Abstandnahme vom Vertrag und Schadensersatz nach § 326 beim Sukzessivlieferungsvertrag und bei mehreren Verträgen über gleichartige Sachen; Anfängl. subj. Unvermögen, Erfüllungsverweigerung, pVV und Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung
BGH, Urteil v. 26.10.1994
Amtliche Leitsätze:
1.) Legt gegen ein Urteil des Landgerichts, durch das die Klage
wegen der vom Beklagten hilfsweise erklärten Aufrechnung abgewiesen worden ist, allein
der Kläger Berufung ein, so kann der Beklagte mit der Revision gegen das ihn beschwerende
Berufungsurteil nicht mehr das bereits in erster Instanz bejahte ursprüngliche Bestehen
des Klageanspruches zur Überprüfung stellen.
2.) Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die im Rahmen
des § 326 BGB zum Sukzessivlieferungsvertrag entwickelten Grundsätze auf die geschuldete
Lieferung gleichartiger Sachen aus mehreren Verträgen übertragbar sind.
Fundstellen:
NJW-RR 1995, 240
LM H. 3/1995 § 536 ZPO Nr. 19
MDR 1995, 349
BB 1994, 2443
WM 1995, 112
Zentrale Probleme des Falles:
Im Mittelpunkt des Falles stehen Fragen des Schuldnerverzugs im Sukzessivlieferungsvertrag. Beim echten Sukzessivlieferungsvertrag handelt es sich um einen einheitlichen Vertrag, durch den der eine Teil zur Lieferung einer bestimmten, von vorneherein feststehenden Warenmenge in Raten, der andere Teil zu entsprechender Ratenzahlung verpflichtet wird. Grundsätzlich kann der Gläubiger die Rechte aus § 326 BGB nur hinsichtlich der verspäteten Rate geltend machen, d.h. den Verzugsschaden verlangen oder nach Fristsetzung und Ablehnungsandrohung gemäß § 326 I von dem Vertragsteil zurücktreten bzw. Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen Hinsichtlich der noch nicht fälligen Raten. Falls jedoch durch die nLeistungsstörung der bereits fälligen Raten die weitere Erfüllung des Vertrages für den Gläubiger nicht mehr von Interesse ist oder das Vertrauen durch das bisherige Verhalten des Schuldners derart gestört ist, daß dem Gläubiger das weitere Festhalten am Vertrag nicht zumutbar ist, kann er die Fristsetzung nach § 326 I mit einer erweiterten Ablehnungsandrohung verbinden, in der er die Vernichtung des gesamten Vertrages auch für die Zukunft androht. Leistet der Schuldner dann immer noch nicht, kann der Gläubiger (analog § 326 I 2 Alt. 2 oder aus pFV) oder vom gesamten Vertrag für die Zukunft zurücktreten . Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch um mehrere einzelne (Sukzessivlieferungs-)Verträge über gleichartige Sachen. Der BGH war daher mit der Frage befaßt, ob die geschilderten Grundsätze zum Sukzessivlieferungsvertrag auch dann gelten. Er verneint dies. Damit war im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus den noch gar nicht fälligen späteren Verpflichtungen des Schuldners nur möglich, wenn dieser ernsthaft und engültig deren Erfüllung verweigert hätte. Ein solcher Anspruch wäre dann auf pVV zu stützen. Dazu hätte der Kl. aber dem Bekl., so der BGH "in entsprechender Anwendung des § 326 BGB erfolglos eine mit einer Ablehnungsandrohung verbundene angemessene Frist zur Erklärung gesetzt hätte, ob sie die Verträge vereinbarungsgemäß erfüllen werde".
Daneben werden in der Entscheidung weitere grundlegende Fragen des
allgemeinen Schuldrechts behandelt, insbesondere die verschuldensunabhängige Haftung im
Falle anfänglichen Unvermögens (für die Zulänglichkeiten des "eigenen
Geschäftskreises" (vgl. dazu etwa Larenz SchuldR I § 8 II), die Tatsache,
daß (subjektives) Unvermögen zumindest bei Gattungsschulden nicht zur Befreiung von der
Primärleistungspflicht führt sowie die Frage der Entbehrlichkeit der Nachfristsetzung im
Rahmen von § 326 I BGB.
