch das öffentliche Zugänglichmachen von Datenspeichern
Gelegenheit zu sexuellen Handlungen anbietet, ankündigt, anpreist oder
Erklärungen solchen Inhalts abgibt.
21
Die im Streitfall angegriffene Werbung war nicht geeignet, andere zu
belästigen (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 OWiG). In Anbetracht eines gewandelten
Verständnisses in der Bevölkerung, wonach die Prostitution überwiegend nicht
mehr schlechthin als sittenwidrig angesehen wird, kann nicht davon
ausgegangen werden, dass durch die in Rede stehende Werbung das körperliche
oder seelische Wohlbefinden mehr als nur geringfügig beeinträchtigt worden
ist.
22
Die Werbung ist ebenfalls nicht in grob anstößiger Weise erfolgt (§ 119 Abs.
1 Nr. 2 OWiG). Gegenteiliges haben die Kläger nicht konkret dargelegt.
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bb) Nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG handelt ordnungswidrig, wer durch das
Verbreiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen
oder Darstellungen Gelegenheit zu entgeltlichen sexuellen Handlungen
anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekannt gibt.
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Nach der vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der
Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001,
3983) am 1. Januar 2002 weitaus überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und
Literatur erfasste das Verbot des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG jede Werbung für
entgeltliche sexuelle Handlungen durch Zeitungsinserate, ohne dass weitere
Merkmale hinzutreten mussten. Auf eine konkrete Belästigung oder Gefährdung,
namentlich des Jugendschutzes, kam es nicht an (vgl. BGHZ 118, 182, 184
f.; Kurz in Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 3.
Aufl., § 120 Rdn. 23 f.). Mit dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes
kann an dieser Auslegung des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG, die eine abstrakte
Gefährdung ausreichen lässt, nicht festgehalten werden. Mit dem
Prostitutionsgesetz hat der Gesetzgeber einem Wandel in weiten Teilen der
Bevölkerung, die die Prostitution nicht mehr schlechthin als sittenwidrig
ansehen, Rechnung getragen (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes
zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten,
BT-Drucks. 14/5958, S. 4; zu dem Wandel der Moralvorstellungen in neuerer
Zeit ferner: BGH, Urt. v. 22.11.2001 - III ZR 5/01, NJW 2002, 361; OLG
Köln MMR 2001, 43, 44; AG Heidelberg NJW-RR 1998, 260; AG Berlin-Köpenick
NJW 2002, 1885; vgl. ferner BFH, Urt. v. 23.2.2000 - X R 142/95, NJW 2000,
2919; zum Aufenthalts- und Niederlassungsrecht von Prostituierten aus
anderen Mitgliedstaaten der EU: EuGH, Urt. v. 20.11.2001 - C-268/99, Slg.
2001, I-8615 = DVBl 2002, 321 Tz 59 f.). Die Vereinbarung zwischen
Prostituierten und Kunden über die Vornahme sexueller Handlungen gegen
Entgelt unterfällt nach § 1 Satz 1 ProstG nicht mehr dem Verdikt der
Sittenwidrigkeit, sondern begründet eine rechtswirksame Forderung der
Prostituierten.
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Diesem gewandelten Verständnis in der Bevölkerung und der geänderten
Rechtslage ist, auch wenn der Gesetzgeber § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG nicht
ebenfalls novelliert hat, bei der Auslegung dieser Bestimmung Rechnung zu
tragen (Malkmus, Prostitution in Recht und Gesellschaft, 2005, S. 125 ff.,
138; a.A. OLG Jena GewArch 2006, 216). Es ist deshalb nicht an einem
generellen Verbot jeder Werbung für entgeltliche sexuelle Handlungen nach §
120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG festzuhalten, sondern das Verbot auf Fälle zu
beschränken, in denen durch die Werbung eine konkrete Beeinträchtigung von
Rechtsgütern der Allgemeinheit, insbesondere des Jugendschutzes, eintritt
(von Galen, Rechtsfragen der Prostitution, 2004, Rdn. 391 ff.; a.A. Göhler/König,
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 14. Aufl., § 120 Rdn. 11; MünchKomm.BGB/Armbrüster,
4. Aufl., Bd. 1 a, § 1 ProstG Rdn. 17).
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Eine konkrete Beeinträchtigung von Rechtsgütern, die einen Verstoß gegen §
120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG darstellt, ist etwa anzunehmen, wenn die Werbung nach
Aufmachung, Inhalt oder Umfang nicht in der gebotenen zurückhaltenden Form
erfolgt oder nach der Art des Werbeträgers und seiner Verbreitung geeignet
ist, die schutzbedürftigen Rechtsgüter zu gefährden. Nicht erforderlich für
ein Eingreifen des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ist, dass die Werbung geeignet
ist, andere zu belästigen, oder in grob anstößiger Form erfolgt, wie dies
Voraussetzung des § 119 Abs. 1 OWiG ist.