sl
Zum Sachverhalt:
Die Bekl. betreibt einen Neu- und Gebrauchtwagenhandel. Der Kl. exportiert Fahrzeuge der Oberklasse. Beide kamen Mitte 1987 überein, daß die Bekl. Pkws, insbesondere Modelle der Firmen BMW und Daimler-Benz - gegebenenfalls unter Umgehung des selektiven Vertriebssystems von BMW - für den Kl. beschaffe. Dieser bestellte sodann fernmündlich zwischen dem 9. 9. und dem 16. 10. 1987 insgesamt 24 BMW 750 iL bei der Bekl. und bestätigte jeweils schriftlich die getroffenen Vereinbarungen, wonach sich die Bekl. u.a. verpflichtete, eine "Entschädigung" in Höhe von 5% des Kaufpreises eines jeden Fahrzeuges zu zahlen, das nicht termingerecht geliefert werde. Die Fahrzeuge waren zum Export nach Japan bestimmt und sollten von der Bekl. nach den vertraglichen Abreden wie folgt geliefert werden: Gemäß Auftrag Nr. 709033 ein Wagen im November 1987, nach dem Auftrag Nr. 709034 ein Wagen im November/Dezember 1987, gemäß den Aufträgen Nrn. 709040, 709041, 709046 und 709047 je ein Wagen im Dezember 1987, aufgrund der Aufträge Nrn. 709048, 709049 und 709052 je ein Wagen im Janaur 1988, aus dem Auftrag Nr. 701061 je vier Wagen im Januar, Februar und März 1988, gemäß den Aufträgen Nrn. 709050 und 701060 je ein Wagen im Februar 1988 und gemäß Auftrag Nr. 709051 ein Wagen im März 1988. Die Bekl. bestellte die Fahrzeuge bei BMW-Vertragshändlern, vermochte sie dem Kl. aber nicht zu beschaffen, weil die BMW-Händler ihrerseits nicht an die Bekl. lieferten. Nach vergeblichen Aufforderungen des Kl. zur Vertragserfüllung und - nicht eingehaltenen - Lieferzusagen der Bekl. ließ der Kl. dieser durch Anwaltsschreiben vom 24. 2. 1988 mitteilen, daß er kein Interesse mehr an einer Lieferung habe und Schadensersatz verlange. Als solchen hat er mit der vorliegenden Klage einen Betrag von 502601,98 DM nebst Zinsen geltend gemacht. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus (1) 121580,20 DM als Entschädigung für die 24 nicht gelieferten BMW-Fahrzeuge (= 5 % des Gesamtpreises der Fahrzeuge in Höhe von 2431603,94 DM); (2) 582,09DM, mit denen der Kl. von der Deutschen Bank für die Avisierung und Rückgabe von Akkreditiven für sechs Fahrzeuge belastet worden ist, die bis Ende Dezember 1987 bzw. Januar 1988 von der Bekl. geliefert werden sollten und deren Lieferung "in einer Woche" die Bekl. mit Schreiben vom 5. 2. 1988 zugesagt hatte; (3) 32414,52 DM (30000 DM + 2414,52 DM) Unkosten wegen Stornierung des für die vorgenannten sechs BMW-Fahrzeuge bestellten Lkw- und Schiffsfrachtraumes; (4) 328250 DM als entgangenen Gewinn für 65 Pkw der Marke Daimler-Benz, wozu der Kl. behauptet hat, ein japanischer Kunde habe ihm im Dezember 1987 den Auftrag erteilt, innerhalb eines Jahres 150 Daimler-Benz 560 SEL zu liefern; dieser Kunde habe den Auftrag aber storniert, weil er wegen des Verhaltens der Bekl. vom Kl. nicht mit ebenfalls bestellten BMW 750 iL habe beliefert werden können; (5) 18575,69 DM (16065,76 DM + 2509,93 DM) als Schaden aus zwei Deckungskäufen, die der Kl. nach seinem Vorbringen vorgenommen hat, weil die Bekl. entsprechende Kaufverträge über einen BMW 735i und einen Daimler-Benz 560 SEL nicht erfüllt habe; (6) 699,48DM Anwaltskosten aus einem zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit, die der Kl. gezahlt hat, und (7) 500 DM, welche der Kl. als Auslagenpauschale geltend gemacht hat. Die Bekl. ist dem Klagebegehren insgesamt entgegengetreten und hat sich - soweit für die Revisionsinstanz noch von Interesse - darauf berufen, die mit dem Kl. geschlossenen Lieferverträge seien alle gem. § 138 BGB nichtig, weil sie sich die Fahrzeuge wegen des selektiven Vertriebssystems der Hersteller nur unter Verstoß gegen die guten Sitten des Wettbewerbs i.S. des § 1 UWG hätte verschaffen können; darüber hinaus sei ihr die Beschaffung der Fahrzeuge angesichts des selektiven Vertriebssystems auch unmöglich gewesen, so daß sie von ihrer Leistungspflicht gegenüber dem Kl. frei geworden sei. Hilfsweise hat die Bekl. mit einer - unstreitigen - Kaufpreisforderung in Höhe von 131844,42 DM aus dem Verkauf eines Porsche und mit weiteren behaupteten Forderungen in Höhe von insgesamt 116930,20 DM die Aufrechnung erklärt. Von der ersten Position der Schadensberechnung hat das LG 116528,41 DM (= 5 % des Kaufpreises für 23 BMW 750 iL) für gerechtfertigt angesehen. Hinsichtlich des 24. BMW (aus dem Auftrag Nr. 709033) hat es das Klagebegehren abschlägig beschieden, weil der Kl. insoweit bereits vor dem AG Mülheim Schadensersatz geltend gemacht hatte, der ihm zuerkannt und von der Bekl. gezahlt worden ist. Die weiteren Schadenspositionen hat das LG ebenfalls verneint, gegenüber dem bejahten Anspruch von 116528,41 DM die Aufrechnung der Bekl. mit der Kaufpreisforderung aus dem Porsche-Geschäft (131844,42 DM) durchgreifen lassen und daher die Klage insgesamt abgewiesen. Hiergegen hat der Kl. Berufung eingelegt, mit der er sein Zahlungsbegehren in voller Höhe weiterverfolgte und die Gegenforderungen der Bekl. damit bekämpfte, daß er seinerseits mit einer angeblichen, im Klageantrag nicht eingestellten Schadensersatzforderung aus dem behaupteten - stornierten - Auftrag des japanischen Kunden zur Lieferung von 150 Daimler-Benz-Fahrzeugen in Höhe von über 400000 DM aufrechnete. Mit diesem Schadensersatzanspruch hat er auch die Klageforderung in Höhe von 36882,77 DM (= abgewiesene 5051,79 DM aus der ersten Position + 30000 DM Lkw-Frachtunkosten + 1830,98 DM zuviel berechneter Schaden aus dem Deckungskauf für den von der Bekl. nicht gelieferten BMW 735i) anderweit begründet. Das OLG hat einen Anspruch des Kl. in Höhe von 272321,10 DM bejaht, andererseits die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen der Bekl. in Höhe von insgesamt 224817,02 DM für begründet erachtet und demgemäß unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung die Bekl. zur Zahlung von 47504,08 DM nebst Zinsen verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision der Bekl., mit der sie ihr Begehren, die Klage insgesamt schon dem Grunde nach abzuweisen, weiterverfolgt. Der Kl. hat sich der Revision der Bekl. angeschlossen. Er erstrebt die Verurteilung der Bekl. zur Zahlung weiterer 178250 DM nebst Zinsen, die ihm das BerGer. von dem Schadensersatzanspruch aus dem Daimler-Benz-Auftrag des japanischen Kunden (328250 DM) aberkannt hat. Die Revision der Bekl. hatte überwiegend Erfolg; die Anschlußrevision blieb erfolglos.
Aus den Gründen:
I. Das BerGer. hat ausgeführt, die zwischen den Parteien
geschlossenen Kaufverträge seien nicht deshalb unwirksam, weil die Bekl. zur Beschaffung
der Kaufgegenstände möglicherweise in das Vertriebsbindungssystem der Hersteller hätte
eindringen müssen. Das sei grundsätzlich nicht zu beanstanden und führe daher nicht zur
Sittenwidrigkeit der hier streitigen Verträge i.S. des § 138 BGB. Auch sei die Bekl.
nicht unter dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit von ihrer Lieferpflicht frei geworden.
Die Leistung sei ihr allenfalls subjektiv unmöglich geworden. Für dieses Unvermögen
habe die Bekl. aber gem. § 279 BGB einzustehen, weil es sich bei den verkauften
Fahrzeugen um nur der Gattung nach bestimmte Sachen gehandelt habe. Die vertraglich
vereinbarte Entschädigung von 5 % des Kaufpreises könne der Kl. nur für zwölf
Fahrzeuge beanspruchen, mit deren Lieferung sich die Bekl. zu der Zeit in Verzug befunden
habe, als der Kl. mit Schreiben vom 24. 2. 1988 Erfüllung abgelehnt und Schadensersatz
verlangt habe. Der Kaufpreis für diese zwölf Fahrzeuge habe insgesamt 1218494,27 DM
betragen, so daß dem Kl. insoweit ein Entschädigungsanspruch von 60924,71 DM erwachsen
sei. Hinsichtlich der restlichen elf Fahrzeuge habe sich die Bekl. am 24. 2. 1988 zwar
nicht in Verzug befunden, so daß der Kl. insoweit weder einen Anspruch auf die
vertraglich vereinbarte 5%ige Entschädigung noch einen Schadensersatzanspruch aus § 326
BGB erlangt habe. Die Bekl. hafte aber aus dem Gesichtspunkt der positiven
Forderungsverletzung auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Eine positive
Forderungsverletzung der Bekl., die hier ausnahmsweise auch eine Nachfristsetzung des Kl.
entbehrlich gemacht habe, sei in ihrer besonderen Unzuverlässigkeit zu erblicken, die
sich in der zum Teil erheblichen Verzögerung der Lieferung, vor allem aber darin gezeigt
habe, daß die Bekl. mit Schreiben vom 5. 2. 1988 die Lieferung von sechs Fahrzeugen für
"nächste Woche" angekündigt und dabei billigend in Kauf genommen habe, gar
nicht liefern zu können. Obwohl die besondere Unzuverlässigkeit der Bekl. nur bezüglich
dieser sechs Fahrzeuge vorgelegen habe, habe sie doch auch das Lossagen von den anderen
Verträgen gerechtfertigt. Allerdings sei zwischen den Parteien kein
Sukzessivlieferungsvertrag geschlossen worden, innerhalb dessen der Gläubiger berechtigt
sei, Schadensersatz wegen Nichterfüllung auch hinsichtlich der noch nicht gelieferten
Gegenstände zu beanspruchen, sobald der Schuldner sich einer schwerwiegenden
Vertragsverletzung schuldig gemacht habe. Indessen sei - wie vor allem die Zusammenfassung
des Kl. vom 26. 10. 1987 und der darin aufgestellte Abwicklungsplan zeigten - die
vertragliche Zusammenarbeit der Parteien über die Lieferung der BMW-Fahrzeuge
tatsächlich einem Sukzessivlieferungsgeschäft so sehr angenähert gewesen, daß eine
entsprechende Anwendung der zu diesem Vertragstyp entwickelten Grundsätze gerechtfertigt
sei. Außerdem habe die Gefahr bestanden, daß die Bekl. den Kl. auch künftig hinhalte.
Der Schaden des Kl. errechne sich aus der Differenz zwischen dem von den Parteien für die
elf BMW-Fahrzeuge vereinbarten Kaufpreis (= 1113403,27 DM) und dem durchschnittlichen
Verkaufspreis des Kl. (1178138,72 DM = 11 x 107103,52 DM) unter Abzug der Frachtkosten,
die in Höhe von 600 DM pro Fahrzeug angefallen wären. Das ergebe einen Betrag von
58135,45 DM. Der Kl. könne auch Ersatz des entgangenen Gewinnes aus dem fehlgeschlagenen
Auftrag des japanischen Kunden über die Lieferung von Daimler-Benz-Fahrzeugen
beanspruchen. Dieser Auftrag sei - wie die Beweisaufnahme ergeben habe - zustande
gekommen, sei aber von dem Kunden storniert worden, weil der Kl. ihm ebenfalls bestellte
BMW-Fahrzeuge wegen des Verhaltens der Bekl. nicht habe liefern können. Der
Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der zwischen den Parteien geschlossenen
BMW-Kaufverträge umfasse auch diesen entgangenen Gewinn, der allerdings nicht in der
geltend gemachten Höhe von 328250 DM, sondern schätzungsweise nur mit 150000 DM
anzusetzen sei. Zwar habe der Kl. schlüssig einen Verlust von 5475,12 DM pro Fahrzeug
errechnet, es sei aber davon auszugehen, daß der Kl. den Verlust im Laufe des
vorgesehenen Lieferjahres nach und nach durch Erschließung anderer Märkte hätte
auffangen können. Als adäquaten Schaden der dem Bekl. anzulastenden positiven
Forderungsverletzung seien dem Kl. auch die ihm belasteten nutzlosen Akkreditivkosten,
allerdings ohne die eingeklagte Mehrwertsteuer (31,08 DM), in Höhe von 551,01 DM zu
ersetzen. Ausgleich des durch die beiden Deckungskäufe (BMW 735i und Daimler-Benz 560
SEL) erlittenen Schadens könne der Kl. nach § 326 BGB nur bezüglich des
Daimler-Benz-Fahrzeuges in der geltend gemachten Höhe von 2509,93 DM verlangen. Soweit
der Kl. Anwaltskosten (699,48 DM) eingeklagt habe, sei die Klage unzulässig; hinsichtlich
der im zweiten Rechtszug noch weiter verfolgten Unkosten für stornierten Frachtraum
(2414,52 DM) sei sie unbegründet. Von der geltend gemachten Auslagenpauschale (500 DM)
sei nach § 286 BGB lediglich ein Betrag von 200 DM als angemessen (§ 287 ZPO)
anzuerkennen. Gegenüber dem somit in Höhe von insgesamt 272321,10 DM entstandenen
Zahlungsanspruch des Kl. greife die von der Bekl. erklärte Aufrechnung mit der
unstreitigen Forderung aus dem Verkauf eines Porsche-Fahrzeuges in Höhe von 131844,42 DM
und mit anderen Gegenforderungen in Höhe von weiteren 92972,60 DM durch.