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Die Vorschrift des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG, die die Werbung für sexuelle
Handlungen gegen Entgelt betrifft, greift nach ihrem Sinn und Zweck bereits
unterhalb der Schwelle des § 119 Abs. 1 OWiG ein. Das Verbot setzt aber eine
konkrete Eignung der Werbung voraus, den Schutz der Allgemeinheit, vor allem
denjenigen von Kindern und Jugendlichen, vor den mit der Prostitution
generell verbundenen Gefahren und Belästigungen zu beeinträchtigen. Da diese
Auslegung des § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG auf einem nach der Entscheidung des X.
Zivilsenats vom 5. Mai 1992 - X ZR 134/90 - (abgedruckt in BGHZ 118, 182)
gewandelten Verständnis in der Bevölkerung über die Prostitution und einer
Änderung der Rechtslage durch das Prostitutionsgesetz beruht, bedarf es auch
keiner Anfrage beim X. Zivilsenat, ob er an seiner Rechtsauffassung
festhält.
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Die beanstandeten Anzeigen erfüllen diese Voraussetzungen des § 120 Abs. 1
Nr. 2 OWiG nicht. Sie sind weder nach ihrer Gestaltung noch nach ihrem
Inhalt geeignet, Belange der Allgemeinheit einschließlich des Kinder- und
Jugendschutzes zu beeinträchtigen. In den Zeitungen und Zeitschriften ist
diese Art der Werbung je nach Art des Mediums und seines Leserkreises nicht
selten anzutreffen (vgl. Göhler/König aaO § 120 Rdn. 16), was die
gewandelten Vorstellungen in der Bevölkerung belegt. Erfahrungsgemäß werden
beispielsweise Zeitungen nicht auf Dauer Annoncen veröffentlichen, an denen
breite Leserkreise Anstoß nehmen. Von Seiten der Bußgeldbehörden wird diese
Werbung offensichtlich hingenommen, jedenfalls wird ihr nicht wirksam
entgegengetreten (vgl. Malkmus aaO S. 137).
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3. Ein Unterlassungsanspruch der Kläger folgt weiterhin nicht unmittelbar
aus § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 3 UWG. Zwar kann eine Wettbewerbshandlung
unlauter i.S. des § 3 UWG sein, die nicht von den Beispielstatbeständen des
§ 4 UWG erfasst wird, allerdings mit entsprechendem Unwertgehalt den
anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderläuft (Fezer/Fezer,
UWG, § 3 Rdn. 68; Harte/Henning/Schünemann, UWG, § 3 Rdn. 69; Köhler in
Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 3 UWG Rdn. 36).
Davon kann bei den beanstandeten Anzeigen aus den vorstehend unter II 2b
dargestellten Gründen allerdings nicht ausgegangen werden.
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4. Ein Unterlassungsanspruch steht den Klägern auch nicht wegen
irreführender Werbung nach §§ 3, 5 Abs. 1 UWG zu.
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Ob eine Werbung irreführende Angaben enthält, bestimmt sich maßgeblich
danach, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund des
Gesamteindrucks versteht (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2004 - I ZR 222/02, GRUR
2005, 438, 440 = WRP 2005, 480 - Epson-Tinte). Konkrete Anhaltspunkte dafür,
dass die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen, die Anzeigen stammten
in jedem Fall von privat werbenden Prostituierten, und sie deshalb in
rechtlich relevanter Weise irregeführt werden, wenn die Prostituierten in
Bordellen tätig sind, haben die Kläger nicht dargelegt. Jedenfalls scheidet
eine Haftung des beklagten Presseunternehmens für die behauptete, sich nicht
ohne weiteres erschließende Irreführung aus (vgl. BGH, Urt. v. 9.2.2006 - I
ZR 124/03, Tz 32, - Rechtsanwalts-Ranglisten).
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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