II. Das angefochtene Urteil hält nicht in allen Punkten der
rechtlichen Nachprüfung und den Revisionsangriffen stand.
1. Soweit sich die Revision gegen den Klageanspruch wendet, ist ihr
dies allerdings in Höhe von 116528,41 DM von vorneherein aus prozessualen Gründen
verwehrt. Das LG hatte die Klageforderung in Höhe dieses Betrages für gerechtfertigt
erklärt und die Klage insoweit lediglich wegen der Aufrechnung der Bekl. abgewiesen. Da
nur der Kl. Berufung eingelegt hatte, durfte schon das BerGer. die Klageforderung in der
genannten Höhe nicht mehr überprüfen (BGHZ 109, 179 (189f.) = NJW 1990, 447 = LM § 1
WohnungseigentumsG Nr. 5 m.w.Nachw. sowie dem Hinweis, daß der II. Zivilsenat des
BGHerklärt hat, an seiner gegenteiligen Auffassung (BGHZ 16, 394 ff. = NJW 1955, 825 = LM
§ 711 BGB Nr. 1) nicht festzuhalten, und WM 1972, 53). Ob dieses Ergebnis damit
gerechtfertigt werden kann, der die Klageforderung betreffende "Teil des
Streitstoffes" werde in einem solchen Fall rechtskräftig (so BGH, WM 1972, 53 und
BGHZ 109, 179 (189f.) = NJW 1990, 447 = LM § 1 WohnungseigentumsG Nr. 5), braucht nicht
vertieft zu werden. Jedenfalls ist der die Klageforderung in Höhe von 116528,41 DM
betreffende Teil des Streitstoffes nicht in die Berufungsinstanz gelangt. Wenn die bekl.
Partei im Wege der Aufrechnung eine Gegenforderung geltend macht, sind zwei selbständige
Ansprüche anhängig: Der Klageanspruch und - wegen der erweiterten Rechtskraftwirkung des
§ 322 II ZPO (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 536 Rdnr. 12) - auch der zur
Aufrechnung gestellte Gegenanspruch. Entscheidet ein Urteil - wie hier das
erstinstanzliche - rechtskraftfähig über beide, so enthält es zwei prozessual
selbständige Elemente des Streitstoffes. Die Überwälzung des Streitstoffes in die
Rechtsmittelinstanz kann daher auf jedes dieser beiden Elemente und innerhalb dieser - bei
Teilbarkeit - auf einen Teil beschränkt werden. Das war hier geschehen, indem lediglich
der Kl. Berufung eingelegt hat. Damit fielen der Berufungsinstanz allein der vom LG als
nicht entstanden behandelte Teil der Klageforderung, der über 116528,41 DM hinausging (=
386073,57 DM), und insgesamt die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen an. War die
Klageforderung bis zum Betrag von 116528,41 DM aber nicht der Berufungsinstanz zur
Entscheidung angefallen, mußte sie das BerGer. vielmehr als bestehend behandeln, so kann
sie die Bekl., die insoweit eine Anschlußberufung versäumt hat, mit ihrer Revision nicht
mehr zur Entscheidung des RevGer. stellen. Eine den fraglichen Teil der Klageforderung
verneinende Entscheidung des RevGer. verstieße gegen das Verbot der reformatio in peius,
weil ein solches Erkenntnis zu einer Abänderung des erstinstanzlichen Urteils führte,
die den Kl. belasten würde, obwohl nur er und nicht auch die Bekl. dieses Urteil
angegriffen hatte.
2. Der Nachprüfung durch das RevGer. unterliegt demgemäß auf die
Revision der Bekl. hin von der Klageforderung lediglich der Teil, den das BerGer. dem Kl.
abweichend vom LG über den Betrag von 116528,41 DM hinaus zuerkannt hat, nämlich: (1)
Aus der ersten Klageposition: 2531,75 DM (60924,71 DM + 58135,45 DM - 116528,41 DM), (2)
aus der zweiten Position (Akkreditivkosten): 551,01 DM, (3) aus der vierten Position
(328250 DM): 150000 DM, (4) aus der fünften Position (Deckungskäufe): 2509,93 DM, (5)
aus der letzten Position (Auslagenpauschale): 200 DM. Außerdem ist infolge der - hierauf
beschränkten - Anschlußrevision des Kl. über den Rest aus der vierten Klageposition in
Höhe von 178250 DM (328250 DM -150000 DM) zu entscheiden. Insoweit hat die Revision
überwiegend Erfolg, während die Anschlußrevision insgesamt unbegründet ist.
a) Entgegen der Auffassung der Bekl. scheitern die aus der
Nichterfüllung der zwischen den Parteien geschlossenen Pkw-Lieferverträge abgeleiteten
Ansprüche des Kl. allerdings nicht von vornherein an einer Sittenwidrigkeit (§ 138 I
BGB) dieser Verträge oder daran, daß die Bekl. von ihrer Lieferpflicht gem. § 275 BGB
frei geworden wäre.
aa) Die Ansicht der Revision, die Verträge seien sittenwidrig, weil
die Bekl. als Außenseiter die Fahrzeuge bei gebundenen Vertragshändlern zwecks
Weiterverkaufs bestellt, damit gegen die guten Sitten i.S. des § 1 UWG verstoßen habe
und demgemäß wegen dieses Sittenverstoßes auch die Weiterveräußerung an den Kl. als
wettbewerbswidrig anzusehen sei, ist unzutreffend. Zwar kann der Einbruch in ein
selektives Vertriebsbindungssystem, wie es BMW und Daimler-Benz aufgebaut haben, nach § 1
UWG als gegen die guten Sitten verstoßend wettbewerbswidrig sein. Gleiches gilt auch für
die Weiterveräußerung von Waren, die auf diese Weise etwa durch Schleichbezug erworben
worden sind oder beschafft werden sollten (vgl. u.a. BGH, NJW-RR 1992, 427 = LM H. 8/1992
§ 3 UWG Nr. 330 = GRUR 1992, 171 (173)). Die wettbewerbsrechtliche Sittenwidrigkeit
begründet aber nicht zugleich auch die Sittenwidrigkeit i.S. des § 138 I BGB. Der
unbestimmte Rechtsbegriff der guten Sitten hat in § 1 UWG nicht dieselbe Bedeutung wie in
§ 138 BGB. Während letztere Vorschrift der autonomen Rechtsgestaltung beim Abschluß von
Verträgen Grenzen setzt und so Mißbräuchen der Privatautonomie entgegenwirkt, schützt
§ 1 UWG die guten Sitten des Wettbewerbs und knüpft an einen Verstoß anders als § 138
BGB nicht die Rechtsfolge der Nichtigkeit, sondern die Verpflichtung zur Unterlassung und
- bei Verschulden - zum Schadensersatz (BGHZ 110, 156 (174) = NJW 1991, 287 = LM § 1 UWG
Nr. 545). Das schließt es aus, in einem nach § 1 UWG zu mißbilligenden Verhalten, mag
dieses auch in einem Rechtsgeschäft seinen Niederschlag finden, ohne weiteres einen
Verstoß gegen § 138 BGB zu erblicken. Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob das
Rechtsgeschäft - soll es dem Verdikt des § 138 BGB unterworfen werden - seinem Inhalt
nach mit grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar ist. Das kann
allein aus der wettbewerbsrechtlichen Anstößigkeit des Rechtsgeschäfts nicht
hergeleitet werden. Sonstige Umstände, die die Lieferverträge, welche die Bekl. mit dem
Kl. geschlossen hat, sittenwidrig erscheinen ließen, hat die Bekl. nicht aufgezeigt.
bb) Die Bekl. ist von ihrer Leistungspflicht aus den
Kaufverträgen auch nicht gem. § 275 BGB frei geworden. Diese bestand vielmehr jedenfalls
bis zur Erfüllungsablehnung durch den Kl. fort. Objektive Unmöglichkeit im Sinne des
Absatz 1 dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn die vertraglich vereinbarte Leistung von
niemandem erbracht zu werden vermag. Davon kann hier keine Rede sein. Daß die
BMW-Fahrzeuge von einem Außenseiter nicht "legal" hätten beschafft werden
können, ist entgegen der Auffassung der Revision unerheblich. Ein Freiwerden der Bekl.
aufgrund (subjektiven) Unvermögens (§ 275 II BGB) scheitert schon daran, daß es sich
bei den an den Kl. verkauften Fahrzeugen um Gattungsware handelt und die Bekl. daher ihr
Unvermögen nach § 279 BGB zu vertreten hat. Diese Vorschrift geht davon aus, daß der
Schuldner, der sich zur Lieferung einer Gattungssache verpflichtet, in der Regel die
Gewähr für die Beschaffungsmöglichkeit und zugleich das Beschaffungsrisiko übernimmt.
Er hat daher sein eventuelles Unvermögen zu vertreten und dafür einzustehen, solange der
Leistungsgegenstand aus der Gattung beschafft werden kann und die Beschaffung an Gründen
scheitert, die seinem Geschäftskreis zuzurechnen sind (vgl. Senat, NJW 1994, 515 = LM H.
5/1994 § 279 BGB Nr. 4 = WM 1994, 301). Das war hier, sofern überhaupt ein
Unvermögen der Bekl. anzunehmen wäre, der Fall. Die Bekl. hat in Kenntnis der selektiven
Vertriebsbindung von BMW und Daimler-Benz und des damit verbundenen Beschaffungsrisikos
die Kaufverträge mit dem Kl. abgeschlossen, hierdurch zum Ausdruck gebracht, ihr sei auch
als Außenseiter die Beschaffung möglich, und damit eine verschuldensunabhängige
Einstandspflicht für den Fall eines Scheiterns der Beschaffung übernommen (vgl. dazu
RGZ 107, 156 (158)). Daß auch dem Kl. beim Abschluß der Verträge die
Vertriebsbindung der Hersteller mit dem daraus folgenden Beschaffungsrisiko der Bekl.
bekannt war, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Revision keine andere Beurteilung.
Nicht der Kl., sondern allein die Bekl. hat das Beschaffungsrisiko übernommen und für
den Fall, daß es sich verwirkliche, sogar eine Entschädigung in Höhe von 5 % des
Kaufpreises versprochen.
b) Die noch zur Nachprüfung anstehenden Klagepositionen sind
insgesamt lediglich in Höhe von 3902,74 DM gerechtfertigt.
aa) Der über 116528,41 DM hinausgehende Betrag von 2531,75 DM aus
der ersten Position ergibt sich der Höhe nach daraus, daß das BerGer. zwar für die
ersten zwölf BMW, mit deren Lieferung sich die Bekl. zur Zeit der "Stornierung"
der Verträge durch den Kl. (am 24. 2. 1988) in Verzug befunden hat, entsprechend dem
Klagebegehren des Kl. und der Berechnung des LG 5 % des Kaufpreises als Entschädigung (=
60924,51 DM) angesetzt, die "Entschädigung" für die weiteren elf BMW aber
entgegen der abstrakten Berechnung des Kl. und des LG mangels Verzugs der Bekl. konkret
ermittelte und so nach Abzug der Frachtkosten, die bei Lieferung angefallen wären, zu
einem Betrag von 58135 DM gelangte. Das ergab zusammen mit der Entschädigung für die
ersten zwölf Fahrzeuge 119060,16 DM, also 2531,75 DM mehr, als vom LG für das
BMW-Geschäft als Entschädigung insgesamt zuerkannt und vom Kl. in der
Berufungsbegründung auch ausdrücklich akzeptiert worden ist. Darin, daß das BerGer.
insoweit über das Klagebegehren des Kl. hinausgegangen ist, liegt kein - andernfalls von
Amts wegen zu berücksichtigender - Verstoß gegen § 308 I ZPO. Handelt es sich, wie
hier, um eine Postensache, können sich die einzelnen Posten der Höhe nach auch über das
jeweils einzeln Geforderte hinaus verschieben. Nur die Endsumme, die sich aus allen
Posten zusammen ergibt, darf nicht überschritten werden (vgl.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 52. Aufl., § 308 Rdnr. 4 m.Nachw. aus der
Rspr.). Die Berechnung als solche wird von der Revision nicht angegriffen. Sie wendet
sich lediglich dagegen, daß das BerGer. dem Kl. wegen positiver Forderungsverletzung der
Bekl. die Rechte aus § 326 BGB ohne vorherige Nachfristsetzung zuerkannt hat. Damit hat
sie in bezug auf den insoweit nur noch zur Disposition stehenden Betrag von 2531,75 DM
teilweise Erfolg.
(1) Eine Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist
grundsätzlich nur dann entbehrlich, wenn der Schuldner sich in Verzug befindet und
infolge des Verzuges das Interesse des Gläubigers an der Erfüllung weggefallen ist oder
wenn der Schuldner die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hat. Keiner
dieser Fälle lag hier vor, als der Kl. sich durch Schreiben vom 24. 2. 1988 seinerseits
endgültig von den Verträgen über die elf BMW lossagte. In Verzug befand sich die Bekl.
nicht, weil die Lieferfrist erst am 29. 2. bzw. am 31. 3. 1988 ablief. Auch hatte die
Bekl. die Erfüllung nicht verweigert; sie war vielmehr leistungswillig.
(2) In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, daß sich der
Gläubiger aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung und des Grundsatzes von
Treu und Glauben auch dann ohne Fristsetzung und Ablehnungsandrohung von einem Vertrag
lösen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann, wenn der Schuldner bei der
- sich länger hinziehenden - Abwicklung des Vertrages eine so schwerwiegende
Unzuverlässigkeit gezeigt hat, daß dem Gläubiger die Aufrechterhaltung des Vertrages
nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. Senat, NJW 1969, 975 (976) = LM § 325 BGB Nr.
13 = WM 1969, 499 (unter III)). Ein solcher Sachverhalt ist hier hinsichtlich der
restlichen acht Fahrzeuge aus dem Auftrag Nr. 701061 gegeben, die im Februar und März
1988 geliefert werden sollten. Der Auftrag umfaßte insgesamt zwölf BMW 750 iL. Mit der
Lieferung der ersten vier befand sich die Bekl. ab 1. 2. 1988 in Verzug. Sie hielt den
Kl., wie das BerGer. - von der Revision unangegriffen - festgestellt hat, in dem
Bewußtsein, möglicherweise nicht liefern zu können, durch Lieferzusagen hin und ließ
auch eine vom Kl. durch Schreiben vom 19. 2. 1988 gesetzte, mit einer Ablehnungsandrohung
verbundene Nachfrist für die fällige und mehrmals zugesagte Lieferung von sechs
bestimmten Fahrzeugen verstreichen, zu denen - wie sich aus dem Schreiben der Bekl. vom
19. 1. 1988 ergibt - auch die ersten vier Fahrzeuge aus dem Auftrag Nr. 701061 gehörten.
Angesichts dieser schwerwiegenden Unzuverlässigkeit der Bekl. bei der Abwicklung des
vorgenannten Auftrages ist die Annahme des BerGer., die Bekl. habe den Vertragszweck so
gefährdet, daß der Kl. berechtigt gewesen sei, sich ohne Nachfristsetzung von den
"übrigen Verträgen" zu lösen, hinsichtlich der restlichen acht Fahrzeuge aus
dem - zwölf Fahrzeuge umfassenden - Auftrag Nr. 701061 nicht zu beanstanden. Das gilt
indessen nicht für die weiteren drei Fahrzeuge, die aufgrund jeweils selbständiger
Verträge zu liefern waren. Diese befanden sich noch nicht im Abwicklungsstadium, in
dessen Verlauf sich eine Unzuverlässigkeit der Bekl. hätte zeigen können.
(3) Eine weitere Ausnahme von der Einhaltung der Erfordernisse des
§ 326 BGB machen Rechtsprechung und Lehre allerdings auch beim Sukzessivlieferungsvertrag
(vgl. Senat, WM 1985, 61 (63); DB 1979, 1648 = WM 1979, 674 (unter II 3b aa); LM §
326 (Dc) BGB Nr. 5 = DB 1977, 159 = WM 1977, 220 (unter II 1) m.Nachw. aus dem
Schrifttum). In dessen Rahmen bedarf es zur Abstandnahme von der weiteren
Vertragsdurchführung und zur Inanspruchnahme von Schadensersatz wegen Nichterfüllung
ebenfalls dann keiner vorherigen Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung, wenn der
Verkäufer durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten den Zweck des Geschäfts und dessen
reibungslose Durchführung ernsthaft gefährdet und dem vertragstreuen Käufer ein
Festhalten am Vertrag wegen endgültiger Zerstörung der Vertrauensgrundlage schlechthin
nicht mehr zuzumuten ist. Ein Sukzessivlieferungsvertrag, nämlich ein einheitlicher
Vertrag, in dessen Rahmen bei vorbestimmter Gesamtleistungsmenge die einzelnen Lieferungen
in Raten erfolgen sollen, lag hier zwar bei dem Auftrag Nr. 701061, nicht jedoch insgesamt
hinsichtlich aller zu liefernden BMW-Fahrzeuge vor. Das hat auch das BerGer. erkannt
und deshalb versucht, die zwischen den Parteien geschlossenen Kaufverträge in die Nähe
eines Sukzessivlieferungsvertrages zu rücken. Entgegen seiner Auffassung ist es nach Lage
des Falles indessen nicht gerechtfertigt, die (Einzel-)Verträge über die Lieferung der
BMW-Fahrzeuge zusammenfassend wie einen Sukzessivlieferungsvertrag zu behandeln und
demgemäß das Verhalten, das die Bekl. hinsichtlich der Verträge über die ersten zwölf
Fahrzeuge gezeigt hat, als Grund für das Lossagen des Kl. von den restlichen Verträgen
heranzuziehen. Beim Vorliegen mehrerer selbständiger Verträge kann aus der Verletzung
eines oder mehrerer Verträge in der Regel nicht das Recht hergeleitet werden, sich
deswegen auch von den anderen loszusagen. Die Rechtsprechung hat davon lediglich
eine Ausnahme für den Fall gelten lassen, daß der Wille der Parteien dahin geht, mehrere
von ihnen geschlossene Verträge dergestalt in einen rechtlichen Zusammenhang zu bringen,
daß die Art und Weise der Abwicklung des einen auch für die Erfüllung des anderen
Vertrages erheblich sein, die Gestaltung der sich aus einem Vertrag ergebenden rechtlichen
Beziehungen also rechtliche Wirkung auch für die übrigen (künftigen) Verträge haben
soll (RGZ 161, 100 (104); vgl. auch Senat, LM § 326 (H) BGB Nr. 4). Erhebliche
Feststellungen in dieser Richtung hat das BerGer. jedoch nicht getroffen. Der Umstand,
daß - worauf das BerGer. allein abstellt - der Kl. im Schreiben vom 26. 10. 1987 die
vereinbarten einzelnen Lieferungen zusammenfaßte und einen Abwicklungsplan aufstellte,
kann schon deshalb nicht als ein alle Verträge zusammenfassendes rechtliches Band
angesehen werden, weil zum Zeitpunkt dieses Schreibens bereits alle Verträge
abgeschlossen waren und es lediglich noch um deren zeitliche Abwicklung ging. Auch aus dem
Parteivorbringen oder sonstigen Umständen ergibt sich nichts Konkretes, was einen
ausreichend sicheren Schluß auf einen Willen der Parteien zuließe, alle von ihnen
getätigten Verträge über die 24 BMW-Fahrzeuge als zusammengehörig und voneinander
abhängig zu betrachten. Fehlt es indessen an einem solchen Willen, dann verbietet sich
die Anwendung der für den Sukzessivlieferungsvertrag entwickelten Grundsätze auch aus
Gründen der Rechtsklarheit.
(4) Der Kl. hätte somit nur dann einen Anspruch auf
Schadensersatz wegen Nichterfüllung der die drei restlichen Fahrzeuge betreffenden
Verträge erlangen können, wenn er, bevor er sich von diesen lossagte, der Bekl. - zwecks
Klärung ihrer zweifelhaften Erfüllungsbereitschaft (-möglichkeit) hinsichtlich der
damals noch nicht zur Lieferung fälligen drei Fahrzeuge - in entsprechender Anwendung des
§ 326 BGB erfolglos eine mit einer Ablehnungsandrohung verbundene angemessene Frist zur
Erklärung gesetzt hätte, ob sie die Verträge vereinbarungsgemäß erfüllen werde
(vgl. Senat, NJW 1976, 326 L = LM § 326 (Dc) BGB Nr. 4 = MDR 1976, 393 = WM 1976, 75
(unter II 2)). Das ist nicht geschehen. Der Kl. kann daher über den vom LG zuerkannten
Betrag von 116528,41 DM hinaus aufgrund der vom BerGer. vorgenommenen konkreten
Schadensberechnung weiteren Schadensersatz lediglich für die restlichen acht Fahrzeuge
aus dem Auftrag Nr. 701061 beanspruchen. Nach den unangegriffenen Feststellungen des
BerGer. betrugen der Kaufpreis für diese Fahrzeuge insgesamt 810319,38 DM und der
Verkaufspreis 856828,16 DM (= 8 x 107103,52). Nach Abzug der Frachtkosten, die bei einer
Weiterveräußerung angefallen wären (8 x 600 = 4800 DM), ergibt sich somit ein konkreter
Schaden von 41708,78 DM (856828,16 DM - 4800 DM - 810319,38 DM). Insoweit hat das LG dem
Kl. bereits 40515,97 DM (= 5 % von 810319,38 DM) zuerkannt, so daß dem Kl. über den
feststehenden Betrag von 116528,41 DM hinaus lediglich noch weitere 1192,81 DM (41708,78
DM - 40515,97 DM) zustanden.
bb) Den Betrag von 551,01 DM, mit dem der Kl. von der Deutschen Bank
für die Avisierung und Rückgabe von Akkreditiven belastet worden ist, hat das BerGer.
dem Kl. zu Unrecht zuerkannt. Diese Kosten sind im Zusammenhang mit der Nichtlieferung von
sechs der ersten zwölf BMW-Fahrzeuge entstanden. Insoweit hat der Kl. seinen Schaden
jedoch abstrakt berechnet, indem er die vertraglich vereinbarte Entschädigung von 5 %
geltend machte und auch zugesprochen erhielt. Daneben kann er nicht Ersatz eines Teils
seines konkreten Schadens beanspruchen, ohne darzulegen, daß sein konkreter Schaden den
abstrakt berechneten um den zusätzlich geforderten Betrag übersteigt. An einer solchen
Darlegung fehlt es hier.
cc) Rechtsfehlerhaft hat das BerGer. ferner eine Einstandspflicht der
Bekl. für den entgangenen Gewinn des Kl. aus dem Daimler-Benz-Geschäft mit dem
japanischen Kunden angenommen. Der Kl. hat insoweit einen Schaden nicht schlüssig
dargelegt. Dazu reichte es - was aber dem BerGer. zu Unrecht genügte - nicht aus zu
behaupten, daß der japanische Kunde das Daimler-Benz-Geschäft storniert habe, weil der
Kl. ihm gesondert bestellte BMW-Fahrzeuge nicht habe liefern können und letzteres auf die
von der Bekl. zu vertretende Nichterfüllung der Verträge über die ersten zwölf
BMW-Fahrzeuge zurückzuführen sei. Erforderlich wäre außerdem gewesen darzutun, daß
der japanische Kunde rechtlich befugt war, sich von dem selbständigen, von der Lieferung
der BMW-Fahrzeuge unabhängigen Daimler-Benz-Geschäft loszusagen, er, der Kl., also keine
rechtliche Möglichkeit hatte, auf Abnahme zu bestehen oder Schadensersatz wegen
Nichterfüllung zu beanspruchen, und damit der Gewinnentgang nicht darauf beruht, daß der
Kl. von ihm zustehenden Rechten gegen den japanischen Kunden keinen Gebrauch gemacht hat.
Ein diesbezügliches Vorbringen des Kl. fehlt. Damit steht zugleich fest, daß der Kl.,
wie er es mit der Berufung versucht hat, Teile seiner Klageforderung nicht mit Erfolg
anderweitig auf einen Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns aus dem
Daimler-Benz-Geschäft stützen kann und daß seine Anschlußrevision unbegründet ist,
die sich dagegen richtet, daß das BerGer. ihm von dem bereits in erster Instanz in Höhe
von 328250 DM geltend gemachten entgangenen Gewinn aus diesem Geschäft 178250 DM
aberkannt hat.
dd) Soweit das BerGer. schließlich dem Kl. einen - konkret aus einem
Deckungskauf berechneten - Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB in Höhe von 2509,93 DM
wegen Nichtlieferung eines bei der Bekl. gekauften Mercedes 560 SEL und gem. § 286 BGB
200 DM als Ersatz von Telefon-, Fernschreibe- und Telefaxausgaben zugesprochen hat, ist
dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Revision wendet sich dagegen im
einzelnen auch nicht. Sie macht hinsichtlich des Mercedes-Fahrzeuges lediglich allgemein -
indessen ohne Erfolg (oben II 2a aa) - geltend, auch der hierüber geschlossene
Kaufvertrag sei wegen eines Verstoßes gegen § 1 UWG nach § 138 BGB nichtig.
3. Nach alledem ist dem Kl. (lediglich) ein Schadensersatzanspruch in
Höhe von 120431,15 DM (116528,41 DM + 1192,81 DM + 2509,93 DM + 200 DM) erwachsen.
a) Dieser wird - was ohnehin nur für den über 116528,41 DM
hinausgehenden Betrag in Betracht käme (oben II 1) - entgegen der Auffassung der Revision
nicht durch ein dem Kl. anzurechnendes Mitverschulden gemindert (§ 254 BGB). Die Revision
leitet zu Unrecht ein solches Mitverschulden aus dem Umstand ab, daß der Kl. die
BMW-Lieferverträge abgeschlossen habe, obwohl ihm die Vertriebsbindung des Herstellers
und das daraus folgende Beschaffungsrisiko bekannt gewesen seien. Nach feststehender
Rechtsprechung des erkennenden Senats ist bei einem Schadensersatzanspruch aus § 326 BGB
ein Verhalten des Gläubigers nach § 254 BGB nur zu berücksichtigen, wenn es dem
Vertragsschluß nachfolgt (NJW 1987, 251 (unter II 2c aa) = LM § 326 (Ea) BGB Nr. 10 = WM
1986, 1496; NJW 1972, 1702 (unter III 2 a) = LM § 242 (Ba) BGB Nr. 60 = WM 1972, 1251).
Werden - wie hier - Rechte aus § 326 BGB unter dem Gesichtspunkt der positiven
Forderungsverletzung in Anspruch genommen, kann nichts anderes gelten.
b) Die Schadensersatzforderung des Kl. in Höhe von 120431,15 DM ist
indessen durch Aufrechnung erloschen. Unstreitig stand der Bekl. aus dem Verkauf eines
Porsche-Fahrzeuges eine - neben weiteren angeblichen Gegenansprüchen als erste zur
Aufrechnung gestellte - Forderung von 131844,42 DM gegen den Kl. zu. Die Klage war
hiernach mit der Folge abzuweisen, daß die vorbezeichnete Gegenforderung ihrerseits in
Höhe von 120 431,15 DM erloschen ist, während eine rechtskraftfähige Entscheidung über
den Rest (11413,27 DM) sowie über die weiteren vom BerGer. zu- (= 92972,60 DM) und
aberkannten (23927,60 DM) Gegenforderungen nicht getroffen ist.
